Kapitel 3:

Kapitel 3:

Rachel zog Gideon weiter durch die Gänge und begegnete auf den Weg Lika. „Komm mit“, befahl sie und die Blauhaarige blinzelte verwirrt und lief dann Rachel und Gideon hinterher. Was war denn jetzt los? Warum sollte sie mitkommen?

„Warte kurz“, wies sie Lika an und zog Gideon mit in den Raum. Unsicher blieb sie stehen und wartete wie befohlen. Den Befehl von Lady MacRae würde sie nicht verweigern. Von innen hörte sie plötzlich laute Stimme und Lika wünschte sich, sie müsste nicht hier warten. Die beiden hatten offenbar einen gewaltigen Streit, denn schon bald hörte sie ein lautes Klirren und das Geräusch, wenn eine Ohrfeige verpasst wurde. „Wenn du nicht hier auftauchst, dann kannst du was erleben“, hörte sie die bedrohliche Stimme der Mutter, dann waren Schritte zu vernehmen und die Frau öffnete die Tür. Sie lächelte zwanghaft. „Komm rein.“ Lika verneigte sich und trat ein. Das Zimmer war definitiv die Räumlichkeit des Mannes. Sehr männlich und schlicht eingerichtet. Gideon selbst stand vor dem Fenster, den Blick nach draussen gerichtet. Dennoch sah sie den roten Abdruck auf seiner Wange. Rachel sah sie an. „Ich möchte, dass du ihn ordentlich herrichtest und ihn dann zum Saal bringst. Lass dich nicht beirren, verstanden? Wenn er unhöflich wird oder etwas Unanständiges tut, entschädige ich dich dafür“, sagte Rachel. Lika riss die Augen auf. Lady MacRae lag offenbar sehr viel daran, dass Gideon zurück zum Saal kam, wenn sie ihr sogar Entschädigung bot falls er sie verletzte. Ihr, einer Dienstmagd.

„Wie ihr wünscht“, sagte sie und neigte leicht den Kopf. Als Gideon ihre Stimme hörte, war er versucht sich herum zu drehen, doch er hielt sich zurück. Er beobachtete in der Glascheibe, wie seine Mutter den Raum verließ. Erst, als die Tür geschlossen wurde, drehte er sich um und musterte Lika.

Diese atmete tief durch, um sich Mut zu machen. Dann hob sie den Blick und nahm Haltung an. Sie würde dem Wunsch von Lady MacRae nachkommen. Auch wenn sie Angst vor Gideon hatte. Vor seiner Mutter hatte sie noch mehr.

Gideon war eigentlich nicht gewillt, sich von ihr ausziehen zu lassen, geschweige denn gewaschen zu werden. Sie sah süß aus, keine Frage, aber er legte nicht Hand an Frauen an, die es nicht wollten und von Dienstmägden hielt er sich ebenfalls fern. Er musste seine Mutter nicht noch wütender machen als sie sonst immer war.

Lika schluckte als sie seinen kühlen und zugleich trotzigen Blick sah. Sie wusste gar nicht wo anfangen. Aber dann fiel ihr etwas ein, dass bei einigen Männern zuhause der Fall war. „Wenn du dich selbst ausziehst und ordentlich wächst, erspare ich dir die Demütigung, dass ich es tue“, erklärte sie und sah ihn mit kühlem Blick an, der gar nicht zu ihr passen wollte. Und der eindeutig nicht zu einer Dienerin gehörte. Gideon musterte sie. Sie war angezogen wie eine Dienerin, aber sonst? Ihre Haltung, ihre Haut und ihre Haare. Nicht das, was er von Dienern gewöhnt war. Wer war diese junge Frau? Er hob eine Braue. Auch wenn ihn diese Frau verwirrte, so hiess das nicht, dass er sich das Gefallen lassen musste. Lika merkte nach einer Weile, dass er keinen Wank machte. Röte stieg in ihr Gesicht. „Gut, d-dann mach ich das eben“, nuschelte sie. Als sie ganz nah bei ihm war, wollte sie nach seinem Hemd greifen, doch er packte ihre Handgelenke. Sie wurde sich seines musternden Blickes bewusst und fragte sich, ob sie etwas falsch gemacht hatte.

Lika seufzte. „Mylord, eure Mutter möchte Euch ordentlich angezogen auf dem Ball sehen“, sagte sie und versuchte sich von seinem Blick nicht weiter aus der Konzentration bringen zu lassen, doch das war nicht so einfach. Er wirkte so geheimnisvoll und gefährlich und Lika wusste nicht, was sie tun sollte. Sie musste ihn herrichten, doch sie hatte Angst. Wieder schwieg er mehrere Sekunden, dann sagte er: „Lass nur.“ Lika blinzelte und senkte die Hände, die er losgelassen hatte. Er entfernte sich von ihr und zog sich im Laufen das Hemd über den Kopf. Erneut spürte sie die Hitze in ihren Wangen. Was für ein Rücken!

Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, wie der Rest von ihm aussah. Lika wandte den Blick ab und hörte, wie er Richtung Bad lief. Dann hörte sie Wasser. Kurze Zeit später kam er zurück und war gewaschen und zog sich ein frisches Hemd an.

Lika seufzte erleichtert. Das war eigentlich ganz einfach gewesen. Bis auf die Tatsache, dass sie ihm vielleicht noch so etwas wie eine Frisur machen musste.

Gideon knöpfte sich das Hemd zu und suchte sich eine stilvollere Jacke aus. Heute würde er wohl nicht davon kommen, also tat er einfach was sie wollte. Bei allem Respekt, Streitereien waren einfach nur nervig. Er schloss den Schrank und wollte schon gehen als die Dienstmagd an seinem Ärmel zupfte. „Was?“, fragte er etwas schärfer als beabsichtigt. Die Blauhaarige war sichtlich nervös. „Mylord… ihr Haar.“ Gideon blinzelte. Richtig, sein Haar. „Das ist immer so“, winkte er ab, „Da hilft nichts, also lassen wir es einfach.“

„Aber Mylord, eure Mutter“, versuchte Lika es erneut. Sie hatte Angst davor, dass sie daran schuld sein könnte, wenn Lady MacRae etwas an ihrem Sohn nicht passte. Sie wollte es doch richtig machen. Gideon seufzte genervt auf. „Mein Haar ist nun mal zerzaust und wird es auch sein“, sagte er gereizt. Sie war einschüchternd doch so schnell gab sie nicht auf. „Kann man sie nicht…“

„Nein, sie sind zu kurz fürs zusammenbinden“, unterbrach er sie schroff.

Lika hob ein wenig beschützerisch die Hände. „Das meinte ich nicht Mylord. Ich dachte eher daran es wenigsten ein bisschen zu kämmen“, versuchte sie schüchtern. Gideon seufzte genervt. Je länger er hier brauchte, desto weniger Zeit musste er auf dem Ball verbringen. Also konnte er sich genau so gut noch die Haare kämmen lassen. „Meinetwegen“, gab er brummig nach und setzte sich auf den Stuhl neben seinem Arbeitstisch. Er stierte dabei in die Dunkelheit außerhalb des Gebäudes und sah zu, wie die Blätter im Wind wiegten. Es war schon witzig, zu sehen, was im Dunkeln passierte, wenn es niemand sonst konnte.

Plötzlich spürte er etwas Kaltes und nasses und stellte fest, dass Lika den Kamm nass gemacht hatte und begann sein Haar zu kämmen. Normalerweise liess er niemanden daran, abgesehen von seiner Mutter und das auch nur in Ausnahmefällen, doch irgendwie fühlte es sich angenehm an, wie sie es machte.

Sie war zwar vorsichtig, aber auch nicht so übervorsichtig, wie die Dienerinnen sonst. Und sie strich sein Haar mit einigen schnellen Bewegungen glatt. Sie hielt sich nicht ewig lange daran auf. „Das war’s“, sagte sie und trat wieder zurück, um ihr Werk zu bewundern. Sein Haar wirkte immer noch etwas zerzaust, doch es wirkte nicht mehr unordentlich, sondern verwegen. Auf einmal wurde Lika bewusst, wie attraktiv der MacRae war. Dieser stand sofort auf. „Danke“, meinte er nur und machte sich schon auf dem Weg zur Tür. Lika blieb ihm dicht auf den Fersen, immerhin sollte sie ja sichergehen, dass er in den Saal kam.

Riley blickte noch immer wütend zu Sezuna. Sie hatte es einfach gewagt ihn stehen zu lassen. Das würde sie büßen, doch noch wusste er nicht, was er nun machen sollte.

Jetzt stand sie bei Hamish und ihrer Schwester und sie schien sich gut mit Hamish zu verstehen. Anders als ihre Schwester lachte sie und lächelte ihn an. Außerdem schienen sie über irgendwas zu diskutieren. Und es gefiel ihm gar nicht. Nicht, dass er eifersüchtig auf Hamish war, er hasste es nur dass sie ihn abblitzen liess. Aber er war auch nicht einer, der Frauen hinterherlief. Weshalb er jetzt am Buffet stand und wütende Blicke zu Sezuna warf. Er hörte, wie eine Tür aufging und drehte den Kopf. Gideon kam herein und lief sofort auf ihn zu. Er sah recht passabel aus, offenbar hatte Mutters Ansprache gewirkt. Gideon stellte sich neben ihn und leerte das Glas Wein, das er sich im Vorbeigehen geschnappt hatte, in einem Zug. „Ich hasse Bälle“, murrte er. Riley und er verstanden sich meist prächtig, auch wenn Riley ein Familienmensch und Gideon Einzelgänger war. Denn abgesehen davon, waren sie in ihrer sarkastischen Art und ihrer Denkweise ähnlich.

„Das sagst du nicht zum ersten Mal“, sagte Riley und reichte ihm ein neues Glas. Gideon verdrehte die Augen. „Ich versteh Mutter einfach nicht. Wenn wir nicht wollen, kann sie uns doch auch einfach unser Ding machen lassen“, sagte er und deutete zu Sezuna und Yuna. „Wenn sie Bälle veranstalten sind auch nicht immer alle drei Ladys da. Und Makoto scheint das nicht einmal zu stören.“ Riley zuckte mit den Achseln. „Mutter ist nicht Makoto. Ausserdem ist es ein Zeichen von Respekt, wenn alle Familienmitglieder auf einem Ball erscheinen. Als Herrscherfamilie…“

„Müssen wir ein Vorbild sein. Blablabla“, Gideon winkte ab, „Wäre Grossmutter da, würde sie mir zustimmen.“ Riley lachte laut auf. „Grossmutter Tara stimmt allem zu, so lange es auf Kosten von Mutter geht. Sie kann sie nicht leiden, das weisst du.“ Gideon verdrehte die Augen, das stimmte schon, aber dennoch hatte sie ihren Sohn Rachel heiraten lassen.

Was hieß sie verstand ihn besser, als jeder hier glaubte. Tara kannte die Liebe mit der Wallace Rachel anblickte. Verstand und akzeptierte sie. Manchmal war sich Gideon nicht sicher, ob Rachel es auch akzeptieren würde, wenn er jemals jemanden liebte, der Rachel nicht gefiel.

Aber es war jetzt keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen. Makotos schwarzhaarige Tochter kam schon wieder auf ihn zu. Wahrscheinlich wollte sie das Gespräch von vorhin fortführen. Oder aber sie wollte zu Riley. Es war sowieso reichlich seltsam, dass er allein dastand. Das passte nicht zu ihm.

Sezuna schenkte Gideon ein Lächeln, ehe sie sich am Buffet bediente. Gideon hob eine Augenbraue und sah dann den wütenden Blick seines Bruders. Es war eindeutig, sogar sehr auffällig, dass sie ihn ignorierte. „Was hast du angestellt?“, flüsterte Gideon so leise zu Riley, dass niemand sie verstehen konnte. „Sie ist eine verdammte Hexe, das ist“, knurrte Riley zurück und erdolchte die Frau mit den Blicken. Gideon hob eine Braue. Interessant, eine Frau, die nicht gleich auf Riley hereinfiel. Er musterte sie genau, doch wie er schon zuvor bemerkt hatte, interessierte sie ihn doch nicht genug. Eine Frau, die zu einem fanatischen Clan gehörte, nichts weiter.

Aber da Riley sich scheinbar für sie interessierte, sollte er ein wenig aufpassen.

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