Kapitel 8


„Auuuuurooooorrrrraaaa", ertönte es erneut und ich zuckte heftig zusammen, während ich mich fast schon panisch an Venom krallte.

Dieser bewegte sich nicht und ich war mir sicher, dass er die Augen verdrehte. Doch da ich ihm nicht ins Gesicht sehen konnte und er sowieso eine Sonnenbrille trug, konnte ich nur raten.

Da die Stimme aus der Richtung kam, aus der wir die Knochen gefunden hatten, setzten wir uns in die Richtung in Bewegung, in der das Loch lag. Noch weiter in den Knochen-Friedhof wollte wohl keiner von uns.

„Veeeeennnnnooooom", ertönte es nun aber auch aus der Richtung des Loches und hallte in den Katakomben wieder.

„Verdammt, wir hätten das Schwert doch mitnehmen sollen", hörte ich Venom knurren und er drehte sich ein Stück um. Ich wäre ja für wegrennen, aber ich konnte nicht. Also war ich gezwungen das zu tun, was Venom für richtig hielt.

„Venom?", erklang erneut die Stimme, doch dieses Mal weniger gruselig und näher. Dann tauchte ein Lichtschein auf und aus der Dunkelheit trat ein junger Mann mit honigblonden Haaren und wunderschönen grünen Augen.

„Da bist du ja, was treibst du denn hier unten", sagte er tadelnd und meinte damit eindeutig Venom.

Dann schien er mich zu bemerken, denn er schenkte mir ein charmantes Lächeln. „Oh, was hast du da für eine Schönheit auf deinen Rücken?", fragte er. Venom schnaubte und das hätte mich vorwarnen müssen, doch ich reagierte nicht, als er meine Beine packte und mich von seinen Rücken warf. Dabei ging er zum Glück ein kleines Stück in die Hocke, so dass es nicht ganz so heftig wehtat, als ich mit dem Rücken auf den harten Fels krachte.

„Uff." Gab ich von mir, als mir die Luft aus den Lungen gedrückt wurde.

„Venom", empörte sich der blonde, sexy Kerl und war sofort an meiner Seite. „Entschuldige, er ist oft sehr impulsiv", verkündete er mir und ich versuchte ihn aus meinen halb geöffneten Augen heraus richtig zu kennen. „Ich bin Kian", stellte er sich vor, während er mir sanft aufhalf.

Seine Hände waren wunderbar warm und vertrieben die Kälte, die sich hier unten in meine Knochen gegraben hatte. Als ich auf Venoms Rücken gehockt hatte, war es warm gewesen. Doch jetzt kam die Kälte vom Boden unter mir und kroch sehr schnell in meine Glieder.

„Aurora", erwiderte ich aus Reflex und erhielt erneut dieses charmante Lächeln, das mir durch und durch ging und mir wahrscheinlich sogar die Röte ins Gesicht trieb.

Moment, wenn er meinen Namen bis eben gar nicht gekannt hatte, wer hatte dann nach mir gerufen?

Ein Schauer rann mir über den Rücken. War noch jemand hier untern?

„Was machst du hier, Kian?", fragte Venom mit einem knurrenden Unterton und riss mich so aus meinen Gedanken. Hatte er nicht denselben Gedanken?

Ich linste zu Daliah, die sich wie immer umsah und der Situation nur wenig Beachtung schenkte. Scheinbar war auch sie der Meinung, dass es auch Kian gewesen war, der nach mir gerufen hatte. Und wenn ich ehrlich war, hatte ich zu viel Angst vor der Wahrheit, um danach zu fragen. Also schwieg ich vorerst.

„Dich suchen. Du bist nicht zurückgekommen und da bin ich in den Keller und hab das Loch bemerkt", erklärte Kian empört und sichtlich verärgert. Dabei hielt er mich noch immer sanft fest, als erwarte er, dass ich jeden Moment umkippen würde. Obwohl ich noch am Boden saß. Das gab mir ein Gefühl von Sicherheit, gerade jetzt wo erneut Panik in mir aufstieg. Auch wenn er weiterhin mit Venom sprach und mich nicht ansah, hielt er mich leicht an sich gedrückt, als würde er meine Panik spüren. Ich wollte hier so schnell wie möglich raus!

Kian wandte sich wieder zu mir, um meinen Fuß zu mustern. Dieser war mittlerweile wirklich dick und heiß und tat weh.

Ein wenig mitleidig blickte er mich an. „Komm, ich trag dich zurück. Am Loch warten die Lehrer", erklärte er und ich seufzte erleichtert.

Nickend gab ich ihm mein Einverständnis und Kian half mir, mich ein wenig auf die Knie zu setzen, damit ich leichter auf seinen Rücken klettern konnte.

Dann hockte er sich zu mir und ich kletterte zu ihm hoch.

Dort wurden mir die Unterschiede zu Venom bewusst. Während Venom warm gewesen war, strahlte Kian eher eine leichte Kühle aus. Nichts unangenehmes, aber im Vergleich zu Venom war er nicht warm.

Außerdem roch er anders. Nicht ganz so beruhigend wie Venom, aber doch angenehm. Aber nicht unbedingt so, wie ein Mann für mich zu riechen hatte. Seine Haare rochen nach Kräutern und nicht so herb, wie man es von Männer-Duschgel kannte. Interessant.

„Was haben die Lehrer zu dem Chaos gesagt?", fragte Daliah und meinte mit Chaos wohl das Loch. Und wahrscheinlich das kaputte Regal.

Kian zuckte die Schultern. „Sie werden den Keller sperren müssen. Sarah meint, sie hätte nicht erwartet, dass es schon so schlimm sein würde."

Kian sagte dies, als wäre es völlig normal. Als war es hier an der Tagesordnung, dass Schüler durch die Decke brachen!

Mein Kopf schmerzte immer mehr und so schloss ich schließlich die Augen, um mich ein wenig auszuruhen und die Stimmen um mich herum zu verdrängen.

Kian lief viel ruhiger, als es Venom getan hatte. Fast schon ein wenig beschwingt. Das sorgte dafür, dass ich mit jedem Schritt müder wurde und schließlich halb schlafend auf seinem Rücken hing. So bemerkte ich auch nicht sofort, dass er mit mir eine Leiter nach oben geklettert war und wir uns nun wieder im regulären Schulgebäude befanden. Erst, als ich Sarahs Stimme hörte wurde ich ein wenig wacher.

„Das Gebäude wurde auf einem alten Kloster errichtet. Aber ich hatte keine Ahnung, dass die Katakomben nicht zugeschüttet wurden", sagte sie zu Daliah und Venom und es hatte etwas entschuldigend. Ich seufzte müde.

„Ich bringe dich jetzt zur Schulärztin", erklärte mir Kian flüsternd, wartete meine Zustimmung jedoch nicht ab und setzte sich in Bewegung.

Irgendwann, ich war zu müde um wirklich aufzufassen wo wir langgelaufen waren, öffnete Kian eine Tür und mir schlug der Geruch von allerlei Kräutern entgegen.

„Achtung", murmelte Kian und setzte mich dann ganz vorsichtig auf eine Untersuchungsliege.

Ein wenig benommen blickte ich mich im Zimmer um, bis ich Kians besorgten Blick bemerkte. Seine wunderschönen, grünen Augen waren nachdenklich auf mich gerichtet. Dann hob er die Hand und legte sie an meine Wange.

"Du hast Fieber", bemerkte er und ich nickte nur. Zu erschöpft, um seine Worte richtig zu verstehen.

Hinter Kian tauchte eine ältere Frau auf. Sie trug einen weißen Kittel und ihre grauen Haare zu einem festen Haarknoten.

"Lass mich mal schauen, meine Kleine", sagte sie und Kian trat zur Seite, so dass sie zu mir kommen konnte.

"Mund auf", befahl sie mir und ich gehorchte, während sie in meinen Mund schaute. Dann untersuchte sie meine Augen und Ohren, ehe sie Fieber maß.

Dann rieb sie sich das Kinn und kam endlich zu dem eigentlichen Problem.

Kian hatte einen Hocker geholt, so dass ich mein Bein darauf legen konnte und die Ärztin, zumindest nahm ich an, das sie eine war, damit begann meinen Schuh auszuziehen.

Schmerzen schossen von meinem Bein empor und jagten mir Tränen in die Augen, so dass ich kaum etwas sehen konnte.

Ich spürte ihre kalten Finger kaum, die mein Fußgelenk abtasten und hatte Mühe durch den Schmerz hindurch zu atmen.

Kian hielt die ganze Zeit über meine Hand und flüsterte mir beruhigende Worte zu, als würde er dies ständig tun.

"Es ist nicht gebrochen", entschied die Frau schließlich. "Aber verstaucht und nach dem Fieber zu urteilen auch entzündet. Ich lege dir einen Verband an und gebe dir Antibiotika mit. Du solltest das Bein die nächsten Tage ruhig halten. Kian wird dich in dein Zimmer bringen", erklärte sie mir und ich nickte kraftlos.

Nachdem die Frau getan hatte, was sie mir erklärt hatte, nahm Kian mich wieder Huckepack und trug mich durch die Gänge. Ich sah mehrere Blicke die mich mit unterschiedlichen Regungen anblickten. Einige neugierig, andere fragend und viele davon böse und eifersüchtig.

Mir war es ziemlich egal. Mein Fuß tat noch immer weh und mein Kopf mittlerweile auch. Ich wollte nur noch ins Bett.

"257", murmelte ich nachdem Kian mich nach meinem Zimmer gefragt hatte. Wohl nicht das erste Mal, wie ich an seiner Belustigung bemerkt. Aber auch das war mir gerade reichlich egal.

"Der Schlüssel", erklärte er und da ich nicht sofort verstand, was er wollte gab ich nur ein verwirrtes: "hä", von mir.

"Für die Tür."

Ach so. Logisch, er kann ja noch nicht durch geschlossene Türen gehen.

Ich griff in meine Rocktasche und holte das kleine Ding hervor und dann ging auch endlich die Tür auf, die uns den Weg versperrt hatte.

Kian trat in mein Zimmer und setzte mich aufs Bett, als wäre es selbstverständlich. Dann blickte er mich nachdenklich an. "Du gehörst ins Bett."

Ach wirklich?

"Ich würde mich gerne waschen", murmelte ich und mir gefiel es schon jetzt nicht, dass ich mit meinen, bestimmt dreckigen, Hintern auf der Bettdecke saß.

Kian hob eine Augenbraue, was ihn noch anziehender wirken ließ. Dann schenkte er mir erneut dieses charmante Lächeln.

"Na gut, aber ich warte hier, falls dir was passiert", erklärte er und ich nickte. Um dumm zu sein, war ich noch nicht fertig genug. Nur würde ich ihm nicht erlauben mir ins Bad zu folgen. Warum spielte er überhaupt Babysitter. Obwohl eigentlich war er eher eine sexy Krankenschwester.

Nein, Aurora! Reiß dich zusammen!

Bevor meine Gedanken noch mehr dummes Zeug taten, erhob ich mich und humpelte zum Badezimmer.

Kurz überlegte ich, ob ich so dreist sein sollte und in die Badewanne gehen sollte, doch ich entledigte mich lediglich meiner dreckigen Kleider und warf sie in die leere Badewanne. Dann griff ich nach den Kleidern die im Bad lagen. Es waren meine Sachen für die Nacht.

Ein wenig irritiert blickte ich sie an. Ich konnte mich nicht daran erinnern sie heute Morgen so ordentlich zusammengelegt zu haben.

Und sie rochen auch viel frischer, als ich sie über streifte.

Ach, warum beschweren?

Ich humpelte zurück und Kian schlug die Decke zur Seite.

"Meine Schuluniform!", rief ich, als sie mir wieder einfiel. Das Ding, weshalb ich so viel Ärger hatte.

Kian lachte und dieses Lachen ließ mich ein wenig erröten. Es klang wie Musik in meinen Ohren! "Keine Angst, das klären wir morgen. Heute hast du dich zu schonen. Ich werde in ein paar Stunden noch einmal nach dir sehen."

Warum tat dieser Mann das? Wir kannten uns doch gar nicht?

"Danke", murmelte ich in die Decke, die ich mir bis unters Kinn zog.

Es hätte seltsam sein sollen, von einem Fremden so bemuttert zu werden, doch ich fühlte mich seltsam geborgen.

Also schloss ich die Augen und glitt ins Reich der Träume.

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Wenn euch die Geschichte gefallen hat, würde ich mich sehr über einen Vote und ein paar Anmerkungen in den Kommis freuen, was euch denn gefallen und was euch vielleicht nicht gefallen hat. Das würde mir sehr helfen und mich auch motivieren schnell weiter zu schreiben.

Welche Szene hat euch denn am besten gefallen?

Wie findet ihr Kian?

Wen mögt ihr bisher mehr? Venom, oder Kian?

Daliah, oder Aurora?


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