Viele Befreiungen - Viele Retter

Tiaras Tränen vergingen nicht. Doch nun weinte sie nicht mehr aus Trauer, Verzweiflung und Wut, sondern aus Freude. Freude, weil ihre Hoffnung gerade vor den Gitterstäben ihrer Zelle aus dem nichts aufgetaucht war.

Er konnte sie befreien. Bilbo konnte sie hier raus holen, das Amulett von Thranduil stehlen und sie somit retten.

Bilbo.

Er wahr ein wahrer Freund.

Er war hier.

Bei ihr.

"Bilbo, ich bin so froh dich zu sehen. Wie kommst du hier her? Ich dachte, du wärst bei Oroma?" lachte Tiara unter Freudentränen.

Sie konnte den Hobbit nicht vollständig erkennen. Aber seine Silhouette die vor dem Gitter stand war deutlich genug.

"Legolas hat mich her gebracht" erkläre der Hobbit.

"Legolas? Ich verstehe nicht!"
Tiaras Herz zog sich bei seinem Namen zusammen.

"Er kam zu Oroma geritten. Er wollte dich retten. Aber er kam zu spät" erzählte Bilbo aufgeregt.

"Er... er wollte mich retten?" Wiederholte die Elbin verwirrt. Eine weitere Träne lief ihre Wange hinab.

Bilbo zerbrach es das Herz, Tiara so leiden zu sehen. Zwar konnte der Hobbit nicht ihre Tränen sehen. Aber er hörte aus Tiaras Stimme heraus, wie sie mit sich selbst rang.

"Nicht weinen. Bitte. Ich weiß, was passiert ist. Legolas hat von deiner Seele erfahren. Er denkt, du seist böse" sagte Bilbo traurig.
Doch Tiara tröstete dies nicht. Im Gegenteil. Sie fing an, sich selbst zu beschuldigen.

"Es ist alles meine Schuld. Ich hätte nie in diesen Wald kommen dürfen. Ich hätte es nie tun dürfen. Ich war so blöd" rief Tiara leise und ließ den Kopf demütig hängen.

"Nein Tiara, es war gut, dass du den Wald betreten hast. Wenn du es nicht getan hättest, hätten wir uns nie kennen gelernt. Du hättest dich nie in Legolas verliebt" sagte Bilbo und versuchte so, die Elbin aufzumuntern.

"Es ist sowieso vorbei Bilbo. Thranduil hat gewonnen" flüsterte die Elbin demütig. Den Kopf hielt sie immer noch gesenkt.

"Sag das nicht. Noch ist nichts verloren. Wir schaffen das. Ich hol dich hier raus, du wirst sehen. Ich suche den Schlüssel und dann komm ich wieder und befreie dich" versprach Bilbo und sah sie aufmunternd an. Doch er bezweifelte, dass Tiara ihn richtig sehen konnte. Immerhin war es hier im Kerker sehr dunkel.

Doch Tiara schüttelte den Kopf.
"So einfach ist das nicht, Bilbo. Thranduil... er hat mein Amulett. Wenn ich es nicht bald zurück bekomme,... werde ich sterben. Außer, jemand zerstört es mit Thranduils Schwert. Dann verliere ich meine Kräfte, lebe aber weiter" murmelte sie leise.

Bilbo schluckte. Das konnte er nicht zulassen.
Nein.
Niemals.

"Ich hol es dir zurück, Tiara. Ich hol es dir. Und dann komme ich wieder. Mit dem Amulett und den Schlüsseln! Und dann bring ich dich hier raus!" versprach Bilbo fest.

"Was hat das noch für einen Sinn? Dann muss ich sowieso aus dem Wald fliehen. Thranduil wird mich solange jagen, bis ich entweder Tod oder verschwunden bin. Und Legolas? Er hasst mich. Der einzige Elb, für den ich je etwas empfunden habe, hasst mich..."

Tiaras Worte gingen im Schluchzen unter.
Sie konnte nicht mehr...
Sie wollte nur noch aufgeben...

"Dann komm mit mir. Komm zu mir ins Auenland. Sicher, es ist alles kleiner. Aber weißt du was? Wir könnten dir ein eigenes Haus bauen. Neben meinem. Direkt am Fluss. Wir können zusammen wandern gehen. Ich könnte dir alles zeigen. Du wärst in Sicherheit. Thranduil würde nie auf die Idee kommen, dass du im Auenland bist" schlug Bilbo vor.

Tiara Blicke auf. Und durch die Dunkelheit hindurch konnte die Elbin tatsächlich Bilbos glitzernde Augen erkennen, die nur so vor Hoffnung strahlten.
Doch diese färbte nicht auf Tiara ab. Dennoch, die Elbin lächelte bei dem Gedanken, ein Leben im Auenland zu führen.

"Das ist lieb gemeint Bilbo. Aber soweit würden wir nicht kommen. Außerdem liebe ich den Düsterwald. So weit von ihm fort zu sein, ist schwer für mich. Die letzten fünfzig Jahre waren schon schwer genug für mich. Wie soll ich da für den Rest meines Lebens im Auenland überleben. Ganz ohne die gigantischen Bäume des Waldes" sagte die Elbin traurig.

"Es ist wegen Legolas, oder?" fragte Bilbo ebenso traurig und Tiara nickte.
"Er hasst mich. Aber ich kann ihn nicht vergessen" flüsterte sie.

Bilbo schwieg einen Moment. Dann sagte er: "Ich habe mit ihm gesprochen. Gerade eben".

Tiara sah ihn erstaunt an. "Mit Legolas?"

Bilbo nickte.

"Was hat er zu dir gesagt?" fragte die Elbin vorsichtig.

"Ich denke, seine Wut auf dich kommt nicht direkt von ihm selbst. Natürlich ist er verletzt. Er denkt, du würdest ihm nicht vertrauen. Aber sein Vater, entschuldigung, sein Onkel treibt seine Wut noch weiter an" antwortete Bilbo.

Tiara wurde hellhörig.
"Moment, was heißt hier Onkel?" fragte sie irritiert.

"Ach ja, richtig. Das weißt du ja noch nicht. Thranduil ist überhaupt nicht Legolas' Vater, sondern sein Onkel. Das hat er mir gerade erzählt. Thranduil hat Legolas in den Kerker geworfen. Die beiden haben sich anscheinend ziemlich verkracht. Er ist also auch wütend auf Thranduil. Aber ich sehe Hoffnungen, dass seine Wut auf dich bald verfliegt. Denn er hat mir verraten, wo Thranduil dich versteckt. Er will also nicht, dass du stirbst" erzählte der Hobbit und wieder funkelten große Hoffnungsschimmer in seinen nussbrauen Augen auf. Und dieses mal sprang der Funke über auf Tiara.

Verwirrt, dankbar und hoffnungsvoll sah sie zu Bilbo.

"Thranduil ist nicht sein Vater? Aber... diese Ähnlichkeit... und er hat dir gesagt, wo ich bin?"
Ein schwaches Lächeln legte sich auf das erschöpfte Gesicht der Elbin. Bilbo nickten langsam.

Einige Sekunden sagte niemand was. Dann ergriff der Hobbit wieder das Wort.

"Wie lange überlebst du noch ohne das Amulett?" fragte er besorgt.

"Ich weiß nicht. Ich glaube nicht mehr lange. Vielleicht noch ein paar stunden?! Vielleicht auch weniger" überlegte sie.

Bilbo schluckte. "Dann muss ich mich beeilen. Ich komme bald wieder Tiara. Bleib bitte am Leben. Ich beeile mich. Versprochen" sagte er und wollte sich vom Gitter abwenden, als Tiara ihn zurück rief.

"Bilbo?"

Der Hobbit blieb stehen und drehte sich um. "Ja?"

"Danke, dass du gekommen bist" rief Tiara leise.

Bilbo lächelte. "Ist doch klar".

Mit diesen Worten setzte er den Ring wieder auf den Finger, verschwand in der Dunkelheit und ließ eine zwar geschwächte, aber deutlich hoffnungsvolle Tiara zurück.

Er rannte so schnell er konnte durch den langen Geheimtunnel, erreichte den Festsaal, verschloss die Tür wieder und machte sich auf die Suche nach König Thranduil.

Nur er konnte den Schlüssel haben.

Und der Hobbit ahnte schon, wo sich der König aufhielt. Bei all seinen Streifzügen durch den Palast hatte er die Lieblingsplätze des Königs heraus gefunden. Der Thronsaal, sein Arbeitszimmer und der Kerker gehörten auf jeden Fall dazu.

Bilbo beschloss zuerst in seinem Arbeitszimmer zu suchen.

Und so rannte er die riesigen Gänge entlang, überquerte Brücken und traf ab und zu auf Wachen. Er war so in Eile, das er beinahe in einen jungen Elben hineingerannt wäre.
Gerade noch so schaffte es Bilbo, einen zusammenstoß zu vermeiden.

Der Junge Elb trug ein Tablett vor sich her, auf dem ein Krug mit Wein, ein Kelch und eine Schale Trauben standen. Anscheinend war er ein Diener.

Ein leichter Windstoß ließ ihn irritiert auf blicken. Doch er konnte im Gang nichts entdecken.

Etwas verwirrt zuckte er mit den Achseln und setzte seinen Weg fort, während sein unsichtbarer Wegkreuzer in die entgegengesetzte Richtung rannte.

Als der Junge Elb an den Kerkern vorbei kam, blieb er abrupt stehen. Hatte da nicht jemand seinen Namen gerufen?

Er horchte genauer hin.

"Dalion"

Die Stimme kam aus dem Kerker, welcher unbewacht zu sein schien. Der junge Elb sah sich im Gang um. Und als er sicher war, dass keiner in der Nähe war, betrat er den Kerker langsam.

Die meisten Verliese waren leer. Nur eins war besetzt. Und als Dalion sah, wer dort saß, hätte er beinahe das Silbertablett fallen gelassen.

"Legolas?" rief er verwirrt und eilte auf die Zelle zu, in der sein Prinz saß.

Legolas legte einen Finger auf die Lippen. "Schhh".

"Was ist passiert? Warum bist du eingesperrt?" fragte der junge Elb verwirrt.

"Das ist eine lange Geschichte. Du musst mir helfen" sagte Legolas leise.

Dalion zögerte. Nickte aber dann entschlossen. Er mochte den Prinzen. Er war so ganz anders als sein König.

"Ich könnte die Schlüssel stehlen" meinte der Diener und Legolas nickte.
"Du hast etwas gut bei mir" sagte der Prinz dankbar.

Schritte näherten sich dem Kerker. Dalion entfernte sich schnell von der Zelle seines Prinzen und eilte Richtung Korridor davon. Von hinten vernahm er noch ein leises danke.

Es dauerte nicht lange und Dalion kam zurück. Dieses mal ohne Tablett. Dafür aber mit einem Schlüsselbund.
Legolas' Augen leuchteten erfreut auf, als der junge Diener damit in den Kerker geeilt kam. Noch immer war der Kerkermeister nicht zurückgekehrt. Vermutlich hatte er während seiner Schicht zu viel Wein getrunken und schlief nun seelenruhig in irgendeiner Ecke.
Somit hatte Dalion freie Bahn.

"Ich schulde dir etwas" lächelte Legolas den Elb an, als dieser nach dem richtigen Schlüssel suchte.

"Nicht der Rede wert. Ich helfe euch doch gerne. Wie ist es den überhaupt so weit gekommen?" fragte der Diener, steckte einen Schlüssel ins Schloss, ruckelte daran, zog ihn wieder heraus und probierte den nächsten.

"Wie gesagt, eine lange Geschichte" meinte Legolas und Dalion wurde klar, dass die Antwort auf seine Frage zu weit in das private Leben des Prinzen ging.

Endlich hatte der Diener den richtigen Schlüssel erwischt, drehte ihn im Schloss herum und öffnete die Tür.

Legolas trat aus der Zelle und lachte ihn dankbar an. "Wenn du irgendetwas brauchst, dann erinnere mich, dass ich dir einen Gefallen schulde" sagte er und nahm dem Elb die Schlüssel ab.

Dalion nickte. "Was habt ihr nun vor?"

"Eine Freundin befreien, die ebenfalls unschuldig im Kerker sitzt. Du musst mir noch einen Gefallen tun, Dalion. Das ist der letzte, versprochen" sagte Legolas.

"Natürlich mein Prinz"

"Versuche zu verhindern, dass Thranduil weder in diesen Kerker, noch in den Südkerker geht, wo Tauriel sitzt" forderte Legolas.

Dalion war einen kurzen Moment darüber verwundert, dass Legolas seinen Vater beim Vornamen nannte. Er wusste ja nicht, wie kompliziert die Familienverhältnisse inzwischen geworden waren. 

"Ich werde es versuchen" meinte der Diener und nickte.

"Danke" konnte Legolas nur noch hervor bringen, bevor er den jungen Diener zurück ließ und mit den Schlüsseln Richtung Südkerker rannte.

Dort, in den Südkerkern, saß Tauriel am Boden ihrer Zelle, hatte den Rücken gegen die Steinwand gelehnt und starrte ins Leere. Auch ihre Gedanken schwirrten weit in der Vergangenheit, als die Zeiten noch friedlich und das Leben noch einfach gewesen war.

In ihren grünen Augen spiegelten sich Tränen. Sein Tagen schon saß sie hier und niemand hatte sich die Mühe Gemach sie zu befreien.

Sie, als Anführerin der Grenztruppen.
Ein leises Geräusch lies sie aus ihren Gedanken aufschrecken.

Vorsichtig lukte sie aus ihrer Zelle. Draußen war es düster. Nur ein paar Fackeln beleuchteten das Verlies.

Und dann kam er die Treppe hinab geeilt und zu ihrer Zelle gelaufen.

Legolas.

Tauriel stand abrupt auf. Ihre Augen leuchteten vor Hoffnung und Dankbarkeit.

"Legolas, ich bin so froh dich zu sehen. Ich hoffe, du hast einen Plan, wie du mich hier raus holst" empfing die Elbin den Prinzen.

"Viel besser" lächelte Legolas und zog  etwas hervor, was Tauriels Augen zum strahlen brachte.

Die Schlüssel.

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