Kapitel 21
Kapitel 21:
Seufzend starrte ich auf die Kerze und versuchte die Magie zu spüren, ehe ich sanft auf den Docht blies, doch wie so oft, geschah einfach gar nichts.
Venom verdrehte die Augen.
„So", erklärte er und hauchte die Kerze an. Nur das aus seinem Mund keine Luft kam, sondern ein kleiner Strahl Feuer, der den Docht der Kerze entzündete.
Ich seufzte erneut und blickte zu, wie Venom seine Hand hob, um mit den Fingern die Kerzen aus zu machen. Erneut bewunderte ich seine schwarzen, fingerlosen Handschuhe aus Leder, die er trug, um die Drachenschuppen zu verstecken.
„Versuch es nochmal", grummelte er und ich atmete tief durch.
Womöglich würde ich das niemals schaffen. Ich hatte ja schon Mühe überhaupt in der Nähe der Kerze zu sein, wenn diese brannte.
Allerdings wusste bisher niemand von meiner Angst vor Feuer und ich wollte auch niemanden davon erzählen.
Während ich also halbherzig versuchte Feuer zu spucken und mir dabei wirklich richtig dämlich vorkam, war Daliah in einen Zauber versunken, der es ihr ermöglichte, kleine Gegenstände schweben zu lassen.
Sie war wirklich gut darin und ließ mehrere kleine Kugeln um sich kreisen, während das Buch, aus dem sie den Zauber hatte, ebenfalls schwebte.
Warum war sie so gut? Ich bekam nicht einmal den einfachsten Zauber hin!
Sarah wies immer wieder auf mein Alter hin und das sich männliche Drachen schneller entwickelten, als weibliche. Deshalb war Venom schon wesentlich weiter als ich und ich sollte mich nicht stressen.
Ich stresste mich ja auch nicht! Ich war verärgert!
Ich schloss die Augen und absolvierte ein paar Übungen, die ich im autogenen Training gelernt hatte.
Sie sollten mich beruhigen, damit ich nicht an die Decke ging.
Doch die Position im schneidersitz und die Geräusche im Hintergrund waren so angenehm, dass ich langsam ins Land der Träume glitt.
Um mich herum befand sich Schwärze und meine Ohren fühlten sich seltsam an. Als wären sie viel schärfer als jemals zuvor.
Wo war ich hier? Es fühlte sich seltsam an. Als wäre ich nur ein Beobachter. Doch was sollte ich beobachten?
Mein Körper bewegte sich nicht nach meinen Vorstellungen und trotzdem lief ich. Irgendwie jedenfalls. Es fühlte sich seltsam an. Als würde ich auf allen Vieren laufen.
Langsam nahm ich Farben wahr und es war, als würde die Schwärze sich an manchem Stellen zersetzen und auflösen.
Auch Geräusche drangen an mein Ohr.
Feuerknistern und Schreie.
Ein lautes, verärgertes Brüllen ertönte und erst später bemerkte ich, dass es aus meiner Kehle kam.
Ich sprang über Leichen und Feuer, ehe ich mit einem dumpfen Geräusch vor einem Wesen landete, das all meine Alarmglocken schrillen ließ.
Es war riesig. Bestimmt zehn Meter und überragte mich, obwohl ich auch nicht gerade klein war.
Meine Flügel breiteten sich in einer drohenden Geste aus und ich knurrte. Dabei spürte ich einige Emotionen, die jedoch nicht von mir kamen. Ich hatte Angst und war verwirrt. Die Emotionen waren jedoch wütend und traurig, die auf mich einschlugen. Auch wenn diese Beschreibung den Gefühlen überhaupt nicht gleich kam. Sie waren so stark in ihrer Intensität, dass sie mir den Atem nahmen. Dennoch war ich gezwungen weiter zu zusehen.
Das Ding, das eine abartige Ähnlichkeit mit einer Chimära aus Fisch, Greif und Löwe hatte, fauchte.
Dabei breitete es die Flügel aus, schlug die Krallen in den Boden und schüttelte die Mähne. Der Schwanz, der einer Fischflosse glich, krachte zu Boden und ließ diesen erzittern.
Was für eine Kraft.
Ich bekam bei dem bloßen Anblick Panik, zog mich aber nicht zurück.
Stattdessen stellte ich mich in Kampfposition und fixierte das Wesen mit meinen Augen.
Es besaß kein wirkliches Fell, wie ich zuerst angenommen hatte. Die Haut wirkte eher ledig, wie die einer nackten Katze. Lediglich die Mähne war aus Fell, auch wenn dieses fast wie silberner Draht wirkte.
Die Vogelkrallen, die sich in den Boden bohrten, waren scharf und gefährlich.
Generell wirkte das Wesen viel gefährlicher, als ein Drache. Vielleicht, weil es ein Wunder der Natur war und ich es mir nicht erklären konnte?
Es stieß eine Art Schrei, vermischt mit einem Brüllen aus und kam auf mich zu gesprungen.
In meiner Schulter explodierte ein Schmerz und ich schrie auf, während ich versuchte mich aus dem Angriff hinaus zu winden.
„Aurora!", rief jemand meine Stimme, doch ich spürte nur die Schmerzen und konnte nicht aufhören zu schreien. „Aurora! Wach auf!", erklang erneut die Stimme und etwas schüttelte mich.
Es war, als würde die Verbindung getrennt werden und die Chimäre und das Feuer verblasste, während ich das Gefühl hatte, aus einem tiefen Meer hinauf zu steigen und endlich wieder Luft zu bekommen.
Mein Blick war verschwommen, als ich die Augen öffnete und so brauchte ich eine Weile, ehe ich realisierte, dass ich am Boden lag, mich noch immer wandte und schrie, während Venom, Kian und Daliah versuchten mich zu beruhigen.
Ich schnappte nach Luft und meine Schreie verstummten augenblicklich.
Dennoch konnte ich meine Atmung nicht beruhigen und hatte das Gefühl kaum noch Luft zu bekommen.
Kian, dessen Hände schon wieder seltsam schimmerten, sah mich nachdenklich an, während ich Venoms Arme spürte, die mich hielten.
„Ganz ruhig, alles ist in Ordnung. Du bist in Sicherheit", murmelte Daliah beruhigend und ich versuchte ihren Worten zu glauben, doch ich wurde diese Bilder einfach nicht mehr los.
Erst jetzt wurde mir das ganze Ausmaß von dem, was ich gesehen hatte, bewusst und die Bilder der verkohlten und zerstückelten Leichen, drängten sich vor meinem inneren Auge auf.
Ich konnte sogar das verbrannte Fleisch riechen und musste einen Würgereflex unterdrücken.
Kian hielt mir eine Hand an die Wange und ich drückte diese dagegen, weil seine Hand angenehm kühl war.
„Fieber hat sie keines", murmelte er. „Und sie scheint auch sonst nicht krank zu sein."
Ich konnte seine Nervosität hören. Wahrscheinlich konnte er sich keinen Reim daraus machen, was mit mir passiert war. Ich ja auch nicht.
„Vielleicht ist es besser, wenn du das Training erst einmal lässt. Möglicherweise bist du noch zu jung für so viel Magie", erklärte Kian dann zögerlich und ich nickte schwach.
Venom half mir stumm auf und stützte mich, während er mich hinaus führte.
Ich fühlte mich, als hätte ich einen Ausdauerlauf hinter mir und danach noch mindestens tausend Kniebeugen.
„Kannst du nicht einmal etwas machen, ohne dass du gleich wieder die gesamte Aufmerksamkeit auf dich ziehen musst?", fragte Venom und es klang irgendwie anklagend.
Ich verdrehte die Augen. „Als hätte ich das mit Absicht gemacht", murmelte ich mit schwacher Stimme und war selbst überrascht, wie heiser ich klang. Wahrscheinlich hatte ich mehr geschrien, als mir bewusst war.
„Klar", sagte Venom und es klang erneut anklagend. Ich kniff verärgert die Augen zusammen. Dieser Kerl! Wenn ihm meine Gesellschaft zu wider war, warum brachte er mich dann überhaupt in mein Zimmer?
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