XVI. Helfende Hände

Jaebum Pov

"Alles gecheckt. Niemand hier sollte noch auf die Idee kommen euch anzugreifen.", erstattete ich dem Engel gelangweilt Bericht, beobachtete flach, wie er sich aus Pflanzen eine Schlafmaske bastelte.

"Ist im Palast alles bereit? Sie werden vermutlich in ein paar Tagen oben sein." Ich nickte langsam, wusste zwar nicht zu hundert Prozent, worum es bei all dem ging, aber wenn Youngbae persönlich auftrat, war es eindeutig wichtig.

"Du musst dich um diese Gruppe kümmern, ja? Versprich mir auf meiner Seite zu sein. Jiyongs Augen sind auf mir... Aber er will diesen Leuten nichts gutes... Du musst im richtigen Moment das Richtige tun."

Youngbae fühlte sich nicht selten gestört durch Jiyongs Methoden, aber das hier bedeutete ihm viel, man merkte es.

"Ich werde tun, was ich kann.", versprach ich ihm fest, dann breitete ich die Schwingen aus, flog wieder heim, um meine Gardenmitglieder zu babysitten.

Jungkook Pov

"Es ist schwer zu glauben, dass du mir wirklich gar nicht böse bist."

Auf Wunsch von Taehyung hin, hatte ich mir die Zeit genommen Hoseok beiseite zu nehmen und mit ihm ein Wörtchen zu reden, fand mich allerdings überrascht, als er mir volkommen gefasst und auf meiner Seite begegnete.

"Ich bin gut im Vergeben. Ich werde das ganze als eine glückliche Erinnerung im Kopf behalten, aber nicht versuchen zwischen euch zu kommen. Jeder hier weiß, dass ihr beide miteinander enden werdet.", hatte er lächelnd gesagt und unsere Gruppe eingefasst.

Mein Blick war auf Taehyung gelandet, der munter zwischen seinen Freunden hin und her huschte, jedem ein Lächeln auf's Gesicht zauberte.

"Du solltest dich nicht als so wertlos betrachten. Taehyung würde mich sofort zum Mond schießen, wenn du dagegen wärest. Du bedeutest uns viel."

Hoseok war niedlich errötet und hatte dann einfach weiter mit mir geredet, genoss die Zeit der Ruhe und je länger ich ihm zuhörte, desto überzeugter war ich, dass er mir vergeben hatte, stattdessen weiter in die Zukunft blickte und nur das beste für mich wollte.

Am Ende stellte er sich zwar wieder zurück, aber ich schaffte es ihm klar zu machen, dass er uns trotzdem allen wichtig war und wir uns gerne nach ihm richteten.

Die Ankunft von Taeyang beunruhigte mich.

Ich roch kein Blut an ihm, konnte nicht ausmachen, was er war und er vertuschte es ziemlich gut, machte allerdings auch keinerlei Anstalten uns aufzuklären.

Ich kannte ihn immerhin auch, erinnerte mich daran, dass er damals in Mart aufgetaucht war, uns gesagt hatte, dass Taehyung in Sicherheit war und uns ebenfalls aus dem Flammenlabyrinth hinaus geführt hatte. Er stand in direkter Relation zu Chanyeol und Sehun, die gestorben waren und ich fragte mich, was ihn hertrieb, warum er unsere Wege so scheinbar zufällig kreuzte.

Er vertrug sich nicht mit mir und Jimin.

Sein Lächeln war warm und ehrlich, und dennoch sorgte er immer dafür, dass mindestens eine Person zwischen ihm und einem von uns ging.

Solange Namjoon und Yoongi ihn nicht als feindlich erklärten, würde auch ich mich zurückhalten, aber mich verwunderte seine Präsenz doch etwas.

Ich dachte an jenem Tag viel über Hoseoks Worte nach. Dass ohnehin jeder wusste, dass ich mit Taehyung zusammenkommen würde.

Vielleicht war es einfach schon immer so. Ich konnte mich nicht an eine Zeit ohne den etwas älteren Jungen erinnern, noch daran, wann genau ich angefangen hatte im romantischen Sinne über ihn nachzudenken. Es war wie als hätten unsere Mütter damals beschlossen, dass ihre Kinder einmal heiraten würden, noch bevor sie ihr Geschlecht wussten.

Es war für mich nie ein Problem gewesen, dass Taehyung vom selben Geschlecht war. Ich liebte ihn immerhin für seine Person, nicht sein Geschlecht. Und als Kinder spielte das ohnehin keine Rolle. Natürlich war da der Kussunterricht von Baekhyun gewesen, aber am Ende war alles automatisch gegangen, ich hatte nie an eine andere Möglichkeit gedacht, als eine Version meines Lebens zu leben, in der Taehyung ein fester Bestandteil war.

Im Rückblick verstand ich meine Entscheidung mich von ihm abzuwenden selbst nicht. War es um ihn eifersüchtig zu machen? Um zu sehen, wie real meine tiefen Empfindungen ihm gegenüber wirklich waren? Oder war es der Drang jeden mit allen Mitteln von ihm fern zu halten?

Die einzigen, die es je aktiv gewagt hatten gegen eine Beziehung zwischen ihm und mir zu gehen, waren meine toten Eltern. Ein ignoranter Vater, der die Fehler seiner Vergangenheit bereute und mich lieber tot wollte als glücklich.

Ich hatte überlebt, ich hatte immerhin das.

Aber ich hatte auch nie ernsthaft gedacht, dass meine Eltern ihm und mir gefährlich werden könnten. Für mich waren sie die nörgelnde Stimme im Hintergrund, ich könnte sie ausblenden oder mit Tae ganz weit weg rennen, was auch immer.

Nun war sowohl der Vater tot, der meine Vergangenheit verdunkelt hatte, als auch die zweite Mutter, die es nie gewagt hatte sich gegen ihn aufzulehnen.

Ich fragte mich, was meine eigentliche Mutter gemacht hätte. Die Blutelfe, die ich nie kannte. Ob sie uns unterstützt hätte. Ob sie es geschafft hätte unser Dorf zu retten.

"Hey."

Ich schnappte aus meinen Gedanken, sah zu Yoongi auf, der zaghaft an meine Seite getreten war.

Ich lächelte ihn warm an, konnte ihn nicht mehr hassen, jetzt wo auch er alles verloren hatte, was ihm wichtig war und ich alles, was ich wollte, hatte.

"Ist er vertrauenswürdig?" Ich nickte zu Taeyang hin, der weiter vor uns ging, jedem, der ihm zuhörte über sein Leben erzählte.

"Er lügt nicht... Aber er verbirgt etwas.", murmelte Yoongi, bestätigte meinen Verdacht und ich nickte langsam, trennte mich dann kurz später, als wir ein Lager aufschlugen von den anderen, um ein paar Heidelbeeren pflücken zu gehen.

Der Gedanke an meine echte Mutter ließ mich nicht mehr los, ich wollte sie kennen lernen, wissen, ob sie lebte und wie und wie sie mit ihrem Fluch umging. Kannte sie ihre Eltern? Kannte die den Dämon und die Elfe, die für sie verantwortlich waren? Wussten diese beiden, was für eine Monströsität sie erschufen? Und wenn ja, warum hatte sie dann selbst ein Kind?

Fragen wie diese glitten mir die Nacht über durch den Kopf, in der ich eng an Taehyung gekuschelt war, seinen Herzschlag unter meiner Hand und seinen Puls an meinen Lippen spürte und ich bereute es ihn auszunutzen. Ich bereute es ihm nichts davon zu sagen, wie abscheulich ich wirklich war und nach seiner Aufmerksamkeit lechzte.

Ich ließ ihm keine Wahl das wahre mich zu kennen.

Und ich hatte Angst davor ihm alles zu gestehen. Hatte Angst, dass er dann weggehen würde. Ein Krimineller, ja, ein Dämon, ja, ein Rebell, ja. Aber ein Blutelf? Wer wollte die schon?

Ich sehnte mich nach dem Rat der Mutter, die ich nie gekannt hatte.

Namjoon Pov

Leise zog ich meine Runde, sah noch einmal nach allen und fand unsere Pärchen beide friedlich aneinandergeschmiegt, Seokjin neben Luhan schlafend und Hoseok im Trancezustand bei seinen Göttern vor. Ich hatte die Nachtwache und außer mir hatte nur noch Taeyang die Augen offen.

Youngbae. Ich kannte ihn als Youngbae.

"Warum bist du hier?", fragte ich ihn unhörbar für die anderen und der Mann schenkte mir ein besorgtes Lächeln. "Ich fürchte, dass sie euch angreifen werden, bevor ihr oben ankommt. Ich bin zu eurem Schutz hier." Ich nickte langsam, ließ mich schwerfällig neben ihm nieder und zog das Schwert an meine Seite.

Ich hatte ihn damals nur kurz getroffen, er kam mit Jiyong und wohnte ihm als Ratgeber bei, als er mir einen Platz in seinen Reihen anbot. Er gehörte nicht zu den Königen, schien aber dennoch in sehr enger Relation zu diesen zu stehen.

Es war verdächtig, dass er schon wieder da war. Ich erinnerte mich daran ihn bei Junmyeon gesehen zu haben, er konnte mir nichts vormachen.

"Welchen Nutzen haben wir für Jiyong? Wir haben nichts mit Yifan zu tun."

"Es liegt nicht daran. Ich kann nicht darüber sprechen. Wisse, dass Jiyong nicht dein Feind ist. Egal, was du denkst."

Etwas stimmte nicht und ich bekam das schleichende Gefühl, dass es mit Taehyung, Jungkook oder mir zu tun hatte. Uns hatte er damals bei Junmyeon erwartet.

"Was auch immer er in der Zukunft sah, er sollte sich nicht einmischen.", beharrte ich auf meiner Meinung und runzelte die Stirn, als Youngbae nur traurig nickte. "Richtig. Das sollte er nicht."

Er sagte mir allerdings nicht, worum es ging.

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