Winterfell
Gefasst blickte sie zu Jon Schnee hinauf.
Er musterte sie noch immer besorgt und hielt ihr seine Hand hin.
Die Handschuhe, die er trug waren voller Blut und Dreck.
Mayisa war den Geruch von Blut gewohnt.
Dieser rostige Geruch verfolgte sie seit Jahren.
Doch fand sie, dass es nicht zu Jon passte.
"Wirst du Ramsay töten?"
Sie griff mit ihren kalten Fingern nach der blutigen Hand und er zog sie augenblicklich hoch.
Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie die Kraft in seinem Arm spürte und er sie mit einer Leichtigkeit hochziehen konnte.
Doch sofort spürte sie wie ihr Kopf laut brummte und höllisch schmerzte, weil sie so schnell aufgestanden war.
"Ich habe Sansa diese Entscheidung überlassen.
Sie soll überlegen wie er sterben soll."
Mit verzerrtem Gesicht hielt sie sich den Kopf und schwankte.
Sofort umklammerte Jon ihre Taille und hielt sie behutsam fest.
"Komm lass uns nach Winterfell reiten.
Ich möchte dir mein Zuhause zeigen."
Ein liebliches Lächeln, trotz Schmerzen, erschien auf ihrem Gesicht und sie strahlte ihn freudig an.
"Du musst gut im Töten sein..."
Ihr Blick lag auf seinem Gesicht, dass einige Kratzer trug, doch sah seine komplette Rüstung noch brutaler aus.
Das Blut anderer klebte wie eine zweite Hautschicht auf dem Leder.
Als wenn es zu Jon dazugehören würde.
"Mir gefällt dieses Talent nicht besonders..."
Sie nickte ihm nur stumm zu und schaute dann in seine braunen warmen Augen.
Sie waren noch die allerselben sanften Augen.
Es lag keine Verbitterung oder Brutalität in ihnen, nur bloßer Friede.
Sie waren der einzige Teil des Körpers, der nicht von Blut bedreckt war.
"Nun komm," unterbrach Jon ihr Schweigen.
Die Lady nickte und blieb fest in seinen Armen, als beide hinaus liefen.
Mühelos hob Jon sie auf ein Pferd und setzte sich dann hinter sie.
Er nahm die Zügel in die Hand und führte das Pferd Richtung Winterfell.
Schweigend ritten sie auf den Hügel hinauf.
Im Tal konnten Berge erkannt werden.
Es musste das Schlachtfeld sein.
Jon leitete das Pferd so weit oben wie möglich, damit ihr Blick nicht noch mehr das Grauen erkennen konnte.
Er wollte sie nicht mit dem Gedanken belasten, dass all dies mal atmende Menschen gewesen waren und sie nun nie wieder zurückkehren würden.
"Wie macht ihr das...
Die Familien müssen doch benachrichtigt werden," fragte sie geknickt, den Blick starr auf das Schlachtfeld.
Tausende tote Männer und Pferde lagen mit weit aufgerissenen Augen in Blutlachen.
Der stinkende Geruch war bis hierher zu vernehmen und es ließ Mayisa gleich in Tränen verfallen.
Sie schluckte den Schock und die Trauer herunter.
"Wir werden sie alle verbrennen.
Es ist beinahe unmöglich die Männer zu identifizieren," sagte er ruhig.
"Stell dir nur vor...," fing sie an.
"Diese Männer werden nie wieder das Licht der Sonne erblicken.
Nie wieder werden sie die Wärme auf der Haut spüren.
Nie wieder werden sie ihre Tochter in den Armen halten können oder Gefühle für eine Frau hegen können.
Ihre Herzen stehen still für immer."
Jon schaute zu ihrem Kopf, der immer noch auf die Leichenberge gerichtet war.
"Du denkst viel zu gut von den Menschen, mein Engel."
Ruckartig drehte sich ihr Kopf zu ihm und sie schaute ihn liebevoll an.
Dieser Spitzname strahlte so viel Liebe aus, dass sie ihn am Liebsten dauernd aus seinem Mund hören würde.
"Diese Männer werden auch nie wieder die Möglichkeit haben Frauen zu vergewaltigen.
Sie werden nie wieder rauben und plündern können.
Sie werden nie wieder töten können."
Ihr Kopf drehte sich wieder weg und sie atmete tief ein.
"Du hast Recht, mein Wolf."
Jon's Herz machte einen Satz, als sie ihn so nannte und er wusste gar nicht wie er seine Freude unterdrücken sollte.
Es machte ihn so glücklich, dass sie ihn Wolf nannte.
Sie tat es weil der Schattenwolf das Tier der Starks war.
Sie erkannte ihn als vollen Stark an.
Er hatte sich sein ganzes Leben lang nichts sehnlicher gewünscht, als von Menschen als Stark anerkannt zu werden.
"Ich weiß, was Sansa mit Ramsay vorhat.
Sie erzählte es mir einst, als wir zusammensaßen und redeten."
Sie legte eine kurze Pause ein.
Man konnte nur die Schritte des Pferdes hören und den Wind der um sie herum pfeifte.
"Ich möchte, dass mein Bruder in einen der Hundezwinger gebracht wird.
Schließt das Gitter ab und lasst ihn hören was mit Männern wie ihm und Ramsay geschieht, wenn Gerechtigkeit siegt."
Beeindruckt blickte Jon auf ihre weichen glänzenden Haare.
"Wenn du es so wünschst."
Nur ein Nicken kam von ihr.
Mit leichtem langsamen Schritt lief das Pferd durch den mächtigen Torbogen von Winterfell.
Die gewaltigen Mauern beeindruckten und faszinierten Mayisa.
Jon blickte hinauf zu den Details der Steine.
Die Köpfe der steinernen Wölfe waren abgeschlagen worden.
Schnee hielt das Pferd an und stieg rasch aus dem Sattel.
Mayisa folgte ihm und glitt leise von dem Rücken des Pferdes.
Ein paar Männer schauten auf, blieben jedoch schweigsam.
Es wurden tote Körper hinweggetragen und Pfeile aus Körperteilen herausgezogen.
Einige räumten das Durcheinander der Schmiede oder des Sattlers auf, andere befestigten Decken an Holzstämmen um den Schnee abzuhalten.
Es schien fast komplett still.
Bis auf ein paar Wortwechsel schien keiner ein Wort zu verlieren.
"Ich sollte mich um die Verletzten kümmern," sagte Mayisa und wollte gerade an Jon vorbei laufen, doch er hielt sie bestimmt am Arm fest.
"Du bist selbst verletzt.
Es gibt genug Heilerinnen und Sanitäter."
"Jon, ich möchte aber helfen..."
Er schüttelte ernst den Kopf.
"Du wirst dich ausruhen.
Das ist ein Befehl von deinem Kommandanten."
Ein Schmunzeln fuhr ihr über die Lippen.
"Achja?"
Langsam kam sie ihm näher und näher.
Sie ließ seine Augen nicht aus ihrem Blick und spürte wie die Anziehung ihm gegenüber immer stärker wurde.
Gerade als sie ihre Hände an seine Wange legen wollte, drückt er sie sanft, aber entschlossen von sich weg und schüttelte den Kopf.
Sein Blick schweifte umher und er schaute die Männer prüfend an.
Sie seufzte, weil sie wusste weshalb er das tat.
Jon wollte sie nicht in Gefahr bringen.
Er schaute sie bedeutend an und zog die Augenbrauen hoch.
Dann drehte er sich um und lief geradewegs eine breite Holztreppe hoch.
Mayisa folgte ihm zögerlich.
Mit gesenktem Blick folgte sie ihm in ein Zimmer.
Sanft schloss die Tür hinter sich.
Als sie sich herumdrehte, konnte sie gar nicht so schnell schauen, da hatte sie auch schon seine Lippen auf ihren.
Ein glückliches Lächeln bildete sich auf ihrem Mund und sie legte beide Hände seinen Nacken.
Nur nebenbei nahm sie das klebrige Blut an ihren Händen war.
Auch ihr wunderschönes Kleid war ihr völlig egal, als sie ihren Körper an ihn presste und es somit ebenfalls mit Blut beschmutzte.
Jon merkte wie sehr er ihre Nähe allein in den letzten Stunden vermisst hatte.
Er war so froh überlebt zu haben und ihre wunderbaren weichen Lippen auf seinen zu spüren und ihre warmen Finger in seinem Nacken zu fühlen.
Sie raubte ihm jeglichen Verstand und Sinn für Realität wenn sie ihn so innig küsste.
Er könnte ewig hier so stehen und einfach nur mit ihr alleine sein.
Sie ließ ihn jegliche schmerzhaften Erinnerungen vergessen er konnte all die Gedanken, die ihn seit Monaten verfolgten, für einige Momente loslassen.
Obwohl er sich auf irgendeine Art und Weise ihr gegenüber schwach und verloren fühlte, so hoffte er doch, dass dieses Gefühl niemals verschwinden würde.
Mayisa löste sich leicht und langsam die Lippen von seinen, blieb ihm aber dennoch so nah wie möglich.
Sie konnte seinen wohligen warmen Atem auf ihrer Haut spüren.
Ein sanftes Lächeln von ihm erwärmte ihr Herz und sie wollte niemals von diesem wunderschönen Gesicht wegschauen.
"Ich möchte dir den großen Saal zeigen," meinte Jon und schaute ihr tief in die Augen.
Einige Augenblicke später schaute Mayisa den langen steinigen kalten Saal entlang.
Es stand nur ein großer langer Tisch am Anfang des Raumes.
Der Saal war nicht sonderlich beeindruckend.
Er prahlte nicht mit auffälligen Verzierungen oder wertvollen Details.
Es passte zum Hause Stark und Mayisa fühlte sich auch sofort wohl in diesen Wänden.
"Wenn meine Familie ein Fest feierte saßen alle genau an diesem Tisch.
Und ich saß dort hinten."
Seine Arm streckte sich in Richtung Ende des Raums und er deutete mit dem Finger in die Ecke.
Auf einmal erschien Lady Melisandre neben Mayisa und sie schreckte ungewollt zurück.
Geschockt blickte sie zu der roten Frau.
Jon schaute auf und sah zwischen beiden Ladys hin und her.
Noch genau konnte er sich an den Tag erinnern, als diese Frau sich vor ihm offenbart hatte und ihn mit offenen Schenkeln verführen wollte.
Er hatte sogar ihre Brustwarzen angefasst.
Augenblicklich bekam er ein schlechtes Gewissen gegenüber Mayisa, obwohl er sie damals noch nicht kannte.
"Ihr hattet wenigstens eine Familie, Jon Schnee," gab Melisandre von sich.
Jon wollte gerade etwas darauf erwidern, doch da kam Mayisa ihm zuvor:
"Sein Name ist Jon Stark, Mylady."
Melisandre blickte leicht belustigt zu der jungen Lady, verbeugte jedoch ergiebig den Kopf.
"Du musst nicht jeden darauf hinweisen, Liebste.
Ich komme mit meinem normalen Namen auch zurecht."
Mayisa schaute zu Melisandre, die unbeeindruckt drein blickte.
Sie hatte den Eindruck, dass ihr nicht zu vertrauen war und leiden konnte sie sie auch nicht.
Warum nannte er sie so vor dieser missvertrauenswürdigen Person?
Trotzig blickte sie zu Jon, der sie nachdenklich musterte.
Er schien zu merken, dass es sie beschäftigte, da Melisandre nun anwesend war.
Eine weitere Person beglückte die Liebenden mit ihrer Anwesenheit.
Ser Davos jedoch, war nicht friedlich, sondern lief leicht wütend auf die drei Anwesenden zu, den Blick starr auf Melisandre gerichtet.
Mit einem schnellen Wurf, warf er etwas zu der roten Frau, die das kleine Ding auffing und dann in einen schuldigen Blick verfiel, als sie den Gegenstand erblickte.
Sie musste es kennen, dachte Mayisa sich.
"Sagt ihnen wem dieser geschnitzte Hirsch gehört hat!"
Die Stimme des alten Mannes war aufgebracht und wütend.
Es war ungewohnt und komisch Davos so zu hören.
Mayisa hatte ihn immer als friedlichen klugen Mann gesehen.
Melisandre sah nun schuldig von Jon weg und blickte auf den Boden.
"Es gehörte der Prinzessin Shireen Baratheon..."
"Sagt ihnen, was ihr mit ihr gemacht habt!"
Davos Faust zitterte und er hatte die Zähne zusammengebissen.
Die rote Frau schluckte und sah auf das Holz in ihren Händen.
"Wir verbrannten sie auf dem Scheiterhaufen."
Mayisa schluckte und machte ein paar Schritte in Jon's Richtung.
Sie wusste nicht warum, doch griff sie instinktiv nach seinem Arm und umklammerte ihn mit beiden Händen.
"Ich erlaube mir euch zu raten diese Frau hinzurichten.
Sie hat das Verbrechens gestanden," sagte Davos entschlossen.
Jon schnaufte und schaute nun zu der roten Frau.
Er war wegen ihr am Leben, das wusste er.
"Habt ihr irgendetwas zu eurer Verteidigung zu sagen," fragte er sie ruhig.
"Ich bin schon lange bereit zu sterben, Jon Schnee.
Doch der Herr hat noch einiges vor und ihr wisst, dass ich euch helfen kann den Krieg gegen die Toten zu gewinnen.
Ich habe nur getan, was mein Herr verlangt hat."
"Wenn euer Herr verlangt Kinder zu verbrennen, dann ist euer Herr böse!
Ich habe dieses Kind geliebt wie mein eigenes!
Sie war lieb, reizend und gütig!
Und ihr habt sie getötet!"
Davos machte ein paar Schritte auf Melisandre zu, welche nun schuldbewusst und mit traurigem Gesicht drein blickte.
"Ich habe mich geirrt," sagte die Priesterin mit schwacher Stimme.
Davos schnaubte.
"Wie viele mussten sterben, weil ihr euch geirrt habt?"
Mayisa holte tief Luft und sah Jon seitlich ins Gesicht.
Sein Kopf schien zu arbeiten und er schien zu überlegen.
Nachdenklich biss sie sich auf die Lippen und sah dann zu Lady Melisandre.
"Heute wurde schon genug Blut vergossen.
Reitet nach Süden.
Wenn ihr jemals in den Norden zurückkehren solltet, lasse ich euch wegen Mordes erhängen."
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Wir kommen voran!
lg
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