Jonghyun Pov
Mit einem Seufzen rückte ich die Brille auf meiner Nase zurecht und griff mir dann ein Plüschei aus der Auslage neben mir, drückte mit den Daumen das gelangweilte Gesicht des Dings ein.
"Mach es nicht kaputt.", schalt mich Minho aus seiner Ecke misstrauisch und ich schnaubte nur, beobachtete, wie die silberne Hand an meinem rechten Arm sich bewegte wie eine, die tatsächlich zu mir gehörte.
"Ich hätte als Hexer auf die Welt kommen sollen. Sie sind so viel praktischer."
"Falls es dich tröstet: Kibum ist immer neidisch auf deine Flugkünste."
Ich setzte das Plüschei wieder an seinen Platz zurück und schlenderte gemächlich zum Tresen hinüber, pflanzte mich drauf und beobachtete, wie mein Freund eine Tasse und ein kleines Hasen-Exemplar einpackte.
"Hey. Gib mir einen Rabatt. Ich will Jimin was schenken." Minho verklebte das Geschenk und stellte es beiseite. "Wem?" "Meinem Ex."
Die neugierigen Augen des Kobolds leuchteten auf und begeistert stützte er die Hände an meine Knie, zog sich näher. "Erzähl mir alles! Kenne ich ihn? Kommt er von hier?"
Lachend schnippte ich ihm gegen den Kopf, erwiderte es, als er mir die Zunge rausstreckte. "Das war vor deiner Zeit, Baby. Und nein, er ist nicht von hier."
"Ein Engel?"
"Ein Dämon."
"Oh... Dann lass uns ihm einen Höllenhund schenken, oder?", scherzte er und begann sich in seiner Liste nach einem Cerberus umzusehen. "Für einen Mörder bist du ziemlich süß, meinst du nicht?", murmelte ich unter meinem Atem und ließ die echte Hand durch seine weichen Locken gleiten.
"Ich flüchte mich gerne in andere Realitäten. Lebe mein Leben so, wie es gewesen wäre, wenn Yifan mich nicht gefunden hätte."
Mit einem Brummen nahm ich meine Hand wieder zu mir, sah mich im Laden um.
"Wir bräuchten eine blonde gefallener Engel Figur.", sinnierte ich nachdenklich und Minho lächelte verspielt zu mir hinauf. "Ich kann dir eine nähen. Aber dafür musst du mir mehr erzählen." Sein schelmisches Lächeln passte zu seinen spitzen Ohren und ich lachte auf, glitt dann vom Tresen, als ich spürte, wie Taehyung näher kam. "Dann machen wir es so. Mach sie nicht zu groß, gerade perfekt für deine Hand."
Ich klopfte ihm dankbar auf die Schulter, dann verschwand ich im Hinterlager, schickte mit einem schwachen Nicken die alte Dame wieder zu Minho hinaus. Sie lächelte mir zu, bot mir Kekse an und ging dann, ließ mich allein mit meinen Gedanken zurück, während ich lauschte, wie Taehyung mit einem seiner Freunde den Laden betrat.
Luhan hatte nicht gelogen, er war in die Stadt hinab und uns sogar in die Arme gelaufen. Solange ich hier war, könnten wir ihn genau hier kidnappen, aber ich wollte Minhos guten Ruf hier nicht zerstören und traute dem Bändiger, der mich schon mal fast ganz halbiert hatte nicht so ganz uns einfach gehen zu lassen.
Drinnen schlossen Minho und Taehyung sofort Freundschaft, es musste hart für den herzlichen Kobold sein zu lügen.
Minho kam mit allem und jedem klar, er erkannte eine gute Person, wenn er sie sah und ich wusste über seine Schuldgefühle bescheid, die er bekam, wenn er jemanden etwas vormachen, ihn verletzen oder töten musste.
Taehyungs positive Aura waberte bis hier herüber, seine Seele rein und unbeschädigt, zu friedlich für einen, der die Macht haben sollte die Welt zu beherrschen.
Es musste der andere Junge sein. Ich würde mich nach ihm erkundigen müssen.
Umso besser für Minho. Vielleicht, mit etwas Glück, durfte er seinen neuen Freund behalten.
"Noch einen Keks?" Ich schnappte aus meinen Gedanken und lächelte Minhos alter Freundin zu, griff mir eine der Knusprigkeiten vom gebotenen Teller.
"Warum nicht?"
Ich lächelte weich.
Minho Pov
Bedrückt starrte ich auf die Figur von Jonghyun in meiner Hand, fühlte mich schlecht für Taehyung. Ich hatte einen großartigen Tag mit ihm und seinem grummelig-sanften Bändigerfreund verbracht und ich bereute es den armen Jungen anlügen zu müssen.
Jonghyun hatte ein süßes kleines ^-^ Gesicht aufgestickt bekommen, kleine schwarze Flügelchen am Rücken und hob eine Hand zum V. Seufzend drehte ich die Figur in meiner Hand, nähte dann noch einen Faden in den Nacken ein, damit man sie irgendwo hinhängen konnte.
"Du bist fertig.", sagte ich weich zu der Puppe, platzierte sie dann auf meinem Kissen, um sie Jonghyun später zu bringen.
Minutenlang sah ich nur gedankenverloren an die kalte, nackte Wand gegenüber, dann schreckte ich auf, als etwas schweres gegen meine Tür polterte und laut zu Boden fiel.
Sofort war ich auf den Beinen, griff mir mein Schwert und näherte mich langsam der Tür.
Es gab drei Möglichkeiten.
1. Wir wurden entdeckt und gestürmt.
2. Einer der Burgbewohner war betrunken.
3. Yifan hatte einen Wutanfall.
Ich presste mich behäbig an die Wand direkt neben dem alten, morschen Holz und öffnete dann die Tür, wartete mit angehaltenem Atem.
Nichts geschah.
Vorsichtig lugte ich um die Ecke und fand Taemin vor mir auf dem Boden, reglos und sein Gesicht mit Blut verschmiert.
Hektisch stellte ich das Schwert in eine Ecke und zog den bewusstlosen Mann vom staubigen Boden hoch, wuchtete ihn ächzend über meine Schulter.
Schwerfällig taumelte ich durch den Raum und ließ Taemin auf mein Bett fallen, rettete die Jonghyun Puppe vor den unkoordinierten Armen des Jüngsten.
Mein Hemd wies frische Blutflecken auf und ich zögerte nicht zum Fenster zu stürzen und hinauszuzischen. "Lady! Hey!"
Kibums kleines schwarzes Wiesel-Vieh mit den Fledermausohren und den Schmetterlingsflügeln taumelte durch die kühle Nacht hinab, fauchte mich mit spitzen Zähnen an. "Ich brauche Kibum hier.", erklärte ich schnell und der Gefährte stürzte wieder in den Himmel hinauf, während ich zu Taemin zurückkehrte.
Ich suchte mir einen alten Lappen und schwenkte ihn mit Wasser aus, begann dann das Blut von diversen Biss- und Kratzspuren an Hals und Brust des Jüngeren zu säubern.
Kibum eilte Sekunden später herein, seine Augen schmerzerfüllt beim Anblick unseres jungen, verletzlichen Menschleins.
"Du musst mir bald wieder Zutaten mitbringen, mein Vorrat geht zur Neige.", murmelte der Hexer, während er einen Tiegel mit seiner Heilsalbe hervorzog, das tassengroße Töpfchen halb leer.
"Mache ich. Melde dich, sollte noch was dazu kommen." Damit zog ich Taemin sanft in meine Arme, gab ihm einen Trank gegen sein aufsteigendes Fieber und legte weiter seine eigentlichen Wunden frei, damit Kibum sie versorgen konnte.
Seine Hüften und Oberschenkel hingen wie immer so gut wie in Fetzen, waren eine gigantische, aufgerissene Wunde, die wir nur mit Mühe schließen konnten.
Zwei Stunden des Kampfes verstrichen, dann lag Taemin wieder gleichmäßig atmend und im Heilungsprozess unter meiner Decke, nur sein helles Haar und das bleiche, feenhafte Gesicht noch zu sehen.
"Ich muss noch zu Jonghyun... Passt du auf ihn auf?"
Kibum nickte mir bloß müde zu und mit der Puppe verließ ich den Raum, wanderte zu Jonghyuns Zimmer hinauf. Der Dämon lag auf seinem Bett und starrte an die Decke, roch vermutlich das Blut bis hierher.
"Deine Puppe ist fertig.", kündigte ich ihm leise an und er hob den Kopf etwas, setzte dann ein bemühtes Lächeln auf. "Das ging schnell, danke. Aber ich werde dir wann anders erzählen... Kümmere dich um Taemin."
Ich reichte ihm zustimmend das Geschenk und ging dann wieder zur Tür. "Damals, als du Taehyungs Augen geholt hast, um sie Yifan zu zeigen... Hast du da auch den anderen Jungen gefunden?", fragte ich leise, hoffte, dass es nicht Taehyung war und sein Freund sich als der Drachenjunge herausstellen würde.
"Ich traf ihn danach mal... Er wäre wesentlich passender für die Rolle."
Ich nickte erleichtert, wünschte ihm dann eine gute Nacht und zog mich zurück, setzte mich an Taemins Seite und bewachte ihn die Nacht über, auf dass Yifan ihn ruhen ließ.
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