Worte statt Taten
Winterfell
"Mylady es gibt wirklich keinen Grund sich Sorgen zu machen," versuchte Maester Wolkan die aufgebrachte junge Frau zu beruhigen.
Sie lief unruhig in seinem Labor auf und ab, die Hand stets auf dem runden Bauch.
Mayisa kam einfach nicht zur Ruhe.
"Ihr seid noch nicht so weit.
Ziehende Schmerzen sind während den ganzen Monaten normal."
Ein rastloses Schnauben ertönte aus ihren vollen Lippen.
Den Maester beunruhigte es, dass sie nicht gelassener wurde.
"Ihr müsst versuchen runterzukommen und die Aufregung zu vergessen. Euer Körper ist schon genug mit der Schwangerschaft beschäftigt."
Mayisas Brauen krümmten sich unverständlich und sie verschloss ihre Arme vor der Brust.
"Nehmt es nicht persönlich, Maester Wolkan, aber ihr habt doch keinen Schimmer davon, was zurzeit in meinem Kopf vorgeht!"
Der alte Mann schreckte nicht vor ihrer lauten Stimme zurück.
"Ich habe euch untersucht und ein Mittel zur Besänftigung gegeben.
Vielleicht solltet ihr mit Lady Stark oder einer anderen Person über eure Sorgen reden. Aussprache kann helfen das Erdrückende zu erleichtern."
Ein leichtes Lächeln bildete sich auf dem jungen Gesicht.
Lady Tiryr nickte dem Mann dankbar zu und verließ dann ohne Weiteres das Zimmer.
Die Kälte war fast vollkommen verschwunden.
Der Norden war immer noch kühl, wie immer, doch der Schnee war komplett geschmolzen.
Hin und wieder gab es kalte Tage, die nach einer weiteren Schicht Stoff verlangten, doch Mayisa konnte bereits ohne Handschuhe wieder hinausgehen.
Das Wetter würde nicht viel wärmer werden, wie Sansa ihr erst gestern gesagt hatte.
In Winterfell waren die Sommer nicht besonders warm.
Es ließ Mayisa immer mehr mit dem Gedanken spielen nach Volantis zurück zu kehren, nur der Wärme wegen.
Schnurstracks lief sie zum großen Saal.
Es fand ein Treffen dort statt.
Der übrig gebliebenen Lords, die hier auf Winterfell verweilten.
Die letzten Wochen hatte Mayisa alles mögliche vermieden, was mit vielen Menschen zu tun hatte.
Sie lief unruhig durch die großen Tore und trat in den Saal ein.
Um einen Tische in der Mitte waren Bran, Sansa und einige andere versammelt. Ein Dothraki war anwesend, was die Lady augenblicklich verwunderte.
Schweigend stellte die Braunhaarige sich neben die Lady von Winterfell.
Sansa sah überrascht zu ihr.
Ihre Stirn runzelte sich verwirrt.
"Ich freue mich, dass du dich wieder bei einem der Treffen zeigst," lächelte Lady Stark der Schwangeren entgegen.
Mayisa nickte nur stumm.
Das Gesicht blieb ernst.
Ihre Augen registrierten, dass vereinzelte Anwesende Blicke auf ihren Bauch warfen.
Immer wieder bekam sie solche Blicke zugeworfen.
Für einige war sie immer noch nur eine unbedeutende Lady, die das Kind des Königs in sich trug.
"Gibt es etwas neues?", fragte Mayisa mit steinhartem Ausdruck in ihrem Gesicht.
"Wir mussten eine weitere Niederlage einstecken," berichtete die kleine Lyanna Mormont.
Die kindliche Stimme ließ einen Stich in dem Herzen von Lady Tiryr zurück.
"Jon ist am Leben," fügte Sansa hinzu, um ihre Freundin zu beruhigen.
Man konnte das erleichterte Ausatmen hören.
"Aber ein Ende ist noch lange nicht in Sicht," meldete sich einer der älteren Lords zu Wort. Mayisa erkannte ihn nicht.
"Es gibt viele Verluste zu beklagen.
Die Lennisters haben eine größere Streitkraft, als erwartet.
Inmoment sieht es nicht gut aus für uns. Die Strategie unserer Feinde ist zu gut durchdacht."
"Wo wurde die Armee geschlagen?", fragte Lady Tiryr neugierig nach.
Sie stützte sich auf den Tisch ab und beugte sich über die riesige Karte.
"Bei den Zwillingen," gab Brandon Stark in ruhigem Ton von sich.
Ein nervöses Lachen ertönte aus dem Mund der Schwangeren.
Es ließ alle in der Runde verwirrt aufhorchen.
Sie schüttelte den Kopf über sich selbst.
Sansa hatte besorgt zu ihr aufgesehen.
"Wieso verbrennt Jon nicht einfach den Roten Bergfried?"
Ungeduldig begann ihr Fuß auf und ab zu wippen.
"Weil er genau dann die Erwartungen seiner Gegner erfüllt:
Ein wahnsinniger Targaryen, der alles mit Feuer löst."
Vielsagend fuhr Sansa sich durch die Haare.
Mayisa presste die Lippen aufeinander und legte ihren Kopf schief.
Ihr Körper richtete sich wieder auf, doch drehte sie sich dann von der Karte weg.
"Haltet mich einfach auf dem Laufenden," murmelte die junge Frau zu den Stark Geschwistern.
Sansa griff instinktiv nach dem Handgelenk ihrer Freundin, als diese sich zum Gehen wandte.
"Mayisa, warte..."
Die Braunhaarige schaute verblüfft auf. Die blauen Augen musterten die Lady von Winterfell aufmerksam.
"Du solltest dich nicht so zurückziehen... hab Teil an unseren Treffen."
Ein genervter Seufzer war zu hören.
Sie entriss ihren Arm aus dem Griff ihrer Vertrauten und schüttelte dann bestimmend den Kopf.
"Ich bin lieber alleine."
"Aber du kannst nicht stundenlang vor den Mauern verweilen, oder dich sogar in noch größere Gefahr geben, indem du in den Wald gehst."
"Ich habe Geist bei mir, es wird nichts passieren."
Unbekümmert drehte sich ihr Oberkörper zum Gehen.
Mayisa hatte ohne weiteres das Gespräch beendet, was Sansa empört aufschnappen ließ.
Doch sie machte sich keine Mühe ihr hinterher zu gehen und schaute ihr nur bedrückt nach, wie die Schwangere den Saal verließ.
Kriegslager
Schmunzelnd starrte das warme braune Auge zu Tormund.
Auf dem Schoß des Rothaarigen saßen zwei aufreizende Frauen, welche ihn mit Freude befummelten.
Das Gelächter der vielen Soldaten, ließ des Königs Herz aufspringen und für einige Momente sogar sorgenfrei umherschauen.
Er saß an einem langen Tisch, mit vielen angetrunkenen Männer, die das rare Bier in sich hinein kippten.
Heute hatten sie vorerst einen Sieg errungen.
Drei Monate dauerte der Krieg bereits.
Davos saß stumm, wahrscheinlich als einziger noch völlig nüchtern, neben dem Targaryen.
Jon hielt einen großen Bierkrug in der Hand. Erneut nahm er einen Schluck des kalten Getränkes.
Er war König, doch hatte er keinen blassen Schimmer, woher auf einmal all die Frauen kamen.
Einige waren hier als Köchinnen oder Mägde tätig, doch andere widerum schienen professionelle Prostituierte zu sein.
Es war wohl im Krieg üblich, dass die Frauen sich so ihr Geld verdienten.
"Reizt es euch nicht?", erkundigte der Drache sich neugierig nach dem alten Ritter.
Ser Davos hob den Kopf.
Seine Stirn hatte sich gerunzelt.
"Reizt es etwa euch?", stellte er dem Lockenkopf die Gegenfrage.
Jon grinste zufrieden.
Seine Pupille beobachtete genau wie eine der Frauen sich den Rock hochzog und begann die Hüften auf einem der Männerbeine kreisen zu lassen.
"Ich würde lügen, wenn nicht."
Der König lachte erheitert auf.
Unberührt folgten die Augen des alten Mannes dem Blick des Drachen.
Seine Mimik zeigte keine Veränderung.
"Ihr seid doch kein Eunuch, Ser Davos?
Was hindert euch daran ein bisschen Spaß in diesen dunklen Zeiten zu haben?"
Ser Davos fiel auf, dass Jon nur noch seine Lederausrüstung trug.
Sonst hatte er die metallene Schicht nur dann ausgezogen, wenn er Schlafen gegangen war.
Fühlte er sich nun sicherer, nachdem sie einmal gesiegt hatten?
"Diese Mädchen könnten meine Töchter sein."
Wieder lachte der König herzlich auf.
Davos erfreute es, den jungen Mann wieder einmal so fröhlich zu sehen.
Zumindest für einen Moment.
"Ich finde die Körper beeindruckend, aber wenn ich in die Gesichter schaue, sehe ich nur Mayisa.
Überall..."
Ruckartig war der Targaryen bedrückter geworden.
Davos hatte zu Tormund gesehen, welcher nun begonnen hatte mit einer der Damen wild zu knutschen.
"Euer Herz schlägt nun mal nur für sie... und das ist auch gut so."
Ermutigend lächelte der Ritter seinem König zu.
"Ich hoffe ihr geht es gut... Sie wird etwa in dem 6.Monat der Schwangerschaft sein..."
Wieder hatte Jon diesen trübseligen Blick wie eh und je auf seinem Gesicht.
"Also noch 3 Monate, bis das Kind auf die Welt kommen sollte," stellte Ser Davos fest.
Sein König nickte nur und begann hastig in einer der wenigen Seitentaschen des Leders herumzukramen.
Der alte Ritter beobachtete ihn dabei ganz genau.
Es ließ Verwirrtheit in seinem Gesicht zurück, als Jon ein verschlossenes Stück Papier hervorholte.
Das blutrote Siegel war noch unberührt.
"Ein Bote brachte mir heute diese Nachricht aus Winterfell..."
Niedergeschlagen riss er das Siegel mit den Wölfen auf.
Aus dem Hals des Targaryen ertönte ein erschöpfter Seufzer.
Nervös zog er an der Augenklappe herum, während er das Papier auseinanderfaltete.
"Was ist, Euer Gnaden?", fragte Davos besorgt nach.
Er konnte Tränen in dem braunen Auge sehen.
Das Gesicht von Jon verzog sich widerwillig und er fasste sich mit der einen Hand an den schwarzen Bart.
"Der Brief ist von Mayisa."
Beide Männer schluckten bedrückt, als der König sein Auge zu den geschriebenen Worten wandte.
Jon,
mein Wolf,
mein Drache,
mein Herz.
Worte können es gar nicht zu Papier bringen, wie sehr ich dich vermisse.
Jeder Herzschlag in meiner Brust gilt dir.
Ich werde nichts beschönigen.
Nichts fehlt mir mehr, als deine Anwesenheit.
Mir geht es nicht gut.
Jeden Tag versuche ich mich abzulenken, mit Arbeit meine Gedanken von dir zu lösen, doch es klappt nicht immer.
Dieser Krieg ist nötig, das weiß ich.
Du musst dir dein Königreich zurück holen.
Es ist dein Geburtsrecht auf dem Thron zu sitzen.
Und doch zerreißt mich der Gedanke immer mehr, dich als König von diesem grausamen Land zu sehen.
Es wird noch gefährlicher werden.
Jeden Tag, wenn ich morgens aufstehe, erschleicht mich erneut die Angst, dass du bereits gefallen sein könntest.
Was würde ich dann tuen?
Schreien. Tagelang würde ich nur Schreien.
Über diese Ungerechtigkeit.
Die Gnadenlosigkeit in diesem Land.
Doch dann würde ich mich aufrappeln, so wie ich es immer tue.
Sansa würde womöglich für mich bürgen, und wir würden einen Plan schmieden.
Wir würden eine Lüge erfinden, die erzählt, dass du und ich heimlich geheiratet hätten, damit das Kind nicht als Bastard auf dieser Welt leben müsste.
Ich hätte einen Targaryen auf die Welt gebracht.
Jon, ich spüre unser Kind bereits.
Hin und wieder wache ich inmitten der Nacht auf, da es mich wieder getreten hat.
Es sind wohl eine der angenehmsten Schmerzen, die ich jemals empfinden werde.
Alle schauen mich an, Jon.
Jeder starrt verstohlen auf meinen Bauch.
Ich will die Gedanken der Leute nicht hören, doch kann ich es mir selbst denken, was sie davon halten.
Sie schauen mich abwertender an wenn du nicht da bist, mein Drache.
Im ersten Krieg, den ich mit dir erlebt habe, hast du um deine Heimat gekämpft.
Du hast für das Haus, das dein Leben bestimmt hat, um dein Leben gerungen.
Und du hast gesiegt.
Im zweiten Krieg hast du dich mit allen Mitteln mit Daenerys verbündet, damit die Chance höher ist gegen die Toten zu gewinnen.
Und du hast gesiegt.
Nun ist es bereits das dritte Mal, dass ich dich in Schlachten ziehen lasse, damit du deine Pflichten tuen kannst.
Ich werde mich nie daran gewöhnen.
Mein Körper findet keine Rast.
Es umringen mich viele Menschen auf dieser Burg, doch fühle ich mich vollkommen alleine.
Sansa versucht mich immer aufzumuntern, obwohl ich doch traurig sein möchte, weshalb ich mich an Bran wendete.
Stundenlang kann ich bei ihm sitzen, in das Feuer starren und mir Geschichten von ihm anhören.
Er erzählt mir alles über die Vergangenheit, was ich wissen möchte.
Ich weiß, was du jetzt sagen würdest:
"Es ist gefährlich nur in der Vergangenheit zu schwelgen."
Das ist es in der Tat.
Aber Bran weiß Dinge, die nur ein Rabe hoch oben aus der Luft sehen kann.
Jemand der über alles wachen kann.
Und so weiß er auch, wie genau Daenerys Targaryen starb.
Wir haben nie über ihren Tod geredet, was wir definitiv hätten tun sollen, Jon.
Die Lanze traf ihr Herz, so Bran.
Es war eine Lanze aus dem Geschoss, dass Tyrion betätigt hatte um den Eisdrachen zu töten.
Nur flog Drogon genau in die Schusslinie, weshalb es seine Mutter traf.
Doch sie zog mit all ihrer Kraft die Lanze aus dem Herzen und warf es auf ihr auferstandenes Kind.
Das ist es, was Bran mir erzählte.
Ich wollte es dir schreiben, damit es schwarz auf weiß steht und diese Geschichte weiter erzählt wird.
Denn Daenerys verdient es, an sie erinnert zu werden.
Ich warte, Jon.
Ich werde ewig warten.
Und dann wirst du zurückkehren.
Und ich werde dich unendlich lang lieben.
Mayisa.
Der Drache schluckte.
Eine Träne kullerte aus dem braunen Augen und brannte sich gnadenlos durch die Haut.
Die schwarzen Brauen waren schmerzlich verzogen, da er sich vorstellte wie seine wunderschöne Mayisa an einem Tisch saß und diese Worte geschrieben hatte.
Womöglich ebenfalls mit Tränen.
Schmerzlich kniff er sein Augen zusammen und ballte die Faust.
Hastig stand der Targaryen auf, schmiss dabei den hölzernen Stuhl um, auf dem er gesessenen hatte.
"Ich muss diesen Krieg als Sieger beenden!", knurrte es gefährlich zwischen seinen Zähnen hervor.
Dann drehte sich der König um und verschwand in der dunklen Nacht.
In der Ferne war das bedrohliche Brüllen von Rhaegal und Drogon zu hören.
100.Kapitel🎉!
Lasstn Kommi da :)
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