Kapitel 12:
Kapitel 12:
Hamishs Sicht klärte sich langsam und er merkte, dass er auf hartem Steinboden lag. Er stützte sich mit einem Arm auf und schüttelte den Kopf, damit er das neblige Gefühl loswurde. Wo war er? Es war kalt und irgendwie stickig hier. Und dunkel. Aber nicht so dunkel, dass er nichts sehen konnte.
Mühsam stämmte er sich auf und sah sich um.
Eine Zelle. Er wollte sich komplett aufrichten, doch ihm war so, als wäre er auf einem Schiff. Alles schwankte und sein Gleichgewichtssinn schien nicht richtig zu funktionieren. Er schloss die Augen und versuchte seine Kräfte zu nutzen. Doch nichts geschah. Er fluchte verhalten. Was auch immer ihn betäubt hatte, es war ein Gift, dessen Auswirkungen völlig anders waren als er es kannte. Und wenn er nicht wusste, was beschädigt war, konnte er es nicht heilen. Das war nicht gut, denn er musste irgendwas tun. Er fühlte sich schlapp und müde und würde niemals hier heraus kommen, wenn er sich nicht heilen konnte.
Er wollte sich gerade das Schloss der Zelle näher anschauen, als er Schritte hörte. Makoto erschien im Gang, gefolgt von zwei Frauen, die bewaffnet waren. Sie zeigte auf Hamish: „Holt ihn her", befahl sie und Hamish schreckte zurück. Was sollte das werden? Er wich zurück, als die Tür aufgestossen wurde. Die Frauen kamen näher und aus Verzweiflung versuchte er es mit einem Angriff - wie ein Tier, das in die Ecke gedrängt wurde. Doch er war zu angeschlagen. Die Frauen wichen ohne Mühe aus, packten seine Arme und zerrten ihn hinaus. Hamish sah panisch zu Makoto. „Was wollt Ihr von mir?", bracht er hervor und sträubte sich gegen den Griff der Frauen. Makoto lächelte ihn kalt an. „Das wirst du schon noch bemerken, mein lieber Hamish", sagte sie und lachte. „Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ausgerechnet euer Geschlecht aus Drachen besteht", sie schüttelte den Kopf, als wäre sie wirklich entsetzt, doch eigentlich sah sie darin nur eine Chance. „Ich werde eure Familie ausrotten und dann gehört das Dorf uns", erklärte sie und wies die beiden Frauen an ihn mit zu ziehen. Hamish riss die Augen auf und Zorn flutete durch seinen Körper. „Gar nichts werdet ihr schaffen", fauchte er, „Gegen so viele Drachen habt Ihr gar keine Chance!"
„Oh doch, hab ich", sagte sie verschlagen und lief weiter. Die Frauen zogen ihn hinterher und er hatte keine Kraft sich zu wehren. Nicht als Mensch. Er musste zum Drachen werden. Gegen einen ausgewachsenen Drachen würden sie nicht so gut ankommen, Heiler hin oder her. Doch gerade als er sich bereit machte, flammte ein ungeheurer Schmerz in ihm auf. In seinen Beinen, Armen, Bauch, Rücken, Brust, Kopf. Nichts blieb verschont. Er schrie auf und krachte zu Boden. Makoto lachte auf. „Oh Kleiner. Versuch es nicht, das tut dir nur weh", sagte sie und ließ Hamish unbarmherzig hinter sich her schleifen.
Irgendwann kamen sie in einen beleuchteten Raum mit einer steinernen Platte, die wohl als Tisch diente. Die beiden Frauen warfen Hamish darauf und ketteten ihn mit schweren Eisenketten fest. Nach der Schmerzenswelle war er nicht einmal in der Lage sich etwas zu wehren. Er stöhnte leise und zog leicht an den Ketten. Mehr schaffte er nicht. Besorgt sah er zu, wie Makoto den Rücken zu ihm gewandt etwas hervorzuholen schien. Er konnte nicht sehen was, aber er wusste, es konnte nichts gutes sein. Als sie sich mit einem graumsamen Lächeln zu ihm umdrehte, erschauderte er und riss dann die Augen auf, als er sah, was sie in der Hand hielt. Als er die Kette erblickte, kam wieder Leben in ihn und er versuchte sich zu befreien. Doch er war so unglaublich schwach. „Keine Angst, es wird schnell vorbei sein", sagte sie mit einem sadistischen Funkeln in den Augen. Hamish schüttelte nur den Kopf. Das durfte nicht passieren. Er zog schwächlich an den Fesseln, aber Makoto kam immer näher und dann legte sie ihm die silberne Kette um. Sie schloss sie und wich einen Schritt zurück, ein siegessicheres Lächeln auf den Lippen. Hamish hatte die Augen geschlossen und sich auf das schlimmste gewappnet - doch nichts passierte. Verwirrt blinzelte er und sah hinab. Die Kette lag um seinen Hals, aber nichts geschah. Sehr seltsam.
Makoto gab ein wütendes Knurren von sich. Sie war sich so sicher gewesen, dass er ein Drache war. Sie hatte doch gesehen, wie er sich verwandelt hatte. Warum reagierte die Kette nicht? Bei allen anderen hatte es doch auch funktioniert. Frustriert knurrte sie auf und machte die Kette wieder ab. Sie war wirklich interessiert, woran das lag. Sie musterte Hamish. Sie würde schon herausfinden, warum es nicht klappte. Ihn fragen konnte sie nicht, sie sah ihm an, dass er keine Ahnung hatte was da gerade vor sich ging. Also blieb es wohl an den Experimenten hängen. Aber das war nicht schlimm. So hatte sie zumindest einen Drachen, an dem sie experimentieren konnte, ohne ständig daran zu denken, wie viel Kraft er wohl der Kette spenden würde.
Makoto wandte sich ab und legte die Kette bei Seite, ehe sie eine Spritze nahm und diese mit einer Flüssigkeit füllte. Sie war wirklich neugierig, wie er wohl auf dieses Betäubungsmittel ansprang. Sie lief wieder zu ihm und freute sich ungemein über die Angst in seinen Augen. Dann riss sie ihm einen Ärmel ab und spritzte ihm die Substanz ein. Er schauderte deutlich.
Hamishs Herz pochte laut in seiner Brust. Was hatte sie ihm da verabreicht? Er wartete nervös was sie als nächstes tat - was anderws konnte er nicht tun. Makoto hob eine Braue als er keine erwarteten Symptome bekam.
„Hm", machte sie und drehte sich um, ehe sie etwas auf einen Stapel Zettel schrieb. Schade, dass er nicht reagierte. Vielleicht sollte sie ein wenig mehr des Giftes hinzumischen. Dann würde es ihn sicherlich umhauen. Oder aber sie versuchte es mit der anderen Mischung. Allerdings wusste sie noch nicht, wie sie es ihm verabreichen sollte, da er es trinken musste.
Riley verließ das Zimmer. Sezuna war endlich eingeschlafen.Sie schien noch immer völlig fertig. Er würde sie eine Weile schlafen lassen, während er versuchte zu verdauen, was er erfahren hatte. Wie viel davon konnte er seinen Eltern sagen? Was würden sie tun?
Kaum hatte Riley die Tür geschlossen, öffnete Sezuna wieder die Augen und setzte sich auf. Sie musste ihrer Schwester helfen gehen. Wahrscheinlich irrte Yuna in der Gegend herum und suchte nach dem Eingang. Er war nicht so einfach zu finden. Und sie musste da rein. Sie wusste, dass Riley an die Decke gehen würde, wenn er erfuhr, dass einer seiner Leute gefangen war. Sie musste einen Plan aushecken und Yuna helfen. Dafür musste sie jedoch hinaus. Und Riley hatte es ihr strikt verboten. Daher musste sie sich irgendwie heraus schleichen, doch noch immer fühlte sie sich schwach und ihr Kopf pochte unangenehm. Außerdem waren ihre Beine noch recht wackelig. Aber sie würde es schaffen. Sie hatte schon schlimmeres hinter sich.
Sezuna erschauderte und tapste dann auf die Tür zu und lauschte. Sie hörte nichts, also öffnete sie vorsichtig die Tür. Der Gang war leer. Langsam trat sie heraus. Sie ignorierte den Schwindel und die Bemerkung von Riley, die ihr im Kopf herumschwirrte: „Du wirst dir bei den Treppen das Genick brechen." Blödsinn. Sie musste Yuna helfen. Außerdem war es nicht das erste Mal, dass sie in einem solchen Zustand Treppen hinauf und hinunter musste.
Sie sah sich um. Wo lang musste sie jetzt? Ihr Orientierungssinn war noch nie besonders gut gewesen. Wahrscheinlich hätte sie gleich das nächstbeste Fenster nach draußen nehmen sollen. Doch in ihrer Verfassung würde sie wohl kaum klettern können.
Sezuna seufzte und schlug einfach einen Weg ein. Irgendwann würde sie schon herausfinden. Sie musste nur aufpassen, dass sie niemandem begegnete. Was sich als schwierig herausstellte. Immer wieder liefen Dienstmägde durch den Gang. So musste sie sich hinter Vorhängen verstecken und viel zu lange hinter Ecken warten. Irgendwann riss ihr der Geduldsfaden und sie lief einfach weiter - direkt in eine zierliche Dienstmagd mit blauen Haaren, die von einem MacRae begleitet wurde. Sezuna verlor das Gleichgewicht und landete auf ihrem Hintern und meckerte vor sich hin, ehe sie auf blickte. „Lika", machte sie mehr als nur geschockt und die Blauhaarige quietschte auf.
Gideon runzelte die Stirn und blickte zu der Kaya, die am Boden saß. „Was machst du hier und warum kennst du sie?", fragte er und sah zu, wie Lika Sezuna auf half.
Sezuna rieb sich den Steiß und ignorierte Gideons Frage, sondern richtete sich an Lika. „Was machst du hier? Verdammt! Weißt du eigentlich, was ich mir für Sorgen gemacht habe? Hättest du nicht wenigstens sagen können, dass es dir gut geht?", meckerte sie aufgebracht.
Lika zog den Kopf ein. „Du hast gesagt ich soll irgendwo hin, wo ich sicherer bin", murmelte sie leise und war kurz davor sich hinter Gideon zu verstecken. Sezuna sah sie fassungslos an. Sicherer. Und dann suchte sie sich ausgerechnet die MacRaes aus.
Gideon hob eine Braue und schob Lika hinter sich. In den letzten Tagen hatte er ihre Dienste - vor allem die nächtlichen Massagen - zu schätzen gelernt. Er wusste nicht warum er überhaupt zuliess, dass jemand so nah an ihn herankam, aber jetzt gerade lenkte ihn der Instinkt. „Was machst du hier?", fragte er unhöflich an Sezuna gewandt. Sezuna rieb sich die Schläfen. Sie hatte eigentlich überhaupt keine Lust auf eine Diskussion. Da kam ihr eine Idee. „Eigentlich suche ich den Ausgang", erklärte sie und Lika war so nett ihr eine Richtung zu weisen. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit ihr. Gideon hielt sie auf. „Du hast die Frage nicht wirklich beantwortet", sagte er schroff, „Warum bist du hier beim Anwesen?" Sezuna funkelte ihn an. So ein dummer... Sie konnte das wirklich nicht gebrauchen. „Ich war bei Riley", erklärte sie knurrend. Wenn sie nicht bald hier weg kam, dann würde Riley sie entdecken und...
Riley bog um die Ecke und blieb mitten im Gang stehen, als er die Gruppe sah. Seine Augen wurden schmal, als er Sezuna erblickte. Er knurrte laut und schritt auf sie zu. „Was zum Teufel, verstehst du dummes Weib unter im Bett liegenbleiben?", schimpfte er und baute sich vor ihr auf. Sie sah ihn trotzig an. „Ich muss doch..."
„Gar nichts musst du", sagte er und zog sie mit sich. Er gab Gideon ein kurzes Kopfnicken, dann flüsterte er ihr zu: „Du gehst bestimmt nicht zurück zu dieser Hexe!"
„Sezu?", machte Lika und wollte ihr helfen, doch Gidoen ließ sie nicht vorbei. Riley war wütend, dass konnte er sehen. Es war nicht ratsam ihn noch wütender zu machen. Allerdings schien Sezuna das völlig egal.
„Ich sagte doch ich kann nicht hier bleiben", knurrte sie verärgert und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. Vergeblich.
Riley packte sie fester und zog sie weiter. „Du bleibst im Bett. Du siehst immer noch aus wie ein Gespenst also ruhst du dich aus", zischte er. Er trug sie schon fast, da sie nicht so schnell folgen konnte. Was glaubte sie eigentlich, was sie hier tat? Sezuna seufzte ergeben. Damit hatte sie ihre erste Chance wohl vertan. Hoffentlich bekam sie noch eine weitere. Yuna brauchte sicherlich ihre Hilfe.
Yuna fluchte leise vor sich hin. Sezuna hätte ruhig ein wenig genauer sein können. Ein Eingang irgendwo im Wald. Wie sollte sie den denn finden?
Sie schlich umher und versuchte möglichst nicht auf zu fallen, während sie den Wald Stück für Stück durchsuchte. Aber nirgendwo war etwas. Suchte sie nach einer Höhle, einem Loch, oder einer Falltür im Boden? Sie wusste es nicht.
Seufzend ließ sie sich auf den Boden fallen und überlegte, ob sie Sezuna noch einmal fragen sollte, auch wenn sie nicht mehr so genau wusste, wie sie ihre Schwester erreicht hatte. Sie wollte es gerade erneut versuchen, als der Boden unter ihr begann nach zu geben. Sie hatte nicht einmal Zeit einen Schrei auszustossen als sie auch schon fiel und hart aufschlug. „Au", jammerte sie und rieb sich den Hintern. Eine sanftere Landung wäre ihr lieber gewesen. Sie hustete und erst als der Staub sich legte, bemerkte sie wo sie war. „Wow", sagte sie. Vor ihr konnte sie ein riesiges Gewölbe entdecken. Es sah aus, als läge hier eine ganze Stadt begraben. Außerdem war der größte Teil davon eingefallen.
War es das, was Sezuna gemeint hatte? Aber hier schien es nicht gerade sehr... belebt zu sein.
Durch das Loch an der Decke drang ein wenig Licht, aber um sie herum war alles dunkel und stickig und staubig.
Yuna seufzte und sah sich weiter um. Irgendwo in der Dunkelheit konnte sie ein rötliches Licht ausmachen. Fackeln vielleicht? Sie holte tief Luft und lief auf das Licht zu. Allerdings verhielt sie sich leise. Sie wollte nicht entdeckt werden. Sie konnte nicht wissen was dort lauerte oder ob gar Makoto selbst dort war. Doch sie merkte bald, dass das Licht sehr weit weg war. Zwar konnte sie sehen wo es war, aber es wollte und wollte nicht näher kommen. Das war wie in einem Albtraum, in dem man rannte und rannte und trotzdem nicht ans Ziel kam. Yuna hoffte inständig, dass dem nicht so war.
Hamish öffnete blinzelnd die Augen und stöhnte leise. Was hatte Makoto ihm da eingeflöst? Er fühlte sich wie benebelt und seine Lippen brannten höllisch.
Aber zumindest lag er nicht mehr gefesselt auf einem Tisch. Das war schonmal nicht schlecht. Aber wo war er? Er konnte neben sich Atem hören. Er war also nicht allein. Er versuchte sich aufzurappeln, aber der erste Versuch misslang. Nun brannten nicht nur seine Lippen, sein Mund und sein Rachen schienen ebenfalls in Flammen zu stehen. Er bekam einen Hustanfall und spürte dann eine Hand auf seinem Rücken. Er drehte sich um und was er sah liess sein Herz stehen bleiben. Ein kleines Mädchen von etwa sechs Jahren hockte vor ihm und lächelte ihn traurig an. Sie sah schrecklich aus. Ihre Haut sah aus, als wäre sie von Säure zersetzt worden und ihre Lippen waren aufgeplatzt. Die Augen blutunterlaufen. Hamish versuchte zu Atem zu kommen, doch er war zu geschockt von ihren Anblick. Wer konnte sowas einem Kind antun? Stumme Tränen rannen über seine Wangen. „Süsse", hauchte er leise. Seine Stimme war kratzig. Das Mädchen lächelte und er erkannte, dass ihr einige Zähne fehlten. Guter Gott. Er strich ihr über die Wange. „Es tut mir so leid", flüsterte er und nahm sie so sanft wie er konnte in den Arm. Niemandem sollte so etwas widerfahren, erst recht nicht einem Kind. Sie sagte nichts, kuschelte sich aber an ihn ran. Dabei bemerkte er, dass eine ihrer Hände gebrochen gewesen war und nun falsch zusammengewachsen zu sein schien. Außerdem saß sie seltsam da. Ihr Bein wirkte unnatürlich verrenkt.
Was hatte dieses Monster nur mit ihr gemacht? Er strich ihr tröstend über den Rücken. „Alles wird wieder gut, du wirst sehen", flüsterte er. Dann begann er mit der Heilung. Die Stelle, wo er sie berührte begann zu leuchten. Erst schreckte sie zurück, aber als er ihr aufmunternd zunickte, liess sie es zu und er begann mit dem schwierigsten Teil. Er würde sie gesund machen, er musste. Sie hatte das ganze Leben noch vor sich. Und er würde sie irgendwie hier raus holen.
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