Kapitel 4.2
Zusammen mit Foscar verließ ich das kleine Haus der Schneiderin wieder und gemeinsam liefen wir die Straße entlang, um so das Dorf zu verlassen.
Mir wurde wirklich war, weshalb ich den Mantel wieder etwas öffnete. „Wir werden uns gleich in den Wald zurückziehen, damit ich mich wieder verwandeln kann", erklärte mir Foscar, wobei er hoffnungsvoll klang. Ich fragte mich warum.
Er führte mich einen kleinen Weg entlang, bis wir zu einer größeren Lichtung kamen.
Foscar sah sich um. „Sie wird nicht mehr so gut gepflegt wie früher, aber sie ist nicht zugewachsen. Das ist gut", bemerkte er. Ich runzelte die Stirn.
„Was heißt das?", wollte ich wissen.
„Das hier ist ein Landeplatz. Er war früher, als ich noch wach war, eine heilige Stelle für die Menschen. Die Lichtung darf nicht bebaut werden und muss von Gestrüpp freigehalten werden", erklärte er mir mit ruhiger Stimme, während er seine Schuppen wieder über seinen Körper wandern ließ.
„Ich verstehe. Gibt es viele solche Plätze?", wollte ich wissen. Wahrscheinlich wurden hier auch die Frauen präsentiert. So, wie es bei uns war. Nur, dass dieser Platz eher versteckt lag.
„Ja, eigentlich in der Nähe jeder Menschenansammlung", sagte er, wobei sich seine Stimme bereits veränderte. Genau wie sein Körper. nur wenig später stand er als Drache vor mir und legte seinen Kopf zu Boden, damit ich aufsteigen konnte.
Erneut brauchte ich mehrere Anläufe, doch bei weitem nicht mehr so viel, wie noch zuvor.
Als ich schließlich saß, schloss ich schnell meinen Mantel wieder richtig, bevor ich mich festhielt. „Ich bin soweit", sagte ich voller Vorfreude. Egal wie oft ich mit ihm flog, ich würde es immer genießen.
Kaum hatte ich meinen Satz beendet, streckte Foscar seine Flügel aus und hob in die Luft ab.
Erneut blieb mir die Luft weg und ein Kribbeln im Bauch entstand. Erst, als er oben war, begann ich zu lachen. Es fühlte sich einfach so gut an, dass ich am liebsten weiterhin so geflogen wäre.
„Was hältst du von der Qualität der Schneiderin. Denkst du, sie könnte eine Hofschneiderin werden?", fragte Foscar plötzlich.
Ich dachte einen Moment über seine Frage nach. Wie kam er auf die Idee, dass ich das einschätzen könnte?
„Ich weiß nicht genau." Ihre Sachen waren recht schlicht und aus Stoffen, die nicht besonders waren. Für eine Hofschneiderin musste sie sicherlich mit anderen Stoffen umgehen können. „Man hätte fragen sollen, wie sie mit anderen Stoffen zurechtkommt", bemerkte ich. Darüber hätte ich mit ihr sprechen können, wenn er das vorher gesagt hätte.
„Wir merken sie uns", entschied er, während er durch die Wolken glitt. „Heute sind Kleider für dich und ein Dienstmädchen wichtig. Früher gab es Waisenhäuser, in denen junge Mädchen und Jungen lebten. Dort findet man sicherlich jemanden, der passen könnte."
Es war interessant, wie er die Sachen sah. In einem Waisenhaus hätte ich wahrscheinlich nicht als erstes gesucht. Aber wenn ich so darüber nachdachte, machte es Sinn. Kinder im Waisenhaus hatten keine Eltern, die sie verlassen mussten und ansonsten kaum eine Perspektive im Leben. Daher waren sie sicherlich gut geeinet.
„Wenn du Kinder holen willst, wäre es dann nicht sogar gut, wenn wir diese für alle anderen Sachen auch in Betracht ziehen? Sie ausbilden lassen?", fragte ich. Das würde zwar eine Weile dauern, würde aber sicherlich die Dörfer und Städte nicht zu sehr schwächen. Zumindest glaubte ich das.
„Für den Anfang würde das zu lange dauern. Später sicherlich. Es ist aber wichtig, dass mein Hof bald wieder komplett funktioniert. Es sollten also schon ältere Kinder sein, die schon ein Handwerk gelernt haben und darin auch arbeiten können", sagte er mit ruhiger Stimme.
Für mich war es nicht unnormal, dass Kinder sehr zeitig ein Handwerk lernten und ihren Eltern halfen. Wenn der Vater Schmied war, lernte das Kind in der Regel dieses Handwerk auch, sobald es in der Lage war, einen Hammer zu halten. So war es zumindest in unserem Dorf.
„Wohin fliegen wir eig-", meinte Worte brachen ab, als ein überraschter Schrei meinen Mund verließ, denn Foscar flog plötzlich sehr schnell und nach unten.
Ich schnappte nach Luft, als es wieder besser wurde. Das Kribbeln in meinem Bauch nahm nur langsam wieder ab. Für einen Moment glaubte ich, dass wir jeden Moment landeten, doch das taten wir nicht. Foscar flog wieder normal. „Was war denn das?", fragte ich perplex.
Ich hörte wie Foscar lachte, bevor ich spürte, dass er leicht wackelte. „War das Absicht?", fragte ich und versuchte, empört zu klingen, doch erneut blieb mir der Satz halb im Hals stecken, denn Foscar tauchte erneut ab, bevor er wieder normal flog.
Ich schnappte nach Luft. „Das war Absicht", bemerkte ich schnell atmend, während das Kribbeln in meinem Bauch mich zum Lachen brachte.
„Damit du dich besser daran gewöhnst", wich Foscar aus, doch ich glaubte ihm kein Wort.
Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, denn irgendwie machte es mir sogar Spaß. Genau, wie es Foscar Spaß zu machen schien. Warum sollte ich ihn also davon abhalten?
Foscar begann einige Manöver zu fliegen, die mir die Haare herumwirbelte und mich manchmal auch dazu verleitete, mich nah an ihn zu drücken, um nicht zu stark der Luft ausgesetzt zu sein. Es machte wirklich Spaß. Nur manchmal, wenn ich sehen konnte, dass alles unter mir so weit weg war, bekam ich einen Moment lang Angst. Diese verging aber recht schnell wieder, da Foscar es schaffte, mich immer wieder mit seinen Bewegungen abzulenken.
Irgendwann mussten wir allerdings landen. Wir hatten unser Ziel erreicht.
Foscar flog recht dicht über der Stadt, doch von dort hörte und sah ich nichts, was darauf hinwies, dass man uns überhaupt wahrnahm. Dabei glaubte ich nicht, dass man Foscar übersehen konnte. Er war so groß und schwarz, dass er einen Schatten auf die Stadt legen musste.
Neugierig beugte ich mich zur Seite, um sehen zu können, wie es unter uns aussah, doch ich konnte nichts sehen, weil Foscar einfach zu groß war. Er müsste sich zur Seite drehen, damit ich etwas sehen konnte, doch das tat er nicht.
Stattdessen landete er auf einer nahen Lichtung.
Ich rutschte hinab und öffnete meinen Mantel. Hier am Boden war es wärmer und der Mantel definitiv zu warm.
„Wie kommt es eigentlich, dass uns scheinbar niemand bemerkt?", fragte ich, nachdem sich Foscar in einen Menschen zurück verwandelt hatte. Erneut trug er sein Schuppen als eine Art Rüstung.
„Alle Drachen besitzen die Gabe, sich zu tarnen. Es ist eine Art Spiegelung. Wenn die Menschen hochblicken und unseren Bauch sehen, ist es so, als würden sie trotzdem den Himmel sehen. Zumindest dann, wenn wir das wollen", erklärte er mir und zog mir dann den Mantel aus, bevor er ihn über seinen Arm hing und mit seinen anderen reichte. „Gehen wir."
Meine Gedanken waren noch bei seinen Fähigkeiten, während er mich zu der Stadt führte. Ob er noch mehr konnte, als sich zu verwandeln und diese Spiegelungen? Konnte er Feuer spucken oder hatte er als Schattendrache andere Gaben?
Als wir am Tor ankamen, wurden wir von den Wachen recht skeptisch gemustert.
Zuerst glaubte ich, dass sie uns nicht durchlassen würden, weil sie Foscar und seine Rüstung so lange betrachteten, doch dann ließen sie uns ein.
„Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht", flüsterte Foscar, während wir die belebte Hauptstraße entlangliefen. Diese war mit großen Steinen gepflastert und überall waren Menschen unterwegs. Viele mit Handkarren und sogar ein paar wenige mit Pferdekutschen. Alles in allem wirkte es belebt, aber nicht voll. Zudem fiel mir auf, dass es sehr viele, eher arm aussehende Bewohner gab.
Ich hätte erwartet, dass hier die reicheren der Stadt lebten, da wir uns direkt am Eingang befanden, doch vielleicht irrte ich mich da auch. Der Aufbau einer Stadt war mir nicht unbedingt geläufig.
„Was meinst du?", fragte ich flüsternd zurück. Ich wusste nicht, auf was er sich da bezog.
„Sind dir diese Wachen nicht auch komisch vorgekommen?", wollte Foscar zögerlich, aber noch immer leise, wissen.
Ich zuckte meine Schultern. „Nein, eigentlich nicht. Sie waren sehr vorsichtig. Ist das schlimm?", fragte ich. Ich hatte keine Ahnung, wie sich Wachen zu verhalten hatte, deshalb konnte ich nicht sagen, ob sie unnatürlich gehandelt hatten oder ob alles normal war.
„Sie haben uns viel zu lange angestarrt. Dafür, dass wir keine Waffen oder ähnliches bei uns hatten. Wir sehen auch nicht aus wie Bettler. Es gab also keinen Grund für diese Musterung", erklärte er und ich ließ mit die Blicke der Wachen noch einmal durch den Kopf gehen.
„Vielleicht sind sie einfach über gründlich?", schlug ich vor, wusste jedoch nicht genau, ob dem so war. Ich sollte Foscars Sorge vielleicht nicht so schnell abtun, immerhin wusste er sicherlich mehr als ich.
Er seufzte leise. „Vielleicht bin ich wirklich zu paranoid. Aber mir geht die Sache mit dem Drachenkaiser nicht aus dem Kopf", erklärte er mir, wobei ich spüren konnte, wie angespannt er war.
„Was möchtest du dagegen machen?", fragte ich. Immerhin war das sein Name und ich konnte mir gut vorstellen, dass er es nicht mochte, wenn jemand etwas in seinem Namen tat, dass er nicht autorisiert hatte.
„Wir müssen erst einmal mehr über ihn herausfinden. Das machen wir, während wir einkaufen gehen", sagte er und führte mich zu einem Kleidergeschäft. „Erst einmal eine kleine Auswahl. Wenn wir noch nach einem Dienstmädchen suchen wollen, sollten wir nicht zu viel mitnehmen, damit wir alles auch transportieren können", bemerkte er und öffnete die Tür zu einem Gebäude, das mit einem großen Schild über dem Eingang deutlich zeigte, dass es hier Kleider gab.
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