Der Weg zur Lösung?
Der Weg zur Lösung?
Die Tage waren wie im Fluge vergangen und sie waren toll gewesen. Gemeinsam mit Lana und Timon streifte ich durch die äußeren Gassen Septims und zweimal schlichen wir uns durch das kleine Loch in der Mauer hinaus in den Wald. Es war tatsächlich so gewesen, als wären die letzten Jahre nicht gewesen, als wäre unser größtes Problem noch immer die Frage, ob Lana auch den nächsten Kletterwettbewerb gewinnen würde. Erst in den Nächten wurde mir immer wieder klar, dass das nicht der Fall war. Lana konnte schon langer nicht mehr so gut klettern wie früher. Es gab keine Kletterwettbewerbe, denn die Kinder der Stadt wussten noch nicht einmal, dass es wieder einen Weg hinaus in den Wald gab und selbst wenn sie es gewusst hätten, hätten sich wahrscheinlich nur die wenigsten von ihnen hinaus in den Wald getraut. Und selbst wenn wir als große Kindertruppe zu unserem alten Lieblingsbaum auf die Lichtung gelaufen wären … es wäre einfach nicht wie früher gewesen. Ich hatte jetzt andere Probleme. Größere … bedrohlichere … lebensgefährliche …
„Mina!“ Überrascht schaute ich auf und sah in Ades besorgtes Gesicht. Schuldbewusst richtete ich meinen Blick wieder auf die tropfende Wassersäule, die ich verändern wollte. Denn das war die einzig mögliche Lösung für unser lebensgefährliches Problem. Ich musste endlich lernen, wie ich die Zeit kontrollieren konnte, sonst würde die Zerstörung Septim erreichen und alles, was mir lieb und teuer war vernichten. Ades legte mir eine Hand auf die Schulter.
„Setzt dich nicht so unter Druck. Wir haben noch mehr Zeit, als du denkst.“
Ich schluckte bitter. Wenn er wüsste. Doch er hatte die Zerstörung noch nicht gesehen. Er spürte nicht Tag für Tag die Unruhe der Bürger von Septim, die nicht wussten, wie lange ihre Stadt noch existieren würde. „Das sagst du so einfach. Aber du weißt nicht, wie viel Zeit mir wirklich bleibt.“
„Machst du dir nur deswegen Sorgen oder ist da noch etwas anderes?“, fragte er und betrachtete mich forschend. Ich erwiderte schweigend seinen Blick. Ich machte mir wegen allem Möglichen Sorgen. Meine Freunde in Septim … aber auch meine Freunde, die ich in Inur-Entora zurückgelassen hatte.
Ades schien meine Gedanken gelesen zu haben. „Es ist wegen Karthek.“
Ich senkte den Blick, während sein Blick weiter auf mir haften blieb. „Ich sehe ihn jede Nacht, Ades“, sagte ich mit leiser Stimme. „Immer wenn ich einschlafe. Er ist da oben in der Dunkelheit, ich weiß es ohne ihn zu sehen.“ Es schien mir wichtig, ihm das zu erklären. „Wenn ich die Hand ausstrecke berühre ich seine Schuppen und er beginnt zu leuchten. Das kann kein Zufall sein.“
„Nein, das kann es wirklich nicht sein“, murmelte Ades mit düsterem Gesichtsausdruck. „Und du siehst ihn wirklich jede Nacht?“ Ich nickte und starrte hinauf in das dunkle Wasser, das über unseren Köpfen waberte. „Ich wette mit dir, dass er auch jetzt irgendwo ganz in unserer Nähe ist. Manchmal sehe ich ihn wenn ich hier unten bin.“ Deprimiert versuchte ich ihn mir nicht vorzustellen. Ich musste mich auf andere Dinge konzentrieren … Verdammt, er erschien schon wieder vor meinem inneren Auge - „MINA!“
Erschrocken fuhr ich zusammen und richtete meinen Blick auf Ades. Dieser schaute unterdessen etwas anderes an … Die Tropfen. Sie schwebten von der Wolkenschicht auf der wir saßen hinauf in die dunkle Wasserschicht, als wäre es ganz natürlich, dass Wasser nach oben floss. „Was bei allen Göttern!“ Mit einem lauten Platschen erinnerten sich die Tropfen wieder an die richtige Richtung und fielen zurück in die Wolkenschicht.
„Du hast es geschafft, Mina!“, rief Ades aufgeregt. „Du hast es tatsächlich geschafft!“
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. „Aber wie? Ich hab nicht einmal an die Tropfen gedacht … ich hab nur an Karthek gedacht und ...“ Irgendwo in meinem Kopf machte es Klick. Das war es also … so konnte ich die Zeit verändern.
„Karthek!“, sagten Ades und ich wie aus einem Munde. Er schaute mich erwartungsvoll an und ich nickte aufgeregt. „Es gibt alles einen Sinn, weißt du? Immer wenn ich das Tairasy betrete, verändere ich die Zeit automatisch. Ich altere. Ganz am Anfang bin ich noch ein ganz kleines Kind und hier unten sehe ich wieder ganz normal aus. Das liegt an ihm. An Karthek. Er ist schließlich immer ganz in meiner Nähe, wenn ich dort bin.“
Ades schaute mich mit offenem Mund an. „Du veränderst jede Nacht aufs Neue die Zeit? Warum hast du mir nie davon erzählt?“
Ich wurde rot. „Keine Ahnung … ich habe es wahrscheinlich nicht für wichtig gehalten. Aber jetzt … weißt du, was das heißt?“
Er nickte und zog mich auf die Beine. „Komm! Wir müssen Eramon und den anderen davon erzählen!“ - „Warte!“ Ich hob die Hand und richtete meinen Blick wieder auf die Tropfen. „Ich will es nochmal ausprobieren. Nicht dass das alles nur ein großer Irrtum ist …“ Er nickte und ließ mich los.
Wie hatte es noch einmal genau funktioniert? Ich hatte an Karthek gedacht, hatte mir vorgestellt, wie er aussah. Den Blick angestrengt auf die Tropfen gerichtet, rief ich mir seine Gestalt ins Gedächtnis … nichts passierte. „Verdammt!“
Ades hob beruhigend die Hände. „Ist schon gut, mach langsam. Du darfst dich nicht so unter Druck stellen.“ Ich nickte und schloss die Augen. Karthek – es durfte jetzt nur um ihn gehen, nicht um die Zeit, nicht um die drohende Gefahr. Irgendwo da oben im dunklen Wasser schwebte er umher … ohne Augen, ohne Orientierung. Aber er war ganz in meiner Nähe, das wusste ich.
Ades schnappte nach Luft und ich öffnete meine Augen einen Spalt breit. Es hatte funktioniert. Faszinierte streckte ich meine Hand nach den Tropfen aus und spürte, wie sie von unten gegen meine Handfläche schwebten. Hinter irgendeiner unsichtbaren Grenze floss die Zeit in die entgegengesetzte Richtung und ich kontrollierte sie.
Auch Ades hob die Hand, doch sobald seine Finger eben diese unsichtbare Grenze überschritten, fielen die Tropfen wieder in die richtige Richtung. Er setzte zu einer Entschuldigung an, doch ich schüttelte den Kopf. „Schon gut. Jetzt lass uns die Oldiin suchen. Mal sehen, wie sie reagieren werden.“
„Mina? Mina! Endlich bist du wach … was war bloß los?“ Als ich verwirrt die Augen aufschlug, sah ich Timons besorgtes Gesicht. Verschlafen wischte ich mir die Haare aus dem Gesicht. „Was ist los? Ist was passiert?“
Timon schaute mich ungläubig an. „Du schläfst jetzt schon seit … es ist schon fast wieder abends. Lana und ich, wir wussten nicht, was wir tun sollten. Wir konnten nur immer wieder überprüfen, ob du noch atmest und hoffen, dass du wieder aufwachst. Mach das nie wieder!“
Völlig verwirrt starrte ich ihn an. „Es ist abends? Für mich war es so, als wäre eine ganz normale Nacht vergangen.“
Er schüttelte den Kopf und zog mich besorgt auf die Beine. Ich warf einen Blick aus dem Fenster und sah, dass er Recht hatte. Die Sonnen standen schon tief über den Häusern und zudem signalisierte mir mein Magen mit einem lauten Knurren, dass ich ihn tatsächlich beinahe einen ganzen Tag lang vernachlässigt hatte. Stirnrunzelnd wechselte ich einen Blick mit Timon. „Ich hab keine Ahnung, warum ich diesmal so lange im Tairasy war“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
Natürlich hatte ich ihm und Lana alles von meinen nächtlichen Übungen erzählt. Wie sonst hätte ich erklären sollen, weshalb ich jeden Abend unbedingt so früh wie möglich schlafen ging? Die beiden hatten die Geschichte fasziniert aufgenommen … so, wie sie es auch mit all meinen anderen komischen Erlebnissen getan hatten.
Da mich Timon aber noch immer besorgt anschaute, wechselte ich erst einmal das Thema. „Ich hab es tatsächlich geschafft, Timon“, sagte ich und sofort erfasste mich wieder die Begeisterung, die mich die ganze Nacht über in ihren Klauen gehalten hatte. Ich hatte auch die anderen Oldiin damit angesteckt. Es war einfach unglaublich, dass wir endlich einen Fortschritt gemacht hatten.
Sofort erhellte sich auch Timons Miene. „Du hast es wirklich geschafft? Du hast die Zeit verändert?“ Ich nickte. „Unglaublich! Das müssen wir sofort Lana erzählen. Sie ist zum Abendessen zurück ins Rathaus gegangen, damit die anderen sie nicht vermissen. Ich geh sie holen, ja?“ Wieder nickte ich. Timon strahlte übers ganze Gesicht und ich wusste, dass ich wahrscheinlich genauso fröhlich aussah. Endlich bestand Grund zur Hoffnung!
Timon kletterte durch sein Fenster hinaus in die Dämmerung und ich blieb in seinem Zimmer zurück. Unfähig mich zu beruhigen, ging ich im Zimmer auf und ab. Die Oldiin waren begeistert gewesen. Ich Sovine noch nie so lachen sehen. Aber sie waren auch besorgt gewesen, als ich ihnen von Karthek erzählt hatte. Ihnen war natürlich klar, welche Beziehung zwischen ihm und mir bestand und ihnen war auch klar, dass ich ihn vor meiner Flucht ziemlich vor den Kopf geschlagen hatte. Und nun war meine wertvollste Fähigkeit untrennbar mit ihm verknüpft. Es war eine riskante Verbindung. Aber für mich zählte ersteinmal nur der Triumph, dass ich endlich erfolgreich gewesen war. Lange hätte ich die sinnlosen Stunden vor den tropfen Wassersäulen nicht mehr mitgemacht.
Vor der Tür stand noch immer der Stuhl. Timons Eltern wussten nicht von meiner Anwesenheit, auch wenn sie sich sicherlich schon wunderten, warum er so viel Zeit in seinem Zimmer verbrachte. Aber zumindest Yarissa, seine kleine Schwester, hatte er mir einmal kurz vorgestellt. Sie war aufgedrehtes kleines Mädchen mit rabenschwarzen Haaren und großen, leuchtend-braunen Augen, eben ein typisches Feuermenschenkind. Zu gerne hätte ich mehr Zeit mit ihr verbracht, aber da sie die meiste Zeit bei ihren Eltern war, war das nicht möglich gewesen.
Ich machte Kehrt und ging aufs Fenster zu. Aber warum war ich heute so spät aufgewacht? Hatte es mit der Zeit zu tun, die ich verändert hatte? Wenn ja, wie konnte ich dann überhaupt wissen, wann ich aufwachte?
Ein plötzliches Klopfen ließ mich innehalten. Klopfen? Nein eher ein Hämmern. Jemand hämmerte an die Haustür. Neugierig schlich ich zurück zur Zimmertür und legte ein Ohr an das Holz. Doch dies hätte ich mir auch sparen können. Die lauten Stimmen hallten problemlos durchs Haus und ich hätte sie auch noch von der anderen Seite des Zimmers gut verstanden.
„Macht Platz, Frau! Wo ist das Zimmer eures Sohnes?“
Ich erstarrte und wich von der Tür zurück. Sie wussten von mir ... irgendwie hatten sie von meiner Anwesenheit in der Stadt erfahren. Im Hausflur begann Yarissa zu weinen und laute Schritte erklangen vor der Tür. Entsetzt wich ich zum Fenster zurück und kletterte auf den Sims. Schon schlug jemand hart gegen die Tür. Irgendwie war ich entdeckt worden!
Ich war drauf und dran aus dem Fenster zu klettern, als ich innehielt. Sollte ich als Oldiin wirklich aus dem Fenster springen und fliehen? Was konnten mir die Ausgestoßenen schon tun? Außerdem wusste ich nicht, was mit Timon und Lana war. Was würden die Ausgestoßenen mit ihnen tun, nachdem sie mich tagelang in Septim versteckt hatten? Ich musste bleiben und sie im Notfall beschützen. Andererseits würde das meinen unparteiischen Standpunkt verletzten … trotzdem. Wenn den beiden etwas passieren würde, wäre das meine Schuld. Es war meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie unbeschadet aus der ganzen Sache herauskommen würden.
Ich sprang wieder vom Fensterbrett und warf mir einen Umhang über das Nachthemd, das ich noch immer trug. Gerade rechtzeitig. Der Stuhl fiel zur Seite und die Tür flog mit einem Ächzen auf. Im Türrahmen standen Einige Männer und Timons Mutter. Ich warf ihr einen entschuldigenden Blick zu und sie sog scharf die Luft ein.
„Du meine Güte Mina, was machst du bloß hier und wie lange bist du schon da?“
„Ich fürchte zu lange. Entschuldigung wegen diesem Durcheinander hier, Torii.“ Dann wandte ich meinen Blick den bewaffneten Männern zu und versuchte eine neutrale Miene zu wahren. „Wie kann ich Ihnen helfen, meine Herren?“
Zwei von ihnen wechselten verwirrte Blicke, der Anführer aber, ein Mann mit braunem Haar und markantem Gesicht zeigte sich ebenso unbeeindruckt. „Komm sofort mit uns, wenn dir das Leben deiner Freunde lieb ist.“
Ich ging ein paar Schritte auf ihn zu und schenkte ihm ein schiefes Lächeln. „Du vergisst, mit wem du sprichst! Sag mir, was haben du und deine Männer mir entgegenzusetzen?“ Es war an der Zeit, einige meiner Vorteile auszunutzen. Die Männer hinter dem Anführer wechselten bereits unruhige Blicke. Gut so, sie sollten ruhig etwas Angst vor mir haben.
„Ich entschuldige mich für meine Ausdrucksart“, sagte der Anführer langsam und hielt stur meinem Blick stand. „Mein Name ist Marto und ich bin Anführer der Krieger von Septim. Wir bitten Euch, mit uns ins Rathaus zu kommen, um dort alles weitere zu besprechen.“
Einer der Krieger sog scharf die Luft ein und erntete so einen finsteren Blick von Marto. Ich erinnerte mich an ihm. Er war Teil der kleinen Delegation gewesen, die vor der verhängnisvollen Nacht nach Septim gekommen waren, um mit uns zu “verhandeln“.
„Wenn ihr es wünscht, werde ich natürlich mit euch kommen“, sagte ich leise und senkte den Kopf. „Sollte aber irgendeinem Menschen hier in Septim Leid zugefügt werden, werde ich … ungehalten reagieren“, fügte ich drohend hinzu und kam noch einige Schritte auf die Krieger zu. Mit Genugtuung sah ich, wie sie ein paar Schritte zurückwichen. Auch wenn Lana immer wieder ein friedliches Miteinander mit diesen Menschen predigte, das waren Ausgestoßene und sie hatten kein Recht hier zu regieren.
„Nun denn, dann lasst uns gehen.“ Marto drehte sich um und drängte sich an Timons Mutter vorbei zur Haustür. Ich folgte ihm und hielt nur bei der verängstigten Frau kurz inne. „Vergib uns, dass wir euch nie von meiner Anwesenheit informiert haben, Torii“, flüsterte ich leise. „Auf Wiedersehen, Yarissa!“
Damit winkte ich dem kleinen Mädchen und trat hinter den Männern hinaus auf die Straße. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie ich eigentlich aussah. Mein Haar war zerzaust vom Schlafen und ich trug lediglich ein Nachthemd und einen Umhang darüber. Unwirsch flocht ich die Haare zu einem strengen Zopf über meine Schulter und knöpfte den Umhang zu. Die Oldiin der Drachen lief durch die abendlichen Straßen der Stadt, als hätte man sie gerade erst aus dem Bett geschmissen … was, wenn man es genau nahm auch gar nicht so ein abwegiger Gedanke war.
Ich seufzte und folgte den Männern barfuß die Nebenstraße hinunter auf die Hauptstraße. Schon spürte ich die neugierigen Blicke der Anwohner auf mir. Einige von ihnen erkannten mich, stießen Laute des Erstaunens aus und flüsterten ihre Erkenntnis an andere Schaulustige weiter. In wenigen Sekunden würde die ganze Stadt von mir wissen. So hatte ich mir meine Zeit in Septim wirklich nicht vorgestellt!
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So, endlich geht's weiter. Es ist schlimm. Dieses Kapitel ist das Ergebnis von zwei Wochen Arbeit. Zum Glück hatte ich noch ein paar Fanfiction-Kapitel in Reserve. Schule tötet jegliche Motivation zum Schreiben, einfach schrecklich! :( Ich hoffe, es geht bald wieder etwas flüssiger voran.
lg. magicstarlight
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