Kapitel 14: Sternenwind

Unbekannt

Der Wind fuhr mir durch die Haare und ließ meine Zöpfe durch die Luft peitschen. Eigentlich sollte ich meine Kapuze aufsetzen, aber hier oben würde ich sowieso niemandem begegnen und ich liebte einfach das Gefühl des entgegenkommenden Winds in meinem Gesicht. Außerdem genoss ich es, ein Mal keine Maske tragen zu müssen, ich selbst sein zu können. Nirgendwo sonst konnte ich das wirklich. Aber nicht nur deswegen war das Fliegen für mich die schönste Sache auf der Welt. Das unter mir vorbeiziehende Meer, die nur eine Armlänge von mir entfernten Wolkentürme, die nach Freiheit und Abenteuer schmeckende Brise und natürlich Sternenwinds Nähe. 

Glücklich streichelte ich ihr über das dichte schwarze Fell auf ihrem Rücken. Ich kannte keinen anderen Drachen, der Fell besaß, genauso wenig wie die leuchtenden Punkte auf ihren Flügeln, die anzeigten, wie viele Schüsse sie noch besaß. Sie war eben etwas Besonderes, in vielerlei Hinsicht. Die Art an sich (das schloss Tag- und Nachtphönixe mit ein) war schon ziemlich selten und Dämmerungsphönixe kamen nur vor, wenn der Drache bei Sonnenaufgang oder -untergang schlüpfte. Daher erfuhr ich auch andauernd Neues über sie. Wie zum Beispiel, dass sie es nicht ertragen konnte, keine Verbindung zum Himmel zu besitzen, so wie auf der Auktion.

Allein beim Gedanken an dieses Fiasko bildete sich eine Gänsehaut auf meinen Armen. Noch so ein Plan, die gründlich schiefgegangen war. Ich musste schleunigst anfangen, meine Aktionen zu planen, schließlich konnte ich nicht immer von den Drachenreitern gerettet werden. Wer weiß, in welchem Schlamassel ich jetzt ohne sie stecken würde. Nur wie sollte ich das bitte anstellen? Ich war weder Viggo noch Hicks, Dinge zu planen zählte eben nicht zu meinen Stärken. Na ja, vielleicht würde es schon helfen, wenn ich nicht immer kopflos drauf los stürmen würde und -

Ein Drachenjägerschiff! Und zwar mir ganz schön vielen Drachen an Bord. Denen musste ich helfen! Nachdem ich Kapuze und Schal sorgfältig befestigt hatte, gab ich Sternenwind das Signal zum Angriff. Wie ein Wirbelsturm brachen wir über das Schiff hinein. Während ich eine Wache nach der anderen ausschaltete, ließen Sternenwinds goldene Flammen den Mast nicht etwa verbrennen, sondern durch ihre unglaubliche Hitze zu Asche zerfallen. Mit einem Nicken forderte ich sie auf, mir die Jäger vom Leib zu halten, sodass ich die Drachen befreien konnte. Der Reihe nach schob ich die Riegel zur Seite und öffnete die Käfigtüren. Natürlich sollte keiner der Männer dabei verletzt werden, schließlich nahmen die Meisten bloß teil, weil sie ihre Familien ernähren mussten. 

Gerade als ich unter Deck weitermachen wollte, tauchte ein mir verhasstes Gesicht aus dem Eingang auf. Reiker Grimborn. Ich musste hier weg. Mit drei kurzen Pfiffen alarmierte ich Sternenwind. Sofort stürmte sie zu mir hin, fegte mit drei Flügeln sämtliche uns umzingelnde Drachenjäger von den Füßen, während ich über den vierten auf ihren Rücken kletterte. Gerade noch rechtzeitig krallte ich mich am Fell fest, denn sie hob mit voller Geschwindigkeit ab.

Als ich mich in sicherer Entfernung vom Schiff wähnte, ließ ich einen derben, an Reiker gerichteten Fluch los. Dieser Typ musste auch alles verderben! Sooft ich mir vornahm, niemanden zu hassen, bei ihm geriet mein Vorsatz ins Wanken. Nicht nur, dass er ein brutaler Kerl war, der sich am Leid anderer freute, er trug auch noch die Schuld daran, dass ich nicht in Frieden mit meiner Familie leben konnte. 

Doch auch wenn ich ihm am liebsten mal gründlich meine Meinung zu ihm klar gemacht hätte, sollte ich mich besser von ihm fern halten. Wobei ich mich im Grunde ja von allen fern hielt, ganz gleich ob Drachenjäger oder -reiter. 

Problem daran war nur, dass ich auf lange Dauer ohne Verbündete nichts bewirken konnte. Die Flotte der Jäger war groß und ich hatte niemanden, der mir Rückendeckung geben konnte. Ich war völlig auf mich allein gestellt, von Sternenwind abgesehen natürlich. Vielleicht sollte ich doch besser meine Identität offenbaren, den Drachenreitern zumindest. Sie würden mich anhören ... hoffentlich. Natürlich könnten sie mich auch einfach vor die sprichwörtliche Tür setzen und, schlimmer noch, anderen von der Person hinter der Maske erzählen. Was auf keinen Fall passieren durfte.

Also, was nun? Mir war bewusst, dass meine Entscheidung über die Zukunft der Drachen entscheiden könnte, was es mir natürlich nur noch schwerer machte. Hin und her pendelte mein Wille, nicht fähig, eine der beiden mit aller Kraft für sich werbenden Lösungen auszuwählen. Beide konnten sowohl retten als auch Verderben bringen. Die Frage war, welche tendierte zu was? Bisher hatte ich alleine keine Probleme gehabt, doch mein Fehlschlag auf der Auktion hatte gezeigt, dass ich eine Absicherung brauchte. Außerdem schienen mir die Drachenreiter vertrauenswürdig genug, um mein Geheimnis für sich zu behalten. Doch was, wenn nicht? Wie immer, wenn ich bei einem Problem nicht weiterkam, fragte ich Sternenwind um Rat:

"Was meinst du, zeigen wir uns ihnen?" Ihr zustimmendes Pfeifen war Antwort genug. Na schön, es war entschieden. Wir würden zu den Reitern gehen. 

Zuerst würden wir allerdings eine Pause einlegen. Selbst für einen Drachen mit vier Flügeln bereitete ein Tagesflug fast ohne Rast Schwierigkeiten. Vor allem, wenn die Rast aus kräftezehrenden Kämpfen bestand. Außerdem schwand die Energie der Dämmerungsphönixe immer um Mitternacht und zur Mittagszeit. Das hatte ich schmerzlich erfahren müssen (ich sagte dazu nur: Absturz über Wechselflüglerinsel). Noch einmal wollte ich so etwas nicht erleben und die Sonne stand schon ziemlich weit oben.

Wir steuerten eine kleine Insel an, unbewohnt natürlich. Eigentlich nur ein karger Felsen mit ein paar Bäumen und einer Höhle. Der perfekte Unterschlupf, falls sich darin keine Drachen befanden. Normalerweise dürften sie einen solchen Ort zwar eher uninteressant finden, schließlich bot er weder Nahrung noch Schutz, dennoch landeten wir vorsichtshalber in einigen Metern Entfernung. Doch das einzige, was aus dem Eingang hervorkam, als Sternenwind ein paar Schüsse abfeuerte, war ein Schwarm Fledermäuse. Also rollte sie sich am Eingang zusammen, sodass sie den Himmel noch sehen konnte. Ich lehnte mich an sie an und aß den letzten Rest meines Proviants. Ein Apfel und eine Scheibe Brot, das war alles. Ich musste mir dringend neue Vorräte beschaffen. Also flüsterte ich Sternenwind ein "Bin gleich wieder da" zu und verschwand ins Unterholz.

Eine Weile später kehrte ich mit leeren Händen, dafür einer Menge Schrammen zurück. Mein erster Eindruck hatte tatsächlich nicht getäuscht, auf dieser Insel gab es nichts außer Dornen, Dornen und noch mehr Dornen. Wir mussten weiterziehen und uns auf den guten Willen der Drachenreiter verlassen. Ein Gedanke, der mir alles andere als behagte. Ich hasste es, von anderen Leuten abhängig zu sein, aber es blieb mir nichts Anderes übrig und außerdem stand mein Beschluss sowieso schon fest. Es dauerte zwar meistens lange, bis ich mich für etwas entschied, doch dann blieb ich auch dabei.

Aus dem Grund weckte ich Sternenwind sanft und holte eine Karte, die ich von den Drachenjägern gestohlen hatte, aus meiner Umhängetasche hervor. Die Drachenklippe war leuchtend rot vermerkt, ich musste nur noch meine Position herausfinden. Also, ausgehend vom Sonnenstand, der Jahreszeit, den Inseln in 500 Metern Entfernung und der Vegetation hier befand ich mich... Genau dort. Zufrieden tippte ich auf einen winzigen Punkt eine Flugstunde nördlich der Drachenbasis. Wir hatten unsere Route.

"Auf geht's, Sternenwind, fliegen wir los!" Exakt eine Stunde später tauchte die Silhouette der Drachenklippe am Horizont auf. Was zur Hel war hier passiert? Es sah ja noch schlimmer aus als das Lager der Drachenjäger nach meinem Angriff. Wie war so etwas möglich? Hing es womöglich mit dem komischen Drachen-Schiff-Ding zusammen?  Wahrscheinlich schon, der Zustand hier erinnerte stark an den Granatenfeuerdrachen. Aber das war ja schrecklich! Eine solche Waffe konnte ganze Inseln zerstören! Wahrscheinlich war ich die auch Einzige, die dagegen etwas ausrichten konnte, dennoch schaffte ich das nicht allein. Ich brauchte die Drachenreiter. Selbst wenn es bedeutete, mein größtes Geheimnis zu enthüllen. Doch dazu musste ich sie zunächst auf mich aufmerksam machen.

"Feuere dein Notsignal ab, mein Mädchen." Aus Sternenwinds Maul schossen eine silberne und eine goldene Flamme, die sich umeinander rankten, in 50 Metern Höhe miteinander verschmolzen und dort zu einem Feuerwerk an silbernen und goldenen Funken zerstoben. Jetzt hieß es, warten bis jemand kam. Die Zeit verbrachte ich damit, mit einem Stock im weichen Sand zu zeichnen. Wie von selbst formten sich die Linien zu einer Skizze von Sternenwind.

Dann ertönten Flügelschläge von mehreren Drachen. Die Reiter waren gekommen. Augenblicklich stand ich auf, sehr viel selbstbewusster als ich mich fühlte. In Wahrheit pochte mein Herz doppelt so schnell wie zuvor. Nun würde sich herausstellen, ob meine Entscheidung richtig gewesen war.

"Warst du das mit dem Notsignal?", fragte Hicks. Ich nickte, meine Hände feucht vor Nervosität. Was, wenn sie mich abweisen würden? Zu wem sollte ich sonst noch gehen?

"Warum hast du das gemacht? Was ist passiert?", erkundigte er sich besorgt. Er fragte nicht nach meiner Identität? Vielleicht konnte ich es doch noch geheim halten, brauchte nicht mich und alle, die mir wichtig waren, ins Verderben zu stoßen. Wahrscheinlich hätte ich einen Rückzieher gemacht, hätte Sternenwind mich nicht aufmunternd in den Rücken gestupst. Sie hatte Recht, ich durfte jetzt nicht einfach aufgeben. 

"Ich brauche eure Hilfe." Ich sah, wie Hicks' Augen sich weiteten. Bestimmt hatte er meine Stimme erkannt. Er war aufmerksam, das musste man ihm lassen. Auch Heidrun bemerkte es. Ich hätte mich auch gewundert, wenn sie es nicht getan hätte. Dem Rest fiel jedoch nichts auf. Nur Astrid runzelte ein wenig die Stirn, jedoch lag es wahrscheinlich an ihrem generellen Misstrauen Fremden gegenüber. Argwöhnisch bohrte sie nach:

"Wer bist du?" Entschlossen holte ich tief Luft und reckte das Kinn nach oben. Dann zog ich mir die Kapuze vom Kopf. Schockiert zuckten diejenigen, die es noch nicht geahnt hatten, zurück.

"Ich bin Romi."

Eine Weile sagte niemand etwas. Die erste, die ihre Fassung wiedergewann, war Heidrun. Zögerlich schritt sie auf mich zu. Als sie dann direkt vor mir stand, umarmte sie mich so fest als hätten wir uns monatelang nicht gesehen. Was ja auch stimmte.

"Romi! Ich habe es mir schon fast gedacht. Aber sag, wie geht es dir?" Wie es mir ging? Über so etwas hatte ich mir keine Gedanken gemacht, seit - na ja, seit ich Sternenwind befreit hatte. Zum Glück ersparte sie mir die Antwort, indem sie weiterredete:

"Und das ist also dein Drache. Wie hießt er?"

"Sternenwind. Und es ist eine sie."

"Ein schöner Name. Habt ihr Hunger? Komm mit, Fischbein hat vorhin Essen geholt." Gerade wollte sie mich mitziehen, da schob Astrid sich dazwischen.

"Moment mal, was soll das? Wir können sie doch nicht einfach hier herumspazieren lassen! Woher sollen wir wissen, ob wir ihr vertrauen können? Sie hat uns angelogen, uns bestohlen und ihre Identität vor allen verheimlicht. Außerdem ist sie eine Drachenjägerin. Sie gehört zum Feind, schon vergessen?"

Astrids harte Worte ließen mein frisch entstandene Hoffnung, doch nicht auf mich allein gestellt zu sein, wieder verschwinden. Eigentlich hätte mir von Anfang an klar sein müssen, dass eine mit meiner Familie von niemandem unterstützt werden würde. Mal wieder war ich auf meine dämlichen, nutzlosen Hoffnungen hereingefallen. Wie hatte ich so blöd sein können? Ich war eben doch allein, da führte kein Weg dran vorbei.

Allerdings schienen nich alle so zu denken wie Astrid. Fischbein setzte zu einem Einwand an, unterbrach sich nach einem Rippenstoß von ihr jedoch wieder. Heidrun blickte sie vorwurfsvoll von der Seite an und auch Hicks war anderer Meinung.

"Also erst einmal hat sie uns vor den Jägern gerettet. Würde sie das tun, wenn sie zu ihnen halten würde? Außerdem weisen wir niemanden nur wegen seiner Familie ab. Wir haben schließlich auch Heidrun bei uns aufgenommen, obwohl sie Dagurs Schwester ist."

"Ach, jetzt schlägst du dich auf ihre Seite? Vielen Dank aber auch!", entgegnete Astrid aufgebracht. 

"Ich schlage mich auf niemandes Seite, ich bin einfach nur der Meinung, wir sollten ihr eine Chance geben. Sie hat bestimmt nicht ohne Grund ihre Brüder angegriffen."

"Meinetwegen", schnaubte Astrid, "Aber wenn du auch nur versuchst, uns zu hintergehen, dann war's  das mit dir, verstanden?" Ich nickte, froh, das Vertrauen der Drachenreiter gewonnen zu haben oder zumindest nicht sofort abgewiesen worden zu sein. Vielleicht, nur vielleicht, hatte ich jetzt tatsächlich eine Chance, die Drachen zu beschützen, ohne dass irgendwer herausfand, dass ich die Reiterin des Dämmerungsphönixes war.

Auf dem Weg nach oben sagte ich kein Wort. Die Drachenreiter tuschelten leise miteinander, wurden aber sofort wieder still, sobald ich in ihre Nähe kam. Mir war klar, dass sie über mich redeten. Die Frage war nur, ob sie mir helfen würden. Wir hatten zwar das gleiche Ziel, doch das hieß nicht, dass ich automatisch zu ihnen gehörte. Mal wieder stand meine Stellung als die jüngste Grimborn zwischen mir und allen anderen. Ob ich jemals als die Person gesehen werden würde, die ich war, und nicht nur als die kleine Schwester des Anführers der Drachenjäger?

Wie als hätte sie meine Gedanken gelesen, ließ Heidrun sich plötzlich zu mir zurückfallen. Besorgt musterte sie mich von der Seite, dann meinte sie:

"Mach dir keine Sorgen. Sie werden dich schon noch akzeptieren, selbst wenn es ein Weilchen dauert. Hicks wird dir helfen, das kann ich dir sagen. Und Astrid ist eben so. Mir hat sie am Anfang auch nicht vertraut. Lass ihnen einfach ein bisschen Zeit."

Sie führten mich zu der einzigen noch (oder wieder) stehenden Hütte, das Clubhaus, wie Heidrun mir erklärte. In dem Moment, in dem ich eintrat, fühlte ich mich augenblicklich wohl. Die gemaserten Holzwände, das prasselnde Feuer im Kamin und der Duft nach Essen lösten ein geborgenes Gefühl in mir aus, das mich an die Zeiten erinnerte, als meine Eltern noch lebten. Mir war gar nicht klar gewesen, wie viel mehr Sicherheit feste Wände  vermittelten als die zugigen Zelte im Lager. Zwar war es ein bisschen voll mit acht Personen und drei Drachen (Sternenwind, Ohnezahn und Fleischklops), doch das machte mir nichts aus. 

Wir quetschten uns um einen Steintisch in der Mitte des Raumes und Heidrun brachte eine Platte mit Fisch und Fleischspießen. Gierig knurrte mein Magen und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Endlich Essen! Als Hicks mich aufforderte, mich zu bedienen, schnappte ich mir sofort einen Spieß und biss herzhaft hinein. Daraufhin starrte Sternenwind mich anklagend an. Wiedergutmachend erkundigte ich mich bei den Reitern: 

"Ihr habt nicht zufällig auch etwas für meinen Drachen?"

"Was frisst sie denn?", wollte Fischbein neugierig wissen.

"Am liebsten Aal, aber auch normalen Fisch."

"Aal haben wir nicht, aber die anderen Drachen haben vorhin gejagt. Bestimmt geben sie ihr etwas ab." Sofort machte Sternenwind sich davon. Ohne ihre Anwesenheit fühlte ich mich viel unsicherer als zuvor, so sehr hatte ich mich in den letzten Wochen an sie gewöhnt. Ich konnte mir mittlerweile ein Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen. Wie war das überhaupt ohne sie gewesen? Kaum zu glauben, dass ich mal gedacht hatte, Drachen seien böse und gefühllose Kreaturen. Wenn Viggo das doch auch nur verstehen würde! Aber bestimmt gab es einen Weg, ihn davon zu überzeugen. Schließlich dachte er im Gegensatz zu Reiker nicht immer nur an sich selbst.

Nachdem wir fertig gegessen und die Teller abgeräumt hatten, trat das ein, wovor ich mich die ganze Zeit gefürchtet hatte: Ich sollte erzählen, wie es dazu gekommen war, dass ich als "die geheimnisvolle Reiterin" gegen meine Brüder kämpfte. 

Das Hauptproblem daran war, dass ich es selber nicht wirklich wusste. Es hatte keinen Punkt gegeben, an dem ich gemerkt hatte, dass ich für und nicht gegen die Drachen kämpfen wollte. Im Grunde war ich mir immer noch nicht sicher, ob ich auch wirklich das Richtige tat. Ob es überhaupt ein richtig oder falsch gab. Denn entweder verriet ich Viggo, der sich sein Leben lang um mich gekümmert hatte oder meine Überzeugungen. Beides konnte ich nicht und ich fürchtete den Moment, an dem ich mich entscheiden müssen würde. Doch irgendwann würde der kommen und ich hatte keine Ahnung, was ich dann tun würde. Deswegen hielt ich auch meine Identität vor allen geheim, denn sobald Viggo oder - noch schlimmer - Reiker davon erfuhr, würden sie mich zur Rede stellen. 

Aber nun war es zum Glück noch nicht so weit und den Drachenreitern von meiner Entscheidung zu erzählen, fühlte sich nicht ganz so sehr nach Verrat an meiner Familie an. Also begann ich mit meiner Geschichte, leise und stockend am Anfang, dann jedoch immer sicherer:

"Ich wollte schon immer die Welt außerhalb des Lagers sehen, aber Viggo hat es mir nicht erlaubt, weil es zu gefährlich war. Er hatte Angst, dass mir etwas zustoßen würde und wollte mich beschützen. Ich wollte nicht, dass er sich Sorgen um mich macht, deswegen habe ich auf ihn gehört, aber ich habe mich trotzdem danach gesehnt, endlich mal etwas Aufregendes zu erleben. Und dann, vor drei Wochen wurde Sternenwind in unser Lager gebracht. Davor habe ich nie wirklich etwas mit Drachen zu tun gehabt, obwohl Viggo mir alles über sie beigebracht hat. Doch dann kam sie und ... Ich weiß nicht, irgendwie habe ich sofort gewusst, das wir zusammengehören. Einige Tage lang bin ich nur bei ihr gesessen und habe nichts Anderes gemacht. Zuerst habe ich es nicht wirklich gemerkt oder ignoriert, aber dann ist mir aufgefallen, dass sie immer lustloser wurde. Sie hat sich nach der Freiheit gesehnt. Es war schrecklich. Sie wollte nichts mehr fressen und hat sich auch nicht mehr bewegt, sie lag nur noch im Käfig herum. Ich hatte Angst, sie würde sterben, wenn ich nichts unternehmen würde. Deswegen habe ich sie  befreit, obwohl ich wusste, dass ich sie mehr als nur vermissen würde. Danach war ich tagelang deprimiert. Außerdem waren Viggo und Reiker mal wieder unterwegs, ich war also ganz allein. Erst als ich Hicks behandeln sollte, konnte ich mit jemandem reden. Und ... irgendwas in seinen Worten hat etwas in mir verändert. Ich habe angefangen, mir Fragen zu stellen, mir Gedanken über die Drachen zu machen und über das, was richtig ist. Aus irgendeinem Grund wollte ich auch etwas in der Welt verbessern. Also habe ich Hicks befreit und ihn mit einem Segelboot nach Berk gebracht. Danach bin ich zurückgekehrt und dachte, es wäre alles wie vorher. Aber dann habe ich Sternenwind wiedergefunden oder eher hat sie mich wiedergefunden. Als ich in Berk war ..." 

Betreten blickte ich zur Seite. Bestimmt waren die Drachenreiter sauer deswegen. Doch keiner brüllte auf mich ein oder schaute mich auch nur wütend an. Im Gegenteil, alle winkten ab, als ich mich entschuldigen wollte. Also fuhr ich mit meiner Erzählung fort:

"Als ich durch den Wald geflohen bin, da hat sie mich gefunden. Sie hat mich aus Berk fortgebracht. Auf dem Weg habe ich dann gesehen, wie ihr in Schwierigkeiten geraten seid. Und da wollte ich euch helfen, schließlich habe ich euch bestohlen und Hicks vergiftet."

"Du warst das?", fragte Astrid aufgebracht. Ich nickte kleinlaut. Plötzlich surrte, schneller als ich gucken konnte, eine Axt auf mich zu und machte zwei Zentimeter vor meiner Kehle halt. 

"Das wirst du bezahlen!" Mit zornverzerrtem Gesicht holte sie aus. Panisch schrie ich:

"Halt, ich hab das nicht mit Absicht gemacht! Bitte, ich kann das erklären!"

"Dann erklär schnell, ansonsten kann es sein, dass mir die Axt ausrutscht", grollte sie.

"Viggo hat mich gebeten, mich um ihn zu kümmern. Reiker hatte ihn stark verletzt, also habe ich ihn verarztet. Ich musste seine Schulter nähen und damit er es nicht spüren würde, habe ich die Schulter mit Schneller-Stachel-Gift betäubt. Ich wusste nicht, dass an dem Messer Drachenwurz dran war, ansonsten hätte ich es natürlich nicht getan. Ihr müsst mir glauben, ich wollte nur helfen." Nach einem kurzen Blickwechsel mit Hicks senkte sie die Axt, wenn auch widerstrebend und Hicks bedeutete mir, fortzufahren.

"Na ja, deswegen habe ich euch von Reikers Schiff gerettet. Und dann habe ich von der Auktion erfahren. Ich wusste, dass ich es alleine nicht schaffen würde, deswegen wollte ich euch warnen. Aber ich hatte Angst, dass einer von euch meine Stimme erkennen würde, deswegen habe ich es den Verbannten erzählt und nicht euch. Danach bin ich zu den Marktinseln geflogen, habe ein Schiff gestohlen und bin nach Hause gesegelt. Sternenwind habe ich im Laderaum versteckt. Während der Auktion habe ich sie dann geholt und wir wollten die Drachen befreien, aber ich bin auf diese dämliche Falle hereingefallen. Ohne Hicks hätte Reiker herausgefunden, wer ich bin und mich wahrscheinlich verbannt - oder Schlimmeres."

Mit welcher Reaktion auf meine Geschichte ich gerechnet hatte, wusste ich nicht, aber bestimmt nicht mit solchen verständnislosen Gesichtern. Was war daran so schwer zu verstehen? Dass eine Drachenjägerin für und nicht gegen die Drachen kämpfte? Dass ich, Romi Grimborn, sie vor Reikers Größenwahn beschützt hatte? Nichts davon, stattdessen fragte Taffnuss verwirrt:

"Ich dachte, Viggo wäre der Anführer oder haben sie getauscht? Mann, der Typ bringt mich voll durcheinander." Wie konnte man so uninformiert sein? Und das nach mehreren Monaten, in denen sie gegeneinander gekämpft hatte. Belehrend klärte ich ihn auf:

"Nein, Reiker ist der Anführer." Jetzt starrten alle mich an als hätte ich den Verstand verloren. In dem gleichen Ton wie ich bei Taffnuss meinte Heidrun nun:

"Ich weiß, das hört sich jetzt für dich unglaubwürdig an, aber nicht Reiker ist der Chef der Drachenjäger, sondern Viggo." 

Was redete sie da für einen Blödsinn? War das ein schlechter Scherz oder so? Falls ja, dann fand ich ihn alles andere als gelungen. Sie musste doch wissen, dass es 1. nicht stimmte und 2. ich so etwas gar nicht leiden konnte. Entsprechend mürrisch korrigierte ich:

"Viggo ist vielleicht der Stratege, aber Reiker ist der Älteste, also hat er auch das Kommando." Daraufhin tauschten die Drachenreiter befangene Blicke, während sie gleichzeitig eine stumme Unterhaltung zu führen schienen, so auf die Art "Sag du es ihr." "Nein, du." Letzten Endes trat Hicks auf mich zu und sagte mitfühlend:

"Tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber so wie es aussieht, haben deine Brüder dich angelogen. Du solltest wissen, das Viggo der Anführer der Drachenjäger ist. Ich will ihn ja nicht schlechtmachen, aber er ist verantwortlich für diesen Krieg. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen hart, aber er ist ein gewissenloser und hinterhältiger Mann, dem man nicht trauen..."  

"Nein, ist er nicht! Du bist hier doch der Lügner! Denkst du ernsthaft, ich würde dir glauben? Tja, dann hast du dich geirrt. So wie in allem Anderen auch. Viggo würde niemals so etwas tun. Und noch etwas: Mit Lügnern will ich nichts zu tun haben. Sternenwind!", rief ich schneidend.

Sogleich erschien sie im Eingang der Hütte. Ohne die Reiter eines Blickes zu würdigen, schritt ich zu ihr hin. Als jemand mich aufhalten wollte und mich am Handgelenk festhielt, verdrehte ich kurzerhand das seine. Ich hatte keine Ahnung, wer es gewesen war und es kümmerte mich auch nicht. Sie waren alle gleich. Wer solche Lügen verbreitete, dem konnte man nicht trauen. Von jetzt an hieß es nur noch Sternenwind und ich. Ich schwang mich auf ihren Rücken und flog davon, weg von den Drachenreitern und ihren falschen Vorwürfen, zurück zu Viggo. Ihm konnte ich vertrauen.

So, wer von euch hat das geahnt? Übrigens kann es sein, dass es ein bisschen dauert, bis das nächste Kapitel kommt, wir gehen nämlich in den Urlaub und ich weiß nicht, ob ich dort Internet habe. Aber ich werde trotzdem weiterschreiben, versprochen. Außerdem wurde ich noch von Hektorianja getaggt. Also...

1. Bevorzugtes Genre: Eindeutig Fantasy. Auf Wattpad lese ich aber hauptsächlich FFs.

2. Wenn ihr einen Wunsch freihättet, was würdet ihr euch wünschen? Oje, das ist schwer. Ich würde gerne in Geschichten schlüpfen können, oder mit meiner Fantasie Dinge erschaffen. Außerdem wünsche ich mir, dass die Menschen endlich aufhören, sich gegenseitig zu bekriegen und mehr auf andere achten.

3. Lieblingsdrache? Nachtschatten! Klingenpeitschlinge finde ich aber auch cool.

4. Schokolade oder Gummibärchen? Eindeutig Schokolade. Ich könnte Tonnen davon essen und Gummibärchen mag ich jetzt nicht so arg.

5. Lieber Bücher oder Filme? Ich mag lieber Bücher, weil man da die Gefühle der Personen besser nachvollziehen kann und die Verfilmungen sind meistens schlechter als das Original. Aber ich schaue auch gerne Filme.

6. Lieblingscharakter aller Figuren, die jemals bei Dragons vorgekommen sind? Warum? Mann, du hast so fiese Fragen... Am meisten mag ich Hicks, weil ich glaube, mit ihm würde ich mich am besten von allen verstehen. Außerdem kann ich mich in ihn am besten hineinversetzen, vielleicht weil ich eine ähnliche Denkweise habe. Ich mag auch noch Heidrun, weil sie so unabhängig ist und ich finde Viggo ziemlich interessant. 

7. Ärgere mindestens 5 Leute, indem du sie selber taggst und ihnen mindestens fünf Fragen stellst. Ich tagge:

Hektorianja

jolannasa

Honigmuesli

Undergroundwoolf

DragonWhisperer13

1. Was ist euer Lieblingsbuch /-buchreihe? (nicht auf Wattpad)

2. Wem aus Dragons ähnelt ihr am meisten?

3. Wie seid ihr auf Wattpad gekommen?

4.  Welches Element findet ihr am coolsten? (Feuer/Wasser/Erde/Luft)

5. Welchen Drachen würdet ihr am liebsten haben?

6. Mögt ihr es lieber, Bücher zu lesen oder selber zu schreiben?

7. Jetzt dürft ihr selber jemanden taggen und dieser Person (oder Personen) mindestens fünf Fragen stellen.

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