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🎄22

Kurz sah sie noch erbost in die Runde, doch dann krampfte  ihr Bauch wieder und sie beugte sich hart keuchend vornüber.
„Mylady!", riefen Trude und Hester gleichzeitig und stürzten vor, um sie wieder zu stützen.
„Oh, wenn ich nur ein wenig Weidenrinde für Tee hätte, das ist das Einzige was ich derzeit wirklich bräuchte.", jammerte sie leise vor sich hin. Da hob Darkh sie auf seine Arme und trug sie mit grimmigem Gesicht zurück zum Haupthaus, in den Söller hinauf und in ihr Turmgemach, bettete sie sachte auf das pompöse Lager und knurrte Hester dann wieder finster an bei ihr zu  bleiben.
„Ich fliege auf und hole Weidenäste hierher. - Die Rinde brauchst du, ja?", fragte er sie knurrig und Tia nickte nur bleich und schon wieder hart schluckend, weil es erneut in ihrem Leib krampfte.
Er nickte auch nur wieder kurz und verschwand einfach. Doch eines der Fenster stand nun weit offen und schlug sogar gegen den Stein. Hester sprang eilig hinzu und fing den Rahmen ab bevor er wieder zuschlagen und vielleicht die Scheibe dabei zersplittern konnte.
Sie schloss das Fenster vorsichtig und sah dann erst wieder mit ganz neuer Anerkennung im Blick auf ihre junge Lady hinab, die sich erneut ganz klein zusammengerollt hatte und den  Schmerz durch stetes Atemen zu bekämpfen versuchte.
„So ist es auch wenn man ein Kind gebärt, Mylady. Man atmet den Schmerz fort, aber  Weidenrindentee hilft dann auch nicht bis das Kleine auf der Welt ist.",  sagte sie leise. Tia ächzte nur wieder kopfschüttelnd darüber und versuchte sich zu entspannen, so wie im warmen Wasser.
„Mach bitte einen Ziegelstein warm und bring ihn mir. Auch das hilft mitunter", sagte sie stöhnend zu der Magd, die nur ergeben nickte. „Ja, Wärme entspannt. Wir haben noch etwas besseres, Mylady.
Eine Schweinsblase die mit richtig warmen Wasser gefüllt und in seidene Tücher gewickelt ist, hilft bei so manchem Krampf oder auch bei Verspannungen im Nacken und Rücken.", nickte sie und eilte gleich darauf davon, um die Blase zu besorgen. 

Derweil starrte Tia nur trübe vor sich hin. Sie hatte im Bad die Beherrschung verloren und vor anderen Zeugen, Drachen und untergebenen Menschen den Vater ihres Drachenherrn angeschimpft.
Oh, was hatte sie sich nur dabei gedacht? Wenn der sich jetzt nur nicht an ihr rächen oder sie dafür auspeitschen lassen würde, wenn es ihr später besser ging, dachte sie kurz besorgt.
Denn auch Darkh hatte höchst grimmig geschaut, als er sie hier reingebracht hatte. Demnach hatte Sie wohl auch ihn verärgert und erzürnt.

Oh je...
„Wann werde ich es endlich lernen?", fragte sie sich leise und patschte sich selbst ein paar mal auf den Mund bevor sie wieder  zusammenkrampfend die Augen schloss und tief, tief ausatmete.

*

Eine bebende Hand legte sich auf ihre Stirn, als sie irgendwann kurz innehielt mit dem Atmen und nur wieder krampfte.
Etwas berührte ihr Gesicht, als sie dabei bewusst zu entspannen versuchte. Sie riss verwundert die Augen auf, rang nach Luft und sah Darkh nun kreidebleich über ihr knien eine Hand voll Zweige in der bebenden Hand. Die andere ruhte immer noch federleicht auf ihrer Stirn. Hastig schnappte sie nach Luft und er ließ die Zweige fallen, um ihr rasch aufzuhelfen.
„Stirb nicht, Tia! Atme weiter!", befahl er ihr rau klingend und so besorgt wie sich noch nie ein Mensch um sie gesorgt hatte.
„Oh... ich... Darkh...", keuchte sie leise und sah dass seine Augen nun fast schon rotgerändert aussahen, als würden sie arg brennen.
„Darkh...? Was ist denn?", flüsterte sie leise. Er strich sachte ihre Haare zurück und setzte sich nun halb hinter sie, um sie im Arm zu halten.
Nanu? Was war ihm denn nur?
Sie blutete doch... und er sollte sich da doch lieber fern halten, oder?
Verwirrt atmete sie wieder ganz tief aus und aus, um dem Schmerz, der schon wieder ihren Leib zusammenzog entgegen zu wirken.

„Nein... nicht, Tia!", befahl er ihr harsch, und drehte ihren Kopf zu sich, dass sie ihn ansehen musste.
„Atme langam aus und ein, halte nicht inne, wage es nicht. Dein Herz schlägt zu langsam, wenn du nur ausatmest, hörst du? Du musst stark sein. Und wenn es zu weh tut, dann atme weiter. Ich bin hier und du isst jetzt und trinkst und Trude hat dir einen Kräuterabsud gemacht, denn nimmst du als erstes.
Und Weidenrindentee...
Ich habe dir Weidenzweige geholt. Draußen im Hof liegt ein ganzer Baum und die Mägde schälen gerade die Rinde davon herab."
„Nur die unteren Schichten, vor dem weißen Holz, nicht die äußere schmutzige Borke!", bat sie ihn sofort und er nickte nur irgendjemandem zu.
Tia wandte den Kopf und sah diesen Rugar oder Rengar oder wie er noch mal hieß, der vorhin schon dagewesen war, in der Tür des Gemachs stehen.
„Sie braucht die Rinde, Regar. Es eilt, sag es den Dienenden.", sagte er zu ihm und sein Freund verschwand nur mit ernsthafter Miene und ohne jedes Wort.
Tia aber wandte sich wieder verwirrt zu ihm um und hob eine Hand an sein Gesicht, das auch mit den Runen darauf noch so gut aussah, wenn er es nicht gerade mit farbigem Lehm beschmierte.

„Ich sterbe nicht und  höre auch nicht auf zu atmen. Gretel empfahl mir nur so tief auszuatmen um meinen Herzschlag damit zu verlangsamen. Dann schmerzt es nicht ganz so sehr, weißt du? Ihre Mutter war auch eine Kräuterhexe, die viele gute Dinge konnte. Leider hat man sie geopfert als Gretel noch ganz klein  war..."
„Geopfert sagst du? Wir wollen doch nur Jungfrauen.", brummelte er ungehalten.

„Damals gab es keine mehr, nur noch vierzehnjährige Mädchen. Drei Jahre in Folge wurden nur Jungen geboren und als sie dann wählen wollten in diesem Kreis der fünfzehn bis achtzehnjährigen gab es keine Mädchen mehr sondern nur frischverheiratete Frauen. Gretels Mutter hatte sie gerade bekommen, mit fünfzehn Jahren. Sie hatte sich also gegen das Dekret des Königs handelnd einem Mann hingegeben und das durfte sie nicht. Ebenso hatten es sechs andere junge Mädchen getan und in dem Jahr wurden deshalb auch nur diese zur Wahl gestellt. Es mussten ja keine Edeldamen sein, laut der Gesetze. Da hätte es so einige  gegeben, doch es war das falsche Jahr. Also nahmen sie die gerade entbundene Gretel und brachten sie zu unserem Hof mit allem Besitz ihrer Mutter die im Drachenfeuer starb. Ihren Mann, einen jungen Soldaten, hat der König noch vor ihren Augen hinrichten lassen, weil er versuchte sie zu retten mit seiner Tat sie zu schwängern und zu heiraten.  Zumindest... hat man das Gretel so erzählt und dann erzählte sie es mir."
„Also betrügt euer König uns auch noch. Es wird gerade immer ernster für dein Volk. Ich glaube ihr braucht einen neuen Machthaber, Tia, der nicht mehr so grausam an den zu unterst stehenden handelt.
„Das sagen die Dienstboten doch schon seid vielen Jahrzehnten. Der alte König war  genauso wie sein Sohn und wenn es tatsächlich so ist das wirklich abgemacht war nur meinen Namen in der Auslosung zu nennen, so ist es auch noch reichlich ungerecht geschehen. Doch... ich bereue es nicht, dass du mich hergebracht hast. Ich habe es ernst gemeint, Darkh. Du bist sanft und rücksichtsvoll mit mir. Sieh nur wie jetzt gerade wieder. Du bist nicht grausam oder zerrst mich aus dem Bett, wenn ich leide. Es ist dir nicht gleichgültig. Du hälst du mich statt dessen im Arm und sorgst dich um mich...", flüsterte sie errötend. „Dabei solltest du mir eigentlich zürnen und mich maßregeln, weil ich vorhin doch so vorlaut sprach, vor Zeugen sogar und gegen deinen wehrten Vater.
Ja selbst gegen die Bediensteten, die deine sind. Ich habe dir da gewiss nichts dreinzureden...", schüttelte sie besorgt den Kopf.
„Tia, jetzt gerade sprichst du unsinn.", unterbrach er sie da plötzlich schnaubend. „Was soll ein Drache mit Bedinsteten? Diese Mägde und Knechte versorgen dein Heim. Wenn sie dir nicht gut dienen und du musst ihnen alles drei Mal sagen, dann wirf sie raus. Sie haben ein zu Hause, sie können dorthin zurückgehen und die Dörfer werden andere Männer und Frauen schicken, die es besser zu machen versuchen und vielleicht gehorsamer sind als jene hier. Wenn du es so willst werden sie sogleich erstetzt.", sagte er kalt klingend.

„Oh... nein. Nein, bitte Darkh, so ist es nicht.
Eigentlich respektieren sie mich ja und es war doch nur meine Schuld, dass ich ihnen Aufgaben stellte, die unmöglich zu erfüllen waren. Hester erklärte es mir, dass es in der Nähe keine Weiden gibt, wie also sollten sie mir daraus Tee bereiten? Es währe unfair und hartherzig von mir, würde ich sie nun so schmähen.", fand sie und errötete verlegen weil er ihr schon wieder mit dem Daumen über die zarte Kinnlie strich.

„Wie gerne ich dich nun berühren würde. Doch du blutest und leidest. Ich werde besser gehen und dich Ruhen lassen.
Die Diener werden dir Stoffe und Bilder und alles das bringen was du dir wünschst zu haben. Stelle ruhig Forderungen.
Ich werde sehen wie ich sie dir erfüllen kann, nur musst du mir schwören dich auszuruhen, bis du wieder ein wenig Kraft geschöpft hast."
Tia nickte nur hastig und sah ihn so offen sie es nur vermochte an. „Ich schwöre es, Darkh.",  flüsterte sie leise und er nickte nur wieder zufrieden, stand auf und ... verschwand.

Nur wenig später kam Hester mit der
Kräutertrude herein, mit einem frisch gebrühten, heißen Weidenrindentee und allerlei anderer Medizin im Gepäck.
Tia ließ sich in die Kissen zurücksinken und die
Schweinsblase mit warmen Wasser gefüllt auf den Bauch legen. Das wärmte so schön, dass sie kurz erschauerte.
Schnell legte ihr die Trude die Hand auf die Stirn, um die Temperatur zu prüfen.

„Keine Sorge um mich,  ich finde es nur behaglich wie warm diese Blase sich anfühlt. Auf solcherlei  Dinge währe ich doch sicher nie gekommen. Danke für den Tee. Er muss noch einige Minuten lang ziehen, dann ist er gut und ich kann ihn trinken. Morgen wird es schon viel besser gehen und übermorgen wird es  dann gut sein.
Gretel hat immer zu mir gesagt, besser man hat dies Ungemach nicht jeden Monat.
Ich Danke euch sehr, ihr könnt jetzt gehen, ich will ein wenig ausruhen, damit ich meinen  Drachenherrn bald wieder erfreuen kann, so wie es sich für eine Edeldame ihrem Gatten gegenüber gebürt.", winkte sie den Dienerinnen noch kurz zu und rollte sich auf dem Bett klein zusammen. Warm, kuschelig... und immer wieder krampfend.

Einige Zeit später trank sie dann den bitteren Tee in kleinen Schlucken und auch den Sud der Kräuterfrau bis zur Neige aus. Hernach rang sie nach Atem, weil es gar so scheußlich schmeckte, doch sie wusste gut, dass auch der schrecklichste Sud wahre Wunder bewirken konnte, wenn sie es nur zuließe.
Und so schlummerte sie schon bald von der Wirkung der Kräuter benommen ein und krampfte nicht mehr weiter. Es war nun gut. Und so lächelte sie in ihren Träumen

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