Verrat
Erneut legte sich des Königs Hand auf Mayisa's Seite.
Es kribbelte wohlig an der Stelle auf und ihr Herz machte einen glücklichen Sprung.
Jon wirkte, als ob er einfach nicht die Finger von ihr lassen konnte.
Es ging bereits, seit Beginn des Treffens so.
Dauernd hatte er das Bedürfnis sie anzufassen.
Ser Davos und Tormund blickten sich immer wieder schmunzelnd an, wenn der Targaryen zum wiederholten Mal seine Finger auf den Körper der Lady legte.
Der Drache wirkte so offen und zufrieden, dass es ihm auch vor Tyrion, Jaime und Grauer Wurm nichts ausmachte, seine Zuneigung zu zeigen.
Das Treffen der wichtigsten Anführer, samt König, fand bereits seit einer Stunde statt.
Sansa stand im Hintergrund, warf hin und wieder eine Idee ein, doch hielt sich sonst aus der Planung heraus.
Neben ihr die kleinere Schwester, wie eh und je mit einem tötendem stummem Blick.
Noch dazu einige Lords des Nordens, welche freiwillig daran teilnahmen.
Außerdem war es erfreulich zu sehen, dass zwei Dothraki anwesend waren.
Das Zelt, in welchem sich alle befanden, war abseits von Winterfell gelegen.
Mayisa merkte wie dieser Ort von der gnadenlosen Kälte umgeben wurde.
Der Wind wehte hin und wieder hinein und zog über die anwesenden Menschen eine erschütternde Gänsehaut.
"Wir wissen, dass Euron Graufreud uns die Weite und Casterlystein wieder genommen hat, während wir die Toten abwehrten.
Seine Flotte ist zurzeit also nicht auf See, sondern die Eisenmänner wüten im Land."
Jon nahm die Hand wieder von ihrer Taille und stützte sich eindrucksvoll mit geballten Fäusten auf dem Tisch ab.
Nachdenklich musterte das braune Auge die riesige Karte von Westeros.
"Theon ist nach Königsmund gereist um seine Schwester zu befreien," warf Sansa Stark ein.
Ser Davos nickte nur zu und verzog das Gesicht.
"Wir hätten seine Einschätzung gebraucht.
Er kennt die Eisenmänner besser, als wir."
"Sie sind unberechenbar und wütende Bälger," schnauzte Ser Jaime gereizt.
Er hatte schon die ganze Zeit die Nase kraus gezogen.
Mayisa ahnte nicht, weshalb er so sehr das Gesicht verzogen hatte.
Der König nickte dem Lennister nur zu.
"Sie sind womöglich nicht so stark, wie auf See.
Besonders viele Männer wird Euron nicht an Land gelassen haben.
Wir könnten also die Weite und Casterlystein zurückerobern."
"Die Zwillinge gehören niemandem.
Die Freys sind tot.
Uns hält nichts auf," meldete sich die jüngere Stark.
Jon schmunzelte stolz und sah euphorisch zu seiner kleinen Cousine auf.
"Dank dir," lächelte er.
Mayisa musterte nun auch bedenklich die ausgebreitete Karte.
Ihre Augen schweiften über die verschiedenen Teile des Landes.
"Die vergangenen Jahre und Monate haben viele Häuser von der Karte gefegt," fiel ihr nachdenklich auf.
"Baratheon, Martell, Tyrell, Frey..."
Lady Tiryr schnaufte.
Rosengarten war herrenlos.
Dorne war herrenlos.
Sturmkapp war herrenlos.
Die Zwillinge waren herrenlos.
Es würde ein Gemetzel um diese Ländereien werden, wenn Jon an die Macht kommen würde.
Ernst konzentrierten sich die schwarzen Pupillen auf die Karte.
"Cersei hat die kleineren Häuser um sich geschart und das Lennister Heer ist geschwächt.
Ich frage mich, mit wem sie gedenkt diesen Krieg zu gewinnen," murmelte der Drache kritisch vor sich hin.
Die Situation und der Sieg schienen ihm zu einfach.
"Unserer Schwester Verstand grenzte schon immer an Wahnsinn," erklärte Tyrion bedacht.
Doch seine Augen wanderten verwundert zu seinem Bruder, welcher sich so eben unerwartet geräuspert hatte.
Jaime trat mit verschränkten Armen vor und blickte ernst dem König entgegen.
Für einen Moment schweiften seine Pupillen mit sanftem Ausdruck hinüber zu der bildhübschen jungen Lady.
Ihre Aufmerksamkeit traf auf sein Gesicht und Mayisa lächelte dem Löwen freundlich zu.
Das Blau strahlte Jaime so intensiv entgegen, dass er das Gefühl bekam sie beide wären die einzigen in diesem Zelt.
Doch der Lennister fasste sich wieder und ordnete konzentriert seine Gedanken.
Fast hatte er vergessen, was er hatte sagen wollen.
"Cersei hat einen ausgefeilten Plan, mit dem sie euch zerstören wird."
Jon zog die Brauen hoch.
Ein komisches Gefühl im Magen erschlich ihn.
"Gedenkt ihr uns diese Pläne zu verraten?"
Patzig schnaubend spannte der Targaryen seine Gesichtsmuskeln an.
"Ich werde von, bis auf zwei Personen in diesem Zelt, allen hier verachtet.
Jeder hält mich für einen Verräter und einen unehrenhaften Mann.
Warum also sollte ich euch von dem Vorhaben meines Zwillings berichten?"
Jon knurrte grimmig über seinen Widerstand auf, wahren Lady Tiryr angestrengt aufseufzte.
Der Oberkörper des Königs beugte sich zurück und nun verschloss auch er die muskulösen Arme vor seiner breiten Brust.
"Mylords ich bitte euch darum, mich und Ser Jaime alleine zu lassen."
Der König nickte den verlassenden Männern und Frauen zu, wie sie nach und nach das Zelt hinter sich ließen.
Mayisa blieb felsenfest stehen.
Jon war froh darüber, dass sie es tat.
Es bedeutete, dass sie sich zu ihm zugehörig fühlte, was ihn irgendwie rührte.
"Ich würde gerne im Zweiaugengespräch mit Lady Mayisa von den Informationen berichten," bat Jaime mit ernster Stimme.
Der König bekam einen Ausdruck im Gesicht, welcher davon deutete, als hätte er einen Witz gehört.
"Ich bin der König.
Ihr werdet es entweder mir sagen, oder ihr könnt einen Tag in unserer Zelle genießen, bevor ich euch dann den Kopf-"
"Jon!", rief Mayisa empört aus.
Sie schüttelte den Kopf energisch.
Fragend drehte sich der Lockenkopf zu ihr herum und sah sie stumm an.
"Wisst ihr was mein Vater immer zu sagen pflegte, König Jon?"
Scheinheilig legte Ser Jaime seinen Kopf schief.
Lady Tiryr schnaufte genervt, als sie den provzierenden Blick des Löwen sah.
Sie war dieses Wetteifern zwischen den beiden satt.
"Euer Vater war ein niederträchtiges Monster," brummte der Targaryen.
"Er sagte einmal:
Ein Mann der sagen muss,
Ich bin der König,
ist kein richtiger König.", grinste Jaime hinterhältig vor sich hin.
Lady Tiryr trat instinktiv näher an Jon heran.
Sie hatte gesehen, wie sich seine komplette Körperhaltung verändert hatte.
Seine Fäuste hatten sich brutal zusammengeballt.
Behutsam legte sich eine ihrer Hände auf seine Schulter.
Bestimmerisch spannte Mayisa ihre Hand an.
Ihre Augen lagen noch immer auf dem goldenen Ritter, welcher kurz gehässig grinste.
Jaime wirkte, als wenn er vollkommen zufrieden mit dieser Situation war.
"Ihr wolltet uns von den Plänen erzählen, und nicht den König beleidigen," wies die Lady ihn mit strengem Blick auf sein Verhalten hin.
Der Löwe nickte nur und musterte noch einmal für einen Moment das Paar vor sich.
"Meine Schwester benutz das Gold der Tyrells um sich eine Söldnerarmee zu kaufen.
Sie hat vor diese bald überschiffen zu lassen.
Wenn sie es nicht schon getan hat..."
Der Targaryen schnaubte.
Geschafft fuhren sich die starken Hände durch die prächtigen Locken.
Besorgt widmete Mayisa ihre Aufmerksamkeit dem König.
"Jon, du musst die Drachen unter deine Kontrolle bringen."
Der Mann biss sich nachdenklich auf die Lippe.
"Drogon und Rhaegal umkreisen den ganzen Norden.
Sie zu finden würde Tage kosten."
"Du hast gesehen, was Daenerys mit ihnen anrichten konnte und welche Macht es ihr verliehen hat.
Du bist ein Targaryen.
Sie werden auf dich hören."
Sein Kopf drehte sich zu Lady Tiryr.
Innig schaute sie ihm in die warme braune Iris.
Mayisa lächelte Jon sanft entgegen.
Tief holte der Drache Luft.
"Nun gut.
So sei es.
Auch wenn es mich mit Sorge erfüllt Winterfell aus den Augen zu lassen."
Verständnisvoll legte die Braunhaarige den Kopf schief.
"Winterfell ist in sicheren Händen.
Geh und tu' deine Pflicht," schmunzelte Mayisa ihm leise ins Ohr.
Die Gänsehaut zog sich über des Königs Arme.
Nun musste er auch lächeln.
Mayisa erblickte gespannt, von den hohen Mauern der steinernen Burg, wie Jon davonritt.
Der schwarze Rappe bewegte sich mit schnellen Hufen durch das Gelände des Nordens.
Immer kleiner wurde der Trupp.
Der Targaryen hatte Tormund und Davos mit sich gehen lassen, seine engsten Berater.
Lady Tiryr war froh, dass sie bei ihm waren.
Sie würden den König mit ihrem Leben beschützen.
Mayisa hatte ihn so oft davon reiten sehen, und doch erschlich sie jedes mal die quälende Befürchtung ihn nie wieder sehen zu können.
Die Gewissheit, dass er mit Freunden ging, verminderte ihre Angst ein wenig.
Das mächtige Holztor öffnete sich und die junge Lady erspähte wie ein Karren, gezogen von vier Eseln, hereingefahren wurde.
Darauf saßen an die 8 Männer.
Sie war sich unschlüssig darüber, was die unbekannten Soldaten hier zu suchen hatten, doch es kümmerte sie nicht sonderlich.
Deshalb machte sie sich mit schnellen Schritten auf und ging die Gänge entlang.
Mayisa wollte sich irgendwie Arbeit suchen, zumindest eine Beschäftigung.
Vielleicht würde sie in der Küche helfen oder weitere Verletzte heilen.
Ihr Kopf wusste selbst nicht, was er wollte.
Doch zuerst führten ihre Füße sie zurück in das eigene Gemach.
Ihr Körper verlangte danach, sich ein anderes Kleid anzuziehen.
Dieses hatte sie zu lange getragen.
Also machte sich Lady Mayisa daran, ihre Gaderobe zu wechseln.
An der Tür hämmerte es heftig.
Eine bekannte Stimme brüllte gegen das Holz.
Verwirrt verzog Mayisa das Gesicht.
Ihr Körper wirbelte überrascht zu dem Geräusch.
Noch immer war sie nicht vollständig umgezogen.
Von draußen ertönten auf einmal laute Schreie, weshalb sie augenblicklich zurückschreckte, als sie gerade hatte die Tür öffnen wollen.
Ahnungslos verkrampfte sich der ganze Körper der Schwangeren.
Sie biss sich nachdenklich auf die vollen Lippen.
Mulmig drückte die junge Frau die Klinke herunter und öffnete die Tür.
Ihr Herz pochte so stark.
Mayisa zitterte beim Einatmen auf, als sie Jaime Lennister vor sich sah, völlig blutverschmiert auf der Rüstung, das Schwert frisch benutzt.
"Ser Jaime...," hauchte sie erleichtert.
Ihre blauen Augen versuchten, an ihm vorbei, zu sehen was sich dort abspielte.
Der zierliche Körper zuckte zusammen, als ein weiterer Aufschrei ertönte.
Winterfells Mauer hallte die Laute und das Geweine brutal wider.
"Mylady, ihr müsst mit mir kommen.
Wo ist der Wolf?"
Bestimmend musterte der Löwe die verwirrte Frau.
Sie verzog nun noch mehr das Gesicht und machte zaghaft einen Schritt zurück.
"Geist wird in der Wildnis sein..."
"Attentäter haben die Burg eingenommen.
Der Verrat muss aus den eigenen Reihen gekommen sein," ratterte Jaime kalt herunter.
Ihr Mund öffnete sich.
Geschockt schluckte Mayisa.
Der Frau schien sein emotionsloser Ton kaum aufgefallen zu sein.
Allmählich begann ihr Unterkiefer zu Zittern.
Hastig griff ihre Hand nach dem Messer, welches sie immer bei sich getragen hatte.
Wochenlang hatte Mayisa es in einer Schublade aufbewahrt.
Nun klemmte sie es sich an die Seite, um dann nickend auf den Löwen zuzugehen.
Eine seiner Hände umgriff ihren Unterarm.
Mayisa war verwundert über diese Bewunderung, doch hinterfragte sie in der Panik seine Handlung nicht.
Rasch trugen sie die Beine neben dem Ritter her.
Ihr Atem wurde schneller und schneller.
"Was wollen die hier?", wimmert Lady Tiryr leise.
"Den König," schnaubte Ser Jaime geladen.
Seine Augen waren von Hass erfüllt, als Mayisa zu ihm sah.
Sie schluckte verängstigt.
"Sie wollen keinen Targaryen auf dem Thron," erklärte er.
Die Angst durchkroch die Schwangere wie eine tötende Krankheit.
Ihre Knie wurden schwächer und schwächer.
Den Tränen kam sie näher und näher.
Mayisa fühlte sich bei dem Lennister kein Stück sicherer.
Zwei fremde Soldaten rannten an den beiden vorbei.
Die Gesichter waren furchterregend verzogen, das Blut klebte an den Händen.
Mayisa erwartete von Jaime sein Schwert zu zücken, denn es erschlich sie der Verdacht, dass dies die Eindringlinge waren.
Prüfend schaute die Lady noch einmal über die Schulter.
Sie schrie erschrocken auf.
Die Männer stachen einem rennenden Bewohnern geradewegs ins Herz.
Die erste Träne lief ihr herunter, als sie den Todesschrei des Schmiedes hörte.
Sie wimmerte kläglich auf und schaute mit feuchten Augen zu dem Löwen.
Als er wieder nicht sein Schwert zog blieb das Herz für einen Moment stehen.
Sie verzerrte geschockt das Gesicht und wandte den Blick zwischen ihm und den Mördern hin und her.
Die schwarzen Pupillen erkannten Löwen auf den Rüstungen der Männer.
Todesängstlich gab sie ein gequältes Geräusch von sich.
Mit einem Mal zog Lady Tiryr das Messer hervor und stach ohne Zögern in den linken Arm des Lennisters.
Ohne auf sein Aufbrüllen zu hören, riss Mayisa sich los und sprintete mit Todesangst davon.
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