Verlorene Gedanken

Zitternd atmete Lady Mayisa ein.
Sie sog den Geruch des verbrannten Fleisches ein.
Ihre blauen Augen begannen zu Tränen.
Das Herz pumpte gnadenlos Schmerz durch ihre Adern.
Sie sah das Monster vor ihr verbrennen.
Mit jedem Moment hörte sie die schmerzvollen Schreie des sterbenden Mannes.
Mayisa hatte geglaubt es würde ihr danach ein wenig besser, gehen doch wurde ihr langsam klar, dass das Gesicht dieses Schänders auf ewig in ihrem Kopf bleiben wurde.
Sie wollte sich gar nicht ausmalen wie sehr Sansa noch immer leiden musste, da sie Ramsay Boltons Gesicht nicht vergessen konnte.
Diese Männer würden auf ewig Teil ihres Lebens sein, und daran würde niemand etwas ändern können.

Jon hielt seine Finger in die Luft und wies die Drachen darauf hin, sich den verkohlten Körper nehmen zu dürfen.
Gierig rissen Drogon und Rhaegal den Toten entzwei und schlangen gnadenlos die Glieder hinunter in den langen Rachen.
Das Fleisch war in Sekundenschnelle verschwunden gewesen.
Für die Geschöpfe war es wohl nur eine von vielen Zwischenmahlzeiten gewesen.

Sehnsüchtig drückte sich die verletzte Frau an die feste Brust des Königs.
Verzweifelt legte sie den Kopf an seinen Körper und begann leise zu schluchzen.
Jon war überrascht über die suchende Nähe, doch schloss er sofort seine Arme schützend um sie, damit er ihr Halt geben konnte.
Sein Herz erwärmte sich glücklich, da Mayisa ihn bereits jetzt wieder anfassen konnte und ihm ihre Zuneigung zeigte.
Er hatte befürchtet es würde Ewigkeiten dauern, bis sie sich ihm wieder offenbaren wollte und nach seinen Berührungen fordern würde.
Natürlich würde es immer noch nicht dasselbe sein, und er würde weiterhin ihr mit Vorsicht gegenüber treten, doch war es ein Schritt in die richtige Richtung.

Sanft strich seine eine Hand über das weiche Haar der Schwangeren.
Er spürte deutlich die Wölbung an seinem Körper, wenn sie sich vorsichtig an ihn schmiegte.
Das Herz des Drachen machte einen erfreuten Satz, da er an das bevorstehende Kind dachte.
Er musste schmunzeln, als er an winzig kleine Hände und strahlende Kinderaugen dachte, die ihm in wenigen Monaten entgegenschauen würde.

"Du solltest etwas essen, Liebste," unterbrach er die innige Umarmung.
Sanft löste er sich und schaute dann tief in das traurige Blau ihrer Augen.
Sein Mund verzog sich zu seinem Strich und die Stirn runzelte sich.
Er würde alles tun um die Vergewaltigung ungeschehen zu machen.

Mayisa gab ein widerstandsloses Brummen von sich.
Ihre Augen flatterten schwach und sie schnaufte geschafft durch.
Behutsam strichen die starken Hände des Drachen eine Strähne aus ihrem Gesicht.

"Ich will, dass du sie verbrennst, Jon", kam es aus den vollen Lippen.
Die schwarzen Pupillen richteten sich weg vom König, hinunter zu all den gefesselten Männern.
Gefährlich kniff Mayisa die Lider zusammen.
"Alle."

"Mayisa, ich kann sie nicht alle einfach umbringen.
Zuerst muss ich beweisen, dass sie schuldig sind."

Ihr Gesicht verzog sich gequält, doch behielt sie ihren Blick stets auf die Männer, die allen grimmig auf dem großen Platz standen.
"Du bist der König.
Bring sie einfach um."

Jon schluckte über ihren harten Ton und griff instinktiv nach den kleinen zarten Händen.
"Wenn ich sie umbringe, muss ich Jaime auch umbringen."

Lady Tiryrs Kopf schnellte hoch.
Sie schluckte erschrocken und holte dann tief Luft.
Ihre Gedanken schienen den Lennister, welcher verantwortlich für all das war, völlig ausgeblendet zu haben.
"Bring mich zu dem Löwen, Jon.
Ich will mit ihm reden."

"Mein Engel, ich denke das ist keine gute Idee."
Ihre Brauen verzogen sich.
"Es geht nicht darum, ob es eine gute Idee ist, sonder darum, was ich will."

Der Targaryen seufzte widerwillig, nickte ihr zuliebe jedoch dann.
Seine Beine setzten sich in Bewegung und der König ging die Treppen hinunter.
Mayisa folgte ihm stumm, hielt das Kleid hoch um nicht zu stolpern, bis sie unten war.
Gemeinsam hasteten sie zu den Gefängsniszellen, wo Jaime Lennister hinter Gittern war.

Der Löwe saß eng eingekauert in der dunkelsten Ecke von der kleinen Zelle.
Jon war einige Meter davor stehen geblieben, nickte Mayisa kurz zu, und verließ sie dann.
Die Lady hatte ihn darum gebeten alleine mit Jaime reden zu dürfen.
Nur die Wärter waren jetzt noch da und würden auf die werdende Mutter Acht geben.

Vorsichtig machte sie erste Schritte auf den eisernen Stahl zu, und umklammerte dann mit ihren zarten Händen die harten Stäbe.
Sorgfältig suchten die blauen Augen nach einer Regung in der Dunkelheit.
Der Lennister schien sie bemerkt zu haben, erhob sich schnaufend, und kam dann langsam auf sie zugetreten.
Ihr ernster Blick urteilte sofort über männliche Gestalt.
Lady Tiryr machte zwei Schritte zurück, als Jaime dem Eisen näher kam, und verzog widerwillig das hübsche Gesicht.

"Es freut mich euch sehen zu dürfen," unterbrach der Königsmörder das Schweigen.
Mayisa spürte seine aufmerksamen Augen auf ihr.
Sie meinte Besorgnis darin erkennen zu können.

"Ihr seid wahrlich verloren, Ser Jaime."
Starr trotzte ihr kalter Blick ihm entgegen.
Jaime war erschrocken darüber, wie gnadenlos sie ihm ins Gesicht schauen konnte.
Er konnte kein einziges Fünkchen Zuneigung in dem Blau finden.
Purer Hass löcherte seinen Blick.

"Es tut mir leid, was euch passiert ist..."

"IHR WISST ES?!", brüllte sie dem Löwen zu.
Jaimes breite Schultern zuckten für einen Moment zusammen.
Der laute Ton aus Mayisas Mund war unerwartet gewesen.
Lady Tiryr spürte, wie ihr der kalte Blick entwich und sich langsam furchtbare Emotionen in ihrem verletzten Körper zeigten.

"Ja, ich habe es von König Jon erfahren, als er mich ebenfalls wutentbrannt anging."
Die Stimme des Lennisters hatte, trotz des lauten Tons der Lady, nicht an Selbstbewusstsein verloren.

"Ihr habt mir jegliche Hoffnung geraubt, dass sich in schlechten Menschen auch etwas Gutes befindet."
Die Augen glänzten gefährlich.

"Ich bin kein schlechter Mensch, sondern stehe nur auf der anderen Seite."

"Ihr wolltet Jon, einen jungen ehrenvollen Mann, umbringen und mich trotz meiner grenzenlosen Liebe, samt meinem Kind, entführen.
So etwas tun keine guten Männer."

Jaime schnaufte und kaute nachdenklich auf seiner Lippe herum.
"Wäret ihr widerstandslos mit mir gegangen, wäre euch nie etwas geschehen."

In schmerzlicher Erinnerung schwelgend, schweiften die blauen Augen von der jungen Frau zu dem verbundenen Arm des Löwen, in welchen sie einst eingestochen hätte.

"Ihr seid ein naiver Schweinehund, Königsmörder!
Zu glauben ich könnte ohne Jon weiterleben, bei euch, derjenige welcher das Attentat geplant hatte."

"Ihr hättet für euer Baby weitergemacht, Lady Tiryr."
Ein tiefes Grummeln ertönte aus dem Rachen der Lady.

"Letztendlich habt ihr doch euer wahres Gesicht gezeigt, Königsmörder."
Sie schluckte.
Mayisa war geschockt darüber gewesen, wie sehr sie sich in Jaime getäuscht hatte.
Jon hatte die ganze Zeit Recht gehabt.

"Ich habe mein Gesicht nie vor euch verborgen, Lady Mayisa.
Erinnert ihr euch noch an unsere erste Begegnung?"

Sie holte tief Luft.
Sofort schweiften ihre Gedanken ungewollt um den Moment, als Ser Jaime sie trotz ihres Widerstandes angefasst hatte.
Der Mut in ihren Adern verschwand augenblicklich.
Mayisa wurde langsam klar, was für ein naives dummes Kind sie gewesen war, da sie diesem Mann Vertrauen geschenkt hatte und ernsthaft hatte glauben wollen er wäre nur missverstanden.

"Ich habe all das für meine Familie getan.
Und jeder der Starks würde lügen, wenn sie sagen, sie hätten nicht dasselbe für ihr Haus getan."

Mayisa sah betreten zu Boden.
Laut schnaufte sie auf.
"Die Starks hätten keine unschuldigen Schmiede, Mägde und Dienstburschen getötet."

"Aber doch würden sie ohne zu Zögern Cersei ein Schwert ins Herz rammen, obwohl in ihr, genauso wie in euch, ein Kind heranwächst."
Bestimmerisch reckte der Lennister seinen Kopf.
Fester umklammerten seine starken Finger das kalte Eisengitter.
"Weshalb seid ihr überhaupt hier?", lenkte er ungehalten das Gespräch.


"Ihr sollt mir dabei helfen die gefassten Männer für schuldig zu erklären."

"Ich soll euch, oder dem König dabei helfen?", zog er ungläubig die Brauen hoch.

"Würde es nach mir gehen, so hätten die Drachen jeden einzelnen Körper bereits verschlungen.
Egal ob sie alle in das Attentat verwickelt waren, oder nicht," meinte Mayisa, mit leicht trotzigem Ton.

"Ihr lasst euch von eurer Wut leiten," bemerkte der Löwe nachdenklich.
Lady Tiryr brummte nur als Antwort und holte dann erneut tief Luft.

"Außerdem verlange ich von euch zu erfahren, wo sich der Rest der Assassinen befindet!"












Jon verzog verzweifelt das Gesicht und beugte sich über die ausgebreitete Karte von Westeros.
Die Wolfsfiguren waren im Norden aufgestellt, samt einigen Drachenhälsen welche die komplette Armee der Seite Stark und Targaryen symbolisierte.
Im Süden hatte der Rat die Löwen aufgestellt.
Keiner wusste exakt zu welchem Verhältnis die Streitkräfte von Cersei Lennister den eigenen gegenüber stehen würden.

Bereits jetzt zerbrach es Jon den Schädel, wenn er über all die bevorstehenden Schlachten nachdachte.
Dieser Krieg würde den jahrelangen Todeskampf zwischen Stark, Targaryen und Lennister endgültig entscheiden.
Ein wenig fürchtete der König sich davor.

"Jon hörst du mich?
Wir müssen die Drachen als Überraschungseffekt benutzen."

Tormund schaute ihn empört an.
Sein musternder Blick lag vorwurfsvoll auf dem König.
Offenbar hatte er bemerkt, dass der Targaryen ihm nicht zugehört hatte.

"Jaja," murmelte der König schnaufend.
Ihn fuchste es nicht zu wissen was genau Mayisa gerade zu Jaime Lennister sprach.
Der Löwe würde sicherlich versuchen sie zu beeinflussen oder zu beleidigen.
Eigentlich hatte Jon sich weigern wollen sie zu dem Lennister zu lassen, doch dann war er es auch Leid gewesen sich mit ihr auseinanderzusetzen.
Mayisa hatte gerade begonnen wieder Selbstbewusstsein zu entwickeln.
Er hatte es ihr einfach nicht verübeln können, dass sie bereits wieder den Mut gefasst hatte mit dem Königsmörder zu reden.
Jon würde ihr alles erlauben, wenn es ihr half wieder den Stolz zurückzugewinnen, auch wenn es ihm gegen den Strich ging.

"Deine Gedanken kreisen um etwas anderes, nicht wahr?"
Der rothaarige Wilding legte den Kopf schief.
Seine Augen musterten den König durchdringlich.
Der Targaryen rückte die Augenbinde zurück und nahm mit seiner Hand sauberes Wasser aus einem Krug.
Vorsichtig begann er die leere Augenhöhle auszuspülen.
Tormund war bewusst, dass der Lockenkopf nur ablenken wollte.

"Geht es Mayisa etwas besser?"

Davos räusperte sich verlegen und trat von einem auf den anderen Fuß.
Er hätte es womöglich nicht nach der Lady zu fragen.

"Sie ist gerade bei Jaime Lennister," gab Jon nur zurück, während er beschäftigt damit war, die Wunde zu reinigen.
In der linken Hand hielt er schon ein sauberes Tuch.

"Sie sollte diesen Schweinehund eigenhändig umbringen!", knurrte der Rotbart.
Davos biss sich sich unbeholfen auf die verzogenen Lippen und musterte vorsichtig das Gesicht des Königs.

"Sie wird ihn nicht töten wollen.
Wahrscheinlich wird Mayisa mich sogar daran hinder wollen ihm seinen beschissenen Kopf abzuschlagen."
Behutsam tupfte der Targaryen auf der Augenhöhle herum.

"Du musst ihn aber töten!
Er hatte schließlich auch keine Hemmungen davor eine Horde von Attentätern auf dich zu hetzen."
Tormund nahm einen Schluck Bier aus dem erdfarbenen Krug, welcher vor ihm auf dem Tisch stand.

"Womöglich wäre es besser ihn vorerst als Geisel da zu behalten," schlug der alte Ritter vor.
Jon schaute kurz auf, da Davos sich auf einmal in das Gespräch eingeklinkt hatte.
Der Wildling schnappte entsetzt nach Luft und drehte den Oberkörper in Richtung des graubärtigen Mannes.

"Er ist verantwortlich dafür, dass Lady Tiryr von diesen ehrelosen Verrätern vergewaltigt wurde!"

Jon kaute nervös auf seiner Unterlippe herum
Sein Gesicht verzog sich gequält, weil ihm klar wurde, dass dies eine weitere Entscheidung war die gefällt werden musste.

"Könnte sie eigentlich....," die Worte steckte in des Königs Hals fest.
Allein diesen Satz im Kopf zu denken war pure Qual.
"Könnte sie von diesem Mann schwanger sein?", murmelte der Targaryen leicht ängstlich.
Doch Davos und Tormund schüttelten augenblicklich den Kopf, weshalb durch Jon sofort die Erleichterung strömte.

"Ich kann es dir nicht wissenschaftlich belegen, aber nein.
Wenn eine Frau bereits schwanger ist, kann sie es nicht nochmal werden."
Davos warf dem jungen König einen aufmunternden Blick zu.

"Vielleicht solltest du dich ein bisschen mehr mit dem Thema auseinandersetzen.
Schließlich wirst du in einigen Monaten Vater sein."
Tormund zog ernst die roten Brauen hoch.

Nervös trat von einen auf den anderen Fuß.
Nun legte er das Tuch beiseite und richtete seine Augenklappe wieder auf die heilende Wunde.

"Du solltest Lady Tiryr bewusst machen, dass du für die nächsten Wochen, wenn nicht sogar Monate, fort sein wirst," fügte Davos hinzu.

Jon schnaufte erschöpft und fuhr sich genervt durch die dichten schwarzen Locken.
"Ich überlege den Krieg von Winterfell aus zu lenken."

Tormund runzelte verwirrt die Stirn.
"Wie soll das funktionieren?
Eine schnelle Kommunikation ist so schier unmöglich!"

"Ich will aber dabei sein, wenn mein eigenes Kind auf die Welt kommt!"

Der König war lauter geworden.
Allein die Vorstellung, er würde demnächst mit der Armee aufbrechen und bei seiner Rückkehr ein Kind haben, machte ihn wahnsinnig.
"Dann nimm sie mit," schlug der Rothaarige vor, doch schon schüttelte der Targaryen den Kopf.

"Sie wird mir so oder so den Kopf abreißen...egal welche Möglichkeit ich ihr aufzeige..."





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