IV. Langúr

Seokjin Pov

Die Reise mit Taehyung war bis in alle Maße interessant, um sich gewählt auszudrücken.

Der Junge schien keinen blassen Schimmer zu haben, auf wen und was er sich einlassen durfte und auf was nicht. Die Magie, die ihm anhaftete schien nicht seine eigene zu sein und auch Luhan verfiel in ein eigenartiges Schweigen, wenn ich ihn darauf ansprach den Kopf des Jungen zu untersuchen. Wie ich damals noch gar nicht wissen konnte, hatte Luhan seine eigene Hintergrundgeschichte, die eng mit dem Schicksal des Anderen verknüpft war, auf die er sich in jenem Moment allerdings noch keinen Reim machen konnte.

Dennoch mochte ich seine Gesellschaft, seine Ruhe und Sympathie. Eine Wärme ging von ihm aus, die allerlei Wesen zu ihm hinzog und es mir einfach machte in seiner Nähe ich selbst zu sein. Er schien auch nichts dagegen zu haben mich nicht im Geringsten zu kennen und versuchte es nicht einmal in meine Geheimnisse zu schnüffeln.

Er sprang einfach nur neben mir her den Weg entlang, jagte Schmetterlinge und beobachtete aus seinen großen, jungen Augen alles, was er sah, egal wie zweitrangig.

Ich mochte ihn, aber ich könnte unmöglich den Wald verlassen, um ihn zu begleiten, ich hatte keinerlei Ziel in Mart.

Als Langúr dann irgendwann ins Sichtfeld trat, fühlte ich mich ein winziges bisschen traurig ihn so schnell wieder gehen zu sehen, ich hatte nicht viel Gesellschaft in diesem dunklen Wald und begrüßte freie Geister wie ihn.

Ich verband unangenehme Erinnerungen an Langur.

Es war einige Jahre her, da hatte ich hier noch die lokale Heilerschule besucht, mir neues Wissen und etwas Ablenkung von der Einsamkeit des Waldes versprochen. Doch das einzige, was ich erfuhr, war wie feindlich die Bewohner der Stadt Fremden gegenüber waren und wie sehr sie Magier, Druiden und Hexer im allgemeinen hassten (das war, wie ich ebenfalls später erfuhr, Yixings Schuld). Nur zu bald ging ich wieder, war unzufrieden mit der Hinterlist und Wut, die einem jeden Schüler und Lehrer dort in den Augen lag und ging wieder.

Seit dem hatte ich die Stadt nur selten besucht und hatte dementsprechend keine Ahnung, wo dieser Hasenjunge, der Ritter und der unerwünschte Bändiger sich aufhalten könnten oder wünschten.

Ich war am Ende also ebenso ratlos wie Tae, als die Stadtwache uns herrisch abwies und war froh, dass der freundliche Händler (der gar kein Händler war, sondern Youngbae, oder Taeyang, wie er sich uns vorgestellt hatte, aber das wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht) am Wegesrand uns auf die Krähe des Bändigers aufmerksam machen konnte.

Ich mochte den Bändiger von der Sekunde an nicht, als ich das wohlerzogene aber vollkommen übergeschnappte Tier kennen lernte.

Und von da an ging es abwärts.

Ich hatte ja wirklich erwartet, dass Taehyungs Reisegruppe ähnlich einer Gauklergesellschaft war, dass sie alle einzigartig und auf ihre Art und Weise hinreißend waren, aber das ziemliche Gegenteil war der Fall.

Kein geringerer als Yoongi Min, ein gesuchter Mörder war es nämlich, der den Kleinen begleitete und er machte mitsamt Wolf keinen besonders vertrauendwürdigen Eindruck. Mit einem alarmierenden Prickeln in den Händen musste ich mitansehen, wie Taehyung völlig unbekümmert zu dem gefährlichen Mann hüpfte, der für den Moment friedlich vor sich hin schlummerte. Als diese goldenen Augen dann allerdings auf flogen, zuckten die ersten Blitze aus meinen Händen und mühsam drängte ich sie zurück, rannte mit fliegenden Schritten durch das Gras an dem pittoresken See, an den die Krähe uns geführt hatte auf die beiden zu.

Ich nahm alles zurück, auf Taehyung musste aufgepasst werden, er schien der Gipfel der Naivität zu sein.

"Geh runter von ihm, du verfluchter-" Ich holte mit meiner Tasche aus und zog sie dem Killer über den Schädel, überlegte mir fieberhaft eine Idee, wie ich ihn besiegen sollte, sollte er auf die Idee kommen sich gegen meine kläglichen magiefreien Versuche zu wehren.

Nicht, dass ich schwach war, ich wollte nur Taehyung nicht verschrecken.

Taehyungs lebhaftes Lachen feuerte mich nur noch weiter an, schien er doch tatsächlich nicht den leisesten Schimmer zu haben, wen er da vor sich hatte, was für Desaster der Wolfsmann zuvor schon in meinem armen Wald angerichtet hatte.

Mal ganz davon abgesehen vertrug sich die Natur eines Hirsches allgemein nicht mit der eines Wolfes und das waren leider Gottes unsere entsprechenden Tiere.

Innerlich tastete ich nach Luhan, der durch die Stadt schlich und den Rest der Freunde suchte, warnte ihn vor, dass er sich hüten sollte sich ihnen einfach so zu nähern (wer wusste, wer da noch dazu kam) und warum zur Hölle er mich nicht gewarnt hatte, dass er ausgerechnet den Geruch von Yoongi Min zu dem Jungen zurückverfolgt hatte. Mal wieder handelte er völlig nach einem eigenen Kopf.

Nachdem ich dann auch noch erfuhr, dass Namjoon Kim der Anführer dieser ganzen Organisation war, stand meine Entscheidung fest.

Sowohl Yoongi Min, der gefährliche Killer, als auch Namjoon Kim, der Rebell, der anscheinend nichts gegen eben jenen hatte, hatten eine gewaltige Schraube locker und irgendjemand musste Taehyung vor diesen beiden Gestalten beschützen.

Ich ging also sofort wieder hinauf in die Stadt, fühlte mich unwohl dabei Taehyung mit einem Mörder allein zu lassen, aber für's erste musste es das tun.

In einer fliegenden Eile machte ich meine Besorgungen, sammelte Luhan auf dem Weg ein und ließ ihn mir helfen Zutaten für sowohl tödliche Gifte, als auch Schutzzauber zusammenzusuchen. "Wir werden mit ihm gehen müssen, ich kann es mir unmöglich entgehen lassen diesem Irren das Handwerk zu legen.", murmelte ich dem Geschöpf leise zu, während wir die Zeit über meinem Häuschen anhielten, dafür sorgten, dass alles so blieb wie es war, bis ich wieder zurückkehrte und meine Arbeit wieder aufnehmen konnte.

Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich es gar nicht, dass ich nie wieder zurückkehren würde.

Ich ahnte auch nicht, dass ich beobachtet wurde, dass eine vertraute, weißblonde Figur amüsiert die Augenbraue hob, während ich meine Gifte mischte.

Und ich ahnte es nicht, dass ich am gleichen Tag meinen Seelenverwandten getroffen hatte.

Als ich wieder von der Stadt herabkam, tobte Taehyung mit einem anderen Jungen im See herum, den ich nicht kannte, während Yoongi an seinen Wolf gelehnt schlief, seine Mundwinkel immer mal wieder zuckend, wenn Taehyungs Lachen über die Wiese schallte.

Ich wurde nur noch misstrauischer, wusste nicht, warum der Mann überhaupt hier war und warum er so angetan von Taehyung schien.

Als ich dem stattlichen Rebell entgegentrat, der mich aus allwissenden, dunklen Augen betrachtete, schien er schon genau zu ahnen, warum ich hier war.

"Seokjin Kim.", stellte ich mich ihm schlicht vor, empfing seinen Dank, dass ich Taehyung das Leben gerettet hatte.

Er bekam einen Pluspunkt, er wusste wenigstens, dass der Biss eines Wendigo ohne viel Arbeit tödlich war.

"Namjoon Kim, aber das scheinst du zu wissen.", stellte er vorsichtig fest und ich nickte ernst, sah ihn einen schnellen Blick auf Yoongi werfen.

"Hör mal... Ich bin nicht derjenige, der Taehyung euch anvertraut hat, aber ich muss sagen, dass ich unzufrieden mit dieser Konstellation bin.", sprach ich meine Gedanken laut aus und er lächelte etwas reumütig, zeigte mir seine tiefen Grübchen, die ich pieken und umarmen wollte. "Sieh, ein Druide hat ihn mir anvertraut, ich hatte relativ wenig damit zu tun. Und auch wenn viele Geschichten über mich durch die Land kursieren, habe ich nicht vor ihn zu verletzen oder zu verraten. Ich nehme meine Aufgaben sehr ernst." Ich musterte den gutaussehenden Mann, dann sah ich hinüber zu Yoongi, der meinen Blick kühl erwiderte, zwang mich nicht zurückzuzucken. "Was tut er dann hier?"

Ich wusste nur zu gut, dass der Bändiger mich hören konnte. Herausfordernd hob ich eine Braue in seine Richtung, woraufhin er sich nur mit einem sadonischen Lächeln abwandte.

"Sein Wolf ist auf Taehyung geprägt."

Ich war sowas von bereit in Ohnmacht zu fallen.

Namjoon hob abwehrend die Hände, überlegte sich dann um und stützte mich an einem Arm, als ich gefährlich schwankte.

"Hör zu, er ist harmlos. Er tut Taehyung nichts, im Gegenteil, er ist derjenige, auf den als einziges Verlass war ihn zu schützen, als wir an dem Abend angegriffen wurden..."

Ich vergrub mein Gesicht in meiner Hand, rieb mir gestresst über die Stirn.

"Egal, was du sagst, entweder du oder er stehen schlecht da und das spricht weder für dich, noch für ihn, weißt du?", murmelte ich in meine Hand und Namjoon sah auf eine so hinreißende Weise hilflos aus, dass ich nur tief seufzte.

"Ich habe Vorbereitungen getroffen und wäre bereit euch zu begleiten, wenn ihr denn so wollt. Taehyung hat diesen Wunsch mir gegenüber das ein oder andere Mal erwähnt."

Er nickte bloß, deutete dann auf Taehyung, der sich angeschlichen hatte um uns zu belauschen und mir schnell den Stress aus dem Gesicht wischend, wandte ich mich lächelnd zu dem Jungen um. Er war nass, weswegen ich erst ihn, dann seinen schüchternen Freund in eine Decke wickelte. Sie unterhielten sich alle noch etwas untereinander und ich musste Taehyung gewaltsam zur Ruhe bringen, damit seine Wunden sich nicht neu öffneten.

Ich konnte wohl nichts dagegen machen, dass der Junge sich ausgerechnet bei dem Wolf und dem Besitzer wohl fühlte, aber ich würde genauestens auf die beiden achten, nicht zulassen, das dem seelisch farbenfrohen Taehyung etwas geschah.

Nachdem Namjoon den jungen Elf mit sich genommen hatte um ihm etwas zu zeigen, lag ich noch einige Zeit am Feuer, beobachtete wie Taehyung eng an den Wolf geschmiegt war, dieser zufrieden die Nase durch sein Haar rieb und Yoongi abwesend in die Flammen starrte, anscheinend nicht vorhatte in nächster Zeit schlafen zu gehen.

"Wenn du planst mich zu vergiften, musst du dir etwas anderes einfallen lassen, ich rieche das Gift in deiner Tasche.", stellte Yoongi irgendwann gelangweilt fest und mein Herzschlag überschlug sich, brachte mich dazu verbissen den Kiefer anzuspannen.

Ein Test.

"Wer sagt, dass es für dich bestimmt ist?", fragte ich ihn verschlagen und sah kurz betont unauffällig zu Taehyung.

Der angriffslustige Mann war über mir, ehe ich nochmal blinzeln konnte. Kater Stahl berührte meine Kehle.

"Krümme ihm ein Haar und ich schneide dir deine hübschen Ohren ab. Bei einem zweiten fehlt dein Herz.", grollte er zornig und ich zwang meine zitternden Hände zur Ruhe, war mir bewusst, dass er meinen panischen Herzschlag hörte, als er siegreich grinste, den Druck seines Messers an meinem Hals noch etwas verstärkte. "Er gehört nicht mir. Aber dir ebensowenig. Dennoch scheue ich mich nicht dich zu töten, sollest du beginnen deine sadistischen Spiele mit ihm zu spielen, Hexer." Ich blieb wehrlos, wollte ihm keinen Grund geben mich hier und jetzt zu töten, hatte ich doch die Antwort, die ich brauchte.

Er schützte Taehyung mit seinem Leben. Nicht nur vor anderen, sondern auch vor sich selbst.

Und dennoch...

"Ich werde mich nicht von dir verjagen lassen.", flüsterte ich so fest wie möglich, betete, dass Taehyung nicht aufwachte und hinter die Kulissen seiner ach so harmlosen Freunde sah, woraufhin Yoongi drohend knurrte, jedoch von mir gerissen wurde, bevor er sprechen konnte.

"Es reicht, ihr beiden. Verhaltet euch wie die gesitteten Wesen, als die ihr erscheint.", warnte uns Namjoons scharfe Stimme im Zwielicht und ich gab ihm noch einen Pluspunkt für's mir das Fell retten.

"Es ist spät. Yoongi, auf ein Wort. Jungkook, leg du dich ein wenig schlafen."

Jungkook nickte zaghaft und sah dann unschlüssig zwischen Taehyung und mir hin und her, schien sich nicht ganz entscheiden zu können, zu wem er wollte (er hatte auch Angst vor dem Wolf) und mit einem müden Lächeln hob ich meine Decke etwas, lächelte über die Schnelligkeit, mit der er unter sie geschlüpft war und sich an meiner Seite zusammengerollt hatte.

"Er gehört zu dir, hm?"

"Ich liebe ihn."

Ich war kurz überrascht von seiner vollkommen aufrichtigen Antwort.

"Wir werden sehen, was sich gegen Yoongi machen lässt."

Wenigstens einen Verbündeten hatte ich gefunden, auch wenn der vollkommen schüchtern und unwissend war.

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