Kapitel 2 | Eisblaue Augen
"Sora, beweg deinen Arsch hierher! Ich habe keine Zeit!", schnauzte man mich an, kaum kam ich keuchend in der Tür zum Stehen. Prinzessin Satra war schon immer ungeduldig und ihr konnte es gar nicht schnell genug gehen. "Worauf wartest du? Eine schriftliche Einladung?", brummte sie und drehte sich auf ihrem Hocker zu mir, als ich immer noch dabei war Luft zu schnappen. Ihre sonst dunkelblauen Augen nahmen eine rötliche Färbung an und ihre schlangenartigen Pupillen fraßen sich wie Säure in meinen, in Lumpen gehüllten, Körper.
Drachen veränderten ihre Augenfarbe je nach Stimmung. Wenn sie rot werden sind sie wütend und werden sie Gold,freuen sie sich. Lila steht für die Leidenschaft und sexuelles Verlangen.
Mehr Farben habe ich leider noch nicht in meinem Leben gesehen, auch wenn ich gerne wollte.
Um die Prinzessin nicht noch mehr zu verärgern eilte ich gleich zu ihr und nahm eine Bürste. Ich fing an ihr seidig schwarzes Haar damit zu bearbeiten, wobei ich sehr vorsichtig war. Mir war zu Ohren gekommen, dass ein Sklave einen Finger einbüßen musste, weil er zu grob dabei war.
Als Menschen waren die Drachen eine reine Augenweide. Ihre Haut war makellos und glich teurem Porzellan. Sie waren die schönsten Kreaturen auf dem gesamten Planeten, aber auch nur solange, wie sie menschlich blieben. Brachen sie aus ihrer Hülle heraus, verwandelten sie sich zu grausamen und furchteinflößenden Bestien, deren Zähne und Pranken bereits vielen Menschen das Leben kosteten.
"Das reicht, du bürstest mir sonst noch mein ganzes Haar vom Kopf", sofort folgte ich und legte die Bürste zurück auf den Tisch. Ich trat einen Schritt zurück und senkte meinen Blick. "Ich lasse dich einkleiden, immerhin machen wir uns gleich auf dem Weg.", teilte sie mir mit und ich erkannte, als ich ergeben nickte, dass ihre Augen einen goldenen Schimmer angenommen hatten und ihre schmalen, rot geschminkten Lippen zu einem Lächeln verzogen waren. Mit einer kurzen Verbeugung trat ich wieder von dannen, was anderes blieb mir ja auch nicht übrig. Ich wurde in einer Waschkammer von zwei Männern sauber geschrubbt, alles unter einem wachsamen Auge der Wyvern, die für uns Sklaven zuständig waren. Wyvern sind eine Unterart von Drachen, die nur zwei Beine neben den beiden Flügelpaaren besitzen. Sie sind etwas kleiner als normale Drachen, aber man sollte sich als Mensch trotzdem nicht mit ihnen anlegen.
Nachdem man mich in teure Kleider gesteckt und mein blondes Haar geschnitten und gebürstet hatte, war ich fertig. Ich besah mich in einem Spiegel. So schick sah ich lange nicht mehr aus. Meine Haare gingen mir nicht mehr bis zu den Schultern und die Kleider aus weicher Baumwolle schmiegten sich angenehm an meine Haut.
Sie waren schwarz und mit dunkelblauen Stickereien versehen. Ich sah fast so prächtig aus wie damals als Prinz. Die Erinnerung an diese Zeit hinterließ nur ein bitteres Gefühl in mir, ließ jedoch die Wut in mir wieder erneut aufbrodeln.
Ich wusste wohin es geht und warum die Prinzessin so aufgeregt war. Sie würde dem mächtigsten Drachen vorgestellt werden, da dieser momentan auf Brautsuche war. Ich hatte dabei ein etwas mulmiges Gefühl. Wer weiß ob sie mich noch brauchte, wenn sie erst einmal die ganzen besseren Sklaven im Schloss hatte. Andererseits, hoffte ich, sie würde ihm gefallen. Denn mit Ablehnung kam sie überhaupt nicht klar, und so würde sie ein Mittel suchen, um ihre Missstimmung auszugleichen. Sie würde Menschen nur aus Spaß umbringen lassen, um ihren eigenen Frust zu verdauen.
Die Lady sah wunderschön in ihrem bodenlangen blauen Kleid aus, welches ihren Körper an allen passenden Stellen betonte. Sie hatte eine unglaublich schöne Figur und fast jeder träumte davon, in ihren Laken liegen zu dürfen, mich jedoch ausgeschlossen. Ich würde niemals einen Gedanken daran verschwenden, mit so einer Bestie den Beischlaf zu leisten – wenn ich es mir aussuchen könnte.
Sie stieg in die Kutsche ein und ich hinterher. Wie üblich nahm ich ihr gegenüber Platz und senkte den Blick demütig auf meinen Schoß. Die Fahrt war still und ich lauschte nur den Rädern der Kutsche und den Hufen des Pferdes, die durch die dünnen Wände der Kutsche zu uns drangen. Sprechen war mir während ihrer Anwesenheit untersagt, aber das war vielleicht auch besser so. Würde ich erst einmal anfangen mit ihr zu sprechen, könnte es vorkommen dass meine Gefühle mich überwältigen und mir meine Zunge letztlich den Tod bescherte. "Sehe ich gut aus?", sprach sie mich zum ersten mal an und ihre Stimme war kaum wieder zu erkennen. Sie hatte einen weichen und samtigen Klang, fast schon hörte sie sich unsicher an. Ich hob meinen Blick und sah ihr in die Augen, die leider keine Farbe annahmen und mir so auch nicht weiterhelfen konnten. Sollte ich ihr wirklich antworten oder war das nur ein Test? Ihr Verhalten war äußerst seltsam. "Sprich!", forderte sie nun wieder mit etwas härterer Stimme, worauf ich ein Zusammenzucken nicht verhindern konnte. "Sie sehen wunderschön aus meine Prinzessin", meine Stimme hörte sich etwas rau an, aber das war nicht verwunderlich, da ich sie kaum gebrauchte. Sichtlich zufrieden mit meiner Antwort lächelte sie stolz und wendete den Blick wieder aus dem Fenster.
Diese Art war mir neu. Sie war immer von sich selbst überzeugt und selbstbewusst. Warum war ihr meine Antwort so wichtig? Brauchte sie einfach nur eine Bestätigung? Ich zuckte nur innerlich die Schultern. Mich hatte es schließlich nicht zu interessieren.
~~~
Nach wenigen Stunden Fahrt, erreichten wir den prächtigen Hof. Der Empfang war größer als erwartet. Ritter reihten sich auf den Weg zum Eingang hinauf und Trompeten beschallten das halbe Land. Ich stieg zuerst aus und half dann der Prinzessin mit einer Hand, so elegant wie möglich aus dem Gefährt zu steigen. Sie sah sich begeistert um, doch behielt ihre erhabene und stolze Miene auf dem Gesicht. Ein Mensch in einem förmlichen Aufwand kam auf uns zu und teilte uns mit, dass man bereits auf sie wartete. Er führte uns, vorrangig Satra, zu einem gigantischen, festlich geschmückten Saal. Eine riesige Tafel war aufgebaut und Musik wurde gespielt. Es waren noch ein paar andere Drachen anwesend und begnügten sich am Mahl. Prinzessin Satra wurde herzlich von ihnen Empfangen und ich nahm am Rand platz, bei den anderen Dienern, bei den ich mich auch deutlich wohler fühlte. Einige Minuten vergingen und ich merkte förmlich wie unruhig und ungeduldig Satra wurde. Ihr Lächeln wurde von Minute zu Minute künstlicher und ihr Blick schweifte in immer kürzeren Abständen zur Tür. Dann endlich kam die Erlösung und die Tür wurde von zwei jungen Menschenmädchen aufgedrückt. Sie trugen knappe Tücher um ihre Hüften und Brüste, die gerade einmal so das Nötigste bedeckten. An ihren Hüften baumelten dann auch ein paar Glöckchen, doch kaum jemand beachtete die Beiden, denn der Blickfang stand in der Mitte des Eingangs. Ein stattlicher junger Mann, mit Haaren, so schwarz wie die tiefste Nacht, welches gleichzeitig im einfallenden Sonnenlicht schimmerte. Seine Haut war rein, und es schien so, als würde er schöner als alle Anderen sein. Selbst bei mir löste er etwas aus und ich zog leicht die Luft ein, was ich selber nicht mitbekam. Die Musik verstummte für einige Sekunden, doch fing gleich wieder an. Es schien, als würde die ganze Welt zu ihm aufsehen - nicht, dass sie das nicht täte. Als er näher kam, erkannte ich auch seine Augenfarbe, die sich als eisblau entpuppte, welches gleichzeitig noch einmal einen heftigen Kontrast zu seinem dunklen Haar darstellte. Er ließ seinen Blick über jeden Anwesenden gleiten, und als er bei mir ankam, stockte er für eine Sekunde, jedenfalls kam es mir so vor. Mein Herz setzte einen Schlag aus, denn es fühlte sich an als würde er in mich hinein sehen können, und wissen wie ich wirklich bin, was ich fühle und als würde er jeden einzelnen Gedanken direkt erraten können. Als seine intensiven Blicke zum Nächsten wanderten, atmete ich kaum hörbar aus.
Was war das denn gerade?
Er kam auf Satra zu, die einen höflichen Knicks machte. Mit einer galanten Bewegung beugte er sich herunter und setzte einen zarten Handkuss auf ihren Handrücken. "Prinzessin Satra, sie sind schöner als ich erwartet habe.", auch wenn es nur ein Raunen war, so hörte ich seine Stimme ebenso deutlich durch die Musik hindurch, wie als wären nur wir Beide in einem Raum.
Sie war dunkel und durchdringend, und dazu unterstütze sie seine natürliche, dominante Aura. Man spürte wie mächtig er war, auch ohne ihn anzusehen. Seine Energie erfüllte den Raum und ließ jeden spüren, wer der wirkliche König war. "Zephyr, dies kann ich nur zurück geben.", kicherte die Schwarzhaarige, wobei sie seine Anrede wegließ und setzte sich neben den Prinzen. Er schien es nicht für nötig zu halten auch die anderen Gäste zu begrüßen, denen es jedoch auch völlig egal war. Es war fast unerträglich neben ihrem Platz zu stehen, da ich immer wieder die Blicke des Prinzen auf mir spürte. Lady Satra schien das jedoch nicht zu bemerken, denn sie beobachtete amüsiert wie die Bauchtänzerinnen, die gerade mit dem Prinzen kamen, ihren Tanz vorführten. Auch ich konzentrierte mich auf ihre Kurven und ihre geschmeidigen Bewegungen, welche wohl schon jahrelang einstudiert waren. "Lady Satra, ihr habt einen außerordentlich schönen Diener.", bemerkte Prinz Zephyr und ich konnte nicht anders als meinen Blick zu ihm fliegen zu lassen, oder zuzulassen, dass meine Wangen sich rot färbten. Er nahm meinen Blick gleich in seinen gefangen und mein etwas schockiertes Antlitz schien ihn zu amüsieren. "Nicht? Er war der Sohn der Königin aus meinem Land.", erzählte sie, als ob ich eine Trophäe wäre, die man sich erkämpfen musste. Dabei war es einfach für sie mich zu ihrem Sklaven zu machen. Ein paar Peitschenhiebe da und ein paar Tritte dort, und schon war ich überredet. "Ein Prinz also.", schlussfolgerte Zephyr und ließ seinen Blick nicht von meinem Körper. Sein leichtes Grinsen verriet nichts Gutes. "Ob er wohl unter der Kleidung genauso hübsch aussieht?", fragte er sich laut und erntete von Satra ein verächtliches Kichern. Bitte nicht. Meine Wangen erhitzen sich vor Scharm noch mehr und ich hoffte, es sei ein Spaß. "Auf welche Ideen Ihr kommt, mein Prinz", schmunzelte sie nur über diese vermeintlich harmlose Aussage. Ich hatte gehofft, damit wäre die Sache abgehackt und der Prinz beobachtete die schönen Mädchen, die für ihn tanzten und nicht mich, doch er wendete seinen Blick nicht ab. Ich richtete meinen als erstes wieder auf die Mädchen, da ich seinem nicht mehr stand hielt. "Ich möchte ihn tanzen sehen.", beschloss er dann aus dem Nichts und ich verlor jegliche Farbe im Gesicht. Krampfhaft starrte ich gerade aus und versuchte mir mein Unwohlsein nicht anmerken zu lassen. "Sora kann nicht tanzen, glaubt mir mein Prinz, das wollt ihr nicht sehen.", kam es ruhiger von Satra, die nun gar nicht mehr erheitert schien. Ich dankte meiner Herrin im Geheimen, denn sie hatte Recht. Wenn ich etwas nicht konnte, dann war es tanzen. "Könnte doch ganz lustig werden.", beharrte der Prinz und klatschte einmal. "Kleidet ihn zum tanzen ein!", befahl er ein paar Wachen. Nein. Bitte nicht! Doch Widerstand war zwecklos, und so wurde ich davon geschliffen.
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