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 »Hältst du das jetzt für den richtigen Zeitpunkt?«, meinte ich genervt. 

 »Nimm dein Motorrad und schiebe es«, befahl Ahron mir barsch, während er zu seinem ging und anfing es ebenfalls zu schieben.

»Du wolltest doch reden«, erinnerte ich ihn, als ich zu ihm aufschloss. 

 »Aus diesem Grund schieben wir. Während der Fahrt lässt es sich schwierig sprechen, meinst du nicht?« Er blickte mich abwartend an, aber statt zu antworten, schnaubte ich nur. »Also gut. Ich habe mich absichtlich dazu entschieden, mit dir allein zu sein, da wir Vertrauen zueinander aufbauen müssen. Und ich, denke diese Mission ist perfekt dafür.«

»Vertrauen zueinander«, wiederholte ich abfällig. »Darf ich dich daran erinnern, dass du versucht hast mich zu töten und nicht umgekehrt«, sprach ich nun sauer. Bei der Erinnerung daran zuckte ich kurz zusammen und hoffte, dass er das nicht bemerkte. 

»Na schön, du musst Vertrauen zu mir aufbauen. Bist du jetzt zufrieden?«, wollte er gereizt wissen. Allerdings wollte er darauf wohl keine Antwort, denn er sprach sofort weiter. »Wenn du das nicht kannst, fürchte ich, haben wir ein großes Problem.«

»Ich weiß«, flüsterte ich resigniert zur Antwort. Ahron war nun einmal der Anführer unserer Gruppe, wenn ich ihm nicht vertraute, könnte das auch das restliche Team in einer unpassenden Situation in Gefahr bringen. Nur, wie sollte ich ihm je vertrauen entgegenbringen, wenn ich nicht einmal seine bloße Gegenwart ertrug? Wenn ich sogar Angst empfand, wenn er mir nur zu Nahe kam? Auch wenn ich hoffte, dass ich letzteres so gut es ging überspielen konnte. 

 »Ich sehe schon, das wird ein schwieriges Unterfangen werden«, unterbrach Ahron meine Gedanken. Ich blickte überrascht zu ihm. Es war das erste Mal, dass nichts herablassendes in seiner Stimme mit klang. Er schien meinen Blick nicht zu bemerken, denn er schaute grübelnd geradeaus. Irgendwie sah er betrübt aus, aber das bildete ich mir sicher nur ein.  

Ahron meinte kurz darauf, dass wir nun fahren sollten. Immerhin war die Schlucht nicht gerade klein und wir hatten nur bis Sonnenuntergang Zeit die Bären zu finden. Denn sobald es dunkel wurde, kamen sie aus ihrem Versteck und gingen auf die Jagd. Doch als es Abend wurde, hatten wir sie noch immer nicht entdeckt. Auch die anderen hatten nicht die kleinste Spur. Uns würde nichts anderes übrig bleiben als in einen Windgeschützten Bereich ein Lager aufzuschlagen. Auch wenn mir die Vorstellung, die ganze Nacht mit ihm allein zu sein, überhaupt nicht behagte. 

Nachdem unsere Zelte standen, machten wir uns auf die Suche nach etwas essbarem. Da es hier außer trockenem Gestrüpp kaum Vegetation gab, war das einzige, was wir finden konnten, ein paar kleine gelbe Eidechsen und Hydraschlangen. Diese Schlangen besaßen schwarze Schuppen und wurden bis zu fünf Meter lang. Sie hatten meistens zwischen vier und sechs Köpfe, die an denen von Kobras erinnerten. Giftig waren sie jedoch nicht, man sagte ihnen nur nach, dass ihre Augen eine hypnotische Wirkung hatten, weswegen man lieber den Blickkontakt vermeiden sollte. 

Mithilfe des trockenen Geästs, dass hier zum Glück reichlich gab, entzündeten wir ein Feuer. Wir spießten das Fleisch auf zugespitzte Äste auf und hielten sie über die tanzenden Flammen. Während des Essens sprachen wir kein einziges Wort miteinander. Die Anspannung, die zwischen uns zu herrschen schien, behagte mir gar nicht und die anhaltende Stille machte es nur noch unerträglicher. Ich ertappte mich sogar dabei, wie ich mir wünschte, dass er etwas sagte. Unauffällig spähte ich durch die Flammen zu ihm. Ahron schien vollkommen in Gedanken versunken zu sein. Ich fragte mich, was ihn wohl so sehr beschäftigte. Ob es mit unserem Gespräch von heute Morgen zu tun hatte? Seufzend ließ ich mich mit dem Rücken auf den staubigen Boden fallen. Außer dem Knistern des Feuers war kein Geräusch zu vernehmen. Mein Blick war auf den Sternenhimmel über mir gerichtet. Ich mochte es, wie manche der kleinen Punkte funkelten. 

Irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein, denn plötzlich rüttelte jemand an meiner Schulter. Müde rieb ich mir die Augen, ehe ich Ahrons Gesicht über mir erkannte. »Du hältst jetzt Wache, immerhin bist du nicht die einzige, die schlaf braucht«, erklang seine Stimme mit dem üblichen herablassenden Unterton. Kaum hatte er das gesagt, legte er sich auch schon in sein Zelt. 

Erst als ich mich aufsetzte, bemerkte ich die Decke. Hatte Ahron mich etwa zugedeckt, fragte ich mich. Doch wer außer ihm sollte es sonst gewesen sein. Es war ja schließlich sonst niemand hier. Auch das Feuer brannte noch. Vermutlich hatte er neues Holz hineingelegt. Um meine Müdigkeit abzuschütteln, stand ich auf und lief ein wenig umher. Mein Rücken schmerzte etwas und meine Glieder fühlten sich wie Blei an. Kein Wunder, wenn man auf dem harten Boden schlief. 

Die restliche Nacht verlief ziemlich ruhig, zumindest so lange, bis plötzlich das Funkgerät ansprang. Vor Schreck zuckte ich merklich zusammen. »Wir brauchen Hilfe, die Panzerbären greifen uns an«, ertönte Jaydas panische Stimme. 

Sofort sprang ich auf und nahm das Funkgerät in die Hand. »Haltet durch, ich wecke Ahron und dann kommen wir sofort zu euch.« Ich legte das Gerät zurück und eilte ohne zu überlegen in Ahrons Zelt, wo ich ihn unsanft weckte.  

 »Was los?«, nuschelte er verschlafen. Als ich ihm alles erzählte, sprang er sofort auf. In Windeseile packten wir unsere Sachen zusammen und verstauten sie auf den Motorrädern, ehe wir davon rasten. Auf dem Ortungsgerät konnten wir genau sehen, wo Jayda und die anderen waren. In nicht mal zehn Minuten hatten wir ihren Standort erreicht. Ahron ordnete mir an, etwas abseits zu bleiben und mir eine gute Schussposition zu suchen. Während ich anhielt, fuhr er weiter zu den anderen. Ich suchte mir ein paar Felsen, hinter denen ich in Deckung gehen, aber dennoch alles im Blick behalten konnte und wurde auch recht schnell fündig. Eilig ging ich in Position. 

Doch was sich vor meinen Augen abspielte, erschütterte mich und dann ging alles plötzlich ganz schnell. 

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