Kapitel 6 | Verkauf

Am Nachmittag genossen die Drachen zusammen einen Tee im Garten und unterhielten sich über mögliche Hochzeitspläne. Man konnte Satra bereits von hier hinten strahlen sehen. Wir Diener, saßen ziemlich weit außerhalb und bekamen unsere tägliche Ration an Nahrung. Ich hatte kaum Hunger, doch Carla bestand darauf, dass ich etwas essen sollte. Das trockene Brot war zwar noch härter als sonst, und blieb mir immer wieder fast im Hals stecken, doch wenn sich dadurch mein Körper besser erholt, sollte ich es weiterhin versuchen hinunter zu kriegen. Die Milch, die mir Carla aus der Küche besorgt hatte, machte es ein wenig besser. Ich war ihr deswegen ziemlich dankbar, immerhin riskierte sie allein für die Milch schon ziemlich viel. In Anbetracht, dass wir uns kaum kannten, und sie dennoch das Risiko auf sich nahm, konnte ich sie nur als eine wirklich herzensgute Person betrachten.

Ich ließ meinen Blick über die vielen Blumen und Pflanzen wandern, während ich weiterhin auf dem Brot herum kaute. Es war wirklich sehr schön hier, schöner als in der Vergangenheit. Zwar waren die Erinnerung wage, doch bin ich mir sicher, ich hätte solch einen Anblick nicht vergessen. So stellte ich mir den Garten vor, indem Adam und Eva lebten. Ich lächelte einmal verträumt, als ich an unseren alten Garten dachte. Ich und meine Mama haben Erdbeeren angebaut und noch ganz viel anderes Obst, doch Erdbeeren waren schon immer ihre und auch meine Lieblingsfrüchte. Sie hatten ganz weiße Blüten, aus denen eine rote Frucht hervorging, die so süß und saftig war, dass ich manchmal Bauchschmerzen bekam, weil ich kaum noch aufhören konnte diese Früchte zu essen. "Wie war der Biss?", fragte mich Carla aus heiterem Himmel und holte mich damit aus meinen süßen Erinnerungen zurück in die bittere Wirklichkeit. Ich richtete meinen Blick auf sie und die anderen Diener hörten sehr wahrscheinlich auch mit einem Ohr zu. "Es hat geschmerzt.", antwortete ich ruhig und biss nochmal in das trockene Brot. Mein Kiefer schmerzte bereits vom vielen Kauen, doch ich ermahnte mich weiter zu essen, denn um so weniger musste ich reden. "Warum hat er das gemacht?", wollte sie wissen und ihr Blick fuhr zu meinem Halsansatz, wo die Wunde war und der Verband unter meinem Ausschnitt hervorblitzte. "Ich nehme an als Bestrafung.", anders konnte ich es mir ja auch nicht vorstellen. Carla schien danach zwar noch nachdenklich, sagte dazu jedoch nichts mehr dazu. "Warum fragst du mich all das?", wollte ich nun wissen und schob das letzte Stück Brot in meinen Mund. Ich mein, es ging sie ja eigentlich nichts an. "Es kommt nicht häufig vor, dass Zephyr Blut trinkt, deshalb hat es mich nur gewundert.", sie lächelte sacht und ihre Schultern zuckten kurz. "Entschuldigung, wenn ich dir damit zu nahe getreten bin.", setzte sie etwas verlegen hinterher und strich ein paar Strähnen ihres Haares hinter ihr Ohr. Ich lächelte sacht und wank vorsichtig ab.

Sie war wirklich süß, und im direkten Tageslicht noch hübscher. Das braune Haar glänzte in der Sonne und ihre Haut hatte ebenfalls eine gesunde Färbung.

"Sora! Begleite mich kurz!", verlangte Prinzessin Satra auf einmal von mir. Ich stand sofort auf und lief eilig zu ihr rüber, bedacht darauf meinen Körper nicht erneut zu überlasten. Ich folgte ihr auch brav ohne etwas zu sagen. Zwar dachte ich erst, sie wolle auf die Toilette, doch als wir immer tiefer in das Schloss hinein gingen, und die Gänge immer dunkler wurden, ahnte ich bereits, was sie so plötzlich von mir wollte, und das war bestimmt nichts Gutes. Ich fragte mich, was ich falsch gemacht habe, während ich nicht anders konnte, als dicht hinter ihr her zu gehen. Flüchten war unmöglich, selbst wenn ich wollte könnte sie mich ohne Probleme einholen. Es kam wie es kommen musste. Sie fuhr herum und kratze mich, in einer so schnellen und fließenden Bewegung, dass meine Augen nicht hinterher kamen. Völlig schockiert starrte ich sie an und griff an meine Wange, wo das Blut meine Fingerkuppen benetzte. Drei dünne Striemen zogen sich von meinem Ohr, bis hin zu meinem Mundwinkel und versprühten ein starkes Brennen. "Warum hat der Prinz dein Blut getrunken?", knurrte sie und ihre Augen färbten sich in ein tiefes Rot. Ich zog meinen Kopf zwischen den Schultern und machte mich eingeschüchtert klein. So wütend habe ich sie nur selten erlebt. "I-ich weiß nicht Prinzessin.. I-ich denke zur Bestrafung", stotterte ich von der Angst gelähmt. "Lügner!", fauchte sie und schubste mich. Mein Rücken prallte gegen die Mauer und ich sank zu Boden. Mein Schwindelgefühl wurde stärker und ich hatte nicht mehr die Kraft aufzustehen. Selbst wenn ich jetzt aufstehen könnte, würde sie mich eh nur wieder zu Boden stoßen. "Blutdrachen trinken nicht von irgendwelchem Ungeziefer das Blut!", knurrte sie dunkel und trat mich mit ihren spitzen Schuhen. Ich kauerte mich schützend zusammen und ließ die Prügel über mich ergehen. So sehr ich auch versuchte ihre Tritte mit meinen Armen vom Kopf fern zu halten, traf sie ihn dennoch immer wieder. Ich war wieder kurz davor das Bewusstsein zu verlieren, als plötzlich die dumpfen Schmerzen ausblieben und das Geräusch ihrer Absätze mir signalisierte, dass sie sich ein paar Schritte von mir entfernt hatte. Verschwommen sah ich den Umriss von Zephyr, der ihr Handgelenk hielt und sie von mir weggezogen hatte. "Bevor ihr ihn umbringt, möchte ich ihn gerne kaufen. Eine Prinzessin wie ihr verdient so einen Ärger nicht und wir brauchen noch jemanden der die Ställe ausmistet.", seine Stimme war ruhig und doch schwang etwas zartes mit. "Sagt mir Prinz. Warum habt ihr sein Blut getrunken.", verlangte Satra mit ebenso zarter und doch energie beladener, von Trauer angehauchter Stimme. "Aus Spaß. Ich habe mir nichts dabei gedacht und wollte ihm nur etwas weh tuen.", man hörte den Schelm aus diesen Worten deutlich heraus, doch kümmern tat es mich wenig. Schmerzen waren Schmerzen, wobei mir Tritte noch lieber waren als der Biss.

Sie redeten nun leiser und das Pochen meines Herzens verhinderte, dass ich sie weiterhin verstand. Jedoch schien er mich wirklich gekauft zu haben, denn Satra ging einfach mit einem letzten verächtlichen Blick und Zephyr kniete sich zu mir. Der Geruch nach Jasmintee stieg mir in die Nase und ich blinzelte heftig gegen die aufkeimende Ohnmacht an. Ich wollte nicht noch mehr Probleme bescheren. Seine kühle Hand linderte leicht den Schmerz auf meiner Wange, als er diese darauf legte. "tz tz tz.. ", machte er kopfschüttelnd und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. "Ich hoffe du bereitest mir nicht mehr so viel Ärger.", mein Blick senkte sich auf seine Lippen, die zu einem schmalen Lächeln verzogen waren.Was wollte er nur mit einem wie mir? Ich bin doch jetzt schon eine Last, und das buchstäblich, denn der Prinz schob seine Arme unter meinen Körper und hob mich hoch. So sehr ich mich wehren wollte, mir fehlte einfach die Kraft. Er trug mich auf beiden Armen in ein Zimmer, welches ich bisher noch nicht gesehen hatte. Es war keine der Sklavenunterkünfte, sondern schien mehr wie ein Gästezimmer, wenn ich mir die teure Einrichtung ansah. Mein schmerzender Rücken kam in Berührungen mit einer weichen Matratze und ließ mich gleich entspannter durchatmen. Dass sich ein Bett einmal so erholsam anfühlen konnte? Erschöpft blieb ich einfach liegen und sah in die Leere. Der Kampf mit dem Bewusstsein schien gut auszugehen, denn meine Sicht wurde langsam wieder klarer. Zephyr beugte sich über mich, worauf ich mich etwas überrascht anspannte. Sein Gesicht war meinem auf einmal so nah, dass ich nicht anders konnte als unbewusst die Luft anzuhalten. Seine Zunge fuhr über die dünnen Kratzer und ein wohliger Schauer durchfuhr mich, gleich dem, den ich bei seinem Biss gespürt hatte und der mich auch damals fast um den Verstand brachte. "Deine Anämie ist noch ziemlich stark. Schlaf bis morgen, und ab da an wird dich Carla in alles hier einweisen.", waren seine letzten Worte ehe er das Zimmer verließ. Ich ließ mich nicht zwei mal darum bitten und schloss meine schweren Lider. Fast zeitgleich dämmerte ich bereits in die erholsame Dunkelheit des Schlafes.

Es war wie er gesagt hatte. Mir ging es schon am nächsten Morgen wieder einigermaßen gut und Carla war eine gute, geduldige Mentorin. Sie brachte mir alle Grundlagen bei, die ich zuvor noch nicht kannte und ich lernte schnell. Wir verstanden uns auch immer besser. Sie war ein atemberaubendes Mädchen, deren Lächeln fast niemals verloren ging und immer eine Lösung parat hatte. Ich vermisste dennoch mein altes Zuhause, wo ich bisher gelebt hatte. Es war mein Schloss, auch wenn ich nie auf dem Thron saß, hing ich sehr daran. Zeit zum Trauern blieb mir jedoch keine, da ich mit Aufgaben überhäuft wurde.

Und so kam es dann auch, dass ich ein vollwertiger Diener von Prinz Zephyr wurde.




Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top