Epilog
Traurig nahm der König seine Hand weg von den Lehnen.
Das kalte Metall unter seinen Händen, schien sein Herz noch trauriger zu stimmen, und die salzigen Tränen schossen wieder in sein Auge.
Jon war alt geworden. Man sah ihm die Herrschaft deutlich an.
Das Haar trug bereits einen grauen Farbton, man fand sogar einzelne weiße Strähnen.
Das Gesicht sah nun noch erschöpfter aus, als sowieso schon, die Falten waren umso deutlicher zu erkennen, nun da er so niedergeschlagen auf seinem Thron saß.
Seufzend erhob er sich von dem Eisernen Stuhl und begann die steinigen Stufen hinunter zu gehen.
Die Säulen schienen ihm immer näher zu kommen.
Zwar war der Saal riesig, doch er fühlte sich erdrückt von dem roten Gestein.
Die Realität hatte ihn immer noch nicht eingeholt.
Jon schwelgte verzweifelt in Erinnerungen, die ihn tagtäglich begleiteten.
Das schockierende Ereignis, was vor drei Tagen geschehen war, schien nach und nach sein Herz in tausend Splitter zu zertreten.
Irgendwie hatte er sich ablenken müssen, um nicht vollständig daran zu zerbrechen.
Er fühlte einen konstanten Schmerz in seiner Brust, den er nicht los werden konnte.
Alles in ihm hatte sich kläglich zusammengezogen und jeder Muskel in ihm war angespannt.
Doch Jon versuchte den Schmerz herunterzuschlucken, so wie er es schon sein ganzes Leben getan hatte.
Auch wenn dieser Verlust so groß zu sein schien, dass er langsam realisieren musste ihn nicht überstehen zu können.
Die Krone auf seinen Locken zerquetschte den Kopf.
Für Jon fühlte es sich an, als ob alles vor seinen Augen zusammen brechen würde.
Er war nicht Herr der Lage und hatte keine Macht über den Lauf der Zeit.
So viel war in den letzten Jahren geschehen. Man hatte so viel erreicht, das Volk zufriedener gestellt und den Anforderungen der arroganten Lords war man irgendwie gerecht geworden. Aber trotzdem musterte der König den leeren riesigen Saal und fühlte sich unglücklicher denn je.
Es schwand alles dahin.
Es ging viel zu schnell.
"Vater?"
Wie vom Blitz getroffen sah er vom Boden auf.
Eine Träne war unbemerkt seine Haut hinunter gerollt.
Der Blick traf geradewegs auf das Gesicht seines Sohnes.
Der König erschrak ein wenig, als er den erwachsenen Mann erblickte, der geradewegs auf ihn zulief.
Robb hatte wohl dieselben lockigen Haare wie er, doch die Haarfarbe seiner Mutter.
Jeden Tag stach es dem König mehr ins Gesicht.
Auf irgendeine Art und Weise war es heute besonders schmerzlich sein junges Gesicht zu sehen.
"Die Lords beginnen bereits zu reden, mein König..."
Tief holte der Vater Luft, bevor er dann einige Schritte auf Robb Targaryen zu machte.
Neben den Beinen seines Sohnes kam ein glucksendes Kindergesicht hervor, das provozierend zu dem König hinaufschaute. Sein Herz erwärmte sich augenblicklich, als er seine kleine Enkeltochter bemerkte, die sich an die Hose ihres Vaters geklammert hatte. Die widerspenstigen Locken, wurden von einem winzigen Lederband zurückzuhalten, doch trotzdem wirkte Daenyra so frech wie immer.
"Übernimm du alle wichtigen Entscheidungen...ich kann jetzt kein Land regieren." Jon wollte das Kind hochheben, doch die kleine Schönheit kicherte fröhlich und begann im Saal herumzurennen. Obwohl sie nicht älter als drei war, war sie bereits so flink wie ein Hase.
"Jeora hält sie bereits hin... aber einige scheinen sie nicht zu respektieren, weil sie eine Frau ist."
Der Kopf seines Sohnes legte sich besorgt schief. Eindringlich musterte er seinen Vater.
Jon Targaryen biss sich auf die Lippen.
Er unterdrückte ein schmerzliches Lächeln.
Robb konnte sehen wie der König litt.
Er zitterte beim Einatmen.
Es quälte Jon, den Zwang zu haben vor seinem Sohn stark zu wirken.
"Sie wird sich wohl den Respekt verdienen müssen, wie Mutter es musste," lächelte der Sohn.
Der junge Prinz redete einfach weiter.
Jon war nichts anderes von seinem Sohn gewöhnt, doch wünschte er sich nun nichts lieber als komplette Stille.
Robb hatte ein Talent für das Reden.
Er konnte viele Menschen mit einfachen Worten besänftigen oder überzeugen.
In den dreißig Jahren seines Lebens hatte der junge Targaryen das bereits perfektioniert.
Robb starrte seinen Vater weiterhin an und seufzte laut auf.
Offenbar war er noch nicht fertig, denn er holte tief Luft um weiter fortzufahren.
"Bereits seit drei Tagen hast du kein einziges Wort an einen Menschen verloren.
Du musst dich wieder zeigen, Vater.
Westeros gehört dir und du musst dich darum kümmern
Es führt kein Weg daran vorbei."
Jon schnaubte laut aus.
Ihn packte plötzliche Wut, da sein Sohn einfach nicht den Mund halten wollte.
"Es ist ein Fluch König zu sein, weißt du? Mir ist es nicht einmal gestattet zu trauern!"
Wütend stampfte der Drache auf.
Seine Beine wollten ihn rasch an Robb vorbei tragen.
Doch der Prinz stellte sich dem König in den Weg. Unerwartet umschloss Robb seinen Vater mit den Armen.
Jon hielt die Luft an, erwiderte die Umarmung jedoch dann. Langsam begann der Targaryen zu schluchzen.
Er weinte bitterliche Tränen in die Schulter seines Sohnes.
"Ich sehe kein Licht mehr, mein Sohn," schluchzte der sonst so starke Mann.
Das schwache Wimmern aus seinem Mund zeugte, von einem sterbenden Herzen.
Im Hintergrund war das glückliche Glucksen von Daenyra zu hören.
"Selbst der König ist nicht mächtig genug um gegen Tod anzukommen."
Des Königs Stimme war gequält.
Es traf Robbs Herz ihn so zu hören.
Auch seine Augen waren feucht geworden, da er sich wieder klar machte, was überhaupt passiert war.
Robb war ein Meister der Verdrängung geworden. Ein Talent, dass er laut Jon von ihm geerbt hatte.
Schmerzlich verzog der Prinz das Gesicht.
"Jeder stirbt irgendwann...," murmelte er gegen die Schulter seines Vaters.
Jon löste sich wieder vorsichtig.
Sanft trafen seine Lippen auf die Stirn von seinem Sohn.
"Morgen wird die Beerdigung sein.
Wir müssen uns nur für einige Stunden aufrappeln um uns zu verabschieden...
Gemeinsam schaffen wir das, Vater."
Zuversichtlich starrte der Sohn in das braune Auge. So viel Kummer hatte Robb noch nie darin gesehen.
"Ich will nicht, dass sie verbrannt wird." Die Stimme des Königs bebte.
Der Targaryen Prinz spannte den Kiefer an.
"Vater... du hast zu Beginn deiner Herrschaft angeordnet, jeden einzelnen Leichnam zu verbrennen...
Auch Mutters muss in Flammen gesetzt werden..."
Tief sog der König die Luft ein.
Er klopfte mit einem gequälten Lächeln dem jungen Drachen auf die Schulter.
"Mein Sohn... Eigentlich sollte ich derjenige sein, der so besonnen spricht. Du hast deine Mutter verloren, mein Kind..."
Robb schluckte, jedoch stand er immer noch tapfer vor dem alt gewordenen Drachen.
"Und du hast die Liebe deines Lebens verloren,"meinte der Sohn mutig.
"Wir beide haben einen schweren Verlust zu beklagen...
Genauso wie das ganze Land."
Jon schwieg betroffen.
Sein Auge hatte sich starr ins Leere gewandt, als ob er völlig woanders wäre.
"Die Leute in Westeros haben Mutter geliebt und verehrt.
Sie wird in die Geschichte eingehen und man wird sich stets an sie erinnern.
Das Volk leidet mit uns, Vater."
Der Targaryen schniefte ein letztes Mal auf. Dann zog er seine Schultern stramm und reckte stolz den Kopf.
"Man könnte den Schmerz von Millionen Westerosi, nicht mit dem meinen vergleichen!"
Robb lächelte sanft, als er erblickte wie der Körper seines Vaters sich wieder aufgerappelt hatte.
"Da sind wir nun. Zwei leidende Männer, welche die wichtigste Frau ihres Lebens verloren haben.
Deine Schwester ist stärker als wir gemeinsam und erfüllt ihre Pflicht."
Robb musste leicht schmunzeln, wurde jedoch wieder schlagartig ernst.
"Jeora mag in diesen Tagen wie ein kalter Stein wirken, doch glaub mir, dass dies nur Fassade ist.
Sie versucht sich damit abzulenken, deine Aufgaben zu übernehmen."
"Ich habe ihr Leben lang dafür gekämpft, dass sie als Erstgeborene herrschen darf, obwohl sie eine Frau ist. Deine Schwester hat zu ihrem Leidwesen nichts anderes gelernt, als an die Pflicht zu denken."
Geschafft fuhr sich der Targaryen durch die grauen Haare.
Er musste an seine Tochter denken, die sich wohl gerade im Zimmer der Hand befand um dort mit dem Kleinen Rat Entscheidungen zu treffen, zu denen er sich inmoment nicht in der Lage sah.
Er war froh und auch stolz darauf, dass Jeora diese Aufgaben ohne Murren übernahm und sich ihren Pflichten bewusst war.
Mayisa hatte sie zu einer eigenständigen Frau erzogen, die genau wusste was sie wollte und keinesfalls auf andere angewiesen war.
"Sie denkt wohl sie würde dir etwas schulden, Vater," warf Robb ein.
Jon hatte augenblicklich den Blick gehoben.
Dann schüttelte er energisch den Kopf.
"Jeora schuldet mir gar nichts. Sie ist meine Tochter und ich bin ihr Vater.
Es ist meine Pflicht dafür zu sorgen, dass sie dieselben Rechte hat wie du und Jahaerys, auch wenn Westeros für einen kompletten Umbruch noch nicht bereit zu sein scheint. Das ist es auch, was deine Mutter und ich irgendwann akzeptieren mussten. Mehr ist in einem Menschenleben wohl nicht möglich. "
"Mutter und du haben den Anfang gemacht. Ihr habt gemeinsam große Leistungen vollbracht, die das Land verändert haben. Jeora, Jahaerys und ich werden immer nach euch streben und danach eure Vision durchzusetzen, sowie die folgenden Generationen unsrer Dynastie."
"Mein Sohn," sprach der Vater zu dem erwachsenen Mann.
Jon legte liebevoll eine Hand auf die Wange von Robb.
Sanft blickte der Prinz dem König in das braune Auge.
"Du erfüllst mich jeden Tag mit Stolz.
Aus dir ist ein guter Mann geworden. Achte auf deinen Bruder, er vergisst manchmal, dass es neben Frauen auch noch andere Pflichten gibt. Du bist der richtige, um ihm zu helfen und auf den richtigen Weg zu führen."
Gerührt musste Robb lächeln.
"Und du hast deiner Mutter bereits eine bezaubernde Enkeltochter geschenkt. Das hat ihr noch einmal Lebensfreude eingehaucht, das weißt du."
Jon legte den Kopf schief und drehte sich in Richtung Daenyra, welche aufgeregt durch den riesigen Saal spazierte und hin und wieder etwas vom Boden aufhab, was interessant zu sein schien.
"Hoffentlich wird es nie dazu kommen, dass sie auf dem Thron sitzen muss.
Wenn ich sehe, was es mit Mutter getan hat..."
Der König nickte den Worten seinen Sohnes nur zustimmend zu.
Er musste sofort daran denken, wie sehr seine geliebte Mayisa sich in den letzten Jahren doch verändert hatte.
Sie war immer kälter und trauriger geworden, je älter sie geworden war.
Jon hatte es immer wieder mitbekommen wie sie verzweifelt in den Gärten geweint hatte und jegliche Zuwendung von ihm abgewehrt hatte.
Selbst er hatte ihr nicht helfen können, wie sie mit dem Alter immer bedrückter und zurückgezogener geworden war.
Das Älterwerden hatte ihr zugesetzt, sowie die Herrschaft über ganz Westeros. Und Jon hatte es nicht aufhalten können.
"Was wird wenn die Drachen auch nicht auf sie hören? Drogon lässt mich und Jeora nicht einmal in seine Nähe, von Rhaegal ganz zu schweigen. Das einzige Mal, als sie uns an sich ließen, war als wir noch Kleinkinder waren."
"Die beiden sind intelligent.
Sie wissen was los ist und leiden womöglich auch darunter, dass Mayisa nun gestorben ist."
Der Blick des Königs war starr geworden.
Er hatte es tatsächlich aussprechen können. Doch es hatte ihn sämtliche Kräfte gekostet.
Jon schluckte.
"Außer dir, Vater, kann sie keiner kontrollieren."
Offenbar schwebten die Gedanken von Robb besonders in der Zukunft, wohingegen sein Vater sehnlichst zurück in die Vergangenheit wollte.
"Daenyra kann nur Königin werden, wenn du tot bist, mein Junge.
Und Jeoras Kinder, sowie sie selbst.
Mach dir keine Sorgen, das kleine Ding wird diese Last nicht tragen müssen. Und wenn, dann ist noch Jahaerys da. Er steht in der Thronfolge hinter deiner Tochter. Du weißt wie sehr er seine Nichte liebt. Wir sind alle gut aufgehoben, sollte einer von uns sterben."
Jon klopfte seinem Sohn beruhigend auf die Schulter, welcher verwundert zu ihm schaute, da er die Frage von eben schon beinahe wieder vergessen hatte.
"Jeora ist nicht sonderlich erpicht darauf, Kinder zu kriegen," meinte Robb zweifelnd.
"Dann hoffe ich du und Arianne werden mir noch ein paar Enkel schenken," lächelte Jon zaghaft.
Robb streckte erhaben seine Brust raus und musste leicht schmunzeln.
"Ich versuche mein Bestes."
Der König presste emotional die Lippen aufeinander und nickte nur.
"Daenyra!", rief Robb nach seiner kleinen Tochter.
Das Mädchen kam sofort herbeigeeilt und rannte in die Arme ihres Vaters.
Er wirbelte sie hoch und hielt sie dann sicher bei sich.
"Kommst du dann, Vater?"
Fragend schaute der junge Targaryen zu dem König und ging bereits ein paar Schritte in Richtung der Gänge.
Gedankenverloren nickte der alt gewordene Mann, den Blick stets auf eine einzige Sache in dem großen Saal gerichtet.
Auf den rechten Thron, neben seinem.
Der Stuhl war leer.
Und er würde es bis zu seinem Tod auch bleiben.
Tja, das war es tatsächlich.
Wahnsinn...
Wie ihr sicher mitbekommen habt, musste ich mich in letzter Zeit etwas quälen, aber ich denke das Buch ist trotzdem zu einem würdigen Ende gekommen, wenn auch nicht ganz glücklich.
Vielen Danke für eure Unterstützung in dem letzten Jahr, ich bin wirklich so froh es so weit geschafft zu haben, ein Buch tatsächlich zu beenden! :)
Falls Fragen offen sind, immer her damit, ich beantworte sie euch gerne.
Wenn ihr mehr von mir lesen wollt, wisst ihr wo ihr mich findet :D
Danke. Für alles.
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