Duell im Traum

Vorweg: Willkommen im Finale :) Es sind zwei Kapitel geworden, Nummer zwei kommt vorraussichtlich morgen. Ich hoffe, ihr habt Spaß beim Lesen. Ende der Vorrede;)

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Duell im Traum

HALLO DRACHENKIND!“

Ich schaute auf und erblickte den Wächter des Tairasy. „Hallo Zweifel!“

Der bleiche Wächter schenkte mir ein eigenartigen Lächeln. Ich hatte ihn lange nicht mehr gesehen, hatte schon lange keinen Zweifel mehr verspürt, wenn ich das Tairasy betreten hatte.

„DU BIST GUT VORBEREITET“, stellte er emotionslos fest, während er sich vorlehnte. „UND DU ZWEIFELST NICHT MEHR!“

„Ich kann es mir nicht leisten zu zweifeln“, erklärte ich grimmig. „Zu viel hängt vom Ausgang dieser Nacht an. Wenn ich jetzt scheitere, ist sowieso alles dahin, also schaue ich nach vorne und ignoriere die Risiken.“

Der Wächter nickte nachdenklich. „ZWEIFEL KANN IMMER STÄRKE UND SCHWÄCHE ZUGLEICH SEIN ... ABER IN MOMENTEN WIE DIESEN IST ZWEIFEL EINE SCHWÄCHE, DIE MAN NUR BEI SEINEN GEGNERN ZU NUTZEN WISSEN SOLLTE.“

„Ich bezweifle, dass Solana an sich selbst zweifeln wird“, stellte ich leise fest. „Nicht einmal die Götter können ihr die Stirn bieten und sie hat eine Kontrolle über das Tairasy wie es wohl kein anderer hat.“

Zweifel lachte monoton und fixierte mich dann mit festem Blick. „JEDES WESEN KANN ZWEIFELN, EGAL WIE ÜBERMÄCHTIG ES ERSCHEINT. ZWEIFEL GESCHIEHT, WENN EIN WESEN SICH SEINES INTELLEKTS BEDIENT UND ZU EINEM UNSICHEREN SCHLUSS GELANGT. UND EINES KANNST DU MIR GLAUBEN: SOLANA IST INTELLIGENT UND MEHR IST NICHT NÖTIG, UM ZWEIFELN ZU KÖNNEN.“

„Aber ich kann ihrer Macht nicht wirklich die Stirn bieten, das liegt nicht im Rahmen des mir möglichen.“

Er lachte wieder. „SIE WIRD DICH UNTERSCHÄTZEN, DAS IST DEIN VORTEIL. UND IM GEGENSATZ ZU IHR HAST DU UNTERSTÜTZUNG.“ Er grinste fies. „SELBST DIE ICH WÜRDE KICH AUF DEINE SEITE STELLEN, AUCH WENN DAS GEGEN MEINE NATUR IST!“

Ich atmete tief durch und nickte dann langsam. „Nun dann ... hast du einen letzten Rat für mich, ehe ich mich in die Zerstörung stürze?“

„WIE BEREITS GESAGT: LASS SIE ZWEIFELN, BEVOR DU SELBST ZWEIFELST!“ Ich nickte bitter. „UND DENK DARAN ...“ Zögernd warf ich einen letzten Blick zu ihm hinauf. „NICHT EINMAL ICH ZWEIFEL AN DEINEM ERFOLG, KLEINES MINA-MÄDCHEN. “

Damit verschwand er im nichts und ich stand alleine da. Mitten in der immer gleichbleibenden Landschaft. In meiner Hand spürte ich den kühlen Griff des Drachenschwertes. Der Moment war gekommen. Meine Gedanken wanderten zum neugeschaffenen Gebirge, in dem mein Körper unter den wachenden Augen Kartheks ruhte. Zu Septim, das nun so kurz vor seiner Zerstörung stand. Und zu Byna, die als neue Könign der Drachen bereits jetzt vor einer scheinbar unlösbaren Krise zu stehen schien. Doch zum ersten Mal fühlte ich mich vorbereitet. Ich war bereit und ich wollte keine weitere Zeit mehr verstreichen lassen.

Mit zitternden Knien drehte ich mich herum und ließ meinen Blick über das Tairasy wandern. Um hier von einem Ort zum anderen zu gelangen, musste man seine Willenskraft aufwenden, dass hatte ich mittlerweile gelernt. Ich wusste, wo ich hinwollte. Der Kampf hatte jetzt begonnen!

Von einem Augenblick auf den anderen stand sie vor mir. Bleiche Haut, hohe Statur, dunkles Haar und starre Gesichtszüge. Solana. Das letzte Mal dass ich sie gesehen hatte, war ich Blick abwesend und wie in Trance gewesen, jetzt waren ihre Augen fest auf mich gerichtet. Sie waren wie zwei bodenlose finstere Abgründe, die mich zu verschlingen drohten. Auch nach Zweifels eindringlichen Worten zuvor, konnte ich mir nicht vortellen, wie ich so ein Wesen zum Zweifeln bringen sollte. Es schien schier ein Ding des Unmöglichen.

Vieles habe ich von dir gehört, Drachenbrut.“ Ihre Stimme war unheimlich tief und grollte durch mein inneres, wie das Brummen eines Drachen. Es passte nicht, aber es trug nur zu ihrer bedrohlichen Aura bei. „Und vieles habe ich von dir gesehen … versteckt in den Schatten.“ Ein dunkles Lächeln verzerrte ihre Züge. „Deine Zweifel habe ich gespürt, dein Zittern habe ich gehört und deine Angst habe ich auf der Zunge geschmeckt ...“ Sie atmete tief ein, als könnte sie all dies auch jetzt wahrnehmen. „Drachenkind sag: Bist du bereit zu versagen?“

Alle Haare standen mir zu Berge, doch ich zwang meine Augen ihren starren Blick zu erwidern und zu halten. Ich würde nicht versagen, nicht heute, nicht bei all dem, was hier auf dem Ziel stand. Und Solana würde das noch früh genug merken.

Das Lächeln verzog sich zu einen Grinsen und mit einer fließenden Handbewegung, erwuchs in ihren Fingern ein langer, schlichter Holzstab, den sie wie eine Waffe ergriff und vor sich hielt. „Wie ich sehen kann, hast du die Waffe deiner Wahl bereis gefunden … So denn hast du eine Waffe gefunden, die dich in die Zerstörung begleiten wird!“

Ich biss mir auf die Lippe und zückte das Schwert, die Finger fest um den Knauf geschlossen. Das würden wir noch sehen. Nervös wich ich Solana aus, die einen ersten Schritt auf mich zu machte. Ein weiterer Schritt von ihr und ich wich wieder ein Stück zurseite … wir kreisten umeinander. Zweifel und Errettung waren meine Mission. Ein weiterer Schritt, dann hielten wir inne und Stille umgab uns. Laute, brüllende Stille. Eine absolute Abwesenheit von Klang, wie es selbst im Tairasy nur selten vorkam. Die Stille vor dem Sturm!

Stille. Lana und Timon standen schweigend Seite an Seite auf dem leergefegten Marktplatz Septims und starrten fassungslos in Richtung Osten. Irgendwas ging dort vor. Man konnte es in der Luft spüren, es war etwas, dass zugleich greifbar und unfassbar war. Manche hatten gesagt, dass Drachen über die Stadt hinweggeflogen waren, aber was bedeutete das schon. Keiner wusste, was die nächsten Stunden bringen würden. Die rußig-schwarzen Gewitterwolken, die sich am Horizont zusammenballten, um dann in ihre Richtung zu rollen, konnten alles bedeuteten … Zerstörung, Hoffnungslosigkeit, Rettung … Es blieb nichts anderes, als abzuwarten … wie die wenigen anderen, die mit ihnen in der Stadt geblieben waren. Die meisten hatten ihre Sachen gepackt, sobald die ersten Schroffen Felsen am Horizont in den Himmel geschossen waren.

„Mittlerweile ist es ein ganzes Gebirge“, stellte Timon entgeistert fest. „Ein ganzes Rudel Berge und das in nur wenigen Stunden. Es kann nur Magie sein ...“

„Keine Magie!“ Lana schüttelte den Kopf und verengte die Augen. „Das ist etwas finsteres … etwas faules, das alles zerstören wird, sobald es uns erreicht.“

„Die Zerstörung“, hauchte Timon und sie nickte wortlos. Es gab nichts weiteres zu sagen. Worte waren bei diesem Anblick machtlos.

„Wir … wir können immer noch gehen“, flüsterte Lana kaum hörbar, doch Timon hörte sie problemlos in der allgemeinen Stille und schüttelte sofort den Kopf.

„Nein, ich vertraue immer noch auf Mina. Wenn Kalifa wirklich recht hat und Drachen in Richtung Osten geflogen sind ...“ Er drehte sich zu Lana herum und fixierte sie mit einem festen Blick. „Dann ist Mina bereits dort, dann hat ihr Kampf begonnen.“ Er atmete zitternd ein und aus und deutete in Richtung der Zerstörung. „Ich vertraue darauf, dass sie dem ein Ende bereiten wird … u-und sollte sie scheitern, dann gibt es in dieser Welt keinen Ort, an dem wir uns davor verstecken könnten.“

Sie nickte. „Es ist so unwirklich …“ Jeder Atemzug füllte die Lungen mit verbrannter Luft, die nach Feuer und Verderben roch. „Früher hatten wir vor nichts mehr Angst als vor Drachen, und nun … sowas ...“

Unwillkürlich griff sie nach Timons Hand und er schloss seine Finger fest um die seinen. „Irgendwas geht da hinten vor … Ganz im Zentrum der Wolken, der Berge und der Zerstörung.“ Er warf Lana einen kurzen Blick zu. „Wollen wir einen Blick riskieren? Wie in alten Zeiten?“

Der erste Angriff Solanas kam wie aus dem Nichts und mit einer Wucht, die mich beinahe von den Füßen fegte. Ihr Stock sauste direkt auf meinen Kopf zu und ich duckte mich gerade noch früh genug, um dem Hieb zu entgegen. Doch während meiner Zeit in den Wäldern der Wildermenschen hatte ich gelernt, mit solchen Situationen umzugehen.

Blitzschnell drückte ich mich vom Boden ab, sprang auf die Füße und ging in den Angriff über. Die Zeit um mich rum beschleunigte ich, bis der Schwertstoß, den ich ausführte, mit atemberaubender Geschwindigkeit auf das zerstörrerische Wesen zuraste … und Solana? Sie verschwand und tauchte einen Augenblick später schon wieder auf. Direkt hinter meinem Rücken! Aus den Augenwinkel konnte ich ihre hohe Gestalt und den zum Angriff erhobenen Stab sehen, doch zum herumdrehen fehlte die Zeit. Der Stab sauste auf mich herab … streifte mich am Arm und … In letzter Sekunde schaffte ich es, die Zeit um uns herum so sehr zu verlangsamen, dass sie beinahe still stand und wehrte den Stoß so gerade noch ab, indem ich das Schwert hochriss.

Mit einem ohrenbetäubenden, langgezogenen Klirren trafen Stab und Schwert aufeinander. Über die Waffen hinweg konnte ich direkt in ihr entschlossenes Gesicht sehen. Keine Spur von Erschöpfung. Keine Spur von Zweifel.

Entschlossen tauchte ich unter ihrem ausgestreckten Arm hindurch, um meinerseits in den Angriff überzugehen, solange die Zeit noch immer langsam an uns vorbei sickert. Ich sank in die Knie, hechtete nach vorne und mein Blick wanderte automatisch nach oben, in das pechschwarze Gewässer, wo die Gesichtslosen herumtrieben und von alle dem gar keine Notiz nehmen konnten.

Karthek starrte ebenfalls in den dunklen Himmel. Wo Gewitterwolken aus dem Osten quollen und die letzten Sonnenstrahlen fraßen. Wo ein Blitz den nächsten jagte und Donnergrollen die Welt zum beben brachte. Die Wolken hatten die zuvor so friedliche Aussicht zerstört und sich nun scheinbar überallhin gedrängt, wo man zuvor noch blauen Himmel gesehen hatte. Ein weiteres drohendes Grollen brachte die Felsen zum beben und er rollte sich noch fester um Minas reglosen Menschenkörper, um sie von allem Übel abzuschirmen.

Es war das Einzige, das er tun konnte und die Hilflosigkeit trieb ihn beinahe in den Wahnsinn. Er konnte nur hier sitzen, warten und hoffen, während Mina im Traum den Rest erledigte. Hoffentlich … hoffentlich mit Erfolg. Er hatte mit ihr gemeinsam das Kämpfen gelernt und war ihr bis in die nördlichsten Länder und Städte gefolgt. Diesen einen Weg musste sie nun allein gehen, während er hier oben auf dem Berg förmlich krank vor Sorge war.

Ein Blitz durchschnitt den Himmel und tauchte für den Bruchteil eines Augenblicks die Welt um ihn herum in gleißend helles Licht. Der Anblick war erschreckend. Ein Großteil der Berge im Osten war verschwunden. Gar nicht unweit seiner jetzigen Position klaffte zwischen den Schroffen Klippen ein schwarzer, bodenloser Spalt, der kein Ende zu nehmen schien. Entsetzt starrte er auf die Stelle, die nun schon wieder stockduster war. Die Grenze der Zerstörrung wanderterte schnell. Schneller als er es je zu befürchten gewagt hätte. Bald würde sie Mina und ihn und erreicht haben.

Ein weiteres Donnergrollen erschütterte die Nacht, dann setzte der Regen ein. Die Wassertropfen prasselten erbarmungslos auf sie ein und er musste schützend die Flügel über den empfindlichen Menschenkörper legen, um Mina zu bewaren. Bald prasselte es so dicht, dass man gar nichts mehr am Horizont sehen konnte.

Und Karthek? Karthek konnte nur warten.

Egal wie schnell der Angriff auf Solana zukam, sie schaffte es erneut, den Angriff mit ihrem Stab abzublocken. Es sah so mühelos aus, dabei musste es für sie beinahe in unmöglicher Geschwindigkeit geschehen sein. Erneut schob sich ein düsteres Lächeln auf ihr grimmiges Gesicht und ich wusste sofort, dass ich besser schnell Abstand zwischen uns beide bringen sollte. Mit großen Schritten wich ich zurück, das Schwert vor mir ausgestreckt und starrte in die Leere an der Stelle, an der Solana eben noch gestanden hatte. Blinzeln. Dann stand sie direkt vor mir, das Gesicht verzogen und die Hand ausgestreckt. Erschrocken wollte ich das Schwert hochreißen, doch sie blockierte meinen Arm mit ihrer linken, während sich die Finger ihrer rechten Hand um meinen Hals zu schließen drohten.

Ihre Augen waren weit aufgerissen und hielten mich in ihrem schaurigen Bann. Tief und tiefer drohte ich in ihnen zu versinken. Doch dann schnürten mir ihre Finger endgültig die Luft ab und ich wurde aus meiner kurzzeitigen Trance gerissen und zum Handeln gezweungen.

In einem verzweifelten Versuch wechselte ich das Schwert in meine freie Hand und zog sie mit voller Kraft von unten nach oben, so dass Solana nichts anderes übrig blieb, als die Hand im letzten Moment zu lösen und einen Schritt zurück zunehmen. In diesem Moment standen wir beide auf gleicher Augenhöhe, sie etwas vorbugt und unsere Gesichter nur wenige Handbreit voreinander entfernt. Ich konnte ihren Atem auf dem Gesicht spüren und jedes Detail ihrer porzellanweißen Haut erfassen. Wie eine steinerne Statue stand sie mir gegenüber ... übermenschlich, kühl und still ihrer aristokratischen Gestalt, dann stieß ich so schnell wie möglich mit dem Schwert zu und zerbrach damit den Moment der Stille.

Der plötzliche Angriff schien sie ernsthaft zu überraschen und Solana entfuhr ein überraschtes Keuchen. Sie fuhr zurück und entging gerade noch so der vollen Wucht des Stoßes.

Ihr Blick wanderte für den Bruchteil eines Augenblicks auf ihre Brust, wo die flatternden Gewänder aufgeschlissen waren und ein feiner roter Strich auf ihrer schneeweißen Haut erschien. Dann wandten sie ihren Blick wieder auf mich und ich konnte die Wut in ihren Augen lodern sehen. Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer fürchterlichen Grimasse und sie begann zu lachen, laut und schrill.

Ein seltsames Geräusche erfüllte den Wind und unterbrach das Donnergrollen des Unwetters. Wie ein schauerliches Lachen klang es in den tobenden Luftmassen mit und jagte einen Schauer über Lanas Rücken. Timon und sie hockten auf den Ästen am Stamm der alten Eyche und krallten sich in das Holz, um nicht vom Wind weggetragen zu werden. Der Anblick, der sich von ihrem Aussichtsposten aus bot, verschlug ihnen förmlich den Atem. Die Baumgrenze der sonst so dichten Wälder war nur noch wenige Baumkronen von ihnen entfernt und danach begannen die schroffenen Felsspitzen aus dem Boden zu sprießen. Und dahinter, noch tiefer im Schatten und vom dichten Regen fast verborgen begann ein gähnender Abgrund, der mit jedem verstreichenden Augenblick ein wenig mehr der Landschaft zu verschlingen drohte. Die Zerstörung war schlussendlich vor den Stadttoren angelangt und würde auch vor ihnen nicht halt machen. Wie die Ausgestoßenen lange zuvor standen nun die Berge vor den Mauerfelsen der Stast und verlangten Einlass.

Timon zitterte, als ein weiterer Blitz in der Ferne die Szenerie in sein schaurig kühles Licht tauchte. Sie waren beide bis auf die Knochen durchnässt und hatten sich den Weg durch die alten Geheimwege geschlagen, durch Büsche und Unterholz, bis sie an den Ort gelangten, an dem alles angefangen hatte.  Damals, als die Ausgestoßenen auf der Flucht vor den ersten Anzeichen der Zerstörung die Stadt zum brennen brachten. Die Kämpfe und Kriege schienen - beim Anblick dieser katastrophalen Ausmaße - plötzlich ganz unwichtig und lange vergangen. 

„Es hat uns fast erreicht!“, Lanas dünne Stimme war kaum noch hörbar, so abrupt zerrte ihr der Wind die Worte von den Lippen.

„Aber es ging nie so schnell! Das muss der Kampf zwischen Mina und der Zerstörung sein. Es hat begonnen!“

„was wenn es uns erwischt?“, fragte Lana mit weitaufgerissenen Augen. „Was wenn uns die Zerstörung erreicht, bevor Mina sie besiegen kann?“

Doch Timon schüttelte nur verbissen den Kopf, während eine besonders heftige Böe die Eyche erzittern ließ und ein Donnergrollen durch die Luft jagte. „Sie wird es schaffen. Ganz sicher. Wenn es jemand schaffen kann , dann sie.“ Er streckte seinen Arm nach ihrer zitternden Gestalt aus und zog sie zu sich heran. „„Wir müssen nur durchhalten. Nur noch ein bisschen länger!““

Ein ohrenbetäubendes Krachen erfüllte die Luft und die Äste ächzten bedrohlich. Erschrocken schrie Lana auf und Timon hielt die Luft am. Um sie herum brach die nasse Erde auf und Fels schoss in die Höhe. Höher und höher türmten sie sich auf, einige nur wenige Handbreit von ihrem Posten auf dem Baum entfernt. 

Benachbarte Bäume wurden von den Steinmassen zertrümmert oder wurden entwurzelt und von den Felsen in die Luft gerissen. Unter lautem Tosen wurden große Stücke aus der östlichen Stadtmauer geschlagen und die wenigen Menschen hinter der Mauer ließen erschrockene Schreie verlauten. Das Gebirge begann nun die Stadt einzuschließen. Das Ende war nah.

Ihr Lachen füllte mich aus und betäubte mich, so dass ich ihrem nächsten Angriff nur in letzter Sekunde entgehen konnte, um meinerseits einen weiteren Vorstoß zu wagen. Doch nun erhob sie sich in die Luft und ehe ich noch einmal auf sie zielen konnte, verschwand sie in der dunklen Wassermasse über mir.

Erschrocken schaute ich mich um. Wo war sie? Gespenstische Stille erfüllte die Luft. Zögernd drehte ich mich im Kreis, doch ich konnte sie nirgendwo entdecken. Über mir schwammen nur Gesichtslose … Drachen, Elfen, Menschen … Wo war Solana? Sie würde nicht aufgeben … die Zerstörung war im vollen Gange. Irgendwo musste sie doch sein!

Ein Zittern erfüllte meine Glieder und ich umfasste das Schwert noch stärker. Angst erfüllte mich. Hektik und Schrecken. Noch einmal drehte ich mich, spähte in die dunklen Fluten. Leere Gesichter, bleiche Schuppen, schlaffe Körper. Wo war sie? Sie konnte praktisch überall sein, konnte jeden Moment wieder irre lachend herabtreten und angreifen. Panik brachte mein Herz zum Rasen.

Wo bist du?“

Stille.

Komm wieder hervor! Kämpfe!“

Vollkommene Stille.

Kämpfe!“

Solana.

Ich blinzelte und von einem Moment auf den anderen stand sie vor mir, als wäre sie soeben aus dem Boden gewachsen und ihre Lippen umspielte ein triumphales Lächeln. Sie war ganz nah ...

Der Spalt war nun ganz nah. Die Zerstörung hatte sie nun fast erreicht. Kartheks Augen waren fest auf den Abgrund gerichtet, der den Fels wenige Längen vor ihm zerfraß und sich immer weiter in seine Richtung öffnete. Mina hatte gesagt, dass sie unbedingt an diesem Ort verweilen musste, um den Weg zurück in ihren Körper zu finden, doch in wenigen Augenblicken würde es keinen Körper mehr geben, den sie verlieren konnte. Er zitterte und horchte, wie sich Minas Herzschlag beschleunigte. „Bitte, bitte Mina, beeile dich!“

Mit wenigen gezielten Bewegungen und Angriffen, hatte Solana mich überrumpelt und ehe ich handeln konnte, stürzte ich bereits rückwärts gen Boden. Das Schwert entglitt meinen verkrampften Fingern und flog außer Reichweite. Ich versuchte den Zeitfluss zu verlangsamen, doch Solana bewegte sich nur noch schneller und presste meinen Körper mit ihrem Stab zu Boden, so dass es mir unmöglich wurde, mich zur Wehr zu setzen.

Ihre Haare flogen wie eine unwirklich Mähne um ihren Kopf herum, ihr Lächeln drehte mir den Magen herum. Erfolglos versuchte ich eine Hand unter dem Stab hervorzukämpfen, um nach meinem Schwert zu greifen oder mich irgendwie anders zur Wehr zu setzen, doch sie verstärkte nur den Druck auf mich und lehnte nun ihren gesamten Körper auf den Stab, der mich an den Boden fesselte. Ich versuchte die Beine aufzurichten, um mich vom Boden abzudrücken, doch sie presste ihr knochiges Knie in meinen Oberschenkel und auch dieser Versuch scheiterte.

Ich spüre deine Angst“, verkündete sie in einer Sing-Sang-Stimme. „Ich kann deine Furcht auf meiner Haut fühlen! Du bist SCHWACH!“ Und ich konnte nichts erwidern, außer ihren irren Blick, als ich erneuert in ihre weit aufgerissenen Augen starren musste!

Mit weiten Augen starrten die wenigen Bewohner Septims auf die Berge, die noch immer rund um sie herum aus dem Boden wuchsen und bereits die äußersten Häuser der Stadt zerstörten. Alle standen sie zusammen auf dem Marktplatz, auch Lana und Timon. Es gab keine Unterschiede mehr. Junge standen neben Alten, Ausgestoßene neben Feuermenschen. Nun, wo die Gewitterwolken wie der lauernde Tod vor den Stadtmauern standen, waren alle Kriege und Streitigkeiten vergessen. Einige weinten, andere starrten nur ehrfürchtig auf das Schauspiel, das sich ihnen bot. Lana verbarg das Gesicht in Timons Jacke und schluchzte. Das Ende war ganz nah.

Mit verzweifelter Kraft versuchte ich den Stab wegzudrücken, doch es gelang mir nicht. Zu ungünstig war meine derzeitige Lage, zu viel Kraft hatte Solana. Eben diese beugte sich nun auch über den Stab hinweg zu mir herab, so dass unsere Gesichter sich beinahe berührten.

Deine Welt gehört mir, Drachenbrut“, flüsterte sie. „Und keiner deiner Götter wird mich daran hindern können, ganz zu schweigen von DIR!“ Hass erfüllte ihre tiefe Stimme. „DU gehörst genauso mir, wie alle anderen Lebewesen, von denen ich meine Macht zehren werde!“

Unter dem Druck ihrer Kraft bekam ich kaum noch Luft und mein Blick wanderte nach oben, damit ich ihren irren Gesichtsausdruck nicht länger ertragen musste. Diese kalten Augen sollten nicht das letzte sein, was ich sehen würde.

Ich hatte versagt. Vor meinem geistigen Auge, sah ich die Welt am Abgrund stehen … Die Oldiin, die Götter, Septim, Inur-Entora … Karthek. Sie würden untergehen …

Karthek spürte den Rand des Abgrundes unter seinen Krallen und wusste, dass er nun eine Entscheidung treffen musste. Nur wenige Augenblicke und er würde mit Minas lebloser Gestalt in die dunklen Tiefen aus Rauch und Asche stürzen, die sich nun direkt neben ihnen auftaten. Er musste handeln oder sterben ...Die ersten Steine verloren unter seinem Gewicht den Halt und stürzten in die Tiefe. Es war beinahe zu spät.

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