Ungewissheit
"Werdet ihr je nach Essos zurückkehren?
Zu eurer Familie?"
Mayisa holte tief Luft und sah auf das weite Meer.
Natürlich hatte sie schon oft darüber nachgedacht.
Würde sie wieder in ihrem Heimatland leben wollen?
Keine beider Kontinente schien besonders sicher zu sein.
Mayisa verabscheute beide Länder, doch hatte sie Gefallen am Norden gewonnen.
Der Zusammenhalt der Menschen war beeindruckend.
Trotz grausamer Jahre gab es immer noch Personen, die ein fröhliches Lächeln aufsetzen konnten.
"Ich habe keine Familie mehr," sagte sie atemlos.
"Nur meinen Bruder.
Doch er ist ein tyrannischer Narr und der König hat ihn bereits in seine Gefangenschaft genommen."
Daenerys legte den Kopf schief und musterte des Königs Geliebte nachdenklich.
"Was hat euer Bruder getan?"
Mayisa lachte leicht auf und ihr Blick wurde leer und verbittert.
Voryras' Taten waren so umfangreich, dass sie gar nicht an jede einzelne denken wollte.
"Er demütigte mich und andere.
Er warf mich in den Dreck und beschmutzte meinen Körper.
Er schlug mich, beschimpfte mich und schmetterte meinen Kopf gegen hartes Holz.
König Jon hielt ihn auf bevor er noch mehr Schaden anrichten konnte und warf ihn in eine Zelle von Winterfell."
"Ich bedaure es sehr, dass euer Bruder solch ein Mensch ist."
Die Königin seufzte und spannte sich an.
Der Bruder der Lady erinnerte sie zu sehr an ihren eigenen.
"Doch habe ich euren sehnsüchtigen Blick in die Ferne bemerkt, als ihr hier alleine standet.
An wen denkt ihr?
Existiert ein Mann, der euch nicht aus den Gedanken geht?"
Lieb und vorsichtig schaute das Targaryen Mädchen in das Gesicht der Tiryr, welche nach Luft schnappte und sich zu ihr drehte.
Daenerys konnte die Furcht in den blauen Augen sehen und ihren hilflosen Ausdruck, der sich auf ihrer Haut breit machte.
Die Lady schluckte und blickte betroffen zu Boden.
"Habe ich euch traurig gestimmt?
Verzeiht mir.
Ich wollte euch nicht an traurige Situationen erinnern..."
"Nein...es ist bloß...," stammelte sie.
"Ja, es gibt einen," brachte Mayisa dann selbstbewusst hervor.
Langsam hob sie den Kopf und blickte in das wunderschöne Gesicht der jungen Königin.
"Wie habt ihr euch kennengelernt?"
"Euer Gnaden.
Mylady."
Beide Schönheiten wirbelten herum und erblickten einen verwirrten Jon Schnee, der sofort einen unsicheren Blick zu seiner Geliebten warf.
Erleichtert atmete sie auf.
Mayisa war schlecht im Lügen und Improvisieren.
Ihr wäre keine Geschichten eingefallen, die sie hätte der Königin Daenerys erzählen können.
"Euer Hoheit," begrüßte Mayisa den König des Nordens ergeben und machte einen Knicks.
Daenerys' Blick lag nun auf ihr und sie wurde nachdenklich von der Blonden gemustert.
Dann wandte sich ihre Aufmerksamkeit wieder zu dem Wolf, der noch immer auf den Stufen der langen Treppe stand.
"Wir redeten gerade über Lady Tiryr's Mann, der in der Ferne auf sie wartet."
Ein gütiges Lächeln zierte das Gesicht der Drachenkönigin, als sie Jon Schnee freundlich anschaute.
Seine Mimik strahlte Verwirrtheit und Nervösität aus.
Ratlos blickte er zu Mayisa und zog die Brauen hoch.
Sie hatte mit der Drachenkönigin über einen Geliebten gesprochen?
"Ich weiß nicht, ob er wartet.
Vielleicht hat er genau in diesem Moment bessere Dinge zu tun, als sich um meine Liebe zu scheren," murmelte die Tiryr demütig.
Jon schnappte nach Luft und schluckte.
"Ich wusste gar nicht, dass es einen Mann in eurem Leben gibt, Mylady."
Die Braunhaarige verschränkte die Arme und legte den Kopf schief.
"Nun vielleicht liegt es daran, Euer Hoheit, dass ihr durchgehend mit wichtigeren Angelegenheiten beschäftigt seid.
Verständlicherweise."
Jon holte tief Luft und schaute unschlüssig zu der Mutter der Drachen.
Sie hatte ein völlig ernstes Gesicht und ihre Hände waren vor ihrem Körper gefaltet.
Stille.
"Ich habe mit Tyrion geredet."
Jon schaute aufmerksam hoch und sah direkt in die Augen der Königin.
"Er kann sehr überzeugend sein," murmelte der König nachdenklich.
"Er ist gut im Reden.
Er macht es gerne.
Wir alle machen das am Liebsten, was wir am Besten können."
"Ich nicht," wiederlegte König Jon die Behauptung.
Die Targaryen schaute zu ihm und sah ihn unverständlich an.
"In was seid ihr besonders gut?"
"Im Töten," kam es aus Mayisa's Mund heraus.
Jon biss sich auf die Lippe und nickte nur, ohne Mayisa auch nur anzuschauen.
Daenerys sah beeindruckt zu ihren Drachen und schnaufte.
Diese Worte erinnerten sie an jemanden.
Ihr kam das Gespräch mit dem Ritter Ser Barristan Selmy in den Kopf.
Er war einer ihrer treuesten Berater gewesen.
Und doch hatte sie ihn nicht beschützen können vor dem Tod.
"Ihr seid auch gut darin das Richtige zu tun, mein König," fügte Mayisa aufrichtig hinzu.
"Nur erachten viele meine Taten als das Falsche,"gab er zurück.
Sein Blick wanderte zu Daenerys, die ihn nachdenklich ansah.
Jon schaute sie innig und traurig an.
Mayisa bemerkte die Blicke der beiden und sofort bekam sie ein furchtbares Ziehen im Unterleib.
Ein Schlucken ihrerseits brachte das mulmige unwohle Gefühl auch nicht weg.
Als Daenerys dann auch noch herzlich lächelte und Jon dieses Lächeln liebevoll erwiderte, machte sie einen Schritt zurück.
Wieso sah er sie so an?
Sie kannte diesen Blick, besser als jeder andere.
Mayisa wusste was er bedeutete.
Bis gerade eben hatte sie gedacht, dass sie die einzige wäre, die solch einen Blick von dem König bekommen würde.
"Ich lasse euch das Drachenglas abbauen.
Wenn ihr Arbeitskräfte oder Material benötigt, so stelle ich euch sie."
"Also habt ihr eure Meinung über den Nachtkönig geändert?"
Königin Daenerys drehte sich herum und setzte wieder einen kalten Blick auf.
"Ihr solltet euch an die Arbeit machen, Jon Schnee."
Vielsagend schaute Mayisa zu ihrem Geliebten, welcher etwas demütig drein blickte.
"Euer Gnaden," verabschiedete sich Mayisa und machte einen Knicks vor der Königin.
Dann ging sie mit großen Schritten zu Jon, der noch immer auf den Stufen stand.
Sehnsüchtig strich sie kurz über seinen Arm und schaute ihn stumm an.
Er blickte zu ihr herab und bewahrte den kalten Blick.
Mayisa ließ sich nicht beirren und schenkte ihm ein liebendes Lächeln.
Ohne darauf zu reagieren wendete Jon Schnee sich ab und wirbelte herum.
Mit raschen Schritten ging er die vielen Stufen hinauf.
Ohne zu zögern folgte Mayisa ihm entschlossen hoch zu der riesigen Burg.
Sie liefen stumm nebeneinander die vielen Stufen der Treppe hinauf, durch die kalten steinigen Wände, die zur riesigen Festung führten und dann in die langen hallenden dunklen Gänge, die wegen der unwohlen Stille immer näher zu kommen schienen.
Mayisa konnte nur mit Mühe Schritt halten, weil Jon kaum auf seine Geschwindigkeit achtete und wie ein Verrückter durch die Festung hastete.
Er lief nur einige Zentimeter vor ihr, doch hatte sie schon wieder dieses Gefühl, als wäre er Meilen von ihr entfernt.
Er war so fern und doch so nah.
Seine komplette Aufmerksamkeit galt etwas anderem.
Nicht ihr.
Nicht einmal ein bisschen.
Mit einem Ruck schlug König Jon die Tür seines Gemachs auf und ging mit schnellen Schritten hinein.
Hemmungslos trat Mayisa ein und schloss die Tür hinter sich.
Der Wolf legte seinen Mantel ab und kramte in eine seiner Taschen, die er aus Winterfell mitgebracht hatte.
Er schien die Lady kaum noch wahrzunehmen.
Die Tiryr versuchte sich von seinem Verhalten nicht beeinflussen zu lassen.
"Jon, wir-"
"Bei den alten Göttern!
Wie wagst du es mich derartig zu erschrecken?"
Er zuckte mit dem Kopf hoch und musterte sie grimmig.
Hatte er sie wirklich nicht bemerkt?
Etwas gekränkt schluckte Mayisa und hob dann den Kopf um dadurch vielleicht etwas stärker zu wirken.
"Was willst du hier?
Gibt es etwas?"
"Ich bin deine Geliebte..."
"Es geht nicht, Mayisa.
Du musst hier raus."
Sie schnappte empört nach Luft und schüttelte energisch den Kopf.
"Die Leute hier sind nicht dumm.
Allein die Tatsache, dass Tyrion uns bereits zusammen gesehen hat und, dass du mit der Königin über einen Mann gesprochen hast, bringt das alles ins Wanken.
Davos hat Recht.
Auf Drachenstein müssen wir unsere Rollen spielen und unsere Beziehung versteckt halten."
Ohne ihre Reaktion abzuwarten kramte er weiter aufgeregt in der Tasche.
"Aber wir halten uns doch versteckt."
Jon seufzte und holte tief Luft.
Genervt rollte er mit den Augen und beugte sich auf.
Sein Körper drehte sich in ihre Richtung.
"Jon tue mir das bitte nicht an.
Du bist alles was ich habe.
Du gibst mir Sicherheit."
Ihre Stimme war leicht weinerlich geworden und wurde immer schwächer und leiser.
Mayisa konnte es nicht begreifen, was ihr König da sagte und was es bedeuten würde.
"Ich werde das nicht aushalten."
"Du wirst es müssen.
Geh jetzt."
Mayisa schluckte über seine kalte Stimme.
Es schien als ob es ihm völlig egal wäre, was gerade in ihr vorging und was er ihren Gefühlen antat.
Augenblicklich musste sie an den Blick denken, welchen er der Königin zugeworfen hatte und schon wieder überkam sie so ein mulmiges Gefühl.
Die Angst überströmte sie und schien ihr jegliche Kraft auszusaugen.
"Nein. Du gibst mir keine Befehle."
Für einen Moment war ihre Stimme inmitten des Satzes gebrochen, was Jon aufhorchen ließ.
Sein kalter unbekümmerter Blick wandte sich zu ihr und er musterte sie mit kritischem Blick.
"Ich bin dein König.
Wenn es nicht anders geht, so ist das ein Befehl.
Such nicht mehr dieses Zimmer auf."
"J-J-Jon," wimmerte sie kläglich und die erste Träne kullerte ihr Gesicht herunter.
Er schüttelte nur den Kopf und deutete auf die Tür.
Mayisa schluckte und griff zitternd nach dem metallernen Türgriff.
Ihr erschütterter Körper wandte sich herum und mit langsam Ziehen öffnete sie die Holztür.
Rasch ging sie heraus und schloss zum letzten Mal das Holz hinter sich.
"Mylady," sagte eine männliche bekannte Stimme.
Ser Davos schien vor der Tür gewartet zu haben und schaute nun die völlig aufgelöste junge Lady an.
Ihre Augen waren tränenerfüllt und ihre sonst so starke Haltung verschwunden.
Mayisa blickte auf und schluckte, als sie dem alten Ritter ins Gesicht sah und ratlos drein schaute.
"Ser Davos," brachte sie mit schwacher Stimme heraus.
"Was ist passiert?"
Er griff wie ein sorgvoller Vater an ihre Arme und schaute sie innig an.
Sie drehte den Kopf weg und verzog schmerzverzerrt das Gesicht.
"Fragt den König.
Ihr seid bestimmt hier um mit ihm zu reden."
Davos runzelte die Stirn und blickte sie noch immer voller Sorge an.
"Ich werde euch nicht so aufgelöst gehen lassen."
Entschlossen entzog sie sich dem Griff des alten Mannes und schniefte.
Tief holte Mayisa Luft und machte einen Schritt zur Seite.
"Es ging mir in meinem ganzen Leben schon schlechter als jetzt,"log sie mit kaltem Gesichtsausdruck.
Mit einem arrogantem Blick wirbelte sie herum und stolzierte dann mit lauten Schritten den Gang entlang ins Ungewisse.
Davos betrat leicht gereizt das Zimmer des Königs und schloss dann die Tür hinter sich.
Es bedrückte ihn diese junge Frau in solch einer Verfassung gesehen zu haben.
Der Ritter hatte nie eine Tochter gehabt, doch fühlte es sich für ihn an, als wenn er eine Vaterrolle für die junge Lady zu spielen hatte.
Er wollte sie schützen.
Vor jedem Unglück oder Schmerz.
Die Vorstellung, dass solch ein junges Ding alleine in diesem verfluchten Land voller Mörder herumgeirrt war, brach ihm beinahe das Herz.
Es erinnerte ihn daran, dass dort draußen noch mehr solcher unschuldiger Mädchen waren, deren Leid zugefügt wurde.
Davos hatte das Bedürfnis ihn allen zu helfen.
"Ser Davos," begrüßte Jon ihn mit erleichtertem Ausatmen und richtete sich von seiner suchenden Haltung auf.
"Ich habe gerade Lady Tiryr vor eurem Gemach kläglich weinend getroffen.
Ist etwas passiert?"
Der König seufzte, als wenn es ihm lästigt wäre über dieses Thema zu reden.
Er hantierte weiterhin herum und fing dann an die Kerzen zu entzünden, da draußen langsam die Dunkelheit hereinbrach.
"Ich habe ihr, wie ihr auf der Reise hierher geraten habt, klar gemacht, dass hier auf Drachenstein nichts mehr zwischen uns passieren darf."
Davos zog die Augenbrauen hoch und faltete wie üblich die Hände hinter seinem Rücken.
"Ich war der Auffassung, dass sie dies auch verstanden hätte.
Wieso ist sie aber dann völlig in Tränen ausgebrochen?"
König Jon schlug die Hände über den Kopf und sah ihn ratlos an.
"Was weiß ich?
Das ist die Schwäche der Frauen."
"Die Schwäche der Frauen?
Euer Gnaden...ich habe euch noch nie so reden hören.
Diese Frau ist nicht schwach.
Sie ist alles andere als das.
Und doch habt ihr es geschafft sie derartig zu verletzen?"
"Diese Angelegenheit geht nur mich und Lady Tiryr etwas an."
Davos sah verwundert umher und runzelte die Stirn.
Der König verhielt sich komisch.
Seine Stimmlage war arrogant und kühl zugleich.
Kein Wunder, dass Mayisa Tiryr bei diesem Eisklotz völlig aufgelöst aus dem Gemach gekommen war.
"Diese Lady liebt euch, mein König.
Innig.
So sehr wie ein Mensch einen anderen nur lieben kann."
"Wieso reden wir darüber?
Ihr seid mein Berater, Ser Davos.
In Strategie.
Und nicht in Sachen Liebe."
Tief schnaufte der Ritter und begann dann schließlich dem König dabei zu helfen die Lichter in der Dunkelheit anzuzünden.
"Dieses Mädchen verdient ein Zuhause.
Die Gewissheit, dass sie sich geborgen und sicher fühlen kann.
Ihr habt sie ihr vor einigen Momenten genommen.
Was bleibt ihr noch übrig in dieser Festung, wenn ihr sie verjagt?"
Jon schluckte und hielt inne.
Er blinzelte mehrmals und atmete laut aus.
"Es ist keine Zeit mehr für Liebeleien.
Die Toten kommen."
Habe noch etwas
hinzugefügt,
weshalb ich es
zurückgezogen habe :)
Sorry falls es euch verwirrt hat...
Bitte lasst einen Kommi da.
lg
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