Kapitel 23: Frieden?

Astrid

Grau. Das war alles, was ich sah. Graue Wolken, graues Wasser, grauer Nebel über dem Wasser. Und die dunkelgraue Silhouette einer Inselgruppe.

"Wir müssen näher ran, Hicks, ich kann nichts erkennen", rief ich ihm über den pfeifenden Wind zu.

"Dreh am Fernglas", riet er mir.

"Hab ich schon, es ist auf die größte Einstellung gedreht, aber ich kann gerade so die Insel erkennen. Wir müssen näher ran, es wird uns schon niemand erkennen."

"Aber..."

"Hicks, es bringt Fischbein nichts, wenn wir nicht sehen, falls er in Schwierigkeiten gerät, wir aber unentdeckt bleiben!"

Gesagt, getan. Nun kreisten ein tödlicher Nadder und ein Wahnsinniger Zipper über der größten der Marktinseln. Hicks war mit Rotzbacke zurückgeblieben, da dieser die Angewohnheit hatte, seinen Drachen in Brand zu setzen, was wirklich nicht ein Musterbeispiel an Unauffälligkeit war. Andererseits, wann benahm sich Rotzbacke jemals unauffällig? Währenddessen beobachtete ich Fischbein durchs Fernglas und die Zwillinge... die kloppten sich zum hundertsten Mal an diesem Tag. Nicht gerade förderlich für die Konzentration, aber ich durfte Fischbein nicht aus den Augen verlieren.

Da! Sechs Drachenjäger umzingelten ihn und Fleischklops, aus ihrer Haltung sprach Aggressivität. Schnell hatten sie ihn überwältigt, doch Fleischklops flatterte nach einem dramatischen "Flieg mein Engel", das man sogar hier oben hörte, davon, direkt zu Hicks und Rotzbacke. Phase eins vollendet. 

Jetzt hieß es warten. Sechs Stunden mit dem Schiff dauerte es von hier aus bis zum Lager der Drachenjäger, zwei Stunden mit dem Drachen von unserer Basis aus und halb so lang von den Marktinseln aus. Das hieß, wir mussten circa zweieinhalb Stunden hier warten, auf den Markt fliegen und weitere zweieinhalb Stunden "Nachforschungen" betreiben und dann zum Lager der Drachenjäger fliegen. 

Die ersten zweieinhalb Stunden vergingen quälend langsam. Wir warteten und warteten und warteten. Die Sonne kroch sicher extra langsam über den Himmel und als sie auch noch von einem Nebelschwaden verdeckt wurde, schien es, als hätte sich das gesamte Universum gegen uns verschworen. Doch der Nebel löste sich wieder auf und die Sonne erreichte schlussendlich den richtigen Stand. Phase zwei konnte beginnen.

Formationslos jagten wir zu den Marktinseln hin, damit es aussah, als wären wir in Eile. Am Boden angekommen, trennten wir uns. Die Drachen würden sich verstecken und wir würden uns in den gleichen Gruppen wie vorhin nach Fischbein erkundigen. Das hieß, Hicks blieb mit Rotzbacke ein Team, während ich erneut die Schafsköpfe im Schlepptau hatte. Ob die eine große Hilfe sein würden, stand auf einem anderen Pergament. Zum Glück mussten wir nur so tun, als würden wir Fischbein suchen. 

Mit den Zwillingen aus irgendwem eine Information herauszubekommen, erwies sich nämlich als nahezu unmöglich. Hauptsächlich, da sie jede, aber auch jede Ware in die Hand nahmen und dabei einiges kaputtging. So gut wie alle Händler jagten uns davon, manche sogar mit Waffen in der Hand. So konnte man zweieinhalb Stunden auch verbringen. Zwölf wütende Händler und ein paar aggressive Drachenjäger später trafen wir uns mit Rotzbacke und Hicks.

"Und, habt ihr etwas herausgefunden?" So gern ich Hicks auch mochte, er war alles Andere als ein guter Schauspieler. 

"Außer dass die Zwillinge ein Talent dafür haben, Leute zu verärgern? Nicht wirklich."

"Tja, wir haben herausgefunden, wo Fischgesicht ist",tönte Rotzbacke, "Die Jäger haben ihn entführt! Nicht, dass ich mich beschweren würde..."

"Rotzbacke, halt den Rand!", kam es einstimmig zurück. Bevor noch jemand etwas Dummes sagen konnte, schlug ich vor:

"Auf geht's, fliegen wir zur Jägerinsel! Holen wir uns Fischbein zurück."

Fünf Minuten danach schwangen wir uns auf den Rücken unserer Drachen und starteten in Richtung Drachenjägerbasis. Phase zwei ebenfalls abgeschlossen, jetzt kam die eigentliche Mission an die Reihe.

Hoch in der Luft warf Hicks mir ein Bündel aus Stoffen und Stangen zu. Sein Fluganzug, ich würde mit ihm über der Tanneninsel abspringen. Aber... das war ja gar nicht seiner! Dieser hier war hellblau und zudem noch anders geschnitten. Ich musste nicht sehr intelligent aus der Wäsche geguckt haben, denn Hicks meinte schüchtern:

"Der ist für dich. Ich dachte... na ja, du solltest deinen eigenen haben, ich hoffe, er gefällt dir."

"Mein eigener Fluganzug", staunte ich, "Das ist... das ist unglaublich, danke! Aber wann hast du den denn gemacht? Du kannst ihn doch unmöglich so schnell..."

"Ich habe schon länger daran gearbeitet. Eigentlich wollte ich ihn dir  zum Geburtstag schenken, aber das schien mir eine passende Gelegenheit, ihn auszutesten."

Sofort schlang ich die Lederriemen um meinen Arm. Der Anzug passte mir wie angegossen. Ob ich ihn ausprobieren konnte? Warum nicht. Schließlich musste ich noch damit üben und die strahlend weißen Wolken unter mir sahen doch sehr verlockend aus. 

Ohne jegliche Vorwarnung sprang ich von Sturmpfeils Rücken. Erschrockene Schreie ertönten hinter mir, doch ich achtete nicht darauf, sondern breitete die Flügel aus. Es war fantastisch, der absolute Wahnsinn! Rasend schnell glitt ich dahin, wie in einem Traum. Aber es war kein Traum, es war wirklich und ich flog über die Welt, mit meinem eigenen Fluganzug. Haarscharf zischte ich an meinen Freunden vorbei, machte eine Schraube nach der anderen und sogar einen Looping, bis ich atemlos auf dem Sattel landete.

Dieser Fluganzug war perfekt bis ins kleinste Detail, von der einfachen Steuerung für enge Kurven bis hin zum hellblauen Stoff. Er machte mich schwerer zu erkennen, ich konnte unbemerkt auf unsere Feinde herabstoßen - und es war meine Lieblingsfarbe. Hicks hatte einfach an alles gedacht, sogar an zwei Dolche, die neben meinen Händen versteckt waren.

"Deine Axt war zu schwer und ich weiß ja, wie ungerne du ohne Waffen unterwegs bist", erklärte Hicks.

"Woher weißt du, wie viel meine Axt wiegt?"

"Ähm, also, du warst nicht da und da habe ich sie eben geholt und gewogen. Ich habe sie natürlich wieder zurückgebracht."

"Klar hast du das", lachte ich, "Ansonsten würde dir wohl auch der Fluganzug  nicht viel nützen." Ich musste meine Waffen wirklich besser verstecken, nachher vergriff sich noch Rotzbacke daran und der würde sie bestimmt nicht wieder zurücklegen. 

Zu gerne wäre ich noch einmal losgeflogen, doch auf uns wartete eine Mission, eine wichtige Mission, die ich nicht einfach so vergessen konnte. Schließlich war ich vor allem eine Kriegerin, dazu ausgebildet, zu kämpfen. Diesmal würde ich auf mich allein gestellt sein, die einzige Absicherung ein Mädchen, dem ich nicht vertraute. Mein Auftrag war mehr als nur riskant und doch hätte ich ihn niemand anderem überlassen. Das, was wir hier taten, wurde nun einmal immer gefährlicher, unsere Gegner immer mächtiger und gerissener - aber wir wurden es auch. Wir waren an den Punkt gestoßen, an dem wir selber Verantwortung übernehmen mussten, an dem wir nicht mehr ein ganzes Dorf als Unterstützung hinter uns hatten. Es machte mir Angst, aber es erfüllte mich auch mit Stolz. Jetzt waren wir an der Reihe, für unser Dorf zu kämpfen und - nun, nicht gerade für die Traditionen unserer Vorfahren, aber für unser eigenes Erbe. Wir waren erwachsen geworden. Und falls diese Mission scheitern würde, dann würde ich in dem Wissen fallen, alles Erdenkliche getan zu haben. Ich fürchtete mich nicht vor dem Tod -  jedenfalls nicht vor meinem eigenen. 

Im Geist rief ich noch einmal die Karte in Erinnerung, die Romi von der Tanneninsel gezeichnet hatte. Sie lag östlich der Hauptinsel, die Höhlen, in denen der Granatenfeuerdrache untergebracht war, lagen im Südosten. Ich würde am westlichen Ende abspringen und mich durch den Wald durchschlagen. Etwa 20 Minuten würde das dauern, dafür würde ich im Westen nicht so leicht entdeckt werden wie im stark bewachten Osten. Hatte ich es bis dorthin geschafft, würde ich mich über einen Seiteneingang hineinschleichen. Falls es Probleme gab, würde Romi ein Notsignal abfeuern.

Simpel - und doch alles andere als einfach. Doch ich würde es schaffen, dessen war ich mir sicher. Für Zweifel gab es auch keine Zeit mehr, denn in einer Viertelstunde würden wir die Tanneninsel überfliegen. Ruhig legte ich den Fluganzug an, zog jeden einzelnen Riemen noch einmal fest, überprüfte die Sicherung der Dolche und der Vulkanlava und ging noch einmal den Plan im Kopf durch. Ich war so weit.

Vor uns ragten die zerklüfteten Klippen der Tanneninsel auf. Ein entschlossenes Lächeln an das Team.

Wir überflogen den Wald. Vorsichtig stand ich im Sattel auf.

100 Meter vor uns ging der Wald in ein flaches Ufer über. Ich gab das Zeichen zum hinunterfliegen und atmete ein letztes Mal tief ein.

Wir ließen die letzten Bäume hinter uns zurück. 

Ich sprang.

Die Geschwindigkeit raubte mir den Atem, so schnell raste der Boden auf mich - oder eher ich auf den Boden zu. Langsam entfaltete ich die Flügel und bremste den Sturz ab, während ich wachsam meine Umgebung beobachtete. Schließlich gab ich hier oben ein leichtes Ziel ab. Ein Pfeil und alles wäre vorbei. Doch niemand bemerkte mich und ich landete wohlbehalten auf der Erdoberfläche.

Der Kies knirschte unter meinen Füßen, mein Herz schlag mir bis zum Hals. Schnell band ich den Fluganzug los und wickelte ihn zu einem Bündel, nicht ohne die Dolche und die Säure loszumachen. Nach einer kurzen Atempause verließ ich den Strand und machte mich auf in den Wald.

Geduckt schlich ich zwischen den Bäumen hindurch, darauf bedacht, so wenige Geräusche wie möglich zu machen. Adrenalin kreiste durch meine Adern, schärfte mein Gehör und ließ mich bei der kleinsten Bewegung zusammenzucken. Bleib wachsam, lass dich auf keinen Fall erwischen. Einmal trampelte eine Patrouille keine 20 Meter entfernt auf einem Pfad an mir vorbei. Mehrere Minuten kauerte ich auf dem Boden, wertvolle Zeit, die meine Freunde wieder reinholen mussten.

Wie es wohl bei ihnen lief? Ob sie Fischbein schon befreit hatten? Nein, schließlich wollten sie den Kampf in die Länge ziehen. Die Frage war nur, würde ihnen das auch gelingen? Halt, nicht ablenken lassen. Ich brauchet volle Konzentration, der Haupteingang zur Höhle lag direkt vor mir. Es wimmelte nur so vor Drachenjägern und zwar nicht die üblichen Hohlköpfe. Diese Männer waren Elitesoldaten, hochgefährlich und bis an die Zähne bewaffnet. Unmöglich, an denen vorbeizukommen. Zum Glück wusste ich, wo der Hintereingang lag.

Auf Zehenspitzen stahl ich mich an den Wachen vorbei, behielt sie jedoch immer im Auge. So gelangte ich unendlich langsam zu dem Tunnel 200 Meter entfernt. Auch hier lungerten Wachen herum, allerdings die übliche strohdumme Sorte. Ein Stein reichte und schon preschten sie in den Wald, ohne einen einzigen Mann zur Bewachung dazulassen. Kein Wunder, dass wir andauernd in Viggos Lager eindringen konnten. Dennoch blieb ich auf der Hut, immerhin konnten in dem engen Gang weitere Wachen lauern. 

Das Hauptproblem waren die ersten hundert Meter, danach kam eine Waffenkammer, wo ich mich anständig bewaffnen konnte. Mit den Dolchen würde ich aufgeschmissen sein, wenn es zu einem echten Kampf kam und es würde zu einem Kampf kommen.  Aber fürs Erste musste ich damit  auskommen. Thor sei dank begegnete mir niemand auf dem Weg. Vor der Waffenkammer hielt allerdings ein Jäger seinen Mittagsschlaf. Und noch so ein Schwachkopf. Die Dummheit hier tat einem geradezu in den Augen weh. Warum schaffte Viggo sich keine klügeren Leute an? 

Leise angelte ich mir den Schlüsselbund und öffnete die Tür. Die Scharniere  quietschten, doch der Mann schlief seelenruhig weiter. Also echt. Trotzdem verlor ich keine Zeit, sondern schnappte mir sofort eine halbwegs taugliche Axt. Wie ein Schatten huschte ich aus der Kammer, schloss ab und legte den Schlüsselbund zurück. Der Schnarcher hatte nichts von alldem bemerkt. 

Rasch lief ich weiter den Gang entlang, bis ich zu einer eisenbeschlagenen Tür kam. Auf der anderen Seite lag die Grotte mit dem Granatenfeuerdrachen. Gekonnt knackte ich das Schloss mit den Dolchen und schob die Tür einen Spalt auf. Überraschungen konnte ich keine gebrauchen. Doch trotzdem blieb mir die Luft weg, als mein Blick auf den Granatenfeuerdrachen fiel. 

Das Meeresungeheuer war mindestens so lang wie drei Schiffe - Frachtschiffe der Jäger, keine Fischerboote. Es war gigantisch, wahrscheinlich der größte Drache auf der ganzen Welt. Umso unglaublicher, dass die Jäger es geschafft hatten, ihn einzufangen. Und umso abscheulicher. Dieser Drache gehörte in die Meere, nicht in ein Becken, in dem er kaum Platz hatte sich umzudrehen. Er gehörte in die Freiheit. Wie konnte man so ein majestätisches Wesen bloß als Waffe verwenden? Dem würde ich ein Ende setzen.

Ich musste den Drachen dazu bringen, die Höhle zu verlassen... ohne das Schiff. Das hieß, ich musste die Ketten entfernen, mit denen das Schiff an dem Giganten befestigt worden war. Drei Stück galt es zu zerstören. Zwei um den Panzer und eine um die Kehle.  Am besten fing ich mit der in der Mitte an, so würde mein Treiben am längsten unbemerkt bleiben. Alles, was mich beim Tauchen behindern könnte, schob ich zu einem Haufen zusammen, wickelte es in den Fluganzug ein und versteckte es in einer Felsnische. Nur meine Klamotten, die Vulkanlava und einen der Dolche trug ich bei mir, alles Andere ließ ich zurück.

Vorsichtig schlich ich zum steil abfallenden Ufer und watete hinein. Die Kälte fuhr mir in die Glieder, doch ich biss die Zähne zusammen und tauchte unter. Das Wasser war erstaunlich klar, was wohl an dem felsigen Untergrund lag. Und daran, dass der Granatenfeuerdrache sich kaum bewegen konnte. Miststücke. Aber immerhin würde er so leichter zu befreien sein.

Zügig tauchte ich zur mittleren Kette. Die einzelnen Glieder waren so dick wie mein Oberschenkel, doch im Verhältnis zu so einem enormen Drachen war das erstaunlich dünn. Dafür bestanden sie aus doppelt gehärtetem Gronckeleisen, die einzige Substanz, mit der man ein derart gigantisches Wesen unter Kontrolle halten konnte. Gegen Vulkanlava richtete allerdings auch die doppelte Härtung nichts aus.

Rasch fraß sich die rot  glühende Masse durch die Kette, bis sie zersprang. Sofort tauchte ich wieder auf, um Luft zu holen. Bis jetzt hatte niemand etwas gemerkt, nicht einmal der Granatenfeuerdrache. Weiter ging's. Bei der zweiten Kette merkte er allerdings sehr wohl den Unterschied.

Mit aller Kraft warf er sich zur Seite. Ein gewaltiger Wasserschwall riss mich mit und wirbelte mich durch das Becken. Ich verlor jegliche Orientierung. Wenn mich jemand gefragt hätte, wo oben und unten ist, ich hätte es nicht sagen können. Erst, als ich mir den Arm am steinigen Untergrund aufschürfte, kehrte die Orientierung zurück. Prustend durchstieß ich die Wasseroberfläche und sah mich um. Ich befand mich am anderen Ende des Beckens, gegenüber von der Stelle, an der ich zuvor untergetaucht war. Aber das hieß ja... Urplötzlich quetschte eine raue Hand meinen Oberarm zusammen.

"Wen haben wir denn da?"

So gefasst wie möglich drehte ich mich um. Ein dreckig grinsender Jäger hievte mich aus dem Wasser, schleuderte mich zu Boden und drückte mir seine blutbefleckte Axt gegen die Kehle. Selbst wenn ich bei voller Kraft gewesen wäre, ich hätte keine Chance gehabt. 

"He Leute, seht euch mal an, was ich hier gefangen habe!" Augenblicklich scharten sich gut zehn Jäger um mich.

"Was macht die denn hier?", fragte einer dumpf.

"Muss man euch denn alles erklären?", kam die herrische Antwort zurück, "Sie will den Drachen befreien. Tja, Pech gehabt, Astrid. Sieht so aus, als wärst du doch noch reingefallen."

Und mit einem hochmütigen Grinsen kniete Romi sich zu mir herunter.

"So schade. Dabei dachte ich, du wärst schlauer als der Rest."

"DU VERRÄTERISCHE..."

Ich wollte sie in Stücke reißen, sie zerfetzen, dieses hinterhältige Miststück von einer Drachenjägerin. Wie konnte sie es wagen?! Hatte ich es doch gewusst! Ihr war kein Stück zu trauen, dieser falschen Schlange.

"Na, was meinst du, wie viele deiner Freunde werden kommen, wenn ich das Notsignal abfeuere? Nein halt - unserer Freunde natürlich."

"Das wagst du nicht", zischte ich.

"Sicher? Ich bin eine Grimborn. Hinterlistig und unberechenbar. So hast du uns doch mal genannt, oder?" Sie lachte kalt. 

"Tja, du hast Recht behalten. Und genau darum, werde ich das Notsignal nicht abfeuern. Noch nicht. Schließlich will ich ja, dass Viggo sieht, wie ich euch ausgetrickst habe." Oh, ich würde ihr ihr Grinsen aus dem Gesicht prügeln, dieses böse, hinterlistige Grinsen. 

"Mal sehen, wie Hicks reagiert, wenn er mich an der Seite meines Bruders sieht. Wird das nicht lustig? Mach's dir doch solange schon mal gemütlich." Ruckartig erhob sie sich. 

"Du hast es versucht. Aber nur einer kann gewinnen. Also, ich hole dann mal Viggo. Fangt den Drachen wieder ein. Und lasst sie ja nicht entkommen! Ach ja, das hier nehme ich." Ohne dass ich etwas dagegen machen konnte, entriss sie mir den letzten Krug mit der Lava. Dann schritt sie davon, energisch und bestimmt.

Wie hatte ich so blöd sein können? Wie hatte ich mich von ihr täuschen können? Wie hatte ich mich von ihr an der Nase herumführen lassen können wie eine blutige Anfängerin? Dabei war ich  die misstrauischste von uns allen gewesen, hatte am meisten mit einem Verrat gerechnet. Für die anderen würde der Schock noch größer sein, schließlich vertrauten sie ihr mittlerweile quasi blind. Sie würden alle kommen, wenn sie das Notsignal abfeuerte, würden alle in die Falle tappen.

Das war's. Wir hatten verloren. Keine letzte Schlacht, kein großer Kampf. Nur der Verrat eines Mädchens, dem wir vertraut hatten. Eine Flucht ohne Hilfe von außen würde nahezu unmöglich sein und es konnten Monate vergehen, bis jemand bemerken würde, dass etwas nicht stimmte. Bis dahin würde Hicks längst irgendeinen Vertrag unterzeichnet haben, um uns zu schützen. Er würde alles tun, um uns zu schützen. Unsere einzige Chance bestand darin, dass ich die anderen warnte. Ich musste entkommen, koste, was es wolle.

Heimlich fingerte ich den Dolch, welchen ich vorsichtshalber in den Stiefel gesteckt hatte, hervor und durchtrennte meine Fesseln. So gut wie alle Drachenjäger waren damit beschäftigt, den Granatenfeuerdrachen einzufangen, nur einer bewachte mich. Ein gezielter Tritt und er fiel zu Boden. Mit rasendem Herzen huschte ich durch die Grotte, in den Tunnel. Ich kam nicht weit. 

Schon bei der Waffenkammer stieß ich mit jemandem zusammen. Sofort sprang ich wieder auf, in Kampfposition mit gezücktem Messer. Dann erst bemerkte ich, wer da vor mir stand.

"Grimborn", fauchte ich, "Lass mich durch oder ich schlitze dir deine verräterische Kehle auf."

Langsam wich sie zurück, die Hände neben das verhüllte Gesicht erhoben. Wie konnte sie es wagen, noch ihre Drachenreiterklamotten zu tragen. Ich würde sie ihr vom Leib reißen, dieser dreckigen... Moment, warum trug sie sie überhaupt? Vorhin hatte sie sie nicht angehabt.

"Astrid, ich bin auf deiner Seite", flüsterte sie eindringlich. Ich schnaubte.

"Ich weiß, du traust mir nicht, aber es stimmt! Hier." Sie drückte mir einen Schlüsselbund in die Hand. "Damit kannst du die Tür zur Grotte abschließen. Beeil dich, die Wachen werden nicht lange bewusstlos bleiben. Um den Granatenfeuerdrachen kümmere ich mich, aber du musst die Tür hinter mir abschließen, damit dir niemand folgt."

"Warum sollte ich dir vertrauen? Wie du gesagt hast: du bist hinterlistig und unberechenbar."

"Das war doch ein Codewort! Das hast du niemals gesagt, ich wollte dir so nur sagen, dass das alles gelogen ist."

"Na schön, aber ich komme mit. Erstens vertraue ich dir nicht und zweitens lasse ich niemanden zurück. Ich mag zwar misstrauisch sein, aber ich habe immer noch so etwas wie Ehre. Was meinst du, zeigen wir denen, wo's langgeht?"

"Also...haben wir Frieden?" Ich nickte.

"Frieden."

Kurz darauf hastete der erste Jäger durch den Gang. Gekonnt knockten wir ihn aus und schleiften ihn zu seinem Kollegen in die Waffenkammer. Nun ging es los mit unserem improvisierten Plan. Gemeinsam stahlen wir uns zurück in die Halle. Die Drachenjäger hatten den Granatenfeuerdrachen immer noch nicht eingefangen, was mich allerdings nicht wirklich überraschte. Dass es keine gute Idee war, sich an eine in der Luft hin und her peitschende Kette zu hängen, musste aber doch wirklich jedem bewusst sein. Jedem außer den Jägern, wie es aussah. Umso besser für uns. Nur noch eine Kette gab es aufzulösen, das würde Romi übernehmen, während ich die Jäger ablenkte und ihr Deckung gab. Sprich - ich musste nicht wirklich etwas tun. In dem Getümmel, das hier herrschte, merkte sowieso niemand etwas.

Bis auch noch drei Elitekrieger hinzustießen. In Windeseile hatten sie mich ausfindig gemacht und rannten geschlossen auf mich zu. Hoffentlich konnte ich sie lange genug beschäftigen, denn schon vier Mal war Romi kopfschüttelnd aufgetaucht. Daher kämpfte ich schwächer als normal, wenn auch nicht so schwach, dass sie mich überwältigen würden. Nach einer gefühlten Ewigkeit  rutschte das Schiff vom Rücken des Drachen und platschte mit gewaltigem Getöse ins Wasser. Sofort legte sich sämtlicher Lärm. Dann stieß der Granatenfeuerdrache ein ohrenbetäubendes Brüllen aus und tauchte davon. Sämtliche Drachenjäger starrten verdutzt hinterher. Ich nutzte die Chance und sprintete in den Tunnel, wo Romi auf mich wartete. 

Euphorisch klatschten wir uns ab. Wir hatten es geschafft! Gerade wollte ich Romi sagen, dass ich ihr den Schrecken verzieh, den sie mir eingejagt hatte, da schubste sie mich zu Boden. Was-? Wütend wollte ich wieder aufspringen, da sprang einer der Elite-Jäger an der Nische vorbei, in die Romi mich gestoßen hatte und überwältigte sie. Verdammt, ich musste ihr helfen! Doch sie schüttelte den Kopf und formte mit den Lippen ein "Lauf!". Als ich nicht reagierte, rief sie es laut, was den Jäger dazu brachte, sich umzudrehen und mich zwang, zu fliehen.

Wie ein Blitz raste ich durch die Tunnel, durch den Wald, bis zur Klippe, wo Sturmpfeil auf mich wartete. Alles, was ich noch denken konnte, war: Wir mussten Romi retten.

Wie versprochen kommt jetzt die Auflösung des Quiz. Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht und bin echt erstaunt, wie viel ihr noch gewusst habt. Manche der Fragen waren nämlich echt fies, aber ihr habt sie trotzdem richtig beantwortet. Außerdem wollte ich euch noch sagen, dass es mit diesem Buch langsam aber sicher auf das Ende zugeht. Aber keine Panik, es wird auf jeden Fall einen zweiten Band geben. In dem werden viele noch offene  Fragen geklärt werden und es fließen auch mehr eigene Ideen ein. Jedenfalls freue ich mich schon mega drauf und jetzt genug gelabert, hier kommen die Antworten:

1. Wer ist der Reiter des Dämmerungsphönixes? Romi. (Okay, das war echt billig)

2. Wer wird von den Drachenjägern entführt? Es ist... Hicks. (Der Arme. Alle haben es auf ihn abgesehen)

3. Womit wird Berk angegriffen? Mit dem großen, wirklich wirklich großen, einzigartigen Granatenfeuerdrachen. (Der jetzt wohl nicht mehr vorkommen wird. Eine Schweigeminute bitte.)

4. Woher kennen sich Heidrun und Romi? Nicht aus dem Tanzverein, nicht aus dem Sommerlager, sondern aus dem Hauptquartier der Drachenjäger.

5. Wie hat Viggo Krogans Attacke überlebt? Unser allseits geliebter (oder auch nicht) Viggo hat seine Taschenspielertricks eingesetzt und Krogans (nicht Krokant, meine liebe Autokorrektur) Messer gegen eine Attrappe ausgetauscht. 

6. Welche Inseln haben die Drachenjäger angegriffen? Sie hatten es auf das dreifache B abgesehen: B wie Berk, B wie Beschützer und B wie Basis (also die Drachenbasis).

7. Was für Feuerarten hat der Dämmerungsphönix? Ganz heiß, ganz kalt und ganz Heilung.

8. Wie wurde Ohnezahn vergiftet?  Da hat Viggo mal wieder Vollgas gegeben: An dem Sattel, den Hicks von den Jägern gestohlen hat, war ein Stachel mit Gift.

9. Was geschah mit Viggos Verlobter? Sie wurde bei dem großen Stammestreffen von Drago Blutfausts Drachen umgebracht. Rest in peace.

10. Wie steht Dagur zu Romi? Er steht auf sie. Sie kann ihn aber nicht leiden.

11. Was war Romis Deckname in Berk? Sie hat sich als Johanns Tochter ausgegeben, ihr Nachname lautet also Johannson. Und ihr Vorname ist nicht Gustav 2 (leider, nicht wahr, meine liebe Dragon?), sondern Finja (nicht Ninja, du blöde Autokorrektur!)

12. Wie haben die Drachenreiter von Viggos Auktion erfahren? Romi hat den Verbannten davon erzählt, die sind zur Insel der Beschützer gesegelt und haben es dort den Drachenreitern erzählt. Was sie danach gemacht haben? Keine Ahnung. Wer weiß, vielleicht sind sie immer noch dort? 🤔

13. Wo war die Pergamentrolle mit Viggos Forderung versteckt? Unter dem Sattel der Drachenjäger. Mann, das Ding muss unbequem gewesen sein.

14. Wo war die Drachenaugenlinse versteckt, die Romi aus Berk gestohlen hat? Hinter Borks Schild in der Ahnengalerie. Ursprünglich war zwar gedacht im Buch der Drachen, aber das wäre zu ähnlich wie Heidrun gewesen.

15. Mit was wurde Hicks vergiftet? Mit Drachenwurz (Keine Drachenburg! Ich sag's dir, du Autokorrektur, wenn du mir noch einmal so was machst, dann schalte ich dich ab! Aber ansonsten bin ich Ewigkeiten mit Tippfehlern beschäftigt. Was mach ich jetzt?) und Schneller-Stachel-Gift als Transmitter. Was haben die Drachenjäger nur mit ihren Giften!


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