Voryras

Es war schon stockdunkel und die Nacht war eiskalt, als Jon den Vorhang von dem Zelt seiner Schwester öffnete.
Trotz der späten Stunde schien seine Schwester noch wach zu sein, denn sie saß an einem Tisch und schrieb anscheinend etwas.

"Sansa," begrüßte er mit ruhiger Stimme seine Schwester.
Die rothaarige Lady wirbelte mit dem Kopf herum und sah ihn ertappt an.
Rasch legte die die Papiere zusammen und räumte Feder und Tinte auf.

"Jon," sagte sie überrascht und erhob sich von ihrem Stuhl.

"Was machst du da?"
Jon versuchte neugierig hinter sie zu schauen um zu erspähen, was sie dort geschrieben hatte.

Sansa lächelte verhalten und schüttelte den Kopf.
"Es ist nichts."

Ihr Bruder zog die Augenbrauen hoch und schaute sie prüfend an.

"Jon, vertrau mir einfach."

Er seufzte und nickte widerwillig.
Seine Hand wanderte zu seinem Kopf und er rieb sich die Schläfen.
Langsam und nachdenklich ging er auf und ab und schaute zweifelnd zu Boden.

"Was ist denn? Weshalb bist du hier?"

Weiterhin lief er nervös auf und ab.
"Ich bin im Streit mit ihr auseinandergegangen."

"Mit Mayisa?"

Ihr Bruder nickte und schaute traurig zu Sansa.

Sie legte den Kopf schief und schaute nachdenklich zu ihrem Bruder.
"Daran kannst du jetzt nichts ändern.
Aber deine Gedanken sollten nicht nur darum kreisen.
Du hast eine ganze Armee hinter dir stehen!"

Ein Brummen entwich ihrem Bruder Jon und ließ sich auf einen Hocker nieder.
Mitleidig ging seine Schwester zu ihm und kniete sich vor ihn.
Sanft legte sie ihren Hand auf sein Knie und blickte sein niedergeschlagenes Gesicht an.

"Denk an Rickon!
Denk an Winterfell!
Denk an deine Familie!
Wir müssen die Schlacht gewinnen und du solltest dich nicht runterziehen lassen von ihr.
Das ist genau das, was ich befürchtet habe wenn du dich während einer bevorstehenden Schlacht auf ein Mädchen einlässt.
Sieh nur was es mit Robb gemacht hat."

Jon's schaute ruckartig zu ihr auf und er verzerrte schmerzhaft das Gesicht.
"Das ist nicht dasselbe."

"Natürlich ist es das.
Robb hat dieses Mädchen geheiratet obwohl er einer anderen Frau versprochen war und das hat ihm sein Leben gekostet.
Du bist zwar kein König, doch Mayisa Tiryr scheint dich genauso aus der Fassung zu bringen."

Seine Augen schlossen sich und er runzelte die Stirn.
Jon wusste, dass Sansa Recht hatte.
Er hatte schon immer die Befürchtung gehabt es würde ihn eines Tages das Leben kosten.
Liebe hatte in dieser Welt viel zu viel Schmerz und Unheil angerichtet.
Ygritte hätte überlebt und wäre nicht von ihm abgelenkt geworden, wenn sie ihn nicht geliebt hätte.
Jon hätte die Wildlinge niemals so sehr sympathisiert, wenn er Ygritte nicht geliebt hätte.
Und er war dafür gestorben die Wildlinge durch die Mauer zu lassen.

"Ich werde mich zusammenreißen."

"Gut!"
Sansa erhob sich und lief zu einer Kerze um sie erneut anzuzünden.

"Ich bin auch hergekommen, weil ich denke, dass wir beide uns mehr unterstützen müssen.
Wir müssen zusammenhalten."

Sansa nickte zustimmend und musterte ihren Bruder.
"Ja, das sollten wir."



"Wieso erzählst du mir dann nicht von dem, was du geschrieben hast?"

Seufzend drehte sie sich herum und schaut nachdenklich zu Boden.
"Weil du es nicht wissen musst und es nur unnötig wäre dir davon zu erzählen."


"Ich bin der Kommandant dieses Lagers. Ich muss wissen was hier vorgeht."

"Und ich bin deine Schwester und Lady Stark von Winterfell.
Ich muss dir gar nichts erzählen!"

Brummend verließ Jon das Zelt seiner Schwester.










Währenddessen warteten Brienne, Davos und Mayisa in Weißwasserhafen mit der Truppe von Begleitern auf ihren Bruder.
Die Nacht war dunkel und das Wasser wurde nur von dem hellen Schein des Mondes beleuchtet.



Neugierig blickte Mayisa umher.
Es liefen einige angetrunkene Männer und Frauen mit lautem Gelächter über die Stege und aus dem Wirtshaus heraus.
Sie erblickte von hinten einen jungen Mann mit schwarzem glatten schulterlangem Haar.
Seine Kleidung war edel und er hatte eine Frau fest in seinem Arm.
Er lachte laut und gehässig.
Mayisa runzelte die Stirn.


Als der Mann sich herumdrehte, um nach der zweiten Frau zu sehen, zuckte Mayisa zusammen.


"Da!"rief sie und deutete auf den ihr allzubekannten jungen Mann.


Ihr Bruder lachte sein typisches gehässiges Lachen und er nahm nun auch die andere Dame in seine starken Arme.
Erschrocken darüber, wie sehr er doch noch gewachsen war und sie breit und kraftvoll er wirkte, starrte sie ihn an.

"Echt höflich, so auf uns zu warten," meinte Davos und lief den Steg hinüber aufs Festland.
Mayisa schluckte und folgte hinter Brienne zu ihrem Bruder.


"Ser Davos Seewert ist mein Name, Mylord."
Der alte Mann blickte zu dem leicht angetrunkenen Mann, der mit beiden kichernden Frauen herumwirbelte und den Ritter abwertend musterte.

"Na und? Was interessiert mich das? Schert euch weg."

Überrascht von seinem unfreundlichen Ton drehte Davos den Kopf zu Mayisa, die nun zwischen Brienne und ihm hervor trat.

"Voryras, ich bin es.
Deine Schwester."
Sie lächelte glücklich und sah ihren älteren Bruder liebevoll an

Sein Blick schien sich nicht zu verändern und er machte auch keine Anstalten dafür, dass er sie herzlich umarmen würde.
Die verhoffte liebevolle Wiedervereinigung blieb für Mayisa aus.
Voryras war nun mal nicht Jon.
Und Mayisa war nicht Sansa.


"Es freut mich, dass du wohlauf bist, Schwester."

Mayisa nickte freudig schaute ihn anhimmelnd an.

"Da ich von deinen Briefen wusste, dass Talisa irgendeinen König Robb hier geheiratet hatte, dachte ich du wärest mausetot, denn die Nachricht von seinem Tod gelangte bis nach Essos."
Emotionslos und unbesorgt schaute er zu einem der Frauen.


"Du solltest dir ein Pferd suchen, wir werden gleich weiterreiten.
Wie viele Soldaten hast du dabei?"


"Es sind Sklavensoldaten.
Nenn es beim Namen, Schwesterchen.
Es müssten an die 500 sein."

Sie zog erstaunt die Augenbrauen hoch und schaute euphorisch zu Ser Davos, in dessen Augen auch etwas aufblitzte.

"Wohin wirst du mich denn führen?
Was hast du für die Zukunft vor?"


Sie machte ein paar Schritte auf ihn zu und lächelte ihn an.
"Ich werde hier in Westeros bleiben.
Es gefällt mir hier besser und ich glaube auch für dich wäre es gut um alles hinter dir zu lassen.

Wir werden weiter in den Norden reiten, zu Jon Schnee und Sansa Stark.
Sie sind die Erben von Winterfell und ich habe ihrer Familie jahrelang gedient.
Sie werden-"


"Was soll ich bei Leuten, die ich nicht kenne?
Du wirst mit nach Volantis zurück kommen.
Unser Haus hat dort einen Ruf, den wir hier uns erst erarbeiten müssten," unterbrach er sie.

Sie schnappte nach Luft und überlegte über ihre nächsten Worte.
"Ich werde hier bleiben und du kannst mich nicht davon abbringen.
Lass uns erst nach Norden reiten um mit Jon Schnee zu reden."

Voryras widmete sich einer der Frauen, die leidenschaftliche Küsse an seinem Hals verteilte.
Entnervt rollte Mayisa die Augen, traute sich jedoch nicht etwas zu sagen.
Sie wollte ihren Bruder nicht verärgern.



Der alte graubärtige Davos trat vor und Voryras schaute ihn erneut mit demselben abwertendem Blick an, wie zuvor.

"Mylord ihr habt 500 Männer sagtet ihr?"


Ein entnervtes "Mhh" kam von Voryras und er schnaufte gelangweilt.

"Wenn ihr diese Männer Jon Schnee für seine Schlacht zuweist, so bin ich mir sicher, dass er euch entsprechend dafür belohnen wird."
Davos lächelte überzeugend und Voryras zog die Augenbrauen hoch.


"Werden wir denn nicht auffallen mit 500 Männern, wenn wir durch den Norden reiten," fragte Mayisa.

"Jon Schnee und Lady Sansa wird es nicht gefallen, wenn wir 500 Sklaven tiefer in den Norden bringen.
Eine Mitbringung von Sklaven ist Gesetzesbruch und wird mit dem Tod bestraft," merkte Brienne an.
Voryras musterte sie belustigt und lachte kurz auf.
"Ich komme hier an und werde sofort mit dem Tode bedroht."

"Du hättest es wissen müssen, dass die Dinge in Westeros so laufen.
Außerdem solltest du lernen deine Zunge zu zügeln, denn du wirst bald-"


"Halt den Mund, Schwesterchen!
Hör auf mir Befehle zu erteilen, du trägst kein Recht dazu als Frau."
Er löste die Arme von den beiden Frauen und flüsterte ihnen etwas zu.
Sie kicherten leicht und Voryras gab beiden einen Klaps auf den Hintern, bevor sie sich davon machten.


Mit selbstbewussten und überheblichen Schritten ging er auf die drei Leute zu, doch Brienne trat ihm in den Weg.

"Ich möchte euch daran erinnern, dass ich dem Eid von Sansa Stark unterstehe, welcher besagt, dass ich jegliche Befehle von ihr zu vollziehen habe.
Ihr letzter Befehl lautete, dass ich eure Schwester vor allen beschützen sollten, auch vor ihrem eigenen Bruder."


Erstaunt darüber schaute Mayisa zu der blonden Frau.
Sie war gerührt, weil Sansa ihr diesen Befehl gegeben hatte.
Es hieß, dass Sansa sich um sie sorgte, während sie abwesend war und dass sie auch kritisch gegenüber ihrem Bruder war.
Hatte Mayisa so schlecht von ihm erzählt?

"Ihr droht mir?
Ein Frau droht mir!"
Er lachte laut auf.







"Voryras geh und suche dir ein Pferd.
Wir wollen bald zurück."








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Ihr werdet ihn hassen.

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