Kapitel 35
Aurora starrte auf das Wesen, das ihnen immer näher kam. Es war die Kreatur aus ihrem Traum. Angst machte sich in ihr breit, doch auch Wut und ihre braunen Augen wurden rot, ehe sich ihr Körper mit einem Krachen zu verändern begann.
Odin keuchte auf und sprang zurück. Er hatte Jahre lang an Aurelanias Seite gekämpft. Hatte sie beschützt und die jungen Soldaten an ihrem Hof ausgebildet. Er wusste, wann ein Drache sich verwandelte und Aurora tat dies nicht absichtlich. Was hieß, dass sie jetzt erwachte. In einem Moment der so ungünstig war, dass er nicht anders konnte, als sich zurück zu ziehen. Auch die anderen Taten es ihm gleich und so beobachteten sie, wie sich Aurora Körper streckte und veränderte, während Schuppen ihre Haut überzogen.
Ein Brüllen drang aus ihrer Kehle, ehe sie die roten Membranflügel streckte.
Die dunkelroten und schwarzen Schuppen schimmerten gefährlich, als würden sie brennen. Dann stürzte sie sich mit einem Brüllen auf die Chimära, die gelandet war und zum Angriff überging.
Es war ein Kampf, der die Anwesenden die Luft anhalten ließ. Aurora stürzte sich mit solcher Wildheit und Kraft auf den Angreifer, dass dieser nicht zu wissen schien, wie er reagieren sollte.
„Gott ist sie klein", bemerkte Venom und schnalzt mit der Zunge. Er selbst war noch nicht richtig ausgewachsen, doch Aurora war kaum größer als zwei Meter. Und dennoch griff sie so gnadenlos und wild an, dass sie deutlich im Vorteil war. Vielleicht auch, weil sie keine so große Angriffsfläche bot.
„Hat sie überhaupt eine Chance gegen das Ding?", fragte Kian unsicher, doch niemand konnte ihm eine Antwort geben.
Jack hielt Meggy in den Armen, die zitterte und mit geweiteten Augen auf den Kampf starrte. Jack hingegen wirkte irgendwie nicht ganz anwesend mit seinem fast schon leeren Blick.
„Soll Ich ihr helfen?", fragte Venom unsicher, da er nicht wusste, ob ein zweiter Drache nicht für noch mehr Probleme sorgen würde.
Sarah die sich langsam erholte und wieder wach war, schüttelte den Kopf. „Wir haben keine Ahnung wie sie auf dich reagiert. Sie scheint schon jetzt unkontrolliert zu sein, aber sie konzentriert ihre Kraft auf die Chimära", erklärte Sarah langsam, während sich Kian mit seinen Heilkräften an Jack und Meggy wandte.
Durch Odin Hilfe waren sie zwar nur leicht verletzt, aber trotzdem wollte er sicher gehen.
Während Aurora noch immer ziemlich heftig auf die Chimära losging, versuchte Odin mit Kians Hilfe die anderen in Sicherheit zu bringen. Nicht auszudenken, was passierte, wenn die Drachenfrau bemerkte, dass auch noch andere Lebewesen hier waren.
Als Venom sich damals verwandelt hatte, war er sofort auf alles, was sich bewegte, losgegangen. Ähnlich würde es wohl auch Aurora handhaben.
„Oh verdammt", machte Venom, als er beobachtete, wie Aurora die Chimära mit ihrem Maul packte und zu Boden schlug, ehe sie ihren Schwanz dazu einsetzte noch einmal drauf zu schlagen. Dann war Ruhe und der Drache drehte sich langsam zu den anderen um.
Kian versteifte sich. „Nicht bewegen", hauchte er und alle um ihn herum erstarrten.
Auroras Augen richteten sich auf die Gruppe, ehe sie mit einem langsamen Schritt auf diese zutrat. Der Boden vibrierte leicht und dann senkte sie den Kopf und begann an Venom zu schnüffeln. Dieser verspannte sich sichtlich und machte sich bereit sich im Notfall zu verwandeln, doch nichts geschah.
Aurora richtete ihre Aufmerksamkeit auf die anderen, bis sie schließlich bei Jack und Meggy ankam, die etwas abseits standen.
Ihre Augen verengten sich und mit einem leisen Knurren, das völlig unerwartet kam, hob sie ihre krallenbesetzte Pfote und ließ sie zu Boden schnellen.
Panisch schloss Jack die Augen und konnte spüren, wie Blut spritzte. Er erwartete, dass er der nächste war, doch der Drache wandte sich ab und als Jack die Augen öffnete, wurde er ganz weiß und schnappte nach Luft.
Meggy!
Er konnte nicht atmen und nicht denken. Hörte die erschrockenen Stimmen hinter sich kaum. Alles was er konnte, war auf das Häufchen zu blicken, das von Meggy übrig geblieben war.
Sein Herz rutschte in die Hose und dann blickte er zu Aurora, die begann sich langsam wieder zurück zu verwandeln und schließlich erschöpft zu Boden sackte.
Aurora hatte Meggy getötet!
Venom eilte sofort auf Aurora zu und Kian folgte, ehe sich der blonde Engel zu ihr hinab beugte. Die junge Frau zitterte am ganzen Leib und ihre Augen waren schockgeweitet, während sie, noch immer liegend, auf ihre Hand starrte.
Venom biss sich auf die Lippen. Er wusste, dass Aurora sich daran erinnern konnte, was passiert war. Nur hatte sie es nicht verhindern können. Genauso, wie er es damals nicht hatte verhindern können.
„W...Was habe ich getan?", hauchte sie. Ihr Blick leer und ihr Gesicht kreidebleich. „Meggy", flüsterte sie und Kian sah den Moment, indem ihr Körper aufgab und sie in sich zusammen brach.
„Sie steht unter Schock", erklärte er leise an Venom gerichtet.
„Ach wirklich?", fragte dieser leise knurrend. Als wäre das nicht offensichtlich. Er verdrehte die Augen und hob Aurora vorsichtig auf seine Arme. Dann drehte er sich um und mied den Blick zu Jack, der vor Meggys Überresten zusammengesackt war und am ganzen Leib zitterte.
Langsam brachte er die Braunhaarige zu Sarah, Daliah und Odin, die sich unsicher umblickten. Was sollten sie jetzt tun? Sie standen vor dem Nichts und Aurora war nicht ansprechbar.
Die Schule gab es nicht mehr. Es gab fast keine Überlebenden und Sarah wusste nicht, was sie jetzt machen sollte. Ihr Blick glitt zu Venom. Er war ein Drache und Drachen waren das Gesetz ihrer Welt. Er musste entscheiden, was zu tun war. Er war in dieser Welt aufgewachsen. Er kannte sich hier aus. Und das Bedürfnis ihn um Hilfe zu fragen war einfach zu groß und Sarah konnte es nicht unterdrücken. Sie war immerhin Jahrhunderte lang damit aufgewachsen.
„Venom?", sagte sie leise. „Was machen wir jetzt?"
Venom blickte auf und musterte Sarah nachdenklich. „Du hast erzählt es gäbe noch andere Drachen", bemerkte er. Sarah nickte und fragte sich, warum sie in ihrer Verzweiflung überhaupt gefragt hatte. Ja, Venom war ein Drache, aber er war auch noch ein Kind. Wahrscheinlich nicht unbedingt in seiner Drachenform, aber jetzt auf alle Fälle. Das zeigte sein Grinsen. Es war unangebracht, da sie sich noch immer in den Trümmern der Schule befanden, doch es wirkte auch auf eine Art und Weise traurig, dass Sarah sich fragte, ob Venom damit nur seine Gefühle überspielen wollte. Er hatte einmal gesagt, dass diese Schule ihm mehr wie ein Zuhause war, als irgendein anderer Ort auf dieser Welt es je gewesen war. „Dann werden wir jetzt die anderen Drachen suchen gehen", erklärte er und blickte sich in der Runde um.
Odin, der gerade bei Jack angekommen war, horchte auf und führte dann den Jungen zurück zur Gruppe. Weg von Meggys Überresten, die sie später mit den anderen zusammen begraben würden.
„Ich weiß, dass du als Drache in der Lage bis andere Drachen zu spüren", erklärte er leise und Venom wunderte sich über diese Tatsache, denn das hatte er nicht gewusst. Er hatte gedacht Sarah könnte es, da sie ihn und Aurora auf die Schule geholt hatte. Doch wahrscheinlich war das nur Zufall gewesen. „Aber diese Reise könnte gefährlich werden und wir werden sicher nicht so leicht an Informationen heran kommen."
Venom nickte. Das war ihm klar. Trotzdem hatte er bereits darüber nachgedacht.
„Sarah. Du sagtest, dass viele der magischen Wesen von Musik angezogen werden", sagte er und blickte zu Sarah, die wieder nickte. Man sah ihr an, dass sie noch immer recht erschöpft war. „Wir suchen also Orte auf, an denen viel Musik gemacht wird und hoffen, dass wir dort auf magische Wesen treffen, die uns helfen werden", schlug Venom vor und Odin hob anerkennend die Augenbraue. Das war eine gute Idee.
„Es gibt einige magische Lieder, die uns dabei vielleicht helfen könnten", erklärte Kian und war sich nicht ganz so sicher, ob das eine gute Idee war.
Venom kniff die Augen zusammen, als ihm eine Idee kam. „Wir könnten diese Lieder also singen und würden den magischen Wesen so zeigen, dass wir wie sie sind?", fragte er und Kian nickte. Venoms Lächeln gefiel ihm überhaupt nicht.
„Warum nehmen wir dann nicht als Band an Contests teil, um möglichst viele zu erreichen?", fragte er und beobachtete Kian genau. Dieser wirkte unschlüssig.
„Das könnte zu gefährlich werden", bemerkte Odin und sorgte dafür, dass Jack sich setzte. Direkt neben Aurora, die noch immer ohnmächtig am Boden lag.
„Solange wir nur kleinere Contests besuchen und unsere Gegenwart mit Magie verschleiern, könnte das funktionieren", meinte Kian und kurz darauf entbrannte eine Diskussion zwischen Odin und Kian darüber, ob es eine gute Idee war, oder nicht.
Venom hingegen wartete einfach ab. Er war sich sicher, dass sie seine Idee annehmen würde. Und für ihn war es eine Möglichkeit seinem Traum ein Stück näher zu kommen. Es war zwar ein denkbar schlechter Moment, doch er war eben doch ein größerer Egoist, als er angenommen hatte.
Eine eigene Band und wenn sie nur an kleinen Contests auftraten, war das auch in Ordnung.
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