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Amelia sitzt missmutig an ihrem Platz in der großen Halle und kaut auf ihrem Brot herum, das gefühlt nicht weniger wird in ihrem Mund. Sie hatte das Gefühl, dass sie auf der Stelle auf den Tisch kotzen könnte.

Seit gestern Abend war sie schrecklich gereizt und ihr war kotzübel. Eine sehr unschöne Nebenwirkung ihrer Feuerbändigerkräfte, die ironischerweise gerne zeitgleich mit ihrer Periode auftritt. Sie hatte nie ganz verstanden, weshalb diese Nebenwirkungen auftraten und hatte auch in sämtlichen Büchern nicht ein einziges Wort darüber gefunden, aber mittlerweile hatte sie sich damit abgefunden, dass es passiert.

Natürlich ist es nervig, vor allem, wenn sie tagelang nichts essen kann und am liebsten jeden verhexen würde, der sie anspricht, doch über die Jahre hatte Amelia gelernt, sich einigermaßen zu kontrollieren. Es gibt keine Medikamente und auch keine Zauber, die ihr in diesen Phasen helfen können, weshalb sie es irgendwann einfach hingenommen hatte, dass es so ist. Ihre Mutter hatte sie zu den besten Heilern und Zauberern geschleppt, die sie kannte, doch es kam trotzdem kein brauchbares Ergebnis dabei raus.

Als sie dann heute morgen allerdings die Nachricht bekommen hatte, dass Snape den Unterricht in „Verteidigung gegen die dunklen Künste" übernimmt, weil Moody nicht da ist (dass Dumbledore ihn irgendwo hingeschickt hat, wurde den anderen Schülern erst mal verschwiegen), hatte sie ernsthaft darüber nachgedacht, ob sie heute nicht krank macht. Madame Pomfrey hätte sie mit Sicherheit krank geschrieben, allerdings glaubt sie, dass sie keinerlei Ruhe vor Snape hätte. Der meidet Amelia zwar wie der Teufel das Weihwasser, aber für so eine Situation wäre er sicherlich mit Freude in ihr Zimmer spaziert und hätte sie gereizt. Aus genau diesem Grund sitzt Amelia nun am Frühstückstisch und versteckt sich doch nicht, sondern sieht der Tatsache ins Auge. Auf einer Schule, in der man sowieso anwesend ist, ist schwänzen nur halb so effektiv. Sie weiß gar nicht so genau, wieso sie sich überhaupt Gedanken über so etwas macht, denn eigentlich ist sie nicht mal mehr Unterrichtspflichtig, aber sie hat das Gefühl, als sei die es Dumbledore schuldig, am Unterricht teilzunehmen. Immerhin war das die Bedingung dafür, dass sie Privatunterricht von ihm bekommt. Außerdem weiß sie zu gut, wie wissbegierig sie ist und dass sie sich selbst schlecht vorkommen würde, wenn sie etwas wichtiges verpassen könnte.

Nach einem eher mageren Frühstück, bei dem sie eigentlich alles, bis auf ein halbes Brot, auf ihrem Teller gelassen hatte, geht Amelia zu ihrem Unterrichtsraum. Dabei stößt sie einen Schüler, der sich ihr mit Absicht in den Weg stellt mit der Schulter zur Seite und ignoriert seinen empörten Protest.

Bloß nicht die Geduld verlieren, Amelia. Sobald du sitzt, kannst du dich entspannen und dem Unterricht folgen.

Im Unterrichtsraum angekommen, setzt sie sich auf ihren normalen Platz neben Neville, welcher sich noch nicht blicken gelassen hat. Aber da auch immer noch mehrere Minuten Zeit sind, bis der Unterricht beginnt, denkt sie sich nichts dabei. Wäre ihr nicht so übel gewesen, dann hätte sie auch jeden Moment ihres Frühstücks ausgenutzt und wäre erst kurz vor Snape in den Raum gekommen. Oder eben vor dem Lehrer, der sonst den Raum betreten hätte.

„Guten Morgen, Amelia!", Neville betritt den Raum und lässt sich auf den Platz neben ihr fallen. Sie sieht ihm seine Nervosität förmlich an und weiß, dass sie jetzt gucken sollte, dass sie nicht die Geduld verliert, denn Neville hatte das bei weitem nicht verdient. Immerhin hatte er nicht mal etwas gemacht, das so ein Verhalten rechtfertigen würde.

„Guten Morgen, Neville.", entgegnet Amelia und lehnt sich etwas nach hinten, denn in dieser Position sind ihre Schmerzen geringer.

„Alles in Ordnung? Du wirkst nicht besonders gut drauf.", meint Neville und sieht die Frau vor sich besorgt an. Amelia quält sich zu einem Lächeln.

„Mir geht es nur nicht besonders gut und ich bin ziemlich schlecht gelaunt. Nicht der Rede wert.", versucht sie ihre Symptome herunterzuspielen und hätte Snape beinahe innerlich gedankt, als er den Raum betritt. Amelia hatte gar nicht mitbekommen, dass die anderen Schüler zwischendurch alle in den Raum getrottet kamen.

Snape hält sich gar nicht erst mit großen Begrüßungen auf, sondern lässt seinen Blick durch die Klasse schweifen.

„Ich brauche einen Freiwilligen.", kündigt er an und obwohl Amelia eigentlich keine Situation, in der sie Snape eins reinwürgen kann, auslassen würde, sinkt sie tiefer in den Stuhl und betet inständig, dass er jemand anderen nimmt.

„Wie wäre es mit Ihnen, Miss Hooch?", fragt Snape dann allerdings und Amelia würde am liebsten frustriert aufschreien. Sie weiß, dass es keinen Zweck hat, sich gegen diese Anweisung aufzulehnen und sie erhebt sich schwerfällig, die Schmerzen dabei ignorierend.

„Ich muss mir ein Bild von den praktischen Fähigkeiten in dieser Klasse machen, also werden Sie mich angreifen.", fordert Snape und Amelia zieht eine Augenbraue in die Höhe. Sie glaubt nicht, dass sie ein repräsentatives Beispiel für die Fähigkeiten in dieser Klasse ist. Snape hatte sie doch mit Absicht gewählt, weil er sie nicht leiden kann.

„Denken Sie, dass-", beginnt Amelia, doch unterbricht sich selbst, als Snape nonverbal einen Angriff startet und sie den Zauber abblocken muss. Sofort feuert sie einen Zauber zurück. Sie weiß nicht mal, ob Snape eine bestimmte Art von Zaubern sehen möchte, doch sie ist sich fast sicher, dass ihm nichts gefallen würde, was sie jetzt zeigen kann.

Amelia feuert einen Stupor auf ihn, den Snape nur mit einer lässigen Bewegung seines Handgelenks abwehrt. Spöttisch sieht er sie an.

„Schwach.", spottet er. Amelia verdreht innerlich die Augen. Das wusste sie selbst auch, dass der Zauber schwach war. Sie feuert die nächsten Sprüche auf Snape, doch dieser wehrt die Sprüche mit einem selbstgefälligen Grinsen ab, das Amelia wahnsinnig aggressiv macht. Zusätzlich zu ihrer sowieso schon gereizten Stimmung ist deutlich, dass sie kurz davor steht, dass diese Wut aus ihr herausbricht.

Als Snape den nächsten spitzen Kommentar fallen lässt, hat Amelia genug. Sie hatte ihrer Mutter versprochen, dass sie aufpasst, was sie mit ihren Kräften anstellt. Sie hatte es versprochen, dass sie keinen der Feuerbändiger-Zaubersprüchen anwendet, doch sie kann in diesem Moment nicht an sich halten.

„Impediendum brevis!", feuert sie auf Snape, der den Spruch nicht mehr rechtzeitig abblocken kann, da er Amelia vorher nicht ernst genommen hatte und deshalb nur mit einem viertel seiner Kraft versucht hatte, den Fluch abzuwehren. Der getroffene Fluch hat seine Wirkung und Snape kann sich für genau zehn Sekunden nicht mehr bewegen und somit auch keine Zauber abwehren. In dieser Zeit schickt Amelia noch einen nonverbalen Stupor hinterher und Snape wird nach hinten gedrückt. Eigentlich hätte das schon längst gereicht, um Snape eins reinzuwürgen, doch Amelia stoppt nicht. Sie tritt einen Schritt auf Snape zu und richtet den Zauberstab auf ihn. Doch dieser kann sich in diesem Moment wieder bewegen und steht schnell auf. Sofort feuert er mit seiner vollen Kraft auf Amelia. Die wendet einen „Igudere"-Spruch an, einen speziellen Abwehrfluch, der nur Feuerbändigern vorbehalten ist. Allerdings achtet sie in ihrem Wahn, Snape zu schädigen, nicht mehr auf ihre Bewegung. Sie führt ihren Abwehrspruch durch und lenkt den Spruch zur Seite - direkt auf die anderen Schüler zu. Diese haben dies natürlich nicht kommen sehen und können sich nicht mehr wehren. Sie alle werden von Snapes äußerst starkem Stupor getroffen und mindestens die Hälfte fällt auf den Boden und stößt sich Körperteile an Tischkanten oder Stühlen. Sofort hält Amelia inne und auch Snape ist überrascht von dem, was hier gerade passiert ist. Zum einen, da er nicht wusste, dass Amelias Feuerbändiger-Kräfte so stark sind und sie diese Sachen kann, zum anderen aber auch, weil ein winziges bisschen Schuldgefühl in ihm hochkommt. Amelia lässt geschockt ihren Zauberstab fallen und sieht mit großen Augen zu den Schülern, die sie ebenso geschockt ansehen, dann gleitet ihr Blick zu Snape, der außer sich vor Wut zu sein scheint. Amelia lässt mit einem nonverbalen Spruch ihren Zauberstab wieder in ihre Hand fliegen und flüchtet dann aus dem Raum. Snape macht sich gar nicht erst die Mühe ihr hinterherzurufen, dass sie den Raum nicht verlassen darf, da er weiß, dass sie sowieso gehen würde.

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Amelia sitzt in ihrem Zimmer und will einfach nur noch, dass dieser Tag vorbei ist. Sie wartet förmlich darauf, dass Snape, Dumbledore oder ihre Mutter vor ihrer Zimmertür stehen und sie zurechtweisen, doch bisher ist noch niemand erschienen. Und das ist für Amelia beinahe noch schlimmer, als das Wissen, dass sie Schuld daran war, dass sich diese Schüler verletzt haben, weil sie sich selbst nicht unter Kontrolle hatte. Damals kamen solche Vorfälle häufiger vor, als sie noch nicht mit ihren Kräften umgehen konnte. Mittlerweile kann sie das allerdings, weswegen es für sie noch schlimmer ist, dass dies jetzt geschehen war.

Als es klopft, sieht Amelia ruckartig auf die Tür und öffnet sie dann. Von allen drei Übeln, mit denen sie gerechnet hatte, steht ausgerechnet das Schlimmste von ihnen vor ihrer Tür: Ihre Mutter. Rolanda stürmt in das Zimmer, sobald ihre Tochter ihr die Tür geöffnet hat.

„Bist du wahnsinnig?", stürmt sie auf Amelia zu. Diese zuckt sichtlich geschockt zurück und hebt abwehrend die Hände.

„Mum-", beginnt sie einen Versuch ihre Mutter zu besänftigen, doch diese hört gar nicht erst auf diesen Versuch.

„Nein! Ich will keine Ausreden hören!", faucht sie beinahe und Amelia schluckt. Sie fühlt sich sofort wieder an die Zeit zurückerinnert, als sie damals noch in der Schule war und gerne Mal Unfug angestellt hatte. Ihre Mutter hatte sie damals immer beschuldigt, selbst, wenn die anderen Schüler sie angreifen wollten und sie sich nur verteidigt hatte.

„Ich habe auch keine dafür.", meint Amelia leise.

„Was ist dann passiert?", fragt Rolanda forsch und Amelia weicht ihrem Blick aus, da sie ganz genau weiß, dass ihre Mutter gleich völlig außer sich sein wird, wenn sie ihr die Wahrheit sagt.

„Ich hatte mich nicht unter Kontrolle, als Snape mich provoziert hat und habe nicht auf meine Umgebung geachtet...", meint sie und traut sich nicht, ihre Mutter anzusehen. Sie will den enttäuschten Ausdruck auf ihrem Gesicht nicht sehen.

„Wir haben doch darüber geredet. Du bist den meisten hier auf diesem Schloss kräftemäßig überlegen. Aber das ist noch kein Grund, diese Macht für deinen Zweck zu benutzen!", wirft sie Amelia vor. Diese traut sich nun doch aufzusehen, da sie diese Behauptung ihrer Mutter mehr als nur unfair findet.

„Das wollte ich doch auch gar nicht. Und vor allem nicht mit Absicht!", versucht sie sich zu verteidigen.

„Ach nicht?", beinahe schon spöttisch sieht ihre Mutter sie an und Amelia realisiert in diesem Moment wieder einmal, dass sie mit ihrer Mutter niemals die perfekte Beziehung haben werden wird.

„Nein, das Ganze war ein Unfall! Ich habe doch nicht mit Absicht Flüche auf die anderen Schüler geschossen!", meint Amelia und sieht ihre Mutter mit einer Spur Unglauben auf dem Gesicht an.

„Das wäre auch nicht das erste Mal.", kontert ihre Mutter und augenblicklich spannt Amelia sich am ganzen Körper an. Zum einen, weil sie an diese Erinnerungen erinnert wird, aber zum anderen, weil sie niemals gedacht hätte, dass ihre Mutter ihr das jemals wieder vorwerfen wird.

„Was soll das denn jetzt heißen?"

„Ich frage mich manchmal, was ich bei deiner Erziehung eigentlich falsch gemacht habe..." Rolanda seufzt.

„Scheinbar so einiges, Rolanda.", schnarrt es plötzlich hinter Amelia, welche sich sofort mit einem wütenden Gesichtsausdruck umsieht, da sie die Stimme sofort wiedererkannt hat. Wie könnte sie auch nicht, wenn er doch mit Schuld an diesem Schlamassel ist?

„Verschwinden Sie aus meinem Zimmer, Snape.", fordert Amelia ihn kalt auf.

„Ich bin Ihr Hauslehrer. Es ist meine Pflicht als Hauslehrer die nötigen Konsequenzen ihres Fehlverhaltens und der Überschätzung Ihrer Fähigkeiten einzuleiten.", rattert Snape in kühler Stimme runter. Amelia sieht ihn angewidert an.

„Es war doch mit Ihre Schuld, dass das überhaupt erst passiert ist!", gibt sie zurück. Sie sieht, dass Dumbledore hinter den Streitenden auftaucht und könnte innerlich schon wieder die Augen verdrehen. Der hatte ihr ja gerade noch gefehlt.

„Ich bin nicht dafür verantwortlich, dass sie ihre Kräfte einsetzen und sie nicht kontrollieren können.", wehrt Snape kühl ab.

„Sie haben doch überhaupt erst provoziert, dass ich sie überhaupt erst benutze. Sie mit ihrem blöden „Ich muss mich vor meinen Schülern profilieren und allen beweisen, dass ich besser bin, als sie!"-Komplex!", fährt Amelia ihn wütend an, denn dumme Kommentare sind gerade das letzte, das sie von Snape gebrauchen kann.

„Wissen Sie, was Sie sind, Miss Hooch? Sie sind eine kleine, verwöhnte Göre, die denkt, dass Sie mit allem durchkommt, weil sie besondere Fähigkeiten hat und eine Mutter, die alles für sie geraderückt. Aber wissen Sie was? Es wird Zeit, dass Sie endlich für sich gerade stehen, die Konsequenzen ihrer Handlungen akzeptieren und nicht immer ihre Mutter vorschicken, wie ein kleines Kind. Rolanda hat scheinbar eine Menge falsch gemacht mit Ihnen!" Niemand, selbst Snape nicht, hat kommen sehen, was Amelia als nächstes tun wird. Mit einem lauten Poltern fliegt Snape gegen den Schrank hinter ihm und stöhnt leicht. Niemand hatte gesehen, dass Amelia ihren Zauberstab überhaupt bewegt hat.

„Halten Sie die Klappe, Professor. Und halten Sie meine Mutter da raus!", fährt Amelia ihn an und Dumbledore und Snape sehen sie geschockt und überrascht an. Irrt Amelia sich, oder muss sich Dumbledore tatsächlich ein Lachen verkneifen? Rolanda wiederum kann sich scheinbar nicht entscheiden, ob sie stolz auf ihre Tochter sein soll, oder sich schämt.

„Nachsitzen, Miss Hooch!", schnarrt Snape, als er sich wieder aufrichtet. Dumbledore tritt einen Schritt nach vorne.

„Ich denke nicht, dass das nötig sein wird, Severus.", mischt sich der grauhaarige Schulleiter ein. Amelia sieht zu ihm.

„Doch, das habe ich verdient. Er hat Recht, dafür stehe ich gerade. Aber das war es mir wert.", Amelia zieht zufrieden einen Mundwinkel in die Höhe und sieht Snape mit eiskaltem Blick ins Gesicht. Dieser schnaubt nur, dann verlasst er den Raum. Rolanda schüttelt den Kopf, klopft Amelia zwei Mal aufmunternd auf die Schulter und verlässt dann ebenfalls das Zimmer. Einzig Dumbledore bleibt zurück.

„Als Schulleiter kann ich so ein Verhalten natürlich nicht dulden, aber als Freund kann ich dir nur eins sagen: Guter Treffer."

Snape ist angewidert von Amelias Verhalten.

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