Kapitel 6 -Schritt für Schritt zum Ziel-
Florentina:
Sie seufzte theatralisch auf, würde sich am liebsten die Haare raufen, doch ihr ohnehin schon dünnes Haar war eindeutig zu schade dafür, vor allem würde es wieder gefühlte Stunden dauern, bis sie ihren perfekt sitzenden Dutt wieder gerichtet hatte.
Also trat sie vor, einen Schritt nach dem anderen näherte sie sich der jungen Frau hinter ihrer Theke. Wusste das, was sie jetzt machen würde, wäre ein Fehler. Das Mal auf ihrem Unterarm juckte. Unruhig knabberte sie an ihrer Unterlippe. Biss sich diese fast blutig, bis sie endlich stehen blieb, ihre Ärmel ihres Flanellhemds hochkrempelte und die Hände an die Hüfte stemmte.
„Ich helfe dir Rehauge allerdings nur, wenn du mir versprichst, mich nicht für das, was ich einmal getan habe, zu verurteilen. Egal, was du auch hören magst." Ihre Augen sahen dabei tief in die Alexias. Etwas schien mit dem Mädchen eindeutig nicht zu stimmen, das hatte sie schon bei ihrer ersten Begegnung erkannt. Allein das Wissen, was in ihr verborgen schien, ließen ihr Florentina Evangart die Nackenhaare aufrichten. Sie vertraute dieser kleinen auf eine Weise, wie sie sich selbst nicht einmal vertraute. Alexia strahlte etwas in ihrer Gegenwart aus, was sie beruhigte, auch wenn sich diese kleine Squib vermutlich nicht mal bewusst zu sein schien. Insgeheim hegte Flora sogar die Befürchtung, dass die kleine Squib mehr war, als sie den Anschein erweckte und der Zauber, der auf ihr lag, ihre Erinnerungen absichtlich manipulierte. Ob es nun zu ihrem Schutz war oder die anderen vor ihrem wahren Ich schützen sollte, war ihr jedoch nicht bekannt.
Wieder dieser unschuldige Blick, der sie so amüsierte, fiel ihr ins Auge, als sie erneut ihr Augenmerk auf Alexia warf. Immer wieder fragte sie sich, wie man nur so einen unschuldigen und klaren Blick haben konnte, wenn es so viel Schlechtes wie sie Florentina Evangart und diesen Draco Malfoy auf dieser Welt gab. Oh ja, sie hatten den Blondschopf direkt erkannt, als er in ihren kleinen Laden hinter Alexia her gestolpert kam und auch wenn sie sich alle Mühe gab, ihr ICH vor dem Neuankömmling zu verstecken, konnte sie nicht anders als dem kleinen Wirbelwind, der noch einen von ihrer Sorte anschleppte, zu helfen.
Etwas in ihrem Inneren verriet ihr, dass dieser Junge die Wende bringen konnte, wenn sie Alexia nur machen ließ, und ihr Innerstes hatte sie noch nie betrogen, nicht einmal als es rebellierte gegen ihre Entscheidung, sich denen anzuschließen, die ihr helfen konnten, die Rache für ihre Eltern zu bekommen. Sie hatte an dem Tag, als Voldemort ihr dann auch noch das letzte genommen hatte, was ihr im Leben etwas bedeutete, und zwar die Rache für ihre ermordeten Eltern etwas begriffen.
Sie hatte begriffen, welche Fehlentscheidungen sie über all die Jahre begangen hatte, obwohl alles in ihr schrie, es nicht zu tun. Sie erkannte, welche Kraft sie wirklich besaß und dass sie allein nie wieder gut machen konnte, was ihr Streifzug der Rache für Verwüstungen zurückgelassen hatte. Sie hatte Leben genommen und zerstört, weil sie blind vor Hass und Einsamkeit gewesen war. Sie hatte die Wahrheit nicht gesehen.
Doch Alexia, in der ein Licht eingesperrt schien, dass heller als die Sonne leuchten konnte, wies ihr den Weg zur Absolution. Und auf diesem Weg ging sie anscheinend nicht allein. Also hörte sie endlich auf ihr Inneres und würde dieser kleinen Squib helfen. Sie würde ihr helfen, ihm zu helfen, denn auch ohne Magie hätte sie erkannt, dass zwischen diesen beiden ein Band bestand, dass eigentlich nicht existieren dürfte.
„Du musst also die Punkte auf der Liste abharken, ansonsten bekommt Blonde ziemlichen Ärger." Setzte sie an und bekam eine schnippische Antwort prompt zurück. „So schlau war ich auch schon, als du sagtest, das blöde Ding sei magisch. Ich kann es nur nicht abhacken." Dabei verzog Alexia wie ein kleines bockiges Kind den Mund zu einer Schnute. Erneut konnte sie nicht anders, als über das alberne Schauspiel zu lachen, dass dieses Mädchen hier abzog, und musste sich mehrfach räuspern, damit ihr lachen, endlich in ihrer Kehle stecken blieb um weiterreden zu können. „Du musst die Liste abhacken, indem du sie abarbeitest." Dabei zog sie das Stück Pergament aus Alexias Fingern und betrachtete es sich genauer.
„Es liegt ein Zauber darauf und anscheinend musst du die Liste von den jeweiligen Auftraggebern abhacken lassen. Dabei scheint es aber egal zu sein, ob Blondie diese Aufgabe erledigt oder jemand anderes. Ich werde dich zu den Orten bringen, doch die Aufgaben musst du ganz alleine bewältigen, abgemacht?" Alexias Augen leuchteten kurz auf und sie erkannte darin Abenteuerlust und Neugierde. Flora wusste, dass diese Squib begierig auf die versteckten Winkel Londons war und sich nur zu gerne von ihr führen ließ, doch sie selbst war nicht so begeistert davon. Sie war eine Mörderin, eine Verbrecherin und hatte Voldemort bei seinem ersten Versuch geholfen, die Zauberer und Hexen zu unterjochen, Muggel und unreine zu entsorgen. Sie war also kein gern gesehener Gast in dieser verborgen gehaltenen Welt. Darum war sie ja auch hier und nicht in der Winkelgasse oder in einem der größeren Einkaufspassagen für Hexen, Zauberer und andere magische Wesen. Darum lebte sie schon lange ohne Magie.
Zumindest seit dem letzten Vorfall vor knapp 10 Jahren in St. Mungos-Hospital. Schnell schüttelte sie den Kopf. Sie wollte nicht daran denken. Sie würde lediglich die kleine Alexia an den jeweiligen Ort bringen und sich dann in den Schatten halten. Sie gehörte nicht mehr zu ihnen, auch wenn sie die Magie vermisste, die alles und jeden zu umgeben schien, umso erleichterter war sie, als Alexia ihr begegnete. Auch wenn sie ihr anfänglich nicht trauen wollte, da jedoch ihr innerstes ihr klar und deutlich zu verstehen gab, dass sie in Ordnung sei, hatte sie ihre Bedenken über Bord geworfen. Sie durfte nicht mehr gegen dieses Gefühl steuern, das brachte immer nur Unglück und davon hatte sie nun wirklich genug gehabt für ein ganzes Leben.
Außerdem hätte sie es nicht von selbst angeboten, hätte Alexia sicherlich einen anderen Weg gefunden, sie zu überzeugen. Ein Lachen stahl sich auf ihre Lippen bei diesem letzten Gedanken und erneut schüttelte sie den Kopf, doch dieses Mal nicht weil sie den Gedanken vertreiben wollte, sondern weil sie nicht glauben konnte, was sie hier eigentlich tat.
Und das alles nur für ein strahlendes Lächeln, welches sie in ein neues Leben führte.
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