Kapitel 20:

Kapitel 20:

Hamish stand in seinen Räumen und sah aus dem Fenster. Seine Finger fuhren über die Brandnarbe auf seiner Brust, während er nachdachte. Wie sollten sie Makoto nahe kommen? Wie an die Kette? Ohne Sezuna schien es irgendwie nicht möglich und Riley würde das nicht zu lassen. Wie konnte er anderweitig an die Kette ran? Denn das musste er, sonst würde Makoto sie alle töten.

Er runzelte die Stirn. Er fragte sich immer noch, wie er die Kraft aus der Kette entziehen konnte. Noch eine Sache, zu dem er als Heiler imstande war? Gut möglich. Niemand wusste mehr so genau zu was Heiler alles fähig waren. Es war zu lange her, dass ein Heiler gelebt hatte. Selbst seine Großmutter wusste es nur noch aus Erzählungen.

„Leg dich ein bisschen hin", erklang Yunas Stimme und sie schmiegte sich von hinten an ihn. „Du musst dich ausruhen." Er drehte den Kopf leicht und sah sie an. „Wirst du mir Gesellschaft leisten?", fragte er, „Ich weiss nämlich nicht, ob ich sonst Schlaf finde." Yunas Lächeln war etwas gezwungen. Sie konnte sich denken warum er nicht schlafen wollte. Es war nicht allzu lange her, als er noch tief unter der Erde gefoltert worden war. Yuna strich über seine Wange und nahm vorsichtig seine Hand. „Komm", machte sie und zog ihn vorsichtig mit sich auf das Bett. „Leg dich hin, ich massier dich ein bisschen", sagte sie und verlieh ihre Stimme absichtlich einen melodisch-einschläfernden Klang. Er liess sich mitziehen und sie drückte ihn sanft ins Bett. Sie drehte ihn um, so dass er auf dem Bauch lag und setzte sich auf seine Hüfte. Sie musterte kurz den Rücken und gestand sich ein, dass es ein schlanker, aber ansehnlich durchtrainierter Rücken war. Sie wurde leicht rot um die Nase. Normalerweise war sie einem Mann niemals so nahe gekommen. Im Gegensatz zu Sezuna hatte Makoto von ihr nie solche... intimen... Dinge verlangt. Was nicht hieß, dass sie nicht massieren konnte. Sezuna ihre Dienste nach einer Strafe des Öfteren angenommen und Yuna hatte sogar ein paar Mal Makoto massieren müssen. Aber das hier war etwas anderes. Sie tat es, weil sie es gerne tat und weil sie Hamish helfen wollte zu entspannen.

Sanft legte sie die Hände auf seinen Rücken, glitt nach oben und begann seine Schultern zu massieren. Ihm rutschte ein tiefer Seufzer heraus und sie lächelte. Sie würde ihn so lange massieren, bis er völlig entspannt war und einschlief. Das hatte er verdient.

Gideon schlief. Zumindest hatte er das geglaubt, doch etwas - vielleicht eine ungute Vorahnung - hatte ihn aus dem Bett geholt. Es war draußen bereits wieder hell und Makotos Angriff würde sicher nicht mehr all zu lange auf sich warten lassen. Er sollte sich fertig machen.

Er zog seine Sachen an und griff nach seiner Waffe. Dieses Mal würde er vorbereitet sein. Grimmig hielt er das Schwert in der Hand. Es lag gut in der Hand und bis das Gift endgültig nachliess würde er damit sein Leben verteidigen wie das seiner Familie. Die Jägerinnen schloss er nicht mit ein, sie konnten auf sich selbst aufpassen. Er schritt zur Tür und öffnete sie. Im Gang war es ruhig. Vielleicht waren seine Eltern bereits im Speisesaal, oder irgendwo anders imHaus.

Während er die Gänge entlang lief achtete er auf mögliche Veränderungen, doch es war alles wie immer. Sollte er vorsorglich die Steinstaturen zerstören?

Vor Riley Tür hielt er plötzlich inne, als er Schreie hörte. Was war da los? Er wandte sich um und versuchte die Tür zu öffnen, doch sie war verschlossen. „Riley?", rief er, „Riley!" Wieder erklang ein Schrei und er wurde bleich. Das war Riley. Mit aller Kraft die er hatte versuchte er die Tür einzubrechen. Er trat dagegen und die Tür gab einen knarzenden Laut von sich. Er versuchte es noch einmal und der Türrahmen splitterte. Dann stürmte er in den Raum und blieb wie angewurzelt stehen. Blut. So viel Blut. Er spürte wie es ihm eiskalt über den Rücken lief. „Nein", hauchte er. Überall war Blut. Der ganze Boden war darin getränkt. Eine schreckliche Vorahnung machte sich in ihm breit. „Riley?", fragte er, dann rannte er zum Vorhang, der das Schlafzimmer abschirmte und riss ihn auf. Was er sah, stülpte ihm fast den Magen um. Riley war kurz vor der Verwandlung, aber völlig entstellt. Regelrecht zerfetzt. Er lag auf dem Bett und auf ihm saß die schwarzhaarige Jägerin, die Makoto so ähnlich war. Sie strich über seine Wange und ihr ganzer Körper war voller Blut. Dann erkannte Gideon die Ketten, die Riley am Bett festhielten und auch das Blut, dass an Sezunas Lippen klebte. Sie blickte auf und schenkte ihm ein zufriedenes Lächeln. „Dein Bruder kann so schön schreien", schnurrte sie und leckte das Blut von ihren Lippen. Gideons Augen weiteten sich und er wich unwillkürlich eine Blick zurück. Sein Blick glitt zu seinem grossen Bruder. Riley sah ihn mit trübem Blick an und formte mit den Lippen Worte. „Geh", las er. Ein Zittern lief durch seinen Körper. Gideon konnte den Blick nicht abwenden. Dann stieg Wut in ihm auf. Dunkler Zorn erwachte in ihm zum Leben und er knurrte bedrohlich. „Ich wusste es", fauchte er, „Ich WUSSTE euch kann man nicht trauen. Verräter!" Sezuna lächelte ihn an und hob dann ihre Hand. Etwas Silbernes kam auf Gideon zu geschossen und nur seinen guten Reflexen war es zu verdanken, das der kleine silberne Dolch in seiner Schulter und nicht seiner Kehle landete. Er knurrte zog den Dolch heraus und ging dann mit dem Schwert auf Sezuna los. Er brüllte und schwang es in Richtung Kopf, doch sie wich aus. Er knurrte und setzte ihr nach. Stahl traf auf Fleisch und sein Schwert bohrte sich in ihren schlanken Leib. Blut spritzte durch die Luft und ihm auf die Kleidung. Es war ihm egal - nein, es gefiel ihm. Er verspürte Triumph... Genugtuung. Als hätte er endlich ein Ziel erreicht, ein lang ersehntes. Doch es war noch nicht vorbei. Die Kleine war zäh. Sie entwandt sich irgendwie seinem Schwert, auch wenn sie sich damit selbst den Bauch aufschlitzte. Dann warf sie erneut Dolche und versuchte an ihm vorbei zu kommen, doch sie war zu schwer verletzt.

Gideon blockte die Dolche und lächelte, als er das Schwert auf sie nieder sausen ließ. Er wollte kein schnelles Ende, deshalb traf er ihren Unterarm und nicht ihren Hals. Genugtuung und Triumpf überfluteten ihn, als er ihre Schreie hörte. Ein irres Grinsen verzog seine Lippen doch er merkte es nicht. Er zog das Schwert weg und stiess ihr den Ellbogen mitten ins Gesicht. Das hatte sie davon, wenn sie seine Familie anrührte. Er wirbelte herum und schwang erneut die Klinge, diesmal wieder auf ihren Bauch zielend. Ihre Schreie waren wie Ambrosia für seine Seele. Doch Rileys Röcheln sorgte dafür, dass er ihr schließlich doch den Kopf von den Schultern trennte, ehe er sich zu seinem Bruder wandt. In dessen Augen stand Angst und Blut lief über seine Lippen. „Keine Sorge, ich hol Hamish, der hilft dir", sagte Gideon und versuchte zuversichtlich zu klingen. Doch er musste sich beeilen. Seine Wunden waren schwer. Er stand auf und wollte los, als Riley sein Handgelenk zu fassen bekam. Es war kein sehr fester Griff, doch Gideon hielt inne. „Riley?", sagte er verwirrt. Sein Bruder sah ihn fest an. Gideons Atem stockte als er merkte, was das für ein Blick war. Seine Lippen formten Worte und Gideon wurde weiß im Gesicht, als er verstand, was sein Bruder sagte. „Du hast sie getötet", keuchte er und klang wütend. „Ich hasse dich", dann spuckte er Blut, wurde von einer Art Krampf geschüttelt und dann nichts mehr. Gideon starrte seinen Bruder an als hoffte er, dass er sich verhört hatte. Er hasste ihn. Ein Kloss bildete sich in seinem Hals. Das war nicht fair. Das war nicht FAIR!! Tränen liefen über sein Gesicht, er packte das Nachttischchen und schleuderte es mit aller Kraft gegen die Wand. Er hatte ihn vom Leiden gerettet und würde dafür gehasst! Warum? Gideon schrie auf und schlug auf alles ein das er finden konnte. Sein Bruder war tot und er hasste ihn.

Nachdem er seiner Wut platz gemacht hatte, übermannte ihn das Gefühl von Trauer und er ging in die Knie und schlug auf den Boden ein, während er versuchte nicht zu weinen. Warum? Das durfte nicht sein! Das konnte nicht!

Plötzlich war ihm als würde alles um ihn herum beben. Er riss die Augen auf - und sah in ein gelbes und blaues Auge. Er schreckte auf. Verwirrt bemerkte er, dass er in seinem Bett lag, schweissgebadet und zitternd, und Lika ihn besorgt ansah. „Du hast geschrien", sagte sie leise, „Was ist passiert?" Gideons Blick traf ihren und Hass loderte in ihm auf. Sie und ihre Schwestern. Riley. Sofort war er auf den Beinen und stürmte aus dem Zimmer, ohne auf Lika zu achten.

Lika starrte immer noch auf das Bett, wo er gerade noch gelegen hatte. Als er sie angeblickt hatte, war plötzlich etwas unglaublich schwarzes in ihm aufgelodert und hatte sich in seinen Augen reflektiert. Sie war noch nie im Leben so erschrocken. Und noch nie hatte sie solche Angst verspürt. Noch immer ging ihr Herzschlag schnell und ihr Körper zitterte. Was war das gewesen?

Gideon lief den Gang entlang zu Rileys Zimmer. Als er an der Tür war, vernahm er einen Schrei, was ihn dazu veranlasste hinein zu stürmen. Dieses Mal war die Tür nicht abgeschlossen. Er riss die Tür auf und rannte hinein. „Riley!", rief er und stürmte ins Schlafzimmer. Er erstarrte. Was er sah, war nicht was er erwartet hatte. Ganz und gar nicht. Riley und Sezuna sahen ihn mit finsteren Blicken an. Riley über Sezuna und die Jägerin war nackt. „Was zur Hölle machst du hier?", knurrte Riley wütend. Gideon öffnete den Mund, aber er brachte keinen Ton heraus. Gideon schüttelte ein wenig abwesend den Kopf, bewegte sich aber keinen Millimeter. „Verschwinde", zischte Riley verärgert. Es konnte doch nicht sein, dass sein Bruder grundlos zu ihm rein rannte und ihn störte. Dabei hatte er gerade so viel Spaß gehabt. Gideon zuckte heftig zusammen, dann drehte er sich um und ging wortlos wieder. Was war bloss in ihn gefahren? Riley schnalzte ungehalten mit der Zunge. „So ist er doch sonst auch nicht", murmelte er. Gideon war eindeutig durch den Wind. Aber er würde ihn später fragen.

Gideon lief durch die Gänge, sein Blick in der Leere. Es war nur ein Traum gewesen. Riley war nicht gestorben und er hasste ihn nicht... oder? Er erinnerte sich an Rileys Blick gerade eben. Deutliche Verärgerung. Aber war da mehr oder bildete er sich das ein, weil er Angst davor hatte? Er schüttelte verärgert den Kopf und setzte seinen weg fort. Er musste sich ein wenig ablenken, nur wie? Er entschied sich für einen Spaziergang. Fliegen fiel ja für die nächsten Stunden noch aus. Er seufzte und lenkte seine Schritte zu den Gärten. Hoffentlich kam er bald auf andere Gedanken.

Zufrieden seufzte Riley und zog eine völlig erledigte Sezuna in seine Arme, ehe er den Kopf in ihren Nacken versteckte. Sie roch so angenehm, dass er bald darauf einschlief.

Riley erwachte, als ihm kalt wurde und er griff neben sich, um sich wieder an Sezuna zu schmiegen, doch diese war nicht da. Er blinzelte müde und setzte sich schlaftrunken auf, ehe er den Vorhang zur Seite schob und in sein Zimmer trat. Wo war sie? Aus dem Bad hörte er sie kichern. Ein Schmunzeln glitt über sein Gesicht. Das sollte wohl ein Versteckspiel werden? Allerdings schien sie nicht ernst zu machen, sonst hätte sie sich wohl besser versteckt. Er schritt zum Bad und zog die Tür auf. „Sezuna, du kleine..." Was auch immer er ihr hatte sagen wollen, blieb ihm im Hals stecken. Das Bild das sich vor ihm abspielte liess alles Blut in seinen Adern gefrieren. Sie war nackt und lehnte an der Wand, um einen der Diener gierig zu küssen und sich an ihm zu drücken. Als sie aufblickte und Riley sah löste sie sich kurz von ihm und blickte Riley an. „Du bist ja schon wach", stellte sie fest und klang überhaupt nicht schuldbewusst. „Lass mich das hier nur kurz zu ende bringen...", murmelte sie und seufzte dann zufrieden auf. Rileys Augen wurden schmaler. „Wie bitte? Gar nichts tust du, was soll das?", fragte er und packte sie am Handgelenk, „Du gehörst mir." Sezuna warf ihm einen überheblichen Blick zu. „Du bist vielleicht ein Ignorant", sagte sie, „Dachtest du wirklich, dass ich, eine hervorragende Jägerin, mit einem Drachen zusammenleben will? Dass ich mich dir füge?" Riley erstarrte. Was sagte sie denn da? Ihm wurde ganz kalt. „Aber... wir wollten doch..." Sie hob den Finger und sah ihn tadelnd an. „Es gibt kein wir, Mr. MacRae." Es war, als hätte sie ihm eiskalt einen Dolch ins Herz gerammt. Er taumelte zurück und versuchte zu verstehen, was hier los war. „Du bist doch meine Gefährtin", hauchte er, doch sie lachte nur auf. „Selbst schuld, hättest eben aufpassen müssen, wen du erwählst. Ich will dich nicht und jetzt geh, ich will das hier fertig machen", erklärte sie. Dann küsste sie den Diener innig, rieb sich aufreizend an ihn und stöhnte auf.

Leere. Es war als hätte man sein Herz ausgehöhlt. Fühlte es sich so an, wenn man seine Gefährtin verlor? Riley taumelte zurück und dann packte ihn Wut. Was dachte sie eigentlich was sie hier in seinem Bad trieb? Er knurrte, packte sie und zog sie aus dem Bad in die Stube. „Was soll das", zeterte sie und versuchte sich ihm zu widersetzen. Rileys Herz schmerzte heftig, doch er wollte eine Erklärung haben. Eine richtige. „Hast du nur mit mir gespielt?", fragte er verärgert und versuchte das Gefühl von Leere irgendwie zu verdrängen. Sezuna lachte hönisch auf. „Für was anderes bist du auch nicht gut. Eine Familie mit einem Drachen", sie schnaubte und lachte erneut. „Das ist doch der beste Witz seit langem."

Riley hatte das Gefühl jemand würde ihm das Herz heraus reissen. Sie meinte es tatsächlich ernst. Das durfte nicht...

Jemand riss die Tür auf und Gideon stürmte in den Raum. Er sah zu ihnen und sein Blick wurde finster. „Ich habs dir gesagt. Immer und immer wieder", sagte er und funkelte zu Sezuna, „Jägerinnen kann man nicht trauen! Aber du musstest dir eine auswählen. Verdammter Narr!" Riley war wie vor den Kopf gestossen. Erst Sezuna und jetzt stauchte ihn auch Gideon zusammen. Er fühlte sich klein, als wäre er wieder zehn. Und weil er nicht wusste was er mit seinen Gefühlen anfangen sollte, bemerkte er zu spät Gideons Absichten. Dieser hob sein Schwert und rammte es Sezuna in den Bauch, nur um es dann an der Seite heraus zu ziehen.

Die Schwarzhaarige keuchte und taumelte und Riley riss die Augen auf, war aber viel zu geschockt um sich zu bewegen. „Nein!", rief er, doch es war zu spät und der Kopf rollte genau vor seine Füße.

Riley sank zu Boden und streckte seine Hände nach ihrem Kopf aus. Noch immer blickten ihn goldene Augen an, doch sie waren leer. Ein stechender Schmerz in seiner Brust führte dazu, dass seine Sicht verschwamm. „Gideon, wie konntest du nur!", rief er voller Trauer und Verzweiflung. Gideon stand direkt vor ihm und sah auf ihn hinab. „Sie war eine Feindin und hat dich betrogen. Sie war es nicht wert weiter zu leben. Verfluchte Jägerin", sagte er und spuckte auf sie hinab.

Riley spürte nur noch Leere in sich. Sein eigener Bruder, seine Gefährtin... alle die er liebte waren gegen ihn. Was hatte er verbrochen?

Plötzlich spürte er einen scharfen Schmerz an seiner Wange und blinzelte. Alles verschwamm und dann bemerkte er plötzlich, dass er auf dem Rücken lag und jemand auf ihm saß. Goldene Augen blickten besorgt zu ihm hinab. „Riley du hast um dich geschlagen und du weinst. Außerdem wolltest du nicht aufwachen", erklärte sie und blickte ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Angst an. Riley atmete schwer und befühlte seine Wange. Sie waren tatsächlich nass. „Das war nur ein Traum?", fragte er und seine Stimme war recht brüchig. All der seelische Schmerz war Einbildung gewesen?

Sezuna legte ihm eine Hand auf die Wange. Er zuckte zusammen und sah sie verletzt an. Sie sah ihn verwirrt an. „Riley? Was hast du?" Ihre Stimme klang aufrichtig besorgt und auch ihr Blick war anders, als der im Bad. Ein Traum. Es konnte nur ein Traum gewesen sein und doch schmerzte sein Herz heftig, wenn er daran dachte dass sie ihn möglicherweise betrogen hatte.

Sezuna beugte sich zu ihm hinab und küsste sanft seine Lippen. Zärtlich und beruhigend. Er hörte auf zu zittern, aber die Angst war da. Der Schmerz im Traum begann erst zu vergehen. Sezuna nahm sein Gesicht in ihre Hände und sah ihn ernst an. „Riley, sag mir was los ist", sagte sie bestimmt, „Du bist vollkommen verstört. Hattest du einen sehr schlimmen Albtraum?" Riley konnte nicht verhindern dass er zusammenzuckte. „Den schlimmsten", hauchte er leise. Sezuna strich über seine Wange und küsste ihn dann noch einmal, ehe sie ihm beruhigend über das Kinn küsste und sich auf ihn schmiegte. „Möchtest du mir davon erzählen?", fragte sie und erst erhielt sie keine Antwort, doch dann begann Riley langsam. „Ich bin munter geworden... du warst weg... im Bad... du hast gesagt...", die Worte kamen stockend und seine Stimme war so unglaublich brüchtig, dass es Sezuna fast das Herz zerriss. „N...Niemals würdes... würdest du mit einem Drachen...", er brach ab und Sezuna konnte den gequälten Ausdruck in seinen Augen erkennen. Sie drückte sich fest an ihn. „Es ist mir egal ob du ein Drache bist", sagte sie und meinte es völlig ernst. Sie konnte die Verzweiflung in seinem Blick sehen. Sie nahm ihn in den Arm und strich über seinen Rücken. „Ich liebe dich Riley", sagte sie, „Alles an dir, auch den Drachen. Ich würde dich nie betrügen." Ihre Worte waren schön und gut, doch irgendwie konnte er das nicht glauben. Nicht nach diesem Traum. Er brauchte Sicherheit, die nicht nur aus Worten bestand. Doch er wusste nicht, ob sie dazu bereit war. Unter den Drachen gab es ein Ritual. Eine Art Blutschwur, die es den Partnern erlaubte die Gefühle des anderen zu spüren. Eine Versicherung, aber auch ein Band, dass auf ewig halten würde und dass es unmöglich machte den Partner zu betrügen - nicht ohne dass der andere es mitbekam. Außerdem war es so möglich zu spüren, ob der Gefährte noch am Leben war, egal wo er sich befand. Er würde immer wissen, ob sie ihn noch liebte. Er hatte Geschichten gehört, in denen das Band schwächer geworden war, als jemand seinen Partner aufgehört hatte zu lieben. Das Band war nie verschwunden, aber es war abgeschwächt. So hätte er etwas Gewissheit.

Sein Blick traf ihren und er biss sich auf die Lippe. „Ich... Ich hätte einen Wunsch an dich", sagte er langsam. Sezuna blickte zu ihm auf und sah ihn abwartend an. Riley war sich jedoch auf einmal nicht mehr so sicher, ob er das wirklich wollte. Wenn sie nun doch nicht so für ihn empfand, wie er glaubte, würde ihn das zerstören. Doch dann hätte er Gewissheit. „Was möchtest du?", fragte sie und es klang abwartend. Riley holte tief Atem. „Es gibt da einen ... sehr alten Brauch unter Drachen und ihren Gefährten", begann er zu erklären und Sezuna hob eine Augenbraue und sah ihn abwartend an. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und fuhr zögerlich fort: „Wir nennen es das Gefährtenband. Es ist ein durchgeführtes Blutritual das zwei verbindet, so dass..." Er schluckte. Wollte er das wirklich? Wenn sie nicht so empfand... „So das?", fragte sie nun doch skeptisch. Riley zögerte, sprach es aber dennoch aus. „So dass beide Partner spüren, was der andere für einen empfindet", erklärte er und wurde zum Ende hin immer leiser.

Sezuna setzte sich auf und saß nun auf seiner Hüfte und blickte zu ihm hinab. Er sah wirklich ängstlich aus. So kannte sie ihn gar nicht. Lag es an dem Albtraum, oder an etwas anderem. Das gefiel ihr nicht. Sie wollte nicht, dass er so litt. „Ich spürte also, wie stark deine Gefühle für mich sind?", fragte sie zögerlich. Das war eigentlich... nicht schlecht und hörte sich auch interessant an. Riley nickte und wartete angsterfüllt auf ihre Antwort. Er rechnete mit einem Nein. Wer teilte schon gern so offen seine Gefühle?

Sezuna leckte sich leicht die Lippen. „Ich bin einverstanden." Erst realisierte er nicht, was sie gesagt hatte, dann sah er sie verblüfft an. „Wirklich?", fragte er. Sezuna lächelte. „Ich tu alles, damit du dich besser fühlst", sagte sie sanft, „Ausserdem will ich gerne wissen, wie sehr du mich liebst." Rileys Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und dann zog er sie hinunter und küsste sie innig. Er wollte ihr noch nicht sagen, dass der Blutschwur beinhaltete, dass sie sein Blut und er ihres trinken musste, dass würde sie nur unnötig abschrecken. Erst einmal wollte er genießen.

Sezuna freute sich, dass ihn diese Zusage zum Gefährtenband so beruhigte. Sie konnte es kaum aushalten ihn so nervös, ja ängstlich zu sehen. Es war nicht normal und bereitete auch ihr Magenschmerzen. Allerdings musste sie auch zugeben war sie neugierig, was es mit diesem Band auf sich hatte. Was würde sie tun müssen, um es einzugehen? Sie traute sich nicht zu fragen, war sich aber sicher, dass sie es bald erfahren würde.

Riley sefzte sich ebenfalls auf und sah ihr in die Augen. „Willst du es wirklich", fragte er leise nach. Sezuna nickte und Riley griff ihre Hände. „Es ist...", er suchte sichtlich nach Worten. „Schmerzhaft, gefährlich, eklig?", schlug sie vor und irgendwie schien es ihn zu amüsieren. „Es könnte sein dass du es für eklig hälst, ja", sagte er schließlich. Sezuna hob eine Augenbraue hoch. „Ach. Solange ich keine Würmer essen muss ist eigentlichts nichts eklig", wank sie ab und grinste ihn schelmig an. Riley schüttelte tadelnd den Kopf. Sie zog ihn auf. „Du wirst mein Blut trinken müssen und ich das deine", erklärte er schließlich ernst.

Sezuna blickte ihn nur stumm entgegen. Das war alles? Das bekam sie hin, also nickte sie. Er musterte sie etwas skeptisch. „Du hast nie Blut getrunken, oder?", fragte er. Sie wirkte seiner Meinung nach viel zu gleichgültig. Er kannte einige Leute, selbst Männer, denen es zu viel war - alle samt Menschen versteht sich. Sezuna wurde blass und drehte den Kopf weg. Sie gab sich Mühe nicht zu würgen. „Ich bin bei Makoto aufgewachsen", erklärte sie, als würde das alles erklären. Riley stockte und setzte einen finsteren Blick auf. Diese Frau musste sterben, sie hatte nichts anderes verdient. Riley strich ihr über die Wange. „Es ist nicht viel, versprochen", sagte er um sie zu beruhigen. Sezuna erschauderte kurz. „Das ist es nicht, was mir Sorgen macht. Es sind nur... Erinnerungen", sagte sie und schluckte. Riley nahm sie beruhigend in den Arm. Sezuna schluckte erneut. „K...können wir das jetzt gleich machen?", fragte sie zögerlich und hoffte sich danach besser zu fühlen. Vielleicht würde es die Kälte aus ihrem Herzen vertreiben. Riley sah sie kurz an, dann nickte er lächelnd. „Normalerweise wird es in einer Zeremonie abgehalten, aber das ist Tradition und kein Muss." Er stand auf und holte aus einer Schublade ein Messer. Der Griff war dunkelblau und ein Schwert, um das sich ein Drache wickelte war weiss drauf abgebildet. Das Emblem der MacRaes. Sezuna sah das Messer lange Zeit an und leckte sich dann nervös die Lippen. „W...Wie genau wird das ablaufen?", fragte sie und fühlte sich auf einmal nicht mehr so mutig. Würde es wehtun?

„Ich werde mir damit in die Hand schneiden und du wirst das Blut trinken und dann werde ich dein Blut trinken. Das ist alles", erklärte er und Sezuna sah noch immer auf das Messer und nickte. Es klang alles sehr simpel. Und wenn es erst einmal vorbei war, dann konnte sie alles vergessen. Die Erinnerungen begraben.

Deshalb hielt sie ihm die Handfläche hin. Riley hob das Messer uns setzte den Stahl auf ihre weiche Haut. Seine Hand zitterte ein wenig, denn er wollte ihr eigentlich nicht wehtun. Dennoch drückte er das Messer leicht drauf. Es reichte, um einen blutigen Kratzer zu hinterlassen. Sezuna verzog nicht einmal das Gesicht, was ihn ein wenig beruhigte.

Er hob die Hand und führte sie an seinen Mund, ehe mit der Zunge über die kleine Wunde leckte und das Blut seine Lippen benetzte. Er hörte sie aufkeuchen, doch als er den Blick leicht hob, waren ihre Lippen nicht etwa vor Schmerz verzogen. Im Gegenteil, sie schien es sogar zu genießen. Er konnte ein sanftes Lächeln nicht verhindern und trank ihr Blut. Er spürte, wie etwas mächtiges ihn durchfloss. Wie viel mächtiger würde es werden, wenn das Band ganz entstand? Er konnte es kaum abwarten. Er löste sich von ihr und sie blickte ihn unter ihren langen Wimpern abwartend an. Riley nahm das Messer und setzte es auf seine eigene Handfläche, ehe er diese aufritzte und ihr entgegen hielt. Sezuna beugte sich hinab und legte vorsichtig ihre Lippen auf seine Hand. Riley konnte spüren, wie sie vorsichtig mit ihrer Zunge das Blut aufleckte. Und er spürte noch etwas. Es war wie ein leichtes Ziehen an seinem Herzen. Wie eine leichte Berührung. Er schauderte leicht und sah sie erwartungsvoll an. Auch sie hob ihren Blick und strahlte ihn an. „Fühlst du auch...?", fragte sie. Sie wusste nicht wie sie es formulieren sollte. Es war wie warmer Tee, den sie getrunken hatte und irgendwie war sie auf eine Art und Weise beruhigt, die sie nie geglaubt hätte.

Rley hob die Hand und legte sie an ihre Wange. Was er spürte konnte er gar nicht in Worte fassen. Er wurde fast erschlagen von der Intensität der Gefühle und er war sich sicher, dass es nicht nur seine eigenen waren. „Das ist...", murmelte er und wusste nicht was er dazu sagen sollte. „...atemberaubend schön", flüsterte Sezuna und schmiegte sich an ihn. War dieses Gefühl durch das Band gekommen? Ein tiefes Wissen, dass Riley sie liebte. Ein Gefühl, dass ihr sagte ihm ging es gut.

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