Kapitel 8

Nervös betrat ich das Zimmer. Eine  kleine Kerze flackerte hektisch auf einem hellen Eichentisch. Bunte, in allen Farben leuchtende Verzierungen schmiegten sich an die dunkle Wand und verliehen ihr ein lachendes Images.  Staunend ließ ich meine Finger über die vielen Kerben und Vertiefungen, die in dem Holz eingesetzt wurden, gleiten. "Alisha" Ich zuckte zusammen. Der alte Mann saß nur wenige Zentimeter von mir entfernt auf einem Kissen und beobachtete mich. Verlegen grinste ich schief und fragte: "Ihr habt mich gerufen?" Er nickte  bedächtig und bedeutete mir, mich ihm gegenüber zu setzten. Schulterzuckend ließ ich mich auf dem flauschigen roten Teppich sinken. Er sprach weiter: "Alisha, wie ich sehe, machen du im Thema Kämpfen und Verteidigen große Votschritte, aber deine Elementarkräfte sind weniger zu gebrauchen!" Beschämt sank ich ein ganzes Stück tiefer in mich hinein. Der alte Mann fuhr fort : "Kein Wunder,  du hattest ja noch keinen Lehrer darin. Ich werde diese Aufgabe fortan übernehmen. Doch das ist nicht der Grund warum ich die hergerufen habe, Alisha.  Dich plagt etwas. Etwas ungeheim großes und du hast Angst." Ich riss verblüfft die Augen auf. Woher wusste dieser Mann von meinen Problemen?  Ich druckste ein wenig herum. "Es... ist...nur meine.... naja.... na schön.... Mein Anhänger.  Er redet mit mir und ist lebendig. Heute, da.... hat er fast meine Kehle zerdrückt. Und er sprach. Irgentwas von Befrei mich. Ich habe keine Ahnung,  was ich damit anfangen soll. Doch dieser Anhänger lässt mir keine Ruhe.  Ich ersticke noch!" Am Ende wurde meine Stimme immer lauter und hysterischer. Der alte Mann nickte und überlegte. Schließlich sagte er: "Ich kann dir helfen. Allerdings ist es meist ungenau." Er sprach eindringleich und seine Stimme wurde zunehmend leiser. "Und was soll ich machen?", fragte ich skeptisch und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Mann griff nach dem funkelnden Saphirdrachen in meiner Hand und umschloss ihn mit seinen Fingern.

Süßlicher Rauch umhüllte mich. Blauer Dampf stieg auf und nahm mir die Sicht. Ich zitterte. Langsam enthüllte der Nebel eine Gestalt. Ich zuckte zusammen. Fast weiße Haare. Weiße Bluse. Weiter Gürtel.  Das war eindeutig ich. Staunend beobachtete ich mein Ebenbild. Es umformte etwas. Den Anhänger!  Er ruhte glänzend wie immer in seiner - meiner -  Hand.  Doch etwas veränderte sich. Mein Ich hielt denn Saphir in das bleiche Licht des Vollmondes und.... sang. Es sang etwas grauenvolles und zugleich wunderschönes. Es sang vom Drachen. Mit Gänsehaut hörte ich angespannt der Stimme zu. Jeder einzelne Ton fuhr mir in die Haut. Dann verblasste mein Ebenbild und ich war wieder im Zimmer. Ich rieb mir die Augen. Meine Hände kribbelten vor Aufregung.   Ohne zu Zögern rannte ich nach draußen und stellte mich unter das fahle Mondlicht. Der Vollmond strahlte auf mich herab und beleuchtete die Wiese. Zitternd kramte ich die Kette unter meiner Bluse hervor und hielt sie in das Licht. Sofort hörte ich wieder diese Stimme und schluckte meine Panik hinunter. Mit brüchiger Stimme fing ich an zu singen.

Die Luft erfüllt vom Tode
Keine Seele mehr heut schreit
Doch ich sitz hier in den Gassen
Voller Hass und Einsamkeit

Und erneut hör ich die Stimmen
Wie das Klirren Stahl auf Stahl
Denn schon bald wird sich erfüllen
Das unabwendbare Schicksal

Meine Seele kalt und eisig
Ich steh mitten in der Schlacht
Doch rein gar nichts kann mich töten
Denn der Drache ist erwacht

Meine Stimme hallte wider von den Mauern, die mich umgaben. Ich spürte, wie sich der Drache in der Kette regte und summte vor mich her. Der Mond schien auf den Anhänger herab und sein Licht spiegelte sich im Auge des Drachen. Plötzlich leuchtete der Anhänger auf. Er strahlte regelrecht. Weißes Licht umrahmte mich. Ich spürte wie der Drache sich bewegte. Er kribbelte, dann begann das Amulett zu kochen. Es blubberte und zischte. Weißer Rauch umhüllte mich immer noch.  Meine Handflächen wurden immer heißer und feuriger. Der Drache immer wilder und robuster. Mit einem lauten Schrei warf ich die Kette auf den Boden. Es zersplitterte in fünf kleine Saphire. Plötzlich wurde es schlagartig dunkel und ich hatte das Gefühl, dass die Zeit anhalten würde. Mit einem Zischen erhob sich etwas. Silberner Dampf.  Ich schlug die Wimpern zurück.  Eine Seele. Die Seele des Drachen.  Ehrfürchtig betrachtete ich die Seele und beobachtete voller Entsetzen,  wie sich der Dampf allmählich in einen Drachen verformte. Blutrote Augen starrten auf mich herab und begannen zu glühen. Öffne deine Seele!  Gänsehaut überfiel mich.  Öffne deine Seele!  Ich zitterte immer stärker. Lass mich rein!!! Mein Mund öffnete sich zu einem Schrei.  Die Drachenseele wirbelte dreimal im Kreis und schoss dann auf mich zu und in mich hinein. Sie schleuderte mich mit voller Wucht knappe drei Meter nach hinten.  Ich rollte die Steintreppen hinunter, kullerte den Weg entlang und krachte dann mit einem lauten Rumps gegen die Mauer.

Benommen blieb ich liegen.  Meine Augen öffneten sich nur schwach. Arme und Beine begannen sich plötzlich zu dehnen. Etwas heißes drang an meine Haut und überstülpte sie. Meine Zähne wurden größer und spitzer. Lange ledrige Flügel erschienen an meinem Rücken.  Finger und Zehen verwandelten sich in Krallen.  Ich schlug entsetzt die Augen auf und hievte mich nach oben. Ein hoher Schrei drang meiner Kehle empor.

Ich war ein Drache. Ein lebhafter Drache. Langsam kam wieder Leben in mich und ich zwang mich ruhig zu bleiben. Ein Geräusch ließ mich aufschrecken.  Mein verschärften Ohren drehten sich in Richtung Akademie.  Ich blieb wie angewurzelt stehen. Bewegte mich kein bisschen.

Eine Bewegung. Nur drei Meter von mir entfernt.  Da ich im Dunkeln sehen konnte,  bemerkte ich sofort Philo. "Verdammt!", fluchte ich und meine Klauen krallten sich im Boden fest. Philo ging geduckt und äußerst vorsichtig. Sein Blick schweifte über den gesamten Innenhof. Gleich wird er mich entdecken. Ein hohler Schrei bestätigte meine Aussage und ich sah den gleichaltrigen Jungen davon rennen.  "Toll. Dahin läuft er.", rief ich seufzend und sprintete ihm nach. Beim Laufen bemerkte ich,  wie mein Körper sich wieder verwandelte. Von der einen Sekunde auf die andere war ich wieder ein stinknormaler Mensch.  Philo war jetzt nur nich knappe zwei Schritte vor mir. Mit einem Keuchen stolperte er über einen Stein und fiel der Nase nach hin. Meine Füße bremsten zu spät und ich fiel direkt auf ihn.  Zu zweit kullerten wir bergab. Keuchend prallten wir zusammen und blieben erschöpft liegen. "Alisha? ",  fragte Philo mich erstaunt und setzte sich auf. Ich tat das Gleiche und nickte mit einem Grinsen. Philo lachte. " Wow! Und ich dachte schon einen Drachen gesehen zu haben. Also ich meine einen fremden wilden Drachen!" Er seufzte vor Lachen auf.  Ich kratzte mich am Hinterkopf.  "Tja, was das angeht. Ich glaube da liegst du gar nicht mal so falsch.", sagts ich verlegen und lächelte gequält.  Dann erzählte ich Philo die ganze Geschichte von Anfang an. Nach dem ich geendet hatte, war Stille.  Der Junge schwieg. Dann schüttelte er den Kopf und sagte: "Wahnsinn!"

"Das heißt du glaubst mir?"

"Natürlich! Das müssen wir sofort dem alten Mann erzählen" Philo sprang auf, nahm meine Hand und zog mich ins Haus. Gemeinsam stürmten wir in das bunte Zimmer unseres Lehrers. Doch der Raum war leer. " Komm mit!", rief Philo und rannte weiter.  Dann spürte ich ein Kribbeln. " Philo, ich....", setzte ich an, doch der Junge hörte mich nicht und polterte bereits in ein weiteres Zimmer. Ohne, dass ich es verhindern konnte,  zog er mich hinein. Der Mann, Dako, Nelio  saßen an einem Tisch und spielten auf einem Brettspiel. Ich wollte schon wieder hinaus eilen, doch es war schon zu spät.  Meine Drachengestalt kam zum Vorschein und in weniger als zwei Sekunden stand ich als Drache da.  Dako und Nelio klappten ihre Augen weit auf. " Oh!", war das Einzige was Philo heraus brachte. Der alte Mann erhob sich und schlurfte auf einen Stock gestützt auf mich zu. Seine Finger strichen über meine Schuppen und ich spürte wie ich mich zurück verwandelte. " Hm... damit habe ich nicht gerechnet!", murmelte er halblaut und ging zu einem Regal. Er zog ein dickes Buch heraus, schlug es auf und vertiefte sich für einige Augenblicke darin. Danach klappte er es ruckartig zu und sagte: "Alisha, in dir wohnt von nun an eine Drachenseele,  die es dir ermöglicht, in einen Drachen zu wandeln. Dein Amulett war der letzte Schlüssel zum Ziel.

Dennoch konnten nur zwei Runi Drachen wandeln.  Du und die Königin der Runae.... Aber nun gut. Alisha, du bist jetzt bereit gegen Nevarian anzutreten. Vielleicht noch nicht heute oder in zwei Wochen,  aber irgendwann wird der Tag kommen! Das Ende ist nah, junge Drachenseelin!"

     

                  

                    

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