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Harry hatte Amelia gestern Abend noch erzählt, was in seiner ersten Stunde Verteidigung gegen die dunklen Künste mit Umbridge passiert war, sodass Amelia diesen Morgen am liebsten gar nicht erst aufstehen möchte. Sie fühlt sich unmotiviert und will einfach nur in Ruhe um ihre Mutter trauern, obwohl ihr Tod nun auch schon etwas mehr als einen Monat her ist. Doch trotzdem fühlt Amelia diese unglaubliche Leere in sich. Natürlich, die Mitglieder des Ordens sind eine unglaubliche Unterstützung für sie und sie fühlt sich auch unglaublich wohl, doch trotzdem schafft sie es nicht, die Trauer vollständig zu verbergen. Meistens denkt sie morgens und vielleicht auch noch abends daran, doch mittlerweile schafft sie es ganz gut, mit der Situation klar zu kommen. Doch was sie gar nicht gebrauchen kann, sind die mitleidigen Blicke, die sie immer wieder zugeworfen bekommt. Sie freut sich ja, dass sie Unterstützung bekommt und die anderen ihr das Gefühl geben wollen, dass sie für Amelia da sind, allerdings wäre es Amelia lieber, wenn ihr die Entscheidung gelassen werden würde, wann sie die Unterstützung der anderen möchte und wann nicht. Stattdessen wurde ihr diese in letzter Zeit so oft aufgezwungen, dass Amelia sich mittlerweile in der Gesellschaft der meisten tatsächlich etwas zu bevormundet und bedrängt fühlt - gute Intentionen hin oder her.

Amelia zieht sich in Ruhe an, nachdem sie alles notwendige im Bad erledigt hatte. Sie hat heute überhaupt keine Lust auf den Rock der Schuluniform, weshalb sie einfach eine schwarze Jeans aus dem Schrank zieht und hofft, dass niemand etwas sagen wird. Aber sie beschließt, dass sie sich heute nicht an die Kleiderordnung hält, die besagt, dass sie einen Rock zu tragen hat, weil sie weiblich ist. Das ist in ihren Augen ohnehin schwachsinnig. Und sie bezweifelt, dass die Schuluniformen an dieser Schule auch nur das kleinste bisschen dagegen tun, dass man von den anderen akzeptiert wird. Stattdessen schreit man doch direkt heraus, welchem Haus man angehört und liefert den anderen Schülern direkt die passenden Vorurteile für die auftretende Häuserrivalität. Als sie aus ihrem Zimmer tritt, sieht sie Blaise, mit dem sie sich diesen Morgen zum Frühstück treffen wollte, noch nicht, weshalb sie sich gegen ein Sofa im Gemeinschaftsraum lehnt und auf ihre Schuhe heruntersieht, während sie in ihren Gedanken versinkt. Nach einiger Zeit kommt Blaise dann auch aus seinem Zimmer und gemeinsam gehen die beiden Slytherins in die große Halle, um zu frühstücken.

Auf ihrem Stammplatz steht zu ihrer Verwunderung eine Tasse Kakao. Verwirrt und wahrscheinlich auch etwas paranoid sieht sie sich um, doch kann nichts Auffälliges entdecken. Amelia verwendet einen Offenbarungszauber, doch das Getränk scheint wirklich nur ein ganz normaler Kakao zu sein.

Sie wirft einen weiteren Blick durch die Schüler und kann niemanden entdecken, der ihr diesen Kakao hier hingestellt haben sollte. Ihr Blick gleitet weiter zum Lehrertisch und bleibt an Professor McGonagall hängen, die ihr sanft und großmütterlich zulächelt. Amelia nickt ihr dankbar zu, da sie verstanden hat, dass dieser Kakao von ihr kommen muss und beginnt dann ganz normal zu frühstücken.

Ihr Blick bleibt auf Dolores Umbridge hängen, die ganz friedlich zu frühstücken scheint. Doch die Erzählungen von Harry und den anderen gestern, sowie ihre eignen Erfahrungen des gestrigen Tages, lassen Amelia an diesem Frieden zweifeln.

„Was starrst du Professor Umbridge denn so an?", fragt Blaise plötzlich und Amelia zuckt ertappt zusammen. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass sie in Gedanken versunken zum Lehrertisch gestarrt hatte. Wahrscheinlich sah es so aus, als würde sie versuchen Umbridge ein Loch in den Kopf zu brennen, wenn sie sie nur lange genug anstarrt.

„Oh, ich war in Gedanken, alles gut.", sagt sie allerdings nur abwehrend, dann sieht sie wieder auf ihr Frühstück.

Amelia isst schnell zu Ende, denn sie sieht, dass sich Dumbledore auf sie zubewegt und will einem Gespräch mit dem Mann unbedingt aus dem Weg gehen.

Es ist zwar rührend, wie er versucht sich um sie zu kümmern, aber das ist gerade das letzte, das sie möchte. Natürlich weiß sie, dass sie gerade jetzt Personen braucht, die für sie da sind und ihr helfen, das Ganze zu überstehen, aber sie braucht jetzt vor dem Unterricht keinen Psycho-Talk mit Dumbledore. Eigentlich möchte sie mit dem Mann niemals Psycho-Talk führen, wenn sie so drüber nachdenkt.

„Amelia!", ruft Dumbledore, als er merkt, dass das Mädchen vor ihm fliehen will. Amelia dreht sich zu ihm um und lächelt entschuldigend.

„Ich sollte zum Unterricht gehen. Bis später!", sagt sie und winkt dem Schulleiter, dann dreht sie sich um und flieht förmlich aus der Halle.


+++++


Amelia sitzt stumm im Unterrichtsraum und wartet auf Dolores Umbridge. Diese ist nun schon mehrere Minuten zu spät und Amelia denkt sich, dass das nicht sehr kompetent ist. Zudem passt es auch nicht zu dem Bild, das sie von der strengen und überkorrekten Lehrerin hat. Andere Lehrer, die deutlich mehr Stress haben, als sie, sind noch nie zu spät gekommen. Sogar Professor McGonagall und Snape kommen immer pünktlich, selbst wenn diese einen stressigen Tag hatten. Amelia beginnt sich innerlich zu schütteln, als sie daran denkt, dass sie Snape gerade verteidigt hat.

Erschrocken zuckt Amelia zusammen, als sich die Tür plötzlich laut öffnet und die rosagekleidete Frau eintritt. Sie läuft selbstsicher nach vorne und bleibt stehen. Unwillkürlich realisiert Amelia, dass sie aussieht wie eine Kröte mit dem Körper eines Schweins... dieses ganze Rosa an ihr ist ja grausam.

„Guten Tag.", sagt sie und einige Schüler murmeln ein „Guten Tag" zurück, während die anderen leise sind. Für Amelia ist das nichts Neues, denn so läuft die Begrüßung für jeden Lehrer ab - für jeden, außer Professor Snape und Professor McGonagall. Umbridge scheint allerdings nicht zufrieden zu sein, denn sie sieht die Klasse beinahe schon empört an. Eine Prise Unglauben mischt sich noch mit in ihren Blick.

„Tse, also das reicht nicht. Ich möchte, dass sie ‚Guten Tag, Professor Umbridge' antworten.", sagt sie. Das ist ja wie im Kindergarten hier, was ist denn falsch mit dieser Frau? Amelia verdreht die Augen. Sehr zu ihrem Leidwesen sieht Umbridge das, sagt aber noch nichts dazu.

„So, wir fangen noch Mal an. Guten Morgen, Klasse.", sagt sie mit dem selbstgefälligen Grinsen, das Amelia jemals in ihrem Leben gesehen hat. Beinahe schmunzelnd denkt sie, dass selbst Snape nicht an diesen Blick herankommt. Als sie allerdings merkt, dass sie schon wieder an Snape denken muss, ermahnt sie sich innerlich selbst. Was hatte dieser Mann getan, dass er in letzter Zeit ständig in ihrem Kopf herumschwirrt? Und das nicht nur negativ...

„Guten Morgen, Professor Umbridge.", kommt es unmotiviert zurück und Umbridge lächelt zufrieden. Oh Gott, hat die sonst nichts zu tun? Amelia versucht sich einen abfälligen Blick zu verkneifen, doch sie ist sich nicht sicher, ob sie das schafft. Umbridge tritt ein wenig nach vorne und geht auffällig langsam durch die Reihen der Schüler.

„Das war ja wohl nicht so schwer.", lächelt sie immer noch. Doch ihr Lächeln erinnert Amelia eher an eine verkrampfte Grimasse.

„Gut, Zauberstäbe weg und Federn raus!", sagt sie und Amelia seufzt. Allerdings ist sie da nicht die einzige. Sobald sie ihre Zauberstäbe wegpacken sollten und stattdessen mehr schreiben sollen, ist noch nie eine spannende Unterrichtsstunde gefolgt. Meistens hatten sie daraufhin eine ganze Stunde lang abschreiben müssen und hatten den Raum nach der Stunde mit verkrampften Fingern verlassen.

„Ihre Ausbildung in diesem Unterrichtsfach ist erschreckend. Das Ministerium ist der Auffassung, dass Sie in diesem Jahr eine ausführliche theoretische Ausbildung in diesem Fach erhalten sollten.", beginnt sie und sieht die Schüler ein Mal gespielt freundlich an. Besagte Schüler tauschen einen finsteren Blick. Alle scheinen zu erkennen, was hinter ihren Worten steckt, allerdings traut sich niemand, Umbridge die Meinung zu sagen.

„Heißt das wir zaubern nicht?", fragt jemand aus der letzten Reihe, der scheinbar seinen Mut gefunden hatte und Umbridges Blick schießt zu der Person, die gefragt hatte. Ihre dünn gezupften Augenbrauen ziehen sich in die Höhe und Umbridge geht beinahe schon bedrohlich auf den Schüler zu.

„Sie dürfen nur reden, wenn ich Sie dazu auffordere!", zischt sie und Amelia verdreht erneut die Augen. Die ist ja noch schlimmer als Snape! Sofort weiß sie, dass sie in diesem Unterricht keinen Spaß haben wird und ist sich sicher, dass die Schüler in Zukunft nicht nur von Snape, sondern auch von dieser Hexe traumatisiert werden.

Amelia hebt die Hand in die Höhe und wartet, bis sie drangenommen wird.

„Ja, Miss Hooch?", nimmt Umbridge sie dran und Amelia setzt sich etwas aufrechter hin. Sie weiß, dass sie selbstsicher wirkt und Umbridge das auch zu merken scheint.

„Heißt das wir zaubern dieses Schuljahr nicht?", wiederholt sie die Frage, die der entsprechende Schüler eben noch gestellt hat. Umbridges Lippen verziehen sich zu einem pikierten Lächeln, was von den anderen Schülern nicht unbemerkt bleibt. Diese tauschen untereinander Blick, während Amelia die Lehrerin für Verteidigung gegen die dunklen Künste nur herausfordernd ansieht. Sie will nicht die erste sein, die Schwäche zeigt und den Blick abwendet.

„In der Tat. Ihre Kenntnisse in der Theorie sind erschreckend. Wir müssen zuerst diese aufholen, bevor wir es uns erlauben können, Sie alle praktisch zu unterrichten.", antwortet sie mit einer zuckersüßen Stimme. Amelia lehnt sich in ihrem Stuhl zurück, wendet den Blick allerdings nicht von Umbridge ab.

„Und wie sollen wir die Praxis lernen? Wie sollen wir uns dort draußen verteidigen?", fragt Amelia und Umbridges Lächeln fällt leicht. Amelia weiß, dass Umbridge sie gerade am liebsten sofort aus dem Raum werfen würde. Wo sie doch ganz genau weiß, dass wenn jemand Ahnung hat, was momentan in der Welt los ist, es Amelia ist.

„Wogegen wollen Sie sich denn verteidigen, Miss Hooch?", fragt Umbridge gespielt sanft und sieht Amelia spöttisch an.

„Gegen Lord Voldemort vielleicht?", schlägt sie vor und Umbridge versteinert förmlich. Dass dies genau die selben Worte sind, die Harry gestern verwendet hatte, macht diesen Akt der Rebellion für Umbridge nur noch schlimmer. Doch entgegen ihrer Erwartung, sieht Umbridge sie nur mit einem süffisanten Grinsen an. Oberflächlich wirkt sie immer noch freundlich, doch Amelia weiß sehr wohl, dass diese Freundlichkeit nur gespielt ist. Sie soll nur dazu dienen, ihre Gesprächspartner zu täuschen und ihnen trotzdem das Gefühl zu geben, dass sie ihnen freundlich zugewandt ist.

„Wer hat Ihnen denn dieses Märchen erzählt? Etwa Mister Potter?", fragt sie. Amelia schnaubt.

„Das ist kein Märchen! Lord Voldemort ist zurück und die Schüler müssen lernen, sich gegen ihn zu verteidigen!", sagt Amelia etwas zu laut und schon in diesem Moment merkt sie, dass sie ein riesiges Problem hat.

„Nachsitzen, Miss Hooch. Heute Abend.", lächelt sie kalt und Amelia sieht sie böse an, dann entscheidet sie sich aber dafür, leise zu sein.

Das wird Umbridge schon bereuen.


+++++


Als Amelia am Abend in Umbridges Büro sitzt, würde sie am liebsten fliehen und alles andere tun, als hier zu sitzen. Es ist echt lächerlich, dass sie mit ihren 27 Jahren jetzt nachsitzen soll. Am liebsten würde sie Umbridge einen Fluch auf den Hals hetzen und verschwinden. Das Nachsitzen bei Snape damals hatte sie verdient. Sie hatte ihn körperlich angegriffen und musste die Konsequenzen dafür tragen. Sie hatte mehr als nur deutlich einen Fehler gemacht. Aber dies hier jetzt? Sie ist sich sicher, dass das nur eine weitere Farce Umbridges ist, mit der sie ihr kleines Machtspielchen ausüben möchte.

„Sehr schön, dass Sie hier sind, Miss Hooch.", lächelt sie und Amelia sieht sich in ihrem Büro um. Alles ist pink. Die Wände, die Stühle, die Gardinen, der Boden, der Tisch, alles! Wenn sie es hier länger als eine halbe Stunde aushalten muss, dann wird sie ja wahnsinnig. Ihr Blick gleitet zurück zu Umbridge, welche sie immer noch mit diesem gequält freundlichen Blick ansieht. Amelia lehnt sich etwas in ihrem Stuhl zurück und blickt dann zu ihrer Lehrerin.

„Was soll ich erledigen?", fragt sie und will alles so schnell wie möglich hinter sich bringen.

„Ich möchte, dass sie etwas für mich schreiben. Ich habe gehört, dass sie über besondere Kräfte verfügen?", fragt sie und kommt Amelia gefährlich nahe. Diese nickt, da sie das in diesem Moment für die angemessenste Bestätigung dieser Frage hält.

„Dann möchte ich, dass Sie schreiben ‚Ich gehöre nirgendwo zu. Ich habe niemanden mehr. Ich bin alleine.' Dafür nehmen Sie meine Feder.", sagt sie und hält eine Feder in Amelias Richtung. Diese sieht geschockt zu Umbridge. Wieso zur Hölle sollte sie das schreiben sollen?! Amelia realisiert sofort, dass Umbridge sie psychisch bestrafen möchte und hätte beinahe einen Mundwinkel verzogen. Diese Frau ist gut, das muss man ihr lassen. Das hier ist auf jeden Fall schlimmer, als eine physische Bestrafung, bei der man irgendwelche Regale aufräumen muss oder ähnliches.

„Bekomme ich auch Tinte?", fragt Amelia genervt, als Umbridge ihr die Feder immer noch hinhält und auch nicht den Anschein macht, als würde sie sie wegnehmen wollen.

„Sie brauchen keine Tinte. Fangen Sie an." Mit ihrer ekelhaft süßen, gespielten Stimme sieht sie zu Amelia. Amelia ergreift die Feder vorsichtig und zögert. Dann allerdings setzt sie die Feder auf das Pergament und beginnt vorsichtig zu schreiben. Die ersten Wörter sind schnell geschrieben, als sie plötzlich einen stechenden Schmerz in ihrem Handgelenk und auf ihrem Unterarm spürt. Erschrocken sieht sie auf ihren Arm, auf dem sich die Worte bilden, die sie eben auf das Pergament geschrieben hatte. Amelia hört sofort auf zu schreiben und sieht zu Umbridge.

„Schreiben Sie weiter. Bis ich sage, dass Sie aufhören können!", fordert Umbridge und Amelia sieht sie böse an, schreibt dann aber wirklich weiter. Doch als sie die Zeile noch 3 Mal vollgeschrieben hat, hat sie die Schnauze voll und will nicht mehr. Sie hatte gehofft, dass Umbridge sie nach weiteren Zeilen einfach so gehen lässt, doch dieser Gedanke scheint falsch gewesen zu sein. Ihre Hoffnung, dass sie ohne weitere Worte aus dieser psychischen Folter herauskommt, löst sich gerade in Luft auf. Sie setzt die Feder ab und legt sie weg.

„Schreiben Sie weiter, Miss Hooch.", fordert Umbridge, doch Amelia schüttelt den Kopf.

„Nein, das werde ich nicht.", sagt sie und blickt trotzig zu ihrer Lehrerin. Dass Amelia mittlerweile schon Tränen in den Augen hat - der physische Schmerz ist nicht so schlimm wie der psychische, gerade, nachdem ihre Mutter gestorben ist und sie wirklich niemanden mehr hat - ignoriert Umbridge komplett. Innerlich freut sie sich allerdings bestialisch, dass sie scheinbar genau die richtige Bestrafung für Amelia gefunden hat und sie die junge Hexe damit stärker trifft, als sie sich erhofft hatte. Das ekelhaft süße Lächeln auf ihrem Gesicht verstärkt sich noch, als sie Amelia direkt in die Augen blickt.

„Schreiben Sie weiter, oder Sie werden noch länger nachsitzen!", wiederholt Umbridge und Amelia sieht sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an.

„Hören Sie mal, ich bin seit zehn Jahren volljährig und habe weitaus mehr Kampferfahrung, als die meisten hier in dieser Schule. Ich werde jetzt aufstehen und gehen.", sagt Amelia und erhebt sich. Umbridge sieht sie kühl an, sich Amelias unterbewussten Drohung sehr wohl bewusst. Doch sie weiß, dass sie jetzt die Chance hat, der Hexe zu schaden. Jetzt ist die Chance Amelia zu zeigen, dass sie zu gehorchen hat und sich ihr nicht in den Weg stellen sollte. Es freut sie beinahe, dass sie weiß, was jetzt kommt, als sie den Mund öffnet und zu sprechen beginnt.

„Diese Kampferfahrung hat Ihnen auch nicht dabei geholfen ihre Mutter zu retten.", sagt sie und Amelia erstarrt in der Bewegung. Zufrieden beobachtet Umbridge, dass die Hexe ihre Gefühle nicht so kontrollieren kann, wie sie es sonst tut. Dieses Mal kann sie die Gefühle ganz klar in ihrem Gesicht ablesen und freut sich innerlich diebisch. Also hatte Amelia den Tod ihrer Mutter wirklich noch nicht vollständig verarbeitet und sie kann diesen als Druckmittel gegen sie verwenden. Es ist immer gut, wenn man einen Druckpunkt der Personen kennt, sie einem in die Quere kommen könnten.

„Bitte?" Umbridge sieht sie mit einem überlegenen Blick an.

„Sie haben mich schon verstanden. Sie mögen vielleicht Kampferfahrung haben, aber scheinbar reicht diese nicht, um etwas zu erreichen. Ihre Mutter ist tot, weil Sie sie nicht retten konnten. Weil Sie zu schwach sind!", schnarrt Umbridge und Amelia wünscht sich in diesem Moment lieber Snape, als sie. Snape ist um einiges umgänglicher. Wütend tritt Amelia einen Schritt auf die Hexe zu und sieht sie ungehalten an. Ihre innerliche Wut spiegelt sich auf ihrem Gesicht wieder und ihre Augen funkeln sauer, als ob sich Flammen in ihnen widerspiegeln würden.

„Sie haben keine Ahnung wovon Sie reden! Also hören Sie auf!", stößt Amelia sauer hervor, doch Umbridge lacht nur verhalten.

„Ich weiß ganz genau wovon ich rede. Und jetzt setzen Sie sich.", fordert sie ruhig und Amelia schüttelt den Kopf, dann tritt sie einen Schritt von ihr weg.

„Ich gehe jetzt. Und Sie werden mich nicht aufhalten, sonst zeige ich ihnen, wie schwach ich bin.", spuckt Amelia ihr förmlich entgegen und dreht sich um. Umbridge lässt sie tatsächlich gehen und Amelia knallt die Tür lauter zu, als nötig.

Sie geht auf direktem Wege in Snapes Vorratskammer und betet bei allen Göttern, dass er sie dort nicht sehen wird, denn sie hat ein riesiges Problem, wenn das rauskommen sollte. Aber sie muss unbedingt etwas gegen diese hässlichen Worte auf ihrem Arm machen. Denn so gerne sie Umbridge auch aus dieser Schule haben würde, weiß sie, dass dies nicht geschehen wird. Und wenn herauskommt, dass die anderen Professoren von Amelia herausgefunden haben, was geschehen ist, dann weiß sie, dass sie keine ruhige Minute mehr haben wird, solange Umbridge in diesem Schloss ist. Also muss sie schnell diese blöde Wunde versorgen und dann wird hoffentlich niemand etwas merken. Außerdem möchte sie Umbridge nicht den Triumph gönnen, dass diese für immer diese Worte auf Amelias Handgelenk und Unterarm verewigt hatte.

Das erste, das ihr gegen die Wunde einfällt, ist Diptam-Essenz und sie ist sich sicher, dass Snape sicherlich eine Flasche davon hierhaben wird. Wenn nicht, dann wird sie morgen noch nach Hogsmeade gehen und sich eigenhändig alles dafür besorgen, was sie zum Brauen braucht. Dann kann sie zwar nichts gegen die Schmerzen machen, die sie gerade hat, aber sie kann zumindest die Narbe verhindern, die sie auf ewig an diesen Tag erinnern wird.

Amelia stößt beinahe eine Flasche mit einer grüne Flüssigkeit um, als sie nach der Flasche Diptam sucht. Sie ignoriert die Tränen, die in ihre Augen steigen, als sie sich nicht mehr darauf konzentriert ihre Emotionen abzuschirmen und alle Gefühle der letzten Tage und Wochen auf die einströmen, doch sie versucht es soweit zu ignorieren. Stattdessen widmet sie sich dem nächsten Regal, um dort weiter zu suchen, als sich plötzlich die Tür öffnet. Amelia betet zu allen Göttern, dass es ein Schüler ist, der Snape bestehlen will oder ähnliches, aber natürlich kommt es nie so, wie sie es gerade bräuchte.

Snapes dunkle Augen landen auf der Frau, die ihn ertappt ansieht. Er hätte nicht gedacht, dass sie so leichtsinnig ist, ausgerechnet ihn bestehlen zu wollen, doch irgendwas in ihm sagt ihm, dass sie es nicht tun würde, wenn es nicht einen gut begründeten Anlass dazu geben würde.

„Was machen Sie hier?", schnarrt er und Amelia hält in der Bewegung inne. Sie weiß, dass es eh nichts bringt ihn anzulügen. Wenigstens wurde sie von jemandem erwischt, der sich in ihrer Anwesenheit nicht direkt zu enem weiteren Hobbypsychologen verwandelt. Es ist fast schon angenehm Wut, statt Mitleid und Sorge in einem Gesichtsausdruck eines Gesprächspartners zu sehen.

„Ich suche Diptam-Essenz.", antwortet sie ehrlich und sieht zu Snape, der sie abschätzend ansieht. Sie kann an seinem Gesicht gerade weniger als sonst ablesen, was er denkt, doch was sie erkennt ist, dass er es wertschätzt, dass sie ihm direkt die Wahrheit gesagt hatte und sich keine lächerliche Ausrede hatte einfallen lassen.

„Wozu?", fragt er deshalb ruhig und Amelia weicht seinem Blick aus. Sie will ihm nicht sagen, was Umbridge ihr angetan hat, denn irgendwie schämt sie sich auch dafür, dass sie es nicht verhindert hat. Und Snape ist der letzte, vor dem sie schwach werden möchte. Denn wenn sie ihm jetzt sagt, was los ist, dann wird sie gleich nicht mehr in der Lage sein ihre Tränen zurückzuhalten und sich endgültig zum Affen machen vor diesem Mann.

„Wofür?", wiederholt Snape energischer und mit mehr Nachdruck seine Frage und spricht sie bewusst nicht auf die Tränen auf ihren Wangen an, denn er weiß, dass sie dann komplett blockieren würde. Vorsichtig hebt sie ihren Blick und blickt ihn kurz abschätzend an, dann gibt sie ihren innerlichen Kampf auf.

Amelia hebt zögerlich ihren Arm und zeigt Snape somit das, was Umbridge ihr angetan hat. Er sieht sie mit einem undeutbaren Blick an, dann greift er stumm und sehr zielsicher hinter sie in das Regal und zieht ihren Arm zu sich. Amelia zuckt beinahe zusammen, als sie seine kalten Hände an der nackten Haut ihres Armes spürt, doch kann sich gerade noch zusammen reißen. Snape tröpfelt etwas von der Diptam-Essenz auf ihre Wunden, die langsam aufhören zu bluten. Doch die Narben verschwinden nicht. Amelia sieht, dass Snape die Flasche wieder schließt und wegstellt. Doch als er das getan hat, flieht er nicht direkt aus dem Rau, wie sie erwartet hätte, sondern bleibt ihr in einem - für seine Verhältnisse - geringen Abstand gegenüber stehen. Zögerlich sieht sie zu ihm hoch und ihre Augen treffen auf seine.

„Bleibt das so?", fragt sie leise und vergisst dabei sogar das Professor dahinter zu setzen. Snape sieht sie ungewohnt ruhig an, doch zu ihrer Freude erscheint immer noch kein Mitleid in seinem Blick.

„Ja. Die Narben können durch Zauber nicht mehr verschwinden.", erklärt er ihr dann allerdings und Amelia steigen erneut Tränen in die Augen, die sie wieder nur mit Mühe aufhalten kann. Jetzt wird sie für ihr immer daran erinnert werden, dass Umbridge ihr das angetan hat? Dass sie alleine ist und nirgendwo richtig zugehört?

„Ich bringe Umbridge um!", zischt Amelia während dieser Erkenntnis und entreißt ihm ihren Arm. Sie lässt den Ärmel ihre Pullovers über die Worte gleiten, doch das ändert nichts an ihrer Stimmung. Snape hält sie fest, als sie gerade gehen will. Erschrocken sieht sie ihn an, als sie den Griff um ihren Oberarm spürt. Er scheint mit sich selber zu ringen, dann öffnet er den Mund und beginnt zu sprechen.

„Brauchen Sie irgendetwas?", fragt er. Er hatte eigentlich nur gefragt, weil er weiß, wie es ist, jemand geliebten zu verlieren und so gedemütigt zu werden. Er hatte erwartet, dass sie ihn auslacht und dann einfach verschwindet, ohne sein Angebot überhaupt wertzuschätzen. Doch Amelia tut etwas, das er überhaupt nicht erwartet hätte: Sie fällt ihm in die Arme und beginnt bitterlich zu weinen. Irritiert starrt Snape auf die junge Frau in seinen Armen. Er weiß nicht so ganz was er tun soll und eigentlich sollte er diese ganze Situation total unangenehm finden, doch er folgt nur seinem inneren Instinkt und legt seine Arme vorsichtig um die Frau. Diese weint einfach weiter und verstärkt den Griff um ihn sogar noch, als sie bemerkt, dass er nicht gerade abgeneigt zu sein scheint.

Snape ist völlig verwirrt. Sollte sie es nicht eigentlich total unangenehm finden hier mit ihm zu stehen und ihn wegstoßen? Doch sie tut nichts dergleichen. Stattdessen liegt sie in seinen Armen und ist dankbar, dass er gerade da ist. Sie braucht einfach nur jemanden, der bei ihr ist und bei dem sie nicht alleine ist. Er hatte in der letzten Zeit gesehen, wie negativ sie auf die Versuche seiner Kollegen reagiert hatte, als diese sie in Watte gepackt hatten, doch er hatte nicht damit gerechnet, dass sie tatsächlich so sehr darunter leiden musste. Er hatte erwartet, dass sie diese Versuche einfach nur nicht möchte, weil sie selbst ganz gut mit der Situation klar kommt. Jetzt allerdings versteht er, dass es das Mitleid ist, das sie von den anderen entgegen gebracht bekommt, das sie am meisten daran hindert, ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen. Weil dies dafür sorgt, dass sie sich schwach fühlt. Und in diesem Moment realisiert er zum ersten Mal, dass Amelia Hooch ihm vielleicht gar nicht so unähnlich ist, was das Verhalten in solchen Situationen angeht.

Snape tut gar nichts, er steht wie eingefroren da, doch alleine das gibt ihr schon Kraft. Er tut nichts, sagt nichts, er gibt ihr nur das Gefühl, dass sie nicht alleine ist, obwohl er sie wahrscheinlich am liebsten direkt von sich stoßen würde. Ihre Hände krallen sich in den Stoff seines Umhangs und sein Geruch wirkt sehr beruhigend auf sie. Er riecht nach Büchern und diversen Zaubertrankzutaten, die in Kombination aber einen angenehmen Geruch bilden. Ein Geruch, der einfach nur Sicherheit ausstrahlt. Sie kann sich nicht mal selbst für diesen lächerlichen Gedanken strafen, als sie das denkt, weil sie so verwirrt von sich und ihrem Verhalten ist.

Als Amelias Weinen etwas verebbt und sie sich langsam wieder entspannt, löst sie sich von Snape und sieht ihn fast schon peinlich berührt an. Snape ist überrascht, denn er hatte sie noch nie peinlich berührt gesehen. Normalerweise schämt sie sich für nichts und ist bei allem ganz cool drauf. Doch dieser emotionale Ausbruch war wohl etwas, das sie am liebsten vergessen würde und das weiß er.

„Es tut mir sehr leid, Professor. Wird nicht wieder vorkommen.", sagt sie und will am liebsten sofort gehen, doch Snape hält sie erneut auf.

„Möchten Sie eine Beschwerde über Professor Umbridge einreichen?", fragt er und Amelia sieht ihn überrascht an.

„Nein. Aber danke. Von so einer Frau lasse ich mir mein Jahr nicht kaputt machen. Sie wird schon sehen, was sie davon hat.", grinst Amelia schwach und Snape grinst innerlich. Da kommt dann die Slytherin in ihr wieder durch. Obwohl er nicht so ganz weiß, ob er es sich leisten kann, seine Schülerin dann noch in Schutz zu nehmen. Und ob er so ein Verhalten überhaupt dulden kann und möchte?

„Miss Hooch? Tun Sie nichts, aus dem ich Sie nicht rausboxen könnte.", sagt er, noch bevor er sich selbst aufhalten kann und Amelia entgleisen erst alle Gesichtszüge, bevor sie leicht zu grinsen beginnt. Dass Snape so etwas zu ihr sagt, das bedeutet ihr auf der einen Seite unglaublich viel, aber auf der anderen Seite überrascht es sie komplett.

„Scheint so, als hätten Sie auch keine allzu gute Meinung von dieser Frau?", fragt sie und Snape nickt.

„Dann werde ich dafür sorgen, dass sie das hier bereut.", sagt Amelia und deutet auf ihren Arm. Snape nickt verhalten.

„Gute Nacht, Professor und danke.", sagt Amelia, dann dreht sie sich um und geht.

Und obwohl dieser Tag eine Katastrophe war, hat sie doch ein Lächeln auf dem Gesicht.

Umbridge wirft ihr vor, dass sie ihre Mutter nicht retten konnte, weil sie schwach ist.

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