Abschied nehmen - Hoffnung schenken

Hallo da draußen :D

Nach SwdN geht es nun tatsächlich auch hier weiter. Ich hoffe auch ihr könnt mir diese lange Wartepause irgendwie verzeihen und dieses Kapitel hier … genießen? Es wird traurig, aber wir sind auch tatsächlich beinahe am Ende der Geschichte angelangt.


LG magicstarlight

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Abschied nehmen – Hoffnung schenken

Fero und Tekmea trugen feierliche Festtagsgewänder und standen in der ersten Reihe. Um sie herum warteten Drachen ... Ganz Inur-Entora war zum Bersten gefüllt für die Feierlichkeiten. Der Tag des Königs stand bevor - oder besser: der Tag der Königin, wie der 40. Tag der Lavirzinia von nun an heißen würde.
Oben auf dem Königsberg neben dem Ort, an dem ich vor mehr als drei Jahren als Oldiin der Drachen gezeichnet worden war. Der kleine zierliche Baum stand unberührt von der Zeit auf seiner kleinen Insel inmitten vom leicht gekräuselten Wasser des Sees. Es war ein beruhigender Anblick … besonders wenn man kurz davor war, die neue Königin der Drachen zu krönen.

Für die Feierlichkeit hatte ich meine Drachengestalt angenommen und stand genau in der Mitte, wenige Schritte von Byna entfernt. Die blaue Drachendame versuchte vergebens, ihre Aufregung zu verbergen. Es war mehr als verständlich. Nur wenige Tage zuvor war sie lediglich eine der Frauen Meladons gewesen, nun hatte sie seine Stelle in einem revolutionierten Regierungssystem der Drachen angenommen. Es war ganz natürlich, dass sie aufgeregt war.


Die feinen Äste des goldenen Baumes wiegten sachte im Wind und immer wieder kräuselte sich die Wasseroberfläche, die sonst immer so unberührt und still dalag. Es lag etwas in der Luft, doch es war schwer zu sagen, ob es etwas gutes oder etwas Schlechtes war.


Ich hob den Kopf und räusperte mich. Augenblicklich verstummte das leise Geflüster und die Drachen richteten ihre Aufmerksamkeit voll und ganz auf Byna und mich. Es war ein seltsames Gefühl, wenn über zweihundert Drachen gleichzeitig auf dich schauen, ein seltsames Gefühl ... zum einen Macht, zum anderen Nervosität. Byna schien es ebenfalls sie spüren. Wir wechselten einen verstohlenen Blick und sie schenkte mir ein schiefes Drachengrinsen.
„Drachen!“ rief ich und meine Stimme halte in der seltsamen Stille nach. Irritiert hielt ich inne, doch ich hatte bereits begonnen ... „Heute ist ein Tag der Freude, ein Tag des Triumphes und der Feierlichkeiten.“
Zustimmendes Gemurmel folgte, doch die meisten Drachen warteten einfach geduldig auf meinen weiteren Worte.
„Nach einer Revolution und der ersten Königswahl in der Geschichte Areas, wird heute eine neue Königin der Drachen verkündet. Ihre Schuppen sind nicht rot und ihr Blut ist nicht königlich und doch ihre Legitimität geht über solch Äußerlichkeiten weit hinaus. Denn sie hat die Zustimmung derjeniger, die sie von nun an vertreten und regieren soll. Sie ist der Beweis dafür, dass die Drachen nicht länger versteckt, abgeschottet und veraltet leben wollen. Wir sind frei und nur wenn alle zusammen arbeiten, dann steht auch den Drachen die Welt offen!“ Alle warteten gespannt ab und ich schenkte Byna ein breites Lächeln. „Byna pije Ryska! Die Drachen von Area haben sich entschieden, ihre Wahl fiel auf dich. Wirst du ihre Entscheidung ein weiteres Mal annehmen und oberste Vertreterin unseres Volkes werden?“
Ihr Blick wanderte über die versammelten Drachen und Elfen. „Ja ... Nichts würde mir mehr Freude bereiten!“, erwiderte sie strahlend und die zuschauenden Drachen brachen in ohrenbetäubendes Brüllen aus.
„So sei es! Hoch lebe Adaeri Byna, Königin der Drachen!“



Am Abend des feierlichen Tages stand ich mit der neuen Königin vor dem Eingang ihrer Höhle und wir starrten hinauf in den rötlichen Himmel, an dem eine Sonne nach der anderen langsam verschwand.
„Ich bin froh, dass wir in dir eine würdige Königin gefunden habe“", sagte ich ihr aufrichtig, ohne den Blick vom Panorama zu wenden.
„Und ich bin froh, dass das Volk mich wollte“, stellte Byna bescheiden wie eh und je fest. „Es fühlt sich seltsam an ... unwirklich. Ich werde sicherlich einige Tage brauchen, um wirklich zu realisieren, dass ich nicht länger hinter Meladon stehe.“
„Das Gefühl kenne ich. Im einen Moment bist du einer von vielen und im nächsten wird dir so viel Macht anvertraut, dass dir förmlich schwindelig wird.“ Nur zu gut konnte ich mich noch an die Zeit erinnern, als ich als kleines Feuermenschen-Mädchen durch dieses nur zu vertraute Land geirrt war. „Aber eines weiß ich: Du wirst eine wunderbare Königin“, versicherte ich ihr. „Eine wunderbare, kluge und gewissenhafte Königin!“
Sie lachte und der Klang ihrer Stimme hallte durch die feiernde Stadt wie eine leichte Briese. Eine wahrlich wunderbare Königin.
„Ich hätte nie gedacht, dass alles so kommen würde ...“, gestand sie nach einigen Minuten des Schweigens. Das letzte Sonnenlicht warf tiefe Schatten auf ihr junges Gesicht und ließ sie plötzlich sehr alt und unheimlich weise aussehen. „Die ganze Revolution, der Angriff auf die Magier und der hirnrissige Plan ... Ich stand immer dahinter, aber nie hätte ich mir soetwas vorstellen können.“
„Die Drachen haben bewiesen, dass sie nicht nur mächtig, sondern auch unheimlich weise sind“, sagte ich leise.
„Meistens!“ Ihr Einwand war halb ernst, halb zum Scherz gemeint.
„Nun gut ... Es gab immer wieder Phasen der ... Umnachtung, aber alles in allem sind sie klüger und mitfühlender als viele Menschen oder Magier vielleicht erwarten würden.“
„Und ich werde mir die allergrößte Mühe geben, damit das so bleibt!“
„Dann kann ich wohl mit bestem Gewissen meiner Prophezeihung nachgehen“, seufzte ich und wandte den Blick vom dunklen Himmel. „Es ist gut zu wissen, dass ich die Drachen nicht im Chaos zurücklasse. Es würde mir das Herz brechen. So wie es nun steht, glaube ich voll und ganz an deinen Erfolg!“
„Und ich an den deinen!“ Sie zögerte. „Du wirst bald abreisen, nicht wahr?“
Ich nickte. „Es gibt keine Gründe mehr, noch länger zu warten. Wenn es um die Zeitkontrolle im Tairasy geht, dann habe ich alles gelernt, was ich auf die Schnelle lernen kann. Außerdem kann ich nun kämpfen, habe ein Schwert und weiß, was ich theoretisch tun muss, um die Zerstörung Solanas zu besiegen. Jedes längere Warten zerstört die Welt nur weiter, ohne meine Chancen gegen sie zu verbessern.“
„Wann wirst du gehen?“
„In ein oder zwei Tagen vielleicht ...“
Sie nickte bedrückt. „Es ist kein Abschied für immer.“
„Wenn alles gut läuft … hoffentlich nicht. Aber mir kommt es auch immer wieder so vor.“
Ich wusste, dass Drachen nicht weinen konnten ... Ihre Trauer spürte ich trotzdem. Byna starrte mit strengem Blick über ihre Stadt und wandte sich dann wieder mir zu. „Du solltest dich von den Drachen verabschieden. Es war sehr schwer für das Volk, dich einmal in Nacht und Nebel verschwinden zusehen. Diesmal sollte es öffentlich und mit Würde möglich sein.“
„Es gibt nichts, was ich mir sehnlicher wünschen würde“, erklärte ich mit ruhiger Stimme.
Sie schüttelte den schuppigen Drachenkörper und streckte die Beine aus. „Karthek wird dich sicherlich begleiten, nicht wahr?“
„Ja ... ja, er würde mir wohl überall hin folgen, auch wenn ich nicht wirklich will, dass er da wäre ... wenn ... wenn es schief ginge.“
Sie nickte verständnisvoll. „Das kann ich verstehen ... Aber ich vermute, die Warterei hier würde ihn förmlich umbringen.“
Die Sonnen waren nun völlig verschwunden und die Monde standen silbern leuchtend am dunklen Himmel. Die Tage der Lavirzinia waren immer warm, auch nachts wurde es nur selten kalt, also blieben wir einfach draußen stehen und sahen zu, wie die Drachen in und vor der Stadt ausgelassen den Tag der Königin feierten. Ich wollte mich nicht von ihnen verabschieden, wollte ihnen nicht schon wieder Lebewohl sagen. Sie waren mein Volk, ich war die Tochter Jeorelans und doch hatte ich nur quälend wenig Zeit mit ihnen verbracht. Es war traurig und frustrierend. Viele dieser Wesen waren meine Freunde und auch wenn ich nur einen Bruchteil meines Lebens in ihrer Gesellschaft verbracht hatte.

Die nächsten Tage vergingen wie im Flug und auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte, rückte der Zeitpunkt meines Abschiedes mit jedem Augenblick näher. Während ich mir im Tairasy die Zeit zunutze machen konnte, entzog sie sich hier gänzlich meiner Kontrolle. Und in jeder Nacht wurden die anderen Oldiin drängender. Die Zerstörung erreichte immer mehr Siedlungen. Es war höchste Zeit geworden. Und so kam es, wenige Tage nach dem Tag der Königin, zu einer weiteren Versammlung aller Drachen.

„Drachen von Area!“ Der Blick meiner Drachenaugen glitt über die versammelten Schuppenwesen. Die Zeit des Abschieds war gekommen. Noch waren alle versammelt, doch ihr Anblick machte mir das Herz schwer. Manche schauten erwartungsvoll ... sie würden enttäuscht werden. Andere schauten skeptisch ... ihnen würde meine Ansprache nicht gefallen. Und einige schauten besorgt ... ihre Sorgen würde ich bestätigen. Es brach mir das Herz. Nie stand ich meiner Aufgabe unwilliger gegenüber. Und doch, es musste getan werden. Es gab keinen Weg zurück und jetzt aufzugeben würde keine Gewinner bringen. Also nahm ich allen Mut zusammen und holte zitternd Luft.

„Die, deren Blick noch weiter schweifen kann, als der eines Drachen haben es schon lange geahnt. Und auch wir Drachen können es mittlerweile sehen. Es ist ein grauer Schatten am Horizont, ein Nebel unberechenbarer Zerstörung im Osten. Unser Blick reicht weit, weit genug um der Verwüstung entgegenzusehen. Wir Oldiin haben einen Namen für das, was da lauert. Solana. In einer Welt ungleich der unseren, einer Welt, in der Götter, Monster, Menschen und Oldiin Seite an Seite leben hält sie sich versteckt und bedroht das Universum so wie wir es kennen. Nicht nur unsere Welt steht vor dem Abgrund. Solanas Bedrohung steht kurz davor alle ins Verderben zu reißen und es selbst die Götter in ihrer unendlichen Macht können ihr nichts entgegensetzen.

Doch das System hat einen Fehler, eine Besonderheit ...“ Ich schaute mich zögernd um und schaute nun in durchweg finstere Gesichter. Finster aber verständnisvoll. Sie wussten was ich sagen würde, aber sie würden nicht versuchen mich aufzuhalten. „Diese Besonderheit bin ich. Während alle Wesen im Tairasy gleichgestellt sind, habe ich eine Fähigkeit, die bisher wohl einmalig ist. Eine Fähigkeit, die vielleicht gegen die unbändige Macht Solanas gewinnen kann.
Ich stehe heute hier, weil ich Abschied nehmen muss - und tatsächlich ist mir Abschied nehmen nie so schwer gefallen wie in diesem Moment. Aber es gibt Dinge, die getan werden müssen und die - von einer unbekannten Macht so bestimmt - nur von mir getan werden können. Ich werde unsere Welt nicht einfach so der Zerstörung und dem Tod überlassen … ihr alle kennt mich, das ist nicht die meine Art und dass ist vor allem nicht die Art der Drachen. Solange wir kämpfen können, werden wir kämpfen … und da ich weiß, dass die anderen Oldiin hinter mir stehen, habe ich keine Angst ...“

Byna, Tukiyan, Karthek und Rubeen standen in der ersten Reihe und mein Blick lag nun auf ihnen. Sie hatten immer für mich gestanden, wenn auch auf ihre eigene verquerte Art. Mein Abschied galt ihnen ganz besonders. „Ich möchte keine weitere Zeit verstreichen lassen. Kein zusätzliches Land wird in die Fänge der Zerstörung geraten, wenn ich es irgendwie verhindern kann … also lebt wohl.“

Mit langen Schritten begab ich mich zu meinen Freunden, die mich mit verschlossenen, traurigen Mienen musterten.

„Lebt wohl“, flüstertete ich niedergeschlagen.

Tukiyan nickte und fand als erster seine Stimme wieder. „Das ist nur ein vorübergehender Abschied, kleines Drachenmädchen. Schau nicht so betrübt!“
Auf seine Worte hin musste ich beinahe kichern. „Schau selber nicht so betrübt … und pass auf deine Schwester auf. Macht die Drachen wieder zu dem, was sie vor den Kriegen mit den Magiern waren. Kein Abschotten mehr und keine Feindseligkeiten!“

Er lächelte schuldbewusst und Karthek meldete sich zu Wort: „Wir haben aus unseren Fehlern gelernt und werden sie nicht wiederholen … versuch bloß … versuch bloß wieder zu kommen.“

„Ich werde mein bestes geben!“, erklärte ich nickend. „Byna …“ Die blaue Drachenfrau schaute mich bedrübt an und ich musste plötzlich lächeln. „Strahle, Drachenkönigin und zeig dieser Welt, was die Drachen alles leisten können!“

„Das werde ich, Oldiin!“

Nur wenige Momente später befand ich mich in der Luft, mit Karthek auf meiner Seite. Nordöstlich war unsere Richtung und die Zerstörung war unser Ziel. Auf unserem Weg über die Drachenlande flogen immer wieder Drachen zu uns herauf und verabschiedeten sich. Ich war gerührt und gleichzeitig betrübt, wenn ich ihre todernsten Gesichter und ihr Vertrauen erfuhr. Sie glaubten an mich!

Gegen Abend machten wir in Diones halt. Die Stadt war beinahe ausgestorben, da die meisten Drachen, der Stadtherr inbegriffen, noch in Inur-Entora waren. Doch so war es mir fast lieber. Nur Karthek und ich ohne weitere Verabschiedungen.

„Ich habe große Angst“, gestand ich Karthek.

„Ich weiß ...“

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