Nichts ist mehr, wie es war

Hier das nächste Kapitel, ich hoffe es gefällt euch. Kritik ist wie immer erwünscht. Viel Spaß beim Lesen.

lg. Magicstarlight

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Nichts ist mehr, wie es war

Als wir die Kathedrale verließen, fühlte ich mich so elend wie noch nie zuvor. Bis auf den kleinen Drachenteil in mir, protestierte alles gegen das, was ich nun machte. Ich zog mich zu den Drachen zurück. Ich ließ all die anderen hier zurück. Eins war klar, erst einmal in Inur-Entora angekommen, würde ich dort nicht so schnell wegkommen. Doch auch eine Flucht lehnte mein Innerstes ab, allein schon die Vorstellung, dass mich meine Begleiter am Ende mit Gewalt nach Inur zurück schleppen könnten, war furchtbar.

Als wir uns auf dem verregneten Marktplatz verwandelten, wurden in vielen Häusern die Fenster geöffnet und hier und da kamen die Menschen auf die Straße. Ich senkte den Kopf, denn ich hatte das unerträgliche Gefühl, sie alle im Stich zu lassen … Entschlossen erhob ich mich hinter Tukiyan, Karthek und Rubeen in die Luft und flog mit wenigen kräftigen Flügelschlägen hinauf in den wolkenverhangenen Himmel. Mehrere überraschte Ausrufe folgten uns, die Leute dort unten schienen langsam zu verstehen, dass wir abreisten.

Wir flogen über den Wolken, so dass wir den Sonnen nacheinander beim Untergehen und den Monden beim Aufgehen zusehen konnten. Erst als der Mond Vorduun über uns zu leuchten begann, stießen wir wieder durch die Wolken hinab. Wir waren fernab von jeglichen Siedlungen, aber das schien den anderen ganz Recht zu sein. Bei einer hohen Baumgruppe, die mitten in der Landschaft stand, landeten wir.

Keiner sprach ein Wort. Im Schutz des dichten Blattwerkes rollten wir uns zusammen und warteten auf den Morgen. Ich versuchte zu schlafen, aber immer wieder musste ich zu Karthek hinüber sehen. Auch Tukiyan blieb wach, sicherlich, um ein Auge auf mich zu haben. Mutlos ließ ich den Kopf auf meine Pfoten sinken und starrte auf das Gras, das vom Regen ganz nass und von unserer Landung ganz platt gedrückt war. Im Licht der Monde schimmerte es silbern. Wie es wohl Ti-Lien ging? War er mittlerweile wieder aufgewacht? Ich hätte darauf bestehen sollen, ihn noch einmal zu sehen, egal wie sehr sich Tukiyan und die anderen dagegen gewehrt hätten. Das hätte wahrscheinlich das Vertrauen zwischen meinen Gefährten und mir vollständig zerstört, aber wenn man ehrlich war, war das Vertrauen zwischen uns sowieso nicht mehr zu retten. Und jetzt hatte ich auch noch Karthek vor den Kopf geschlagen. Wütend grub ich meine Krallen in den schlammigen Boden unter mir. Es gab nichts schlimmeres als das Gefühl, alles falsch gemacht zu haben …

Als ich am nächsten Morgen von Rubeen geweckt wurde, fühlte ich mich, als hätte ich nur wenige Augenblicke geschlafen. Doch als ich an den Himmel sah, konnte ich zwischen den Wolken nur noch einen Mond erkennen und am Horizont, dort wo auch irgendwo das kleine Dorf Filda liegen musste, dort drängten sich die ersten Sonnenstrahlen der Sonne Rikia durch die Wolkendecke. Tukiyan stieß zu uns hinab. In den Klauen hielt er etwas, das nach einem ordentlichen Fischfang aussah. Er legte die Fische umsichtig auf einen Stein, damit sich nicht im Schlamm lagen und landete dann mit einem gänzlich uneleganten Platschen im Schlamm und versank sicher einen halben Meter.

Okenek!“ Wütend fuhr er mit den Pfoten durch die braune Masse und spritzte uns bei der Gelegenheit ordentlich voll. Wenn alles wie früher gewesen wäre, dann hätte ich jetzt gelacht, weil wir alle wirklich komisch aussahen, aber ich konnte nicht. Es gab einfach genug Dinge hier, bei denen mir das Lachen wirklich verging. Rubeen hingegen musste sich das Lachen sichtlich verkneifen. Er griff nach einem der Fische und schlang ihn herunter, dann patschte er durch den Schlamm zu seinem Bruder. Dieser hatte nicht einmal geschmunzelt.

Ich wandte schnell den Blick ab, schnappte mir ein paar Fisch und suchte mir einen ein weniger feuchten Platz zum Essen. Auf einem breiten Steinplateau fand ich ihn. Ich wusste, dass die anderen mich die ganze Zeit im Auge behielten und das jeder Fluchtversuch sinnlos war.

Als ich wenig später wieder zu ihnen trat, waren sie zum Aufbruch bereit. Es hatte zwar aufgehört zu regnen, aber der Himmel war noch immer mit dunklen Wolken verhangen. Wir flogen wieder über den Wolken und sahen deshalb nur selten etwas von der Landschaft unter uns, nur selten, wenn es Lücken in der dichten Wolkendecke gab.

Gegen Mittag begann es unter uns wieder zu regnen und wir flogen kurzzeitig ein gutes Stück tiefer, um wieder sauber zu werden. Doch gegen Nachmittag wurden die Wolken immer weniger und der Himmel wurde immer klarer. Wir konnten hinunter auf eine Landschaft blicken, die wir noch nie zuvor erblickt hatten. Sand, überall war Sand. Wir flogen über die östlichsten Ausläufer der Netashka-Wüste. Dies war die Heimat von Ti-Lien, von Hara-Taliy und von Sern-Minos, dies war die Heimat der uns so 'verhassten' Magier. Irgendwo am Horizont im Westen konnte ich kleinere Siedlungen erkennen, aber dort wo wir flogen, lebten scheinbar keine Magier.

Diese Nacht verbrachten wir irgendwo an der Grenze zwischen der Netashka-Wüste und den Tanerm-Sümpfen. Zwei Landschaften, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten gingen hier ineinander über. Der Anblick war atemberaubend und in dieser Nacht schlief ich viel besser ein, als in der letzten.

Am nächsten Tag ließen wir uns mehr Zeit mit der Abreise. Wir würden sowieso nur bis zu den Ufern des Sees kommen, das war uns klar. Denn es würde einen guten Tag lang dauern, den See zu überfliegen.

Diesmal gab es kaum Wolken, über denen wir fliegen konnten. Und so kam es, dass unter uns immer wieder Leute zu uns hinauf zeigten. Ihre überraschten Rufe hallten bis zu uns hinauf und ich fragte mich, was sie wohl dachten. Bald tauchte der große See vor uns auf. Wie ein riesiger, glitzernder Spiegel lag er vor uns. Als wir direkt über ihm waren, gingen wir langsam tiefer und kreisten über der Wasseroberfläche. Plötzlich stieß Rubeen ein Brüllen aus und schoss auf die Wasseroberfläche zu. Erschrocken beobachtete ich, wie er die Wasseroberfläche durchbrach und wie ein Pfeil unter der Wasseroberfläche entlang sauste. Während ich mich immer noch wunderte, schoss neben mir ein weiterer hellgrüner Schatten hinab ins Wasser, es war Karthek. Kopfschüttelnd beobachtete Tukiyan die beiden, dann landete er am Ufer und ich folgte ihm.

Die Zwillinge schwammen lachend zu uns. Tukiyan legte seinen Kopf auf seine Pfoten und starrte hinauf auf den See. Ich schaute mich um. Wir befanden uns an einem kleinen Strand, unweit von einem Dorf, das, wie Le-Chessa am anderen Ufer, auf Pfählen im Wasser erbaut war. Ich fragte mich, ob sie uns wohl gesehen hatten.

Sie hatten. Schon wenige Augenblicke später kam ein hochgewachsener blonder Mann vorsichtig näher und begrüßte uns aus sicherer Entfernung. Tukiyan hob den Kopf und rief Karthek und Rubeen aus dem Wasser und wandte sich wieder dem nervösen Mann zu. Dieser schluckte.

„Im Namen unseres Dorfes Luziam möchte ich euch fragen, ob ihr bei uns unterkommen wollt.“

Tukiyan wechselte einen Blick mit Rubeen und schüttelte dann den Kopf. „Wir werden morgen früh schon wieder abreisen und brauchen keine zusätzliche Gesellschaft.“

Wütend warf ich ihm einen Blick zu. Wie konnte er nur so unfreundlich sein? Ich verwandelte mich in einen Menschen und trat auf ihn zu. „Wir wollen euch nicht kränken, aber wir werden heute Abend schon früh schlafen, damit wir es morgen schaffen, den See zu überfliegen. Aber wenn ihr eine Höhle oder eine große Scheune hättet, in der wir unterkommen könnten, dann wären wir euch sehr dankbar.“

Der Mann nickte erleichtert. Er verbeugte sich und hastete Richtung Dorf. Ich verwandelte mich zurück und erwiderte Tukiyans skeptischen Blick. „Wir brauchen keine Scheune“, sagte er langgezogen. Ich legte den Kopf schief und starrte ihn wütend an. „Aber wir können trotzdem freundlich seien. Weißt du, wie sich deine Worte angehört haben? Du sprichst, als ob dir Menschen ganz egal wären!“

Darauf sagte Tukiyan nichts und ich fragte mich plötzlich, ob Menschen ihm mittlerweile wirklich egal waren. Als wir uns getroffen hatten, da hatte er sich um mich gekümmert. Um einen Menschen. Aber jetzt? Nichts war mehr wie damals, das war mir klar.

Als der Mann zurück kam, brachte er ein paar neugierige Kinder mit. Sie starrten mit offenen Mündern zu uns hinauf. Ich musste lächeln und ich wusste auch, dass auch die anderen nur mühsam ernst blieben. Sie führten uns zu einer großen Scheune, die bis auf ein paar große Säcke leer war. Dann verabschiedete sich der Mann und sagte uns noch einmal, dass wir jederzeit ins Dorf kommen konnten, falls wir es uns anders überlegt hätten. Dann scharrte er die Kinder wieder um sich und verschwand. Ich rollte mich auf dem Boden zusammen und starrte aus dem offenen Scheunentor hinaus auf die malerische Landschaft. Liebend gerne wäre ich zu den Menschen nach draußen gegangen, doch ich wollte meine Begleiter nicht noch mehr verärgern …

Als die Sonnen eine nach der anderen im See zu versinken schien, ging ich mit Rubeen nach draußen und wir fingen uns im See ein Abendessen. Diesen Abend verbrachten wir, wie auch die Abende zuvor, in eisernem Schweigen. Ich starrte hinaus auf das Dorf, in dem kleine Laternen entzündet und vor die Häuser gehängt wurden.

Plötzlich kam mir eine Idee. Ich legte den Kopf auf die Pfoten und befreite meinen Geist. Ich flog innerhalb weniger Augenblicke bis nach Weyena. Dort suchte ich nach einem der anderen Oldiin und in Eramons riesigem Tanzsaal wurde ich fündig.

- „Sovine?

Ein überraschtes Zucken durchlief den Körper. Sovine hockte in ihrer Drachengestalt im Tanzsaal.

- „Mina? Endlich, ich sitze hier schon mindestens vier Stunden und gestern saß den ganzen Abend Eramon hier.

- „Wirklich? Das wusste ich nicht, Entschuldigung.

- „Kaum der Rede wert. Nun erzähl schon, wie benehmen sich die Drachen und wo seid ihr gerade?

Ich seufzte innerlich. „Wir reden kaum und fliegen den ganzen Tag. Wir sind gerade am großen See und werden morgen früh über ihn fliegen. Danach wird es vielleicht noch zwei Tage dauern, bis wir in Inur-Entora sind. Ich weiß nicht, ob ich dann noch oft Kontakt zu euch aufnehmen kann … Ich weiß noch nicht genau, wie es weiter gehen soll, Sovine.

- „Das wird schon“, flüsterte sie, doch sie klang nicht überzeugt. „Bei den Versammlungen gab es kaum Fortschritte. Alle schauen nun auf die verstoßenen Lande und auf die Farakehner. Wenn sie die Wahrheit sagen, dann ist die Zerstörung noch weiter fortgeschritten, als wir befürchtet hatten. Wir werden Beobachter dorthin schicken. Morgen wird entschieden, wer diese Beobachter sein werden.

- „Werdet ihr meine Hilfe brauchen?“, fragte ich zögernd. Das, was Sovine da erzählt klang ganz und gar nicht gut.

- „Schau erstmal, dass du deine Probleme gelöst bekommst, Mina. Wir brauchen dich – aber nicht als Marionette der Drachen.Wir werden dir so gut es geht dabei helfen, aber erst einmal bist du auf dich allein gestellt.“ Sie klang besorgt.

- „Da kann man nichts mehr lösen, Sovine. Wenn die Drachen die Wahrheit erkennen, wird es zu spät seien. Ich glaube, sie wollen mich nur beschützen, aber sie gehen dabei zu weit.

Sovine schwieg und ich ordnete meine Gedanken. Was, wenn die Zerstörung soweit fortgeschritten war, dass man sofort meine Hilfe brauchte? Ich saß bei den Drachen, während da draußen immer mehr Landstriche zerstört wurden. Wenn die Katastrophe aus den verstoßenen Landen kam, dann würde sie als nächstes Septim erreichen oder vielleicht die Drachenstadt Diones.

- „Ich werde mit den anderen darüber sprechen“, sagte Sovine. „Übrigens, dem kleinen Magier geht es wieder blendend.

- „Ti-Lien? Das sind endlich mal gute Nachrichten.“ Ich spürte Sovines Lachen, doch ich freute mich wirklich. Eine Sorge weniger. „Ich werde mich morgen Abend nochmal bei euch melden!“, versprach ich, ehe ich mich aus ihrem Geist zurückzog. Eine Sorge weniger, aber hunderte von zusätzlichen Sorgen …

Es fiel mir sehr schwer, heute Abend Ruhe zu finden.

Am nächsten Morgen standen wir noch vor dem ersten Sonnenaufgang auf und reisten nach einer kurzen Mahlzeit ab. Unauffällig ließ ich eine meiner Schuppen in der Scheune zurück, ein kleines Geschenk an unsere Gastgeber.

Der Flug über den See war ein unglaubliches Erlebnis. Mehrere Male rasten dunkle Schatten unter der Wasseroberfläche entlang und ich fragte mich, ob das die Neskevous waren, die uns spürten. Vielleicht war ja auch Kar da unten. Hier und da kamen auch Wassermenschen an die Wasseroberfläche und starrten zu uns hinauf.

Erst spät am Abend erreichten wir das andere Ufer. Wir fanden an einem steinigen Abhang eine kleine Höhle, doch während sich die anderen gleich zusammenrollten, flog ich im Geiste zurück nach Weyena und wartete im Tanzsaal auf einen der Oldiin. Doch niemand kam. Verunsichert wollte ich mich gerade zurückziehen, als gleich mehrere in den Saal kamen. Es waren Sovine, Eramon und Sern-Minos. Ich konzentrierte mich noch ein wenig mehr und nahm auch meine Magie zu Hilfe, so dass ich sie beinahe vor mir sehen konnte. Es war zwar, als würden sie sich in einer zähflüssigen Masse bewegen, aber ich konnte sie erkennen und ihre Worte verstehen.

„Du hast eine Verantwortung, Sern-Minos! Du kannst dich nicht einfach davon lossagen. Lass jemand anderen gehen.“ Das kam von Eramon. Sern-Minos schwieg. Nun setzte auch Sovine ein. „Diese Zerstörung dort … es ist viel zu gefährlich! Wenn es tatsächlich Solana ist, dann wirst du den Ausmaßen nicht gewachsen sein. Niemand könnte sie besiegen, abgesehen vielleicht von den Göttern oder Mina. Das Risiko für dich ist viel zu groß!“

Sern-Minos lehnte sich gegen die Wand und lächelte. „Und deshalb wollt ihr andere dorthin schicken? Wollt ich lieber Menschen oder Uklenry in den Tod schicken?“ Er schwieg kurz, dann sprach er weiter. „Ich werde nicht zulassen, dass ein Magier diesen Weg geht. Das ist meine Verantwortung und ich nehme sie auf mich. Kein Magier wird in den verstoßenen Landen sterben, denn ich werde als Beobachter dorthin gehen und niemand wird mich aufhalten, auch ihr nicht.“

Damit ging er auf die Tür zu. Kurz bevor er sie erreicht hatte, hielt er inne. Er sah nach oben, dort wo mein unsichtbarer Geist schwebte und lächelte.

Pass auf dich auf. Wenn die Drachen dich nicht freiwillig gehen lassen, dann musst du fliehen. Geh nach Ku-Enefk zu Tekmea. Du wirst überall willkommen sein, da bin ich mir sicher!“ Damit verschwand er durch die Tür und ich zog meinen Geist zurück. Ich konnte jetzt nicht mit den anderen sprechen und das wichtigste wusste ich nun. Sern-Minos würde der Beobachter sein, der in die verbotenen Lande ziehen würde. Und wenn dort tatsächlich die Zerstörung aus der Prophezeiung im Gange war, dann würde er vielleicht nicht von dort zurückkehren.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, waren die anderen schon wach. Alle drei waren bester Laune, denn die nächste Nacht würden wir in Area verbringen. Ich war eher niedergeschlagen. Meine freien Zeiten schienen endgültig vorbei zu sein.

Wir flogen tiefer als an den Tagen zuvor und so konnte ich die Gegenden unter uns schmerzlich genau erkennen. Da waren dunkelgrüne Wälder, sanfte Hügellandschaften und kleine Tümpel, die still und friedlich da lagen. Östlich von uns mussten Janan und Septim liegen. Septim, wo man sich nun die Stadt mit Ausgestoßenen teilte. Ausgestoßene, die vor einer unbekannten Bedrohung geflohen waren …

Und dann war das Reich der Menschen abrupt zu Ende und wir überflogen den trostlosen, felsigen Norden des Drachenreiches. Bald überflogen wir die ersten Siedlungen und Drachen kamen zu uns hinauf geflogen. Sie begrüßten uns stürmisch und feierten unsere Ankunft. Ein Teil von mir war wieder zu Hause und wollte nie wieder hier weg.

Als es bereits wieder dunkel wurde, überflogen wir Meleka, das kleine Dorf, bei dem wir auf unserer Reise nach Weyena gerastet hatten. Diesmal flogen wir über es hinweg und landeten erst in Inanaill.

Wir wurden von Kartanan empfangen. Tukiyans Vater warf mir mit seinen stechenden gelben Augen einen langen Blick zu. Ich schauderte und drängte mich an ihm vorbei in die Feste. Ohne die jubelnden Drachen zu beachten, durchquerte ich Inanaill und verschwand mit Karthek und Rubeen durch das Südtor der Stadt. Tukiyan würde bei seinem Vater bleiben.

In Inur-Entora erwartete mich ein Bote, der mir ausrichtete, dass Meladon mich sehen wollte. Ich schüttelte den Kopf. Meladon war das letzte, was ich jetzt noch gebrauchen konnte!

„Richtet Meladon bitte aus, dass ich müde bin und wir morgen sprechen können.“

Der Bote starrte mich mit großen Augen an. „Aber Meladon hat gesagt …“

„Ich werde mich morgen mit ihm treffen. Wenn er mich unbedingt sehen will, dann soll er mich wie einen Verbrecher vorladen.“ Damit erhob ich mich wieder in die Luft und flog in meine kleine Höhle an der Westseite der Stadt.

Am nächsten Tag traf ich mich schweren Herzens mit Meladon. Er empfing mich herzlich, doch ich sah in ihm nur noch ein Monster. Er lobte meine diplomatischen Fähigkeiten in den Himmel und 'versprach' mir, dass ich nun erstmal Ruhe hatte. Übersetzt: So schnell würde ich hier nicht mehr wegkommen. Zu dem erwähnte er mit keinem Wort die Prophezeiung. Er tat so, als wäre alles gleich geblieben und ich verachtete ihn dafür.

Als ich die Höhle verließ entdeckte ich Avredon. Er stand neben seiner Höhle und nickte mir kurz zu. Sofort ging ich zu ihm hinüber. Er lächelte nicht, aber er sah trotzdem erfreut aus, mich zu sehen.

„Du hast auch Streit mit ihm, oder?“

„Natürlich. Jeder, der hier nüchtern denkt hat Streit mit ihm.“

Ich nickte und seufzte. Plötzlich lächelte Avredon. „Ich glaube die Reise nach Weyena hat dir gut getan.“

„Gut getan?“ Ich starrte ihn ungläubig an. „Es war alles mal so einfach und jetzt … jetzt wird es alles nur noch schlimmer.“

„Vielleicht war es damals einfacher, aber nun weißt du die Wahrheit. Wie ich gehört habe, hast du dich mit einem Magier angefreundet.“

Ich grinste. „Ja, ich glaube das war mein allergrößter Fehler. Damit habe ich Meladon sicher zum Toben gebracht.“

„Oh, du kannst froh sein, dass du nicht hier warst, als er davon erfahren hat.“ Avredon entfuhr ein dröhnendes Lachen. „Es war eine wahre Katastrophe.“

Die Vorstellung war zwar bedrohlich, hatte aber durchaus etwas komisches. Nur Avredon hatte es geschafft, meine Laune zu heben.

„Mina!“ Ich fuhr herum. In der Nähe von Meladons Höhle stand Fero. Ich verwandelte mich in einen Menschen und lief zu ihm hinunter. „Fero, schön dich zu sehen.“ Er schloss mich in seine Arme und lächelte, dann wurde er wieder ernst und mir viel ein, dass wir uns bei unserem letzten Gespräch ziemlich heftig gestritten hatten. Ich biss mir auf die Lippe. „Vielleicht hattest du damals Recht, Fero. Ich glaube, ich habe diese Reise nicht ernst genug genommen.“

Er zuckte mit den Schultern. „Das war damals und wir können nichts mehr daran ändern.“ Er löste seine Arme und verschränkte sie hinter seinem Rücken. „Ich bin im Auftrag meiner Mutter hier. Ich soll mit Meladon nochmal über die Prophezeiung und deine Rolle darin reden.“

Er versuchte zu Lächeln, doch ich sah die Anspannung in seinem Gesicht. Er wollte die Höhle gerade betreten, doch ich hielt ihn am Arm zurück.

„Bitte! Du wirst ihn nur unnötig verärgern, Fero.“

Er lächelte und löste meine Hand von seinem Arm. „Und wenn er mir verbietet, Inur-Entora jemals wieder zu betreten. Mir würde das nichts ausmachen.“

„Aber mir!“ Er durfte nicht, er durfte einfach nicht gehen. „Du bist neben Avredon der einzige, der hier noch auf meiner Seite ist. Wie soll ich denn hier raus kommen, wenn mir keiner helfen kann oder will?“

Ich schlug die Hand vor den Mund, aus Angst, jemand könnte meine Wort gehört haben. Fero runzelte die Stirn. Er griff meinen Arm und zog mich in eine kleine Felsnische. „Wie meinst du das?“

Und nun platzte es aus mir heraus. Ich flüsterte und trotzdem kamen mir meine Worte viel zu laut vor. „Ich will den Leuten helfen, ich will diese Zerstörung wirklich aufhalten, auch wenn ich keine Ahnung habe, wie. Bitte, Tukiyan benimmt sich mittlerweile wie sein Vater, ich will nicht das Karthek wegen mir irgendwen verraten muss und Rubeen ist fürchterlich jähzornig. Wenn du deine Stellung hier bei den Drachen so leichtfertig aufgeben willst, dann hilf mir bitte hier raus.“

Fero dachte kurz nach und nickte dann. „Ich wusste nicht, dass du so denkst, Mina. Aber wenn das so ist … hör zu; ich reise sofort zurück nach Venra.“ - „Aber“ - „Warte! Ich kenne da jemanden, der uns helfen kann. Wir kommen zurück hier her und dann überlegen wir uns, wie wir dich hier raus holen, in Ordnung?“

Ich runzelte die Stirn, nickte aber. „Wen willst du holen?“

„Das wirst du schon sehen, Mina. Ich mache mich sofort auf den Weg. Wir sehen uns in spätestens sieben Tagen wieder.“

Er ließ mich stehen und verschwand. Verwundert sah ich ihm nach.

Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Ich verbrachte die meiste Zeit in meiner Höhle. Hin und wieder versuchte ich mit den Oldiin in Weyena Kontakt aufzunehmen. Ich wollte unbedingt wissen, was nun mit Sern-Minos war. Doch immer, wenn ich im Geiste das Reich der Drachen verlassen wollte, wurde ich von einer geistigen Mauer aufgehalten. Nicht, dass ich mir nicht denken konnte, wer dahinter steckte …

Sechs Tage nach Feros überstürzter Abreise, trat Tukiyan zu mir in die Höhle. Ich hob den Kopf und schaute ihn herausfordernd an. Eben war ich wieder auf die geistige Blockade getroffen und meine Laune war dementsprechend schlecht. Tukiyan lächelte beschwichtigend und auch ein wenig nervös.

„Hallo Mina.“ Ich wartete auf mehr, doch er wollte sich wohl lieber Zeit lassen. „Hallo Tukiyan.“ Ich wartete darauf, dass er vielleicht etwas sagte. „Gibt es irgendetwas, das du mir sagen willst?“

Er lächelte noch ein wenig nervöser. „Ich wurde zum 'Zedajek tenji Inur' ernannt“, sagte er, nicht ohne Stolz. 'Stellvertretender Heermeister der Stadt'

„Schön Tuk. Das freut deinen Vater sicherlich.“

Tukiyan nickte. Er hatte noch immer nicht verstanden, wie sehr ich seinen Vater fürchtete und verachtete. „Jaaa, er ist stolz und so.“ Tukiyan trat unbehaglich von einem Bein aufs andere. „Und da ist noch was …“ Er hielt inne und ich seufzte genervt. „Rück raus mit der Sprache, Tuk.“

Er richtete seinen Blick auf den Boden. „Wir, also mein Vater, Meladon und ich, wir denken, dass es vielleicht besser wäre, wenn du die Stadt erstmal nicht verlassen würdest. Zu deiner eigenen Sicherheit und so weiter. Du weißt schon, die Elfen benehmen sich in letzter Zeit ein wenig merkwürdig.“ Er konnte mir nicht in die Augen sehen, als ich mich ungläubig aufrichtete. „Ihr wollt mich also endgültig in dieser Stadt einsperren? Ist es das, was du mir sagen willst? Soll ich mir schon mal eine Zelle aussuchen?“

„Mina, bitte. Ich meine, es wäre doch nicht so schlimm. Früher warst du immer gerne hier.“

„Früher, Tukiyan, früher. Aber jetzt weiß ich, dass man mich da draußen braucht und ihr wollt es nicht wahrhaben. Ich hätte nicht gedacht, dass auch du so blind bist!“ Ich trat herausfordernd auf ihn zu. „Das geht uns wirklich nichts an, Mina. Das sind ihre Probleme.“ Endlich schaute er mir in die Augen.

„Verschwinde, Tuk! Ich kann dein feiges Gesicht nicht länger ansehen.“ Ich drängte mich an ihm vorbei auf die Straße.

„Mina ...“ Er verstummte hilflos. Ich drehte mich zu ihm um und schluckte. „Keine Angst, Zedajek, Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Ich bleibe in Inur-Entora!“

Damit ließ ich ihn stehen und verschwand. Am heiligen Baum nahm ich meine Menschengestalt an. Ich schwamm mit Kleidern in den kleinen See hinein, der den Baum umgab, bis ich die kleine Insel erreicht hatte. Dort hockte ich mich hin und lehnte mich gegen das glänzende Holz. Es gab mir Sicherheit.

Ich weiß nicht, wie lange ich dort saß. Erst ein Ausruf am Ufer, ließ mich aufschauen. Es war Fero.

„Mina, ich bin wieder da.“ Er winkte und lächelte besorgt. „Ich habe meinen Bruder mitgebracht.“ Neben ihm stand eine große Gestalt in einem dunklen Mantel. Ich erkannte ihn sofort.

Es war Ades, der mysteriöse Mann, der mich bei der Utrias-Wende in Filda erkannt hatte. Irgendwie konnte ich mir gut vorstellen, dass er mir hier raus helfen konnte.

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