Der Kuss

Nach langer, langer, langer Zeit jetzt das nächste Kapitel. Es tut mir wirklich leid, dass es so lange gedauert hat.

LG. magicstarlight

Der Kuss

Der nächste Tag begann windig und dunkel. Eldan weckte uns schon früh. Er wollte Juneii verlassen, bevor die ersten Festgäste die Stadttore verstopfen würden.

Im Esssaal wurden wir Katharine, der Köchin und Britta, der Aushilfe erwartet. Katharine begann sofort die Speisen aufzutragen. Britta reichte uns ein Bündel Kleider.

"Ich soll euch das hier von Herr Regis geben. Es soll sein Geschenk für euch zur Utrias-Wende sein."

Eldan nahm ihr die Kleider ab und lächelte Britta an. "Bitte richtet Regis unseren Dank aus. Es gäbe wirklich kein passenderes Geschenk."

Dann setzten wir uns an den Tisch und begannen zu essen. Das Essen war wirklich gut und mit nichts zu vergleichen, was ich je bei Menschen gegessen hatte. Wir griffen alle ordentlich zu. Katharine musste eine wirklich gute Köchin sein.

Nach dem Essen bedankten wir uns noch einmal bei ihr und auch bei Britta. Danach gingen wir noch einmal nach oben in unsere Zimmer und Eldan verteilte die Kleidungsstücke von Regis. Mir hatte er ein wunderschönes und trotzdem funktionelles Kleid zukommen lassen. Es war azurblau, ging mir bis zu den Knöcheln und hatte einen hohen Kragen. Einige Minuten lang bestaunte ich den festen, dichten Stoff, der kleidsam und trotzdem praktisch war. Zum ersten mal kam mir die Frage, was ich wohl bei der Ratsversammlung in Weyena tragen sollte. Meine Kleider waren hübsch, aber ich fand, dass keines von ihnen einer so hohen Veranstaltung gerecht würde. Ob Tukiyan daran gedacht hatte? Ich beschloss ihn danach zu fragen und wandte mich seufzend wieder dem Hier und Jetzt zu. Ich kämmte gerade mein Haar um sie neu zu flechten, als Karthek das Zimmer betrat.

"Bist du fertig? Oh... ", er grinste schüchtern. "Du siehst schön aus. Dieses Kleid steht dir..."

Ich lachte. "Als ob du davon Ahnung hast. Du siehst doch erst seit ein paar Wochen andere Menschen als mich. Glaub mir, es gibt Mädchen, die tausendmal schöner sind als ich."

Er schüttelte den Kopf. "Ich hab genug Menschen-Frauen gesehen. Du bist schön."

Ich lächelte und begann mir die Haare zu flechten. Fasziniert betrachtete er mich dabei. "Es ist immer wieder interessant, wie geschickt Menschen mit ihren Händen sind... Und wie sie in einem so kurzen Leben all diese Fingerfertigkeiten erlernen können."

Ich betrachtete ihn nachdenklich. "Findest du wirklich? Ich meine...", ich nahm seine Hände in die meinen. "Im Vergleich zu Drachenklauen sind Hände so viel kleiner..."

"Ist das ein Zeichen für Geschicklichkeit?", fragte er lächelnd, entzog seine Hände meinem Griff und nahm mein Gesicht in die Hände.

"Wo hast du das gelernt?", hauchte ich. "Was?", er sah mich fragend an. "Die Zärtlichkeit... das ist alles so menschlich..."-"Ist das schlecht?", fragte er flüsternd. "Nein...", sein Gesicht näherte sich meinem. "...Es bringt dich mir näher. Ich bin schließlich auch menschlich..." Er lachte ein klares, wunderschönes Lachen. Wir waren uns so nahe... "Du bist nicht menschlich Mina, du bist göttlich!"

Die Tür wurde aufgestoßen und Eldan steckte den Kopf hindurch. "Seid ihr nun fertig - Oh...", wir schossen voneinander weg.

Karthek rappelte sich auf. "Natürlich Eldan. Wir können gehen.", er half mir auf. Einige Sekunden lang schauten wir uns in die Augen. Dann hob Karthek sein Bündel auf. Er wollte auch nach meinem greifen, aber ich bekam es vor ihm zu fassen. Wieder starrten wir uns einige Sekunden lang an, dann schulterte er sein Bündel und verließ das Zimmer. Mit ein wenig Abstand folgte ich ihm. Eldan, der immer noch in der Tür stand, schaute uns besorgt hinterher.

Wir verließen die Stadt über das Westtor und nahmen eine Straße, die direkt am Ufer des Jo-Teys entlangführte. Der Jo-Tey, der große, heilige Strom toste neben uns entlang. Wasservögel schwebten zwischen den Wellen entlang, Vögel mit schillernden, bunt leuchtenden Federn, Vögel, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Sie waren wie Farbkleckse auf grauem Stein, sie brachten Farbe in die Landschaft. Es schneite nicht mehr, aber die Wolken hingen noch immer grau und schwer über uns und verhinderten jeden Blick auf den blauen Himmel oder auf die Sonnen. Ich wäre am liebsten als Drache über diesen Wolken entlang geflogen. Ich blickte zu Karthek hinüber.

Seit unserem Beinahe-Kuss hatten wir kein einziges Wort gewechselt. Wir hielte Abstand voneinander. Ich wusste, dass Eldan uns beobachtete. Er hatte natürlich verstanden, was passiert wäre, wenn er nicht das Zimmer gekommen wäre. Und natürlich nicht, was die Problematik gewesen war. Er wusste weder, dass ich das Kind des Drachengottes war, noch, dass auch Karthek ein Drache war. Er wusste nicht, wie kompliziert das alles war.

Über uns rissen endlich die Wolkenfetzen aus, einige Flecken blauen Himmels leuchteten in der grauen Wolkensuppe. Vielleicht war dies ein Zeichen, vielleicht war das Schneewetter für dieses Jahr beendet.

Auch die anderen Wanderer schienen dies zu spüren. Viele lachten und zeigten auf den Himmel. Ich beobachtete ein kleines Mädchen, dass auf den Schultern ihres Vaters vergnügt in Richtung Himmel deutete. Die kleine Familie sah ärmlich aus, vielleicht waren sie Bauern oder Handwerker. Ich schaute mich um. Es tat gut, das bunte Treiben zu beobachten, es lenkte ab. Hinter uns lief ein rothaariger Händler mit einem Karren voller Töpfe und Schalen, vor uns eine Gruppe von wohlhabenden jungen Männern. Ein Geistlicher mit langem Mantel und kahlem Kopf schlurfte nah am Wegesrand und ein paar bärtige Männer mit langen teuren Umhängen preschten rücksichtslos auf ihren teuren Pferden zwischen dem Fußvolk hindurch.

Wir machten in einem kleinen Gasthof Pause und planten den Fortlauf unserer Reise. Eldan breitete eine Karte auf dem Tisch aus und fuhr mit seinem Finger die Straße nach Weyena entlang.

"Die Straße ist lang, bis Weyena brauchen wir wenn wir schnell sind 9-10 Tage."

Ich nickte. "In wie vielen Tagen ist Utrias-Wende?"

"In 5 Tagen. Wir werden also irgendwo in der Mitte zwischen Weyena und Juneii sein."

"Schade. Ich dachte, wir könnten zumindest über an diesem Feiertag irgendwo die Feste erleben."

Eldan überlegte einen Moment, dann beugte er sich über die Karte. "Vielleicht können wir das sogar... Filda! Das ist ein kleines Dorf an der Straße. Die wenigsten Wanderer halten sich dort lange auf, aber wenn wir uns beeilen, können wir den Weg in 5 Tagen hinter uns bringen."

Rubeen grinste. "Dann nichts wie los!", Eldan sah ihn eine Weile lang mit hochgezogenen Brauen an. Auch ich musste an unsere Wanderung nach Juneii denken und an seine schlechte Laune. Aber scheinbar hatten das gute Wetter und die Nacht in Juneii seine Laune enorm verbessert. Eldan stand auf und zwinkerte mir zu, dann ging er an den Tresen und bezahlte.

Wir wanderten den Rest des Tages unermüdlich und ohne Pause, angespornt davon, dass ein Ende unserer Reise absehbar war und dass uns in Filda der Festtag erwartete. Tukiyan erklärte mir, das die Vertreter der verschiedenen Völker Gewänder in den Farben ihres Volkes trugen. In meinem Fall hieß das schwarz und golden. Das Gewand würden wir in der Botschaft der Drachen in Weyena finden. Wir wanderten schweigend weiter und erst, als schon beide Monde am Himmel standen, verließen wir die Straße und bereiteten uns ein Lager unter einem großen Baum. Wir machten kein Feuer, sondern aßen Brot und Käse im Schein der Monde. Dann legten wir uns schlafen, schließlich würden wir morgen wieder alle unsere Kräfte für den nächsten Teil der Wanderung brauchen. Aber ich konnte einfach nicht einschlafen.

Irgendwann setzte ich mich seufzend auf und starrte in die Sterne. Irgendwas raschelte hinter mir und ich fuhr herum. Karthek kam zu mir herüber. Sofort überkamen mich wieder die Erinnerungen, Erinnerungen an unsere Nähe...

Er setzte sich neben mich und schaute in die Sterne. "Bereust du das, was mit uns passiert ist.", flüstere er schließlich. Ich dachte nach. "Nein, ich bereue nichts.", sagte ich mit fester Stimme. Ich spürte, dass er lächelte. "Ich auch nicht."

Schüchtern legte er seinen Arm um mich und wir schauten gemeinsam in die Sterne. Schließlich erhob ich mich zögerlich. "Wir sollten schlafen." Er nickte, doch ich spürte, dass er enttäuscht war. Ich war es auch. Aber es war wahr, wir sollten besser schlafen. Trotzdem rührte ich mich nicht von der Stelle. Wie eine Säule aus Eis stand ich da, unfähig - oder unwillig mich zu bewegen.

"Mina...", es war nur ein flüstern. Karthek war hinter mich getreten. Langsam drehte ich mich zu ihm um. Zum zweiten Mal an diesem Tag nahm er mein Gesicht in seine Hände und strich mir sanft über die Wange. Der Mondschein fiel auf sein Gesicht, glänzte in seinen Augen, glitzerte in seinem Haar und sein warmes Lächeln erfüllte mich.

"Jetzt tu es endlich.", flüsterte ich. Er lachte leise. Dann zog er mein Gesicht sanft an seines heran und unsere Lippen berührten sich. Ich schlang ohne lange nachzudenken meine Arme um ihn, er ließ es geschehen. Mir schien es, als ob wir stundenlang so dagestanden hätten, doch es war mir egal. Nirgendwo wollte ich lieber sein als hier. Als wir uns schließlich voneinander lösten und uns schlafen legten, jeder auf sein eigenes Lager, war ich plötzlich sehr sehr müde.

Ich drehte mich im herum und wollte gerade meine Augen schließen, als ich bemerkte, dass Eldan mich von seinem Lager aus beobachtete.

Erschrocken öffnete ich schon den Mund um irgendetwas zu sagen, irgendetwas zu meiner Verteidigung, zu unserer Verteidigung, aber Eldan schüttelte nur lächelnd den Kopf und legte den Finger auf die Lippen. Dann drehte er sich um und zog seine Decke über die Schultern.

Wie gesagt, er konnte nicht wissen, wie kompliziert das alles war.

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