Kapitel 25

Das weite Meer erstreckte sich endlos unter dem himmelblauen Himmel. Vögel drehten am Horizont ihre Runden.

Wir standen an einem der weißen Sandstrände und blickten ratlos auf die ruhigen Wellen.

"Und jetzt?", fragte Philo und stemmte die Arme in die Hüften.

Ich legte den Kopf schräg.

"Ich kurve jetzt ein bisschen über dem Meer herum und versuche diesen verdammten Tempel zu finden!"

Ich wandelte meinen Körper und schwang mich hoch in die Luft.

Mit verschärften Augen beobachtete ich das Meer und suchte nach der Schlucht.

Nach ein paar Minuten erblickte ich schließlich eine kreisrunde Spaltung mitten in den Wellen.
Ganz unten im Sand stand erhoben ein gewaltiger schwarzer Tempel. Blaue Lichter schwebten um ihn herum und strahltem eine geheimnissvolle Aura aus.

Ich flog wieder zurück und landete in Menschengestalt.
"Ich habe den Tempel gefunden. Sieht meiner Meinung nach richtig gruselig aus. Wenn wir direkt übers Meer kommen, brauchen wir sieben Stunden."

Fast gleichzeitig stöhnten Dako und Nelio auf.
Philo und Draco klappten entsetzt den Mund auf: "Sieben Stunden?!"

Ich nickte gequält.

"Und wie sollen wir dahin kommen?",fragte Dako skeptisch. "Wir haben ja noch nicht mal ein Boot."

Ich überlegte kurz und trat ins seichte Wasser.
Winzige Fische suchten erschrocken das Weite.
Glänzende Muscheln spiegelten sich im Glanz der Wellen.

Ich streckte die Hand ins lauwarme Meerwasser und ballte sie zur Faust.

Sofort spürte ich den Sog der Wellen, die ruhig hin und her plätscherten.

Ruckartig spreizte ich nun die Finger und spürte sofort die Veränderung.

Das einst so kristallklare Wasser verfestigte sich zu einer klebrigen Masse und folgte einer unsichtbaren Spur auf direktem Weg zum Tempel der Seelen.

Amüsiert stieg ich darauf und winkte den anderen zu.
"Na los. Wartet ihr auf eine schriftliche Einladung? Das Wasser ist fest. Ihr könnt drauf laufen! Vielleicht werdet ihr ein bisschen nass!"

"Bist du dir sicher? Ich habe keine allzu große Lust meine Kleider nass zu machen.",murmelte Draco und inspezierte das wabernde Wasser.

Ich grinste ihn frech an und manipulierte die Luft so, dass sich eine gewaltige Pfütze über Dracos Kopf bildetet und mit einem lauten Platsch auf ihn nieder ging.

Draco kreischte voller Überraschung auf und machte einen Satz zur Seite, doch leider zu spät. Das Wasser erwischte ihn mit voller Wucht und durchnässte ihn bis auf die Knochen.

Ich lachte ohne Pause und rief schadenfroh: "Jetzt brauchst du dir keine Sorgen mehr wegen deiner Kleidung machen! Jetzt sind sie schon nass! Kommt jetzt, ihr werdets schon überleben!"

Ich ging fröhlich pfeifend voraus. Lachend folgten sie mir. Bis auf Draco, der grummelnd nach stapfte und seine nassen Haare aus seinem Gesicht streifte.

Vier Stunden vergangen

"Ich kann nicht mehr!", maulte ich sichtlich erschöpft und blieb keuchend stehen.
Ich war am Ende meiner Kräfte.

Die Sonne prahlte unerschöpflich auf uns hinab und jedes bisschen Schatten ging verloren.

Kein Lüftchen regte sich in der Gegend. Es war absolut windstill.

Unsere Wasserflaschen waren leer getrunken und die Kehlen durstig.

Es war schlimm, überall Wasser zu haben, wenn man gleich austrocknete.

Völlig verschwitzt sackte ich mitten auf dem Meer zusammen und mir wurde schummrig vor Augen.

Die feste Schicht auf dem Meer wurde wieder weicher und das Wasser stand uns nun bis zu den Knien.

Ich brauchte unbedingt etwas zu trinken, sonst würde hier bald kein Weg mehr sein.

Mit letzter Kraft drehte ich die Handflächen und spürte augenblicklich wie die Luft um mich herum kälter wurde und dir Sonne abschirmte.

Lauwares Süßwasser tropfte in meinen Mund hinein und sofort kehrten meine Kräfte zurück.

Der Schwindel blieb zwar, dennoch holte ich die anderen ein und verfestigte die Schicht auf dem Wasser wieder.

"Alles in Ordnung?", fragte Nelio und blickte an mir hinunter.

Ich lächelte ihn an. "Klar, ich glaub ich fantasiere gerade"

"Du bist erschöpft, glaubst du du schaffst das?"

"Klar doch!"

Sechseinhalb Stunden vergangen

"Ich kann den Tempel schon sehen!", schrie Philo aufgeregt und deutete mit beiden Händen nach Norden.

Dem Rest der Strecke rannten wir. Ich vorneweg.

Dann war ich im Wasser und prustete voller Überraschung laut auf.

Der Boden war verschwunden. Jetzt war da nur noch Wasser.
Philo und Draco tauchten erstaunt neben mir aus dem Meer auf und blickten sich erstaunt an.

Nelio und Dako schwammen bereits zu uns hinüber. "Was ist passiert? Wieso funktioniert dein unsichtbarer Weg nicht mehr?"

Ich wollte antworten, doch jegliche Worte wurden von einem gigantischen Rauschen übertönt, das mit rasender Geschwindigkeit näher zu kommen schien.

"Ist das......ein...."

"WASSERFALL!!!",kreischte Draco aufgebracht und schwamm in die entgegen gesetzte Richtung.

Was macht ein Wasserfall mitten im Meer? Ist da der Tempel?

Jegliche Fluchtversuche waren umsonst. Die Ströme des Falls zerrten uns hinab in die Stromschnellen.

Ich wurde hin und her geschleudert. Gischt spritzte in mein Gesicht und leckten an meinen Kleidern.

Völlig hilflos wurde ich an den Rand des Wasserfalls gesogen und mit einem Schubs hinunter gestoßen.

Mein Schrei erstickte durch die tosende Wassermenge.

Die Haare klebten mir nass am Gesicht.

Trotz allem drehte ich mich im Fall streckte die Hand nach oben aus und faltete meine Flügel auseinander.

Wie ein Pfeil schraubte ich mich am Himmel nach oben, hielt nach Philo und Draco Ausschau, schnellte dann wieder in die Wassermassen und packte die beiden mit den Krallen.

Doch sie waren zu schwer für mich.
Mitten im Flug verlor ich die Konzentration, wandelte und krachte auf einen sandigen Boden weit weg vom Wasserfall.

Es war vollkommen windstill und das Rauschen der Wassermengen klang weit entfernt.

Draco und Philo krachten neben mir auf den Boden und stöhnten.

Ich lachte und stand wieder auf den Füßen. Dako und Nelio landeten weiter hinten und schüttelten sich das Wasser aus den Haaren.

"Oh man!",murmelte Philo und tippte mir auf die Schulter.
Ich folgte seinen Blick und erstarrte.
Der Tempel der Seelen ragte gigantisch aus dem caramellfarbenen Sand heraus und strahlte furchteinflößend in der Sonne.
Seine schwarze Farbe wurde umringt von wabernden dunklen Gestalten, die bei jeder Bewegung einen unnatürlichen Schrei ausstießen.

Ich schauderte. "Sind das Seelen?"

Nelio legte den Kopf schräg. Eine Gänsehaut hatte sich auf seinem Körper gebildet.

Ich schluckte entsetzt und zauberte eine kleine Flamme auf meine Hand.

Die Seelen jagten mir einen gehörigen Schauer über den Rücken.

Vorsichtig und wachsam schlichen wir um die Geister herum und kamen zu einem golden schimmerten Tor.

Ich kramte meine fünf Splitter des zerbrochenen Amuletts und legte sie vor der Tür auf den Sand.
Dann hielt ich inne. Singen wollte ich eigentlich nicht.

Jemand stieß hinter mir einen Schrei aus und taumelte an mich. "Hey, was...."
Ich drehte mich um und erschrak. Hunderte, tausende Seelen bildeten einen Kreis um uns und rückten näher. Ihre schwarzen Augen fest auf uns gerichtet. Wir bewegten uns nicht.
"Alisha",murmelte Philo. "Fang an zu singen"

Ich rührte mich nicht.

"Na los" Er stupste mich an.

Die Seelen stießen einen grässlichen Laut aus.

Ich holte tief Luft und blendete alles aus, versetzte mich zurück auf die Wiese, auf der ich meinen Drachen gefunden habe.

Die Luft erfüllt vom Tode
Keine Seele mehr heut schreit
Doch ich sitz hier in den Gassen
Voller Hass und Einsamkeit

Die Seelen schrien auf und stürzten sich auf uns.
"Schneller!",brüllte Nelio und versetzte einem Toten einen Stoß.

Und erneut hör ich die Stimmen
Wie das Klirren Stahl auf Stahl
Denn schon bald wird sich erfüllen
Das unvermeindbare Schicksal

Meine Stimme zitterte heller.

Meine Seele kalt und eisig
Ich steh mitten in der Schlacht
Doch rein gar nichts kann mich töten
Denn der Drache ist erwacht

Die saphirnen Splitter glühten hell auf und wirbelten umher, bevor sie mit einem hellen Glanz in den Tempel hineinfloss. Hastig steckte ich den Schlüssel hinein und drehte.
Das goldene Tor ruckelte hin und her und löste sich dann in einem hellen Nebel auf.
Die Seelen schrien laut und grausig, bevor sie mit dem Tor verschwanden.

Wir betraten den Tempel.

Den Tempel der Seelen

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