Ein Versprechen
Der wirre Trubel im Lager und in der Burg war beängstigend.
Orientierungslos suchte Mayisa nach Sansa.
Ihr fiel es schwer sich zu konzentrieren und Mut zu fassen.
Seit Wochen sagte sie sich selbst, sie würde überleben... Die Armee würde gegen die Toten gewinnen.
Doch nun pochte ihr Herz so wild, dass sie den Optimismus verlor.
Sie hatte Jon aus den Augen verloren.
Es war völlig gestresst und geschockt, verständlicherweise.
Der Targaryen war Kommandant von Tausenden.
Er musste sie alle in Reih und Glied aufstellen lassen.
Ser Davos war bereits auf dem Weg zu ihm, ebenfalls Tormund, Grauer Wurm, Daenerys und Tyrion.
Sie alle hatten nur noch wenige Minuten bis sie die Entscheidung getroffen haben mussten wie sie ihre Streitkräfte am besten nutzen würden.
Mayisas Beine waren schwach, ihre Hände zittrig.
Die Angst erschlich sie wie eine quälende Krankheit.
Unsicher stapfte sie die knarzenden Treppen hinauf.
Sie musste zu Sansa.
Unbedingt.
Die Rothaarige würde ihr Mut schenken.
Lady Tiryr bewunderte sie seit jeher, für ihre Zuversicht und ihre nette Art, trotz aller schrecklichen Dinge durch die sie gegangen war.
Jon hatte einmal gemeint, dass es tragisch wäre, was aus Sansa Stark geworden war.
Sie hatte bitter erfahren müssen, wie schrecklich Westeros zu jungen Mädchen war.
Und doch war sie nur netter geworden.
Es war zutiefst berührend, dass Sansa gelernt hatte die Dinge zu schätzen, die sie besaß, dadurch dass ihr so viel Leid zugefügt wurde.
"Mayisa!", rief eine aufgeregte Stimme ihr entgegen.
Ihr Körper wirbelte herum und sie erblickte Voryras, der geradewegs auf sie zu stürmte.
Der Bruder war völlig außer Atem.
In der linke Hand hielt er ein neues Schwert.
"Voryras du musst dich sofort einreihen.
Die Armee stellt sich bereits auf,"versuchte sie ihn sofort abzuwimmeln.
Männer mit Speeren rannten an ihr vorbei.
Jungen mit Pfeil und Bogen stürmten aus den Toren hinaus.
Frauen mit Schwertern machten sich bereit.
Mädchen mit Lanzen stellten sich auf.
Der Norden hatte versucht alle kampffähigen Bewohner auszubilden.
"Ist das irgendeine Befehl von diesem Bastard?
Ich setze mein Leben doch nicht für ein fremdes Land auf Spiel!"
Mayisa war kaum schockiert über die selbstsüchtigen Worte ihres Bruders.
Ihre Augen schweiften über den Innenhof von Winterfell.
"Ihr da!", rief sie bestimmt zwei großen Männern entgegen.
Diese stoppten augenblicklich und sahen leicht verwirrt zu der hübschen Lady.
"Bringt ihn zu Jon Schnee und sagt ihm Mayisa Tiryr schickt ihn."
Erkennend leuchteten die Augen beider Soldaten auf.
Sie mussten wissen wer sie war.
Widerstandslos nickten sie und griffen brutal nach den Armen ihres Bruders.
"Mylady, was hat er verbrochen wenn ich fragen darf?"
"Er verweigert den Dienst in der Armee.
Lord Kommandant Schnee wird wissen was zu tun ist."
Entsetzt wurde Mayisa von ihrem Bruder angesehen.
Ihm stand der Schock ins Gesicht geschrieben.
"Warum lässt du mich zu diesem Bastard bringen?
Er würde mich am liebsten tot sehen!"
Ohne ihm ins Gesicht zu sehen setzte sie einen emotionslosen Ausdruck auf und verschränkte stolz die Arme.
Ihre Augen suchten noch immer die hastigen Leute nach Sansa Stark ab.
"Erstens hör endlich auf ihn Bastard zu nennen," redete sie seelenruhig, die Aufmerksamkeit stets auf rote Haare in der hektischen Menge gerichtet.
"Und zweitens ist es mir besonders wichtig, dass Jon die Entscheidung treffen darf dich in die vorderste Reihe zu schicken."
Voryras erntete ein böses Lächeln von seiner kleinen Schwester.
Verzweifelt haspelte er nach Worten.
"A-Aber ich bin dein Bruder," murmelte er.
"Nun schafft ihn endlich aus meinen Augen," meinte Mayisa gleichgültig zu den beiden Männern.
Dann wandte sich ihr Körper in die entgegengesetzte Richtung und sie lief auf dem alten Holz die Empore entlang.
Vorne an der Mauer angelangt hatte sie einen guten Ausblick, auf das Durcheinander, welches auf dem Platz vor der Burg herrschte.
Binnen Minuten waren die Zelte abgebaut worden und nun standen die gesamten Streitkräfte in Reih und Glied, hunderte Meter lang, aufgestellt um auf die Befehle ihrer Kommandanten zu geben.
Man konnte die Ungeduld beinahe riechen.
Ein bekanntes lautes Brüllen ertönte aus dem Himmel.
Wie eh und je schreckte Mayisa zusammen, ebenfalls etliche Soldaten und Bewohner der Burg.
Ein Raunen war von der Menge zu hören als beide Drachen hoch oben im Himmel mit kräftigen Flügelschlägen über den mickrigen Menschen flogen.
Beeindruckt musterte sie den größten.
Er stoß ein weiteres einschüchterndes Brüllen von sich.
Man konnte erkennen, wie aus dem letzten vorhandenen Zelt eine Gruppe von Menschen stürmte, ihnen allen voran Daenerys.
Das helle Haar stach Mayisa direkt in die Augen.
Sie konnte die restlichen Personen deutlich erkennen.
Alle rannten sie in verschiedene Richtungen, riefen und schrien der Armee entgegen.
Es tat sich etwas in der Menge.
Nur Daenerys war starr stehen geblieben.
Ihr entschlossener Blick war gen Himmel gerichtet.
Die Augen fest auf ihre Kinder geheftet.
Ein erkennender Ruf erklang aus dem Hals von Drogon.
Zielsicher landete er auf dem Boden, ohne auch nur eine Menschenseele zu berühren.
Die Königin stieg erhaben auf den Rücken des Geschöpfes.
Ihre Hände umklammerten sicher zwei seiner harten Stacheln und sie rief ihm etwas zu, was von weiter Ferne nicht zu erahnen war.
Sofort breitete der Drache seine Flügel wieder aus und schwang sich in die Lüfte.
Mayisa hielt für einen Moment den Atem an, als der kräftige Luftstoß der Flügel sie erreichte.
Es lief alles so schnell ab, dass ihr der Mund offen stand.
"Mayisa!", rief erneut eine Person ihren Namen.
Doch diesmal war es Sansa, die rastlos auf sie zugerannt kam.
"Was machst du denn noch hier?", fragte sie völlig außer Atem.
Mayisa fiel ihr erleichtert in die Arme und schloss emotional die Augen.
Die Gefühle gingen mit ihr durch.
"Jon... Ich habe mich gar nicht verabschiedet," murmelte Lady Tiryr vor sich hin.
Traurig war ihr Blick auf die Armee vor den Toren gerichtet.
"Was? Wozu verabschieden? Wo ist dein Optimismus?"
Sansa löste sich perplex aus der Umarmung.
"Ich konnte ihn nicht einmal umarmen.
Er wurde mir einfach von den Soldaten weggerissen, weil sie ihn brauchten..."
Traurig füllten sich ihre Augen mit Tränen.
Mitleidig musterte Lady Stark sie.
"Mayisa wir sind im großen Saal verschanzt. Vor den Toren sind Wachen, welche uns beschützen.
Aber wenn es dir keine Ruhe lässt, so lauf los und such ihn.
Komm dann direkt zu uns."
Dankbar nickte sie ihrer rothaarigen Freundin zu.
Mayisa wirbelte herum und stürmte mit schnellen Schritten die Treppen hinunter auf den Platz.
Hastig rannte sie zum mächtigen Eingangstor der Burg und lief geradewegs durch das offene Holz hindurch.
Ihre Beine gewannen an Fahrt.
Sie trugen die Lady schneller als sonst.
Ihr Herz klopfte immer schneller und die Knie wurden weicher und weicher, je näher sie der bereits aufgestellten Armee kamen.
Die Soldaten waren bereit für den Kampf und würden in einigen Momenten losmarschieren.
Zielstrebig sprintete sie zu den vordersten Reihen.
Ihre Augen hielten Ausschau nach seinem schwarzen Lockenkopf.
Die Männer und Frauen an vorderster Front sahen sie verwirrt an, als diese unbewaffnete Lady so gehetzt an ihnen vorbeilief.
"Jon!", rief sie verzweifelt.
Die Reihe erstreckte sich noch weitere Meter.
Sie konnte ihn nirgends sehen.
Ein weiteres Brüllen der Kreaturen am Himmel ertönte.
Einige der Menschen schauten auf und blickten gen Himmel.
Die Drachen waren direkt über ihnen, als wenn sie der Schutz aus der Luft wären.
"Jon!", schrie sie nun aus voller Kehle.
Es blieb nicht mehr viel Zeit um ihn noch einmal zu sehen.
Mayisas Herz schlug so schnell, dass es beinahe heraussprang.
Ihre Beine verloren immer mehr an Kraft, sodass sie unkoordiniert an der Armee vorbeihetzte.
Sie ereilte langsam die Panik, ihn nicht mehr rechtzeitig zu finden.
Sie würden nicht ruhen können, ehe sie Jon nochmal gesehen hatte.
"Wo ist der Lord Kommandant?", brüllte sie verzweifelt einen wahllosen Soldaten an.
Dieser zuckte kurz mit dem Kopf zurück, schien jedoch nicht sonderlich beeindruckt von der jungen Frau zu sein.
Ein achtloses Schulterzucken erntete Lady Tiryr.
Tief holte sie Luft und setzte dann in Panik ihren Lauf fort.
"Du solltest lieber deinen Hintern hier wegbewegen, Kleine!", meinte einer der Männer zu ihr.
Einige lachten auf.
War das lustig gewesen?
Mayisa runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf über den jungen Mann.
Dann lief sie wieder weiter.
Wo war er nur?
Aus Reflex legte sie die linke Hand auf ihre Wölbung.
Sie musste ihren Atem beruhigen.
Aufregung war gut für die Entwicklung des Kindes, hatte der Maester zu ihr gemeint.
"Mayisa?", fragte jemand verwirrt.
Sie sah kurz auf und erblickte Jon auf einem rabenschwarzem Pferd.
Ihr Herz blieb für einen Moment stehen, bevor es dann erleichtert weiterschlug.
Sie holte zitternd Luft.
Ihre Unterlippe begann zu bibbern.
Ohne zu Zögern stieg er von dem Pferd ab und ging direkt auf sie zu.
Besorgt blickte er zu der wunderschönen Frau hinunter.
Die erste Träne lief ihr herunter.
Jon nahm ihr Gesicht in die Hände.
Gequält schaute Mayisa ihm entgegen und legte dann ihre Hände auf seine.
"I-Ich musste dich nochmal sehen," stotterte sie verzweifelt.
Der Targaryen nickte ihr voller Verständnis zu.
Seine Augen ließen nicht von ihrem Gesicht ab.
Es war grausam verzogen.
Man konnte sehen wie viel Furcht sich darin abspielte.
"Ich habe Angst, Jon," wimmert sie kläglich.
Die glasigen blauen Augen waren stets nur auf ihn gerichtet.
Auch sein Gesicht verzog sich schmerzhaft, als wenn ihre Gefühle und Ängste auf ihn übertragen wurden.
"Ich auch," hauchte er ihr sanft entgegen.
Mayisa zog mit zitterndem Körper die Luft ein.
Sie begann zu schluchzen.
"Was wenn," begann sie eine schreckliche Vermutung.
Doch Jon Targaryen schüttelte energisch den Kopf.
"Denk nicht einmal dran, Mayisa.
Du wirst überleben.
Ihr werdet nach Essos fliehen, wenn es aussichtslos ist."
"N-Nein, " schluchzte sie getroffen.
Ihre Tränen liefen im Fluss die zarten Wange hinunter.
"Ich werde hier-"
"Du wirst leben!", befahl er ihr energisch.
Eine Hand löste sich und Jon wischte liebevoll die kummervollen Tränen von ihrer weichen Haut.
"Du trägst meinen Erben in dir.
Gib ihm eine Chance auf ein besseres Leben," bat er sie innig.
Schluchzend wimmerte sie auf.
Widerwillig über die Situation schüttelte sie den Kopf.
Jon sah für einen Moment nach hinten zu Ser Davos, welcher mit gequältem Blick die Verzweiflung der Verliebten beobachtete.
"Mayisa," sahen die braunen Augen ihr direkt ins Gesicht.
Seine Hände umschlossen ihre.
"Versprich es mir," flehte er ernst.
Schmerzvoll verzog Mayisa das Gesicht.
Sie wollte das alles nicht wahrhaben.
Am liebsten würde sie ihn jetzt an der Hand mit sich reißen und nach Essos mit ihm fliehen.
Doch allein der Gedanke ließ Mayisa sich selbst hassen.
Es war so egoistisch von ihr, dass es auch aus dem Mund ihres Bruders hätte kommen können.
"Ich liebe dich, Mayisa Tiryr!", murmelte er ihr sanft zu.
Sie zitterte erneut beim Einatmen und nickte dann schwach.
"Ich liebe dich auch, Jon."
Sanft lächelte er ihr entgegen.
Seine allererste Träne kullerte nun seine vernarbte Wange hinunter.
Sie lächelte ebenfalls und küsste liebevoll seine Wange.
Dann nahmen sie sich sehnsüchtig in die Arme.
"Ich verspreche es," hauchte Mayisa gegen sein Ohr.
16 K! Wow.
Ich wollte euch schon bei 15 K danken, habe es aber dann vergessen haha.
Das ist echt krass.
Ich hätte das niemals erwartet.
Danke Danke Danke!
lg
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