Kapitel 5


Gideon

Schon am nächsten Tag gab ich öffentlich bekannt, dass ich zurücktrat und meinem Bruder die Krone übergab. Es war wichtig, dass das Volk wusste, dass diese Sache einvernehmlich vonstattenging. Auch, wenn es eigentlich nicht so war. Trotzdem musste ich Vorsorge betreiben, damit es zu keinen Problemen kam.

Danach blieb ich noch ein paar Tage, um Lionels farbenfroher Krönung beizuwohnen, weil es so Brauch war. Ich wollte immerhin niemanden das Gefühl geben, dass es zwischen uns Probleme gab. Zumindest niemanden außerhalb des Hofes. Am Hof selbst war es ein offenes Geheimnis, doch normalerweise drangen diese Dinge nicht hinaus. Unsere Diener waren alle sehr diskret.

Auf den ersten Blick wirkte die Bevölkerung zufrieden und alle schienen glücklich. Ich hoffte sehr, dass es so bleiben würde.

Allerdings wollte ich Lionels Fall nicht sehen und konnte den Tag unserer Abreise kaum erwarten.

Je länger ich hierblieb, desto stärker wurde das mulmige Gefühl in meinem Bauch. Ich konnte es einfach nicht abschütteln und hoffte verzweifelt, dass Vater falsch lag und die negativen Gefühle in Lionels Herz nicht die Oberhand gewannen.

Ich wollte keinen Grund haben jemals wieder in die Hauptstadt Hodor zurückzukehren. Mir lag ein freies Leben mehr und ich sehnte mich danach, Hodor endlich zu verlassen. Dann würde die Last endlich von meinen Schultern fallen.

Darum verdrängte ich meine Sorge auch so weit, dass ich alle Vorbereitungen treffen konnte. Es sollte der letzte Schritt in meinem Leben sein und dafür wollte ich gerüstet sein. Immerhin wollte ich nicht zurückkehren und dementsprechend musste ich auch Vorbereitungen treffen. Was Jace und Lucius nicht so ganz zusagte. Dennoch konnte ich alle meine Entscheidungen so erklären, dass es die Beiden nicht auf den Gedanken brachte, dass ich froh war, zu gehen.

„Die Karawane ist bereit, Mylord", verkündete Jace.

Mein Blick glitt von der Stadt zu meinem Freund und ich lächelte sanft. Er musste mich nicht mehr so ansprechen und trotzdem tat er es. Vermutlich würde es in den Anfängen niemanden so richtig stören, da auch viele Diener sich noch nicht daran gewöhnt hatte. Allerdings wusste ich, dass es Lionel immer wieder wütend machte. Noch ein Grund mehr, so schnell wie möglich zu gehen.

„Danke. Ich werde in ein paar Minuten da sein", antwortete ich, denn ich wollte den letzten Blick auf Hodor genießen, bevor ich das Schlafgemach des Königs für immer verlassen würde.

„Ja, Mylord", antwortete Jace und verließ den Raum.

Auch für mich war es schwer, mich daran zu gewöhnen, dass ich kein König mehr war. Schwerer, als ich es erwartet hatte.

Lionel war so gnädig gewesen und hatte mir erlaubt, in meinem Zimmer zu bleiben, bis ich Hodor verließ. Vermutlich, weil alles andere zu viel Aufwand bedeutet hätte. Lionel hasste Aufwand.

Ich sah mich ein letztes Mal im Raum um, bevor ich zurück zum Balkon ging und Hodor anstarrte. Die Schönheit der Stadt hatte mich immer in Erstaunen versetzt, egal wie oft ich sie betrachtete. Ich würde sie vermissen.

Noch einmal atmete ich den süßen, frischen Duft der Stadt ein, bevor ich mich umdrehte und zur Tür hinausging. Die Reise würde beschwerlich werden, denn die Insel Avalon war nicht leicht zu erreichen.

Auf dieser Reise würde Hodor nicht mehr dabei sein und ich würde in die nächste Phase meines Lebens eingehen.

Avalon, ich war auf dem Weg und würde auch dein Dasein verändern.

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