Kapitel 42

Ich schlug mich durch Wände aus Büschen und Bäumen, als mich plötzlich eine steinige Wand empfing, die eindeutig nicht so leicht zu überwinden war.

Innerlich fluchend betrachtete ich mir den grauen Stein, der teilweise mit Moos bewachsen war, nachdenklich.

Das Gefühl, besser nicht hier zu sein, wurde immer stärker. Als würde von diesem Stein eine seltsame, gefährliche Macht ausgehen. Mein Körper reagierte darauf, indem sich alle meine Härchen aufstellten und mein Herz viel heftiger zu schlagen begann.

Auf einmal fühlte sich alles unglaublich bedrückend und gefährlich an.

*Es ist besser, wenn wir umkehren*, bemerkte Aurelania und ich wog diesen Vorschlag ab.

"Nein", widersprach ich, denn das Kribbeln der Angst lies mich seit langem wieder etwas fühlen. Lies mich glauben lebendiger zu sein. Ich genoss es förmlich, auch wenn es total dämlich war. Ich wollte mehr davon.

Das war auch der Grund warum ich Aurelania ignorierte und mich stattdessen in die Richtung drehte, von der die meiste dunkle Aura herzukommen schien.

Ich hatte Protest von Aurelania erwartet, doch seltsamer Weise schwieg sie.

Das stimmte mich nachdenklich. Obwohl sie angeblich meine Schwester war hatte ich nicht das Gefühl sie zu kennen, mich an sie zu erinnern, oder wenigstens das Gefühl zu haben, dass da zwischen uns eine Verbindung herrschte. Aurelania selbst fühlte sich eher an wie ein imaginärer Freund. Als wäre sie nur eine Einbindung und gar nicht richtig da.

*Da hinten ist eine Höhle*, erklärte sie mir plötzlich und ich schreckte aus meinen Gedanken auf.

Ich war der Felswand gefolgt und hatte versucht nicht über die Sträucher zu fallen, weshalb mein Blick nur einen sehr kleinen Radius abgedeckt hatte. Aber nun blickte ich auf und bemerkte was Aurelania meinte.

Der Höhleneingang war gut versteckt und wäre ich von einer anderen Richtung gekommen, hätte ich ihn wohl überhaupt nicht wahrgenommen. Aber aus diesem Blickwinkel war er recht deutlich zu erkennen.

Leise und langsam näherte ich mich dem Eingang und lauschte. Wer wusste denn was darin vor sich ging.

Mein Herz begann immer lauter zu schlagen und ich fragte mich, woher diese plötzliche Panik kam.

Dann erst registrierte ich, dass es nicht das Rauschen des Waldes war, das ich hörte. Es war das Rauschen der Magie. Irgendjemand zauberte. Oder hielt einen Zauber aufrecht.

Ich schloss meine Augen, um angestrengter zu lauschen, doch mehr Informationen erhielt ich nicht. Keine Stimmen, keine Bewegungen, nicht ein weiteres Geräusch. Merkwürdig. Selbst die Tiere schienen zu schweigen.

*Da drin ist etwas Magisches*, erklang Aurelanias Stimme.

Ach wirklich? Hätte ich jetzt nicht erwartet.

Aber was sollte ich jetzt tun? Mich umschauen oder die anderen alarmieren?

Nach nur wenigen Sekunden siegte meine Neugier und ich traute mich um den Höhleneingang herumzublicken. Schwärze empfing mich. Bedrohliche Schwärze.

Ein Zittern durchlief meinen Körper, aber ich zog mich nicht zurück. Stattdessen wartete ich kurz, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.

Es war seltsam, aber diese Fähigkeit schien bereits völlig normal für mich, obwohl es das nicht sein sollte. Es war der Drachenteil in mir dem ich das zu verdanken hatte und ich hatte beschlossen alles zu hassen, was mit Magie zu tun hatte. Und vor allem diesen Drachen-Anteil.

Nachdem sich meine Augen halbwegs an die Umstände angepasst hatten, setzte ich langsam einen Fuß vor den anderen.

Die Höhle hallte etwas, doch es war nicht so laut, wie ich erwartet hatte.

Mein Blick glitt umher, doch außer grauen Steinwänden sah ich nicht viel.

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis etwas meine Aufmerksamkeit erregte. Es war ein Spalt in der Wand durch den Licht fiel.

Ich trat auf den Spalt zu und betrachtete ihn nachdenklich. Er war groß genug, dass ich hindurch sehen konnte, aber nicht so groß, dass es mir gelingen würde mich hindurch zu zwängen.

War ich vielleicht im falschen Teil der Höhle?

Stimmen erklangen und ich fuhr zusammen und aufgeregt herum, da ich davon ausging, dass jemand hinter mir war.

Doch ich irrte mich. Da war niemand.

Ein wenig beruhigt lauschte ich stärker und konnte schließlich die Quelle der Stimmen hinter dem Spalt in der Wand ausmachen.

Das Wort ‚Drache' fiel und sofort war mir bewusst, dass etwas überhaupt nicht in Ordnung war.

„Sie wird das Konzert nutzen, um sich zu befreien. Wir müssen wachsam sein", hörte ich jemanden leise knurren und bei der Stimme rann mir ein Schauer über den Rücken. Es klang wie jeder andere Mann auch, doch in den Worten schwang eine Macht mit, die mir durch Mark und Bein ging.

„Bewacht den Kristall gut. Er ist das Einzige, das ihre Macht noch schwächt."

Ein Kristall, der die Macht von Drachen schwächte? Der einzige Drache, der mir dazu einfiel, war Freya. Wurde sie hier gefangen gehalten?

Nachdenklich wog ich andere Möglichkeiten ab, doch ich kam zu keinem anderen Schluss. Doch was sollte ich jetzt mit dem Wissen anfangen?

Sollte ich Venom informieren oder Freya fragen?

Würden sie mir überhaupt glauben? Das konnte ich nicht genau sagen. Vielleicht lachten sie mich auch aus?

Ich biss mir auf die Unterlippe. Wann war ich denn so vorsichtig geworden? Warum machte ich mir so viele Sorgen darum, was andere von mir dachten?

Vielleicht weil ich ihnen nach all der Zeit noch immer nicht vertraute. Ich konnte einfach nicht hoffen, dass sie mich so akzeptierten, wie ich war. Nur war es mir dieses Mal wichtig. Ich wollte akzeptiert werden und hatte Angst etwas falsch zu machen. Dabei hatte ich mir geschworen mich nie wieder für andere zu verbiegen. Doch jetzt, während ich noch immer lauschte, wurde ich mir bewusst, dass ich es die ganze Zeit versuchte.

Müde über meine Gedanken und enttäuscht von mir, schloss ich die Augen.

„Gibt es eine Möglichkeit zu sehen, was da drin vor sich geht?", flüsterte ich leise und hoffte, dass Aurelania wusste, dass ich sie meinte.

*Ich kann schauen ob es Spiegelflächen gibt*, erklärte sie mir, was ich erst nicht verstand. Doch dann tauchte ihr Spiegel vor mir auf und ich griff danach. Kurz darauf änderte sich das Bild und verschwommen konnte ich einige Männer erkennen. Es war, als würde ich vom Boden hinauf schauen, was ein wenig komisch war. Trotzdem versuchte ich nicht zu viel zu hinterfragen und lieber die Szene zu betrachten.

Drei Männer, die vor etwas standen, das einen sanften, roten Schimmer von sich gab. Es war keine Fackel, dass erkannte ich. Dafür war der Schein falsch. Aber was war es dann?

War es vielleicht der ominöse Kristall? Möglich. Ich würde gerne noch mehr sehen, aber das war wohl nicht möglich.

Doch selbst durch die neuen Eindrücke konnte ich mich nicht entscheiden, was ich nun machen sollte. Aber ich prägte mir die Gesichter der Männer ein und würde schauen, ob ich sie vielleicht in der Menschenmenge wiedererkennen würde.

Einer der Männer hatte eine auffällige Narbe im Gesicht, der andere eine Frisur, die zur Hälfte kahlrasiert wurde. Damit würde ich sie wiedererkennen. Nur der dritte wirkte sehr normal und würde in einer Menge wohl untergehen.

Allerdings schienen sie den Kristall zu bewachen. Die Frage war, ob sie überhaupt im Dorf umher laufen würden. Wahrscheinlich war es sinnvoller den Mann zu finden, der die Befehle gegeben hatte, doch diesen konnte ich nicht erkennen. Er stand so ungünstig, dass ich lediglich seinen Schatten am Boden wahrnahm.

Ich löste den Blick von Aurelanias Spiegel und drehte mich um, um zurück zum Dorf zu laufen, damit ich meine Entdeckung den anderen verkünden konnte, als mir jemand in den Weg trat.

Zuerst sah ich einen muskelbepackten Oberkörper, der nicht durch ein Hemd versteckt wurde und musste sofort an einen Bodybuilder denken. Dann hob ich langsam meinen Kopf und blickte in Augen, die keinem Menschen gehören konnten.

So kalt und gefährlich, dass die silberne Farbe der Iris wie geschliffener Stahl glänzte.

Sein Blick schien meinen gefangen zu nehmen und ehe ich daran denken konnte, weg zu rennen, begann sich alles um mich herum zu drehen.

Der Spiegel glitt aus meiner Hand, als mein Körper schlaff wurde und dann war plötzlich alles schwarz.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top