XXVI. Antworten

Jonghyun Pov

Ich musste sagen, es war einer meiner glücklichsten Momente in meinem langen, ätzenden Leben, als ich von Seungri in Ketten gelegt und zum Palast abgeführt wurde.

Ich hatte gesehen, wie der Drachenjunge erwacht war, gesehen, wie Yifan den Fehler seines Lebens beging, indem er den Geliebten des Anderen ohne einen richtigen Grund tötete und ich wusste, er würde verlieren.

Mit anderen Worten: ich war frei. Vollkommen frei von seiner Unterdrückung.

Kibum hatte Lady zu Jongin geschickt, ihn benachrichtigt nach seinem Bruder zu sehen und ich ließ mich voller Freude ins Gefängnis stecken, hatte einen weinenden Minho im Arm, der seinen Verrat an Taehyung herzzerreissend stark bereute.

"Es war nicht wirklich Luhan.", hatte Kibum Seungri ruhig erklärt und der hatte erwidert, dass wir alles so lassen sollten, wie es war, Luhans Form ohne Seele darin starb und er einen Suchtrupp nach dem Original losschicken würde.

Im Allgemeinen nahm Jiyong es ziemlich ruhig auf uns da zu haben, ich rechnete mit Verhör, Folter und Galgen, aber nichts kam, er sperrte uns einfach nur ein. Seungri meinte, das sei seine gerechte Ader, er entlohnte uns für unseren Ungehorsam aber irgendetwas sagte mir, dass wir mit einem blauen Auge davongekommen waren.

Wir schafften es außerdem Seokjins Leben zu retten, nachdem Jiyong spontan beschloss, dass er ein Bösewicht war, weil Luhan zu ihm gehörte. Dank unseren Worten, König Seunghyun, der Kibums Erinnerungen durchwühlte und dem Beharren der Gefährten, ließ Jiyong auch Seokjin mit dem Galgen in Ruhe und eine Art Frieden kehrte im Kerker ein. Niemand wusste, wie präsent Yifan noch in Luhan war und was wir mit ihm anfangen sollten, aber Jimin war hier und er trug brav meine Puppe bei sich. Minho konnte sich auch ein reines Gewissen machen, indem er sich unzählige Male bei den anderen entschuldigte und alles war so weit in Ordnung.

Sie wunderten sich nur, warum Jungkook fehlte.

Und an der Stelle bekam auch ich Gewissensbisse, konnte es ihnen unmöglich sagen, während Taehyung dort oben alleine litt und hielt tapfer den Mund, wann immer sie ihn erwähnten.

Luhan schlief die meiste Zeit, aber ab und zu setzte er sich auf und beobachtete alles aufmerksam, lauschte unseren sinnlosen Gesprächen. Wir rechneten damit, dass Yifan immer mal wieder durch seinen Kopf geisterte und nach ihm guckte, aber ihn sonst wie ein weggeworfenes Spielzeug in einer Ecke liegen ließ.

Er wusste inzwischen, dass wir im Verborgenen gegen ihn gearbeitet hatten und machte vermutlich momentan daheim Jinki die Hölle heiß, aber ich tröstete mich mit dem Wissen, dass bald alles vorbei wäre.

Jungkook Pov

Ich hatte eine unbestimmte Zeit lang ratlos und emotionslos im Nichts gesessen, während meine Gedanken rasten, bis ein Mann auftauchte.

Ich hatte primär Luhan erwartet, weswegen ich also sofort zur Waffe griff, im Sterben noch seine Stimme gehört hatte, doch ich hatte weder mein Schwert, noch Luhan als Gegenüber.

Es war ein junger Mann mit großen, gezwirbelten Widderhörnern auf dem Kopf, der mir ein schläfriges Lächeln schenkte.

"Hallo.", sagte er nicht wirklich in meinem Kopf, ich wusste, was er sprach, ohne ihn reden zu hören.

"Wer bist du?", fragte ich mich immernoch so komisch leer von allem fühlend und der Mann setzte sich auf den nicht vorhandenen Boden, auf dem wir standen und deutete mir geduldig Platz zu nehmen.

"Mein Name ist Yixing. Ich traf einmal deinen Geliebten hier."

Also war er der Druide für den Tae so lang geschlafen hatte, alles klar.

"Junmyeon schickt mich. Du erinnerst dich an Junmyeon?" Ich nickte kurz.

"Bald wird jemand kommen, der dich ins Nachleben bringt und dir dort deinen Platz gibt."

Natürlich. Ich konnte hier nicht ewig bleiben.

"Aber warte! Was ist mit Tae? Lebt...er? Oder ist er hier? Oder drüben?" Ich zögerte, verstummte dann, musste wissen, was nach meinem Tod geschehen war, mein Kopf krank vor Sorge.

Als Antwort nahm der sanfte Mann nur die Scherbe eines Spiegels in die Hand und schnitt in das Nichts, öffnete ein Fenster, dass mir von oben einen Blick auf Taehyung zeigte, der an einem Grabstein saß und weinte, schluchzend auf das Objekt einredete.

"Oh."

"Er trauert um dich."

"Kann ich ihn nicht irgendwie... Trösten? Irgendwie erreichen?"

Yixing schüttelte nur traurig den Kopf, schloss dann das Fenster wieder.

"Ich wünschte du könntest wenigstens hier bleiben und ihn sehen. Aber du hast keine ätherische Gestalt, du verblasst schon. Deine Seele lebt hier nur bedingt weiter."

Ich nickte in Verstehen, wusste, dass ich traurig war, auch wenn ich es nicht fühlte.

Yixing hob den Kopf, blickte auf etwas in weiter Ferne.

"Er kommt. Ich hoffe es hilft dir zu wissen, dass Tae lebt. Es tut mir leid, Jungkook."

Mit einem weiteren Nicken erhob ich mich, komplimentierte noch seine Hörner und schüttelte seine Hand, bevor er verschwand, ich mich zum Scharfrichter umwandte.

"Taeyang?!" Ich war so überrascht, dass ich es beinahe tatsächlich fühlte.

"Für dich Youngbae." Der Mann zwinkerte mir verschwörerisch zu, schaffte es dann zu lächeln.

"Du- Du bist-" Ich starrte dämlich auf das Paar perlweißer Flügel an seinem Rücken, seine golden glänzende Haut und den Lichtglanz um ihn herum.

"Ein Engel, ja. Und eigentlich nicht der Richter über Leben und Tod aber Jiyong hat mit seiner Ankunft den ein oder anderen Posten entlassen und unbesetzt gelassen..."

Er kratzte sich ratlos am Hinterkopf.

"Kann ich nicht hier bleiben?", fragte ich vorsichtig und er schüttelte bedauernd den Kopf.

Emotionen waren leichter geworden, seit er hier war. Das ganze Nichts war leichter geworden, nicht mehr so drückend.

"Leider nicht von hier. Hättest du an der Erde festgeklebt, hätte ich noch was machen können, aber so..."

Ich nickte etwas bedrückt, wäre gerne in irgendeiner Art und Weise bei Taehyung geblieben.

Ohne weiteres war da plötzlich eine schlichte, braune Holztür vor uns.

"Wohin führt sie?"

"Ins Abyssus. Den Abgrund. Ich komme dich später mal besuchen.", erklärte der Engel mir sanft und ich nickte fest, streckte meine Hand nach der Klinke aus, drückte sie vorsichtig herunter.

Ich trat auf eine Blumenwiese, ein rosaner Himmel mit einer orangenen Sonne erstreckte sich über mir. Vor mir lag ein gigantischer Wasserfall, mehr Wiesen und hintendran das Meer. Überall schwirrten kleine, bunte Dinger herum.

"Das sind Seelen. Du kannst in Kontakt mit ihnen treten, aber nur die, die du kennst, nehmen ihre stoffliche Form nochmal an.", murmelte Youngbae hinter mir sanft, lächelte dann brillant.

"Geh deine Freunde suchen. Du hast alle Zeit der Welt."

Damit schloss er die Tür wieder und verschwand und ich fühlte mich wie in einem Traum, keine alltägliche Geräusche mehr um mich herum und alles zu gemalt wirkend.

Womöglich war das hier das gleiche Nichts wie überall. Nur schön angemalt.

Ich kletterte beim Wasserfall hinab, verstand das Prinzip der Schwerkraft hier nicht ganz und sah mich dann einem grinsenden Baekhyun gegenüber.

"Hi.", sagte er liebevoll und schloss mich in seine Arme, staunte über die Veränderung, die ich seit seinem Tod durchgemacht hatte.

"Haben sie dich erwischt, hm? Was ist mit Tae, kommt er her?"

Ich stellte fest, dass er nackt war.

Und ich auch nackt war.

Aber er sah genau so aus wie an dem Tag, als er gestorben war. Nur ohne Schwert in der Brust.

"Er lebt.", sagte ich kopfschüttelnd, beruhigte den Anderen damit. "Komm, ich stell dich meinen Freunden vor. Wir können auch deine Eltern besuchen gehen. Oder meine, welche dir lieber sind." Er lächelte verspielt, hielt an, als ich stehen blieb.

"Hier werde ich jetzt sein? Den Rest meines Lebens?" Er lächelte wieder weich, drückte meine Hand, die er sich geschnappt hatte. "Du lebst nicht mehr, mein Freund. Du bist tot. Du wirst hier sitzen, bis in alle Ewigkeit. Aber es ist nicht schlimm. Diese Welt ist unendlich, sie hat tausende, milionen unterschiedliche Auflagen. Es wird dir nicht langweilig werden.", versprach er mir fest, dann zog er mich wieder mit sich.

"Ich kann dir alles zeigen. Du bist nicht allein."

Und ich fühlte mich auch nicht allein. Aber kein Tag verstrich, an dem ich nicht an den weinenden Taehyung an meinem Grab dachte und mich zu ihm zurück sehnte.

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