Kapitel 26
Wir kamen so spät zum Unterricht, dass wir nicht einmal zu spät zur ersten Stunde kamen, sondern erst zur zweiten.
Allerdings schien das niemanden zu interessieren und so setzten wir uns in Wirtschaftskunde und lauschten nur halb den Lehrer, während wir über Zettel das Problem mit dem neuen Lehrer und die verschwundenen Schülern diskutierten.
Niemand interessierte sich dafür, obwohl der ein oder andere es wohl bemerkt hatte. Jack, Meggy und ich waren Außenseiter unter den Außenseitern. Machte uns das normal? Wohl eher nicht, aber ich wusste ja, warum ich selbst unter diesen Haufen seltsamer Leute ausgegrenzt wurde. Menschen reagierten auf Drachen zwar anders, als die magischen Geschöpfe, doch das änderte nichts an den Problem.
Menschen hielten sich von mir fern, weil ihre unterbewussten Instinkte mich als gefährlich auswiesen. Magische Wesen hingegen hatten angeblich Respekt vor mir und die meisten wussten nicht, wie sie damit umgehen sollte. Als würde ich das glauben! Wahrscheinlich hatten sie genauso Angst vor mir, wie die Menschen. Nur eben nicht alle. Wie Jack und Meggy bewiesen. Diese beiden fühlten sich, ähnlich wie Daliah und Kian, zu mir hingezogen. Wenn man den Worten von Direktorin Sarah glauben konnte. Sie hatte sich in ihrer Ausführung damals zwar nicht auf Meggy und Jack bezogen, da ich diese bis dahin noch gar nicht kannte, doch sie hatte es anhand von imaginären Freunden erklärt.
Das Läuten der Glocke riss mich aus meinen Gedanken und ich fragte mich, ob es sich hierbei wirklich um eine Glocke handelte, oder ob es etwas Elektronisches war, was das Geräusch nachahmte. Vielleicht auch etwas Magisches?
„Hey, Schlafmütze. Der Unterricht ist vorbei", erklärte Jack, während er mit einer Hand vor meinem Gesicht herum wedelte.
„Hm?", gab ich von mir und blinzelte. Hatte ich wirklich die ganze Stunde damit verschwendet mir Gedanken über andere Leute zu machen? Schien so.
Ich erhob mich und stellte dabei fest, dass meine Glieder steif waren und mein Bein eingeschlafen war. Ein wenig unkoordiniert begann ich damit mein Bein ein wenig zu schütteln, damit es endlich wieder ordentlich durchblutet wurde und so dauerte es länger, bis wir drei bereit waren, den Raum zu verlassen.
Das war auch der Grund, warum schon einige andere Schüler den Raum betraten. Unter ihnen Venom, Daliah und Kian.
Ich spürte die Blicke der beiden Männer auf mir und auch Daliah blickte kurz zu mir, ehe sie auf mich zu kam und lächelte. „Hallo, Aurora", grüßte sie und ich drehte mich ihr mit einem Lächeln zu. „Möchtest du heute Abend mit in die Stadt?", fragte sie und ich blickte sie überrascht an.
Es war Freitag und damit bald Wochenende, doch das war es nicht, was mich verwirrte. Es war eher die Tatsache, dass sie von Stadt gesprochen hatte. Eigentlich hatte ich gedacht, dass es hier keine Stadt gab.
„Ja", meinte ich ein wenig überfahren. „Gern", fügte ich hinzu und blickte dann zu Jack und Meggy. Eigentlich wollte ich fragen, ob sie mit wollten, doch da erklang erneut Daliahs Stimme.
„Dann musst du dir aber erst die Erlaubnis von Sarah holen", erklärte sie mir, was mich zögern ließ. Hieß das vielleicht, dass es sich um eine magische Stadt handelte? Oder gelangte man auf einem magischen Weg dorthin?
Jack trat auf mich zu und legte mir einen Arm um die Schulter, ehe er Daliah angrinste. „Danke, wir gehen dann gleich mal zu ihr. Ich war schon lange nicht mehr in der Stadt", verkündete er und Daliahs Gesicht zeigte einen überraschten Ausdruck. Ich konnte sie verstehen. Jack schaffte es immer wieder einen zu überraschen. Allerdings wandte er sich gleich darauf zu Meggy.
„Es kann sein, dass du nicht mit darfst, weil man bestimmte Voraussetzungen braucht", erklärte er ihr und Meggy wirkte ein wenig traurig und stehengelassen, doch Jack grinste. „Wenn sie nein sagt, bleiben wir hier und verbringen den Abend im Schwimmbad", fügte er hinzu und blickte dann fragend zu mir, als wolle er meine Zustimmung. Und ich nickte, weil ich schlecht nein sagen konnte. Als würde ich Meggy hier einfach alleine zurücklassen!
„Dann vielleicht bis heute Abend", verkündete Daliah und ich konnte fast Enttäuschung in dem Lächeln sehen. Hatte sie gehofft wieder etwas mit mir machen zu können?
Ich musste zugeben, es war komplett neu für mich so viele Freunde zu haben. Eigentlich müsste ich mich auch mal wieder um Venom, Kian und Daliah kümmern. Ich hatte das Gefühl sie in den letzten Tagen recht häufig ignoriert zu haben. Was aber daran lag, dass ich mich etwas ausgegrenzt fühlte. Ein Gefühl, dass ich bisher versuchte zu verleugnen. So wie ich es immer tat, wenn ich Freunde gefunden hatte, die mich schließlich nicht mehr wollten. Es war mir also bekannt. Nur war es mir nicht bekannt, dass sich die Freunde plötzlich Mühe gaben mich doch wieder mit einzubinden. Und das war es doch, oder? Hatte Daliah versucht mich wieder mit einzubinden? Ich konnte es nicht genau sagen.
„Wenn du jetzt nicht bald kommst, müssen wir diese Stunde auch noch mit machen", riss mich Jacks lachende Stimme aus meinen Gedanken und ich bemerkte, dass ich Daliah, Venom und Kian angestarrt hatte. Und Venom starrte scheinbar zurück, auch wenn seine Sonnenbrille es schwer machte, dass eindeutig zu sagen.
„Äh, ja", murmelte ich und riss mich los, ehe ich Jack und Meggy nach draußen in die Gänge folgte.
Jack führte uns direkt auf den Weg in Sarahs Arbeitszimmer. Oder zumindest davor. Denn als er klopfte, reagierte niemand und so standen wir ein wenig unschlüssig im Gang herum und warteten, dass etwas passierte.
„Sarah ist gerade im Garten", ertönte eine tiefe Stimme, die mich zucken ließ. Und als ich mich herum drehte, bemerkte ich den Hausmeister Brom, der hinter uns stand. In der Hand einen Metalleiner mit Wasser und einen Wischmobb.
„Ah, vielen Dank", ergriff Jack das Wort, als ich mich nicht rührte und Meggy so aussah, als würde sie vor Angst im Boden versinken. Brom machte aber auch einen recht gruseligen Eindruck. „Wann ist sie denn wieder zu sprechen?", fragte Jack freundlich und mit einem breiten Grinsen.
Brom brummte etwas, was er schon am Tag meiner Ankunft getan hatte. „Spätestens nach dem Abendessen", erklärte er. „Ihr könnt es aber auch davor noch einmal versuchen", fügte er hinzu, ehe er auf die Tür zu lief. Sofort machten wir Platz und beobachteten, wie der bullige Mann im Büro der Direktorin verschwand.
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