Die Letzte ihres Namens
Perplex blickten die glasklaren blauen Augen dem Drachen entgegen.
Der Mund war leicht geöffnet und eine unangenehme Kälte zog sich über die Haut der jungen Frau.
Ein paar Schritte machte sie auf Jon zu.
"Wieso, was hat er getan?"
Jon spannte den Kiefer an.
Sein Blick wandte sich verhalten zu Voryras, welcher mit verzerrtem Gesicht wutentbrannt dem Paar entgegenstarrte.
"Er ließ eine Kräuter... eine Hebamme... ach verdammt ich habe keinen blassen Schimmer, wie man solch einen Berufsstand nennt!"
Mayisa runzelte die Stirn und legte ahnungslos den Kopf schief.
Sie konnte nicht wissen, was ihr Bruder beabsichtigt hatte.
"Es macht mich so wütend nur darüber nachzudenken, was dieser Schweinehund vorhatte!"
Seine linke Hand umgriff gewaltsam den Knauf seines Schwertes.
Lady Tiryr hielt die Luft an.
Instinktiv legten sich die eigenen Finger auf seine um das Gemüt des Drachen zu beruhigen.
"Bringt ihn in eine Zelle!
Ich ertrage seinen Anblick nicht!", schnaubte er laut aus.
Das Auge wanderte zu der jungen Stark.
Arya stand noch immer teilnahmslos am Rand und beobachtete das Geschehen.
"Arya du gehst mit!
Trenn ihm einen Finger ab, wenn er dich wahnsinnig macht!"
Mayisa atmete zitternd ein.
Ihre Augen wurden größer und sie schluckte ängstlich.
"J-Jon?
Was ist passiert?"
Ein Knurren entwich dem Targaryen.
Es kam tief auf seinem Körper heraus und vibrierte bedrohlich in Mayisa's Körper.
"Wir fanden eine fremde Frau.
Sie trug Geld aus Essos mit sich.
Einer meiner Wachen berichtete mir davon, weshalb ich sie antreten ließ.
Es war vom vorne herein klar, dass diese Kräuterhexe etwas im Schilde führte!
Sie meinte aus dem Norden zu kommen, doch wie kam sie dann an das Geld frage ich mich?"
Mayisa kniff die Lippen zusammen.
Ihr ganzer Körper spannte sich an.
Sie wollte die Wahrheit nicht erfahren.
Jon wurde selten so wütend, selbst in Voryras' Gegenwart.
Irgendetwas sehr schlimmes musste passiert sein.
"Ich fragte sie aus, drohte ihr...
Bis sie endlich mit der Wahrheit herausrückte."
Tief schnaufend wandte sich das braune Augen zu der schönen Frau.
Innig hielt er dem Blickaustausch stand.
"Dein Bruder hatte sie bestochen, damit sie eine bestimmte Kräutermischung in dein Essen streuen würde.
Ich habe Maester Wolkan gefragt und er meinte es bestehe nur eine Möglichkeit, was dein Bruder damit erreichen wollte."
Seine Faust ballte sich wütend.
Durch Jon strömten so viele Gedanken auf einmal.
Die Wut in ihm erschuf das Bedürfnis Mayisa's Bruder auf eine grausame Art und Weise umzubringen.
Es reichte ihm.
Egal wie sehr sie ihn davon abbringen würde...
Der Drache würde diesem Verräter so schnell wie möglich den Kopf abschlagen.
Schon ewig kribbelte dieses Gefühl in seinen Fingern.
Voryras hatte es schon lange verdient.
"Dieses Gemisch wird dafür benutzt um Kinder im Mutterleib zu vergiften und sterben zu lassen.
In wenigen Tagen hättest du eine Fehlgeburt gehabt."
Der werdenden Mutter kullerten beinahe die Augen hinaus.
Sie schnappte auf und hielt sich emotional die Hand vor den Mund.
Augenblicklich schossen die Tränen in die blaue Iris.
Tief holte sie Luft.
Der ganze Körper zitterte dabei.
"Oh Gott," keuchte die junge Frau verzweifelt.
Sie schüttelte fassungslos den Kopf.
Leise schluchzte sie kläglich auf, worauf Jon sie liebevoll in seine starken Arme nahm.
Wohlig schmiegte sich ihr Körper an seine Brust.
Ruhig begann vor sich hin zu weinen.
Immer wieder strich die Hand von dem Targaryen über ihr braunes Haar.
"Ich werde ihm morgen eigenhändig den Kopf abschlagen."
Ohne Widerstand nickte der Kopf von Mayisa Tiryr.
Es traf ihr Herz so sehr.
Wie als hätte man hinein gestochen und nun würde es langsam und qualvoll ausbluten.
Sie konnte nicht begreifen, dass ihr eigen Fleisch und Blut ein unschuldiges Kind hatte töten wollen.
"Nur Monster vergreifen sich an unschuldigen Seelen," redete die tiefe Stimme weiter.
Jeder Ton vibrierte beruhigend in Mayisas Körper.
Immer klang seine Stimmen wie Musik in ihren Ohren.
Es war ihr der liebste Ton auf Erden, den sie hörte.
Langsam streichelte Jon's Hand immer wieder zart über das braune Haar.
Eng hatte er sie an sich gedrückt um ihr Halt zu geben.
"Ich kann nicht fassen, dass er das getan hätte...," schluchzte die Lady.
Ihre Stimme war schwach.
Mitten in den Worten brach sie immer wieder.
Behutsam legte Jon seinen eigenen Kopf auf ihren.
Nachdenklich starrte das braune Augen in den dahin schnelzenden Schnee.
Die Maester lagen falsch.
Das war nicht der längste Winter aller Zeiten gewesen.
"Ich verspreche dir alle Menschen aus dem Weg zu räumen, die dich verletzen können."
Mit seinen weichen Lippen gab er der Lady einen sanfte Kuss aufs weiche Haar.
Ihr Atem hatte sich beinahe wieder normalisiert und das Schluchzen war auch leiser geworden.
Ihr Körper bewegte sich.
Langsam löste sich das Paar aus der Umarmung.
Der Daumen des Drachen strich sanft und vorsichtig über die benässte Wange.
Behutsam trocknete er ihre Haut.
Mayisa sah ihm innig entgegen.
Ihre schwarzen Pupillen ließen sein Gesicht nicht aus den Augen.
Langsam brachten ihre vollen Lippen ein Lächeln zum Vorschein.
Jon spürte wie es ihm warm ums Herz wurde.
Es war ein persönlicher Erfolg für den Targaryen, die traurige Lady zum Lächeln gebracht zu haben.
Behutsam schob er mit einer sanften Bewegung eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.
Die letzte Träne wurde weggeschnieft.
Der nächste Morgen war von einem grausigem Nebel geprägt.
Die graue Decke lag betrübend über Winterfell.
Viele fror es, da immer wieder ein eiskalter Winter wehte.
Die Kälte zog durch Mark und Bein.
Man hörte ab und zu ein Zähne klappern, begleitet von kraftlosen Schritten im Schnee.
Das langsame Knarzen fuhr den Bewohnern durch die Ohren.
Es war ein lästiges Geräusch, welche die Ruhe störte.
Mayisa Tiryr stand nun neben den Stark Schwestern.
Ihr Körper zierte ein schwarzes Kleid und sie hatte ihr Gesicht leicht mit einem Stück Netz verdeckt.
Eine Schneiderin hatte über Nacht dieses Kleidungsstück extra für sie angefertigt.
Sansa hatte es anfordern lassen.
Sie ahnte nur, was in Lady Tiryr vorging.
Es musste reinstes Gefühlschaos sein.
Die junge Frau würde bewusst ihren Bruder verlieren.
Die Tatsache, dass er es verdiente, schien Mayisa nicht weniger mies drein zu schauen.
Auf irgendeine Art und Weise konnte Lady Stark ihre Freundin verstehen.
Das Gefühl das letzte Familienmitglied aus einem anderen Leben zu verlieren, musste erdrückend sein.
Sansa hatte es mit Todesangst zu tun gehabt, als sie befürchtete nur noch Jon und Onkel Benjen wären am Leben.
Ewige Zeit hatte die Rothaarige damit gerechnet, die einzige Stark im Norden zu sein, unwissend darüber dass ihre kleinen Geschwister die Jahre über am Leben waren.
Lady Tiryrs Auftreten war beeindruckend.
Sie schaffte es mit ihrem Aussehen jeden einzuschüchtern und zugleich trauern zu lassen.
Die traurige Farbe ließen ihre Mundwinkel noch tiefer wirken, doch die detailreichen Stickereien strahlten Stolz aus.
Als ob sie das Bevorstehende bedauernd, aber auch gut heißen würde.
Die blauen Augen sahen niedergeschlagen, auf den hohen Hoklztisch vor ihr.
Langklaue lag dort, bereit um benutzt zu werden.
Das Herz pochte so schnell, dass man es beinahe hören konnte.
Mayisa zwang sich die Tränen zurückzuhalten.
Gequält hatten sich ihre Brauen gekrümmt.
Es erschlich sich Angst in ihre Adern, wenn sie daran dachte, was die Untertanen über sie reden würden, wenn sie die Hinrichtung ihres Bruders, einem verurteiltem Verräter, mit Tränen verlassen würde.
Schließlich hatte er ihr Kind töten wollen.
Ein lautes Stapfen durchbrach die bedrückende Stille des Platzes.
Die blauen traurigen Augen sahen auf und Mayisa's schwerer Kopf hob sich.
Ihre Pupillen trafen direkt auf den Anblick des Königs.
Jon lief mit ernstem Blick durch den Gang, welchen die Bewohner gebildet hatten.
Seine dunklen Stiefel erzeugten ein konstantes Knarzen im Schnee.
Seine Rüstung mit der Lederverkleidung wurde von einem prächtigen Mantel bedeckt.
Das dunkle schwarze Fell erinnerte an den Umhang, welchen der Targaryen bei der Nachtwache getragen hatte.
Auf dem ausgestochenen Auge trug Jon nun eine aus Leder angefertigte Klappe.
Die leere Augenhöhle war nun nicht mehr zu sehen.
Die gesunde braune Iris traf für einen Moment auf das Gesicht von Lady Tiryr.
Sie versuchte den Schmerz herunterzuschlucken.
Der König trat den Weg zu den Treppen an und ging dann schnurrstracks das alte Holz hinauf.
Tief holte er Luft.
Der Mann stand nun direkt vor der werdenden Mutter.
Schnaufend blickte Mayisa ihm weiterhin entgegen.
Kurz zitterte sie beim Einatmen auf.
Die Furcht zeigte sich in der blauen Iris.
Sie merkte seinen innigen Blick.
Er strahlte Mitgefühl und Trauer aus.
Jon wusste, dass er Voryras nicht töten konnte, ohne Mayisa dabei zu verletzen.
Es war unmöglich.
Wenn der Kopf abgeschlagen war, würde Mayisa die letzte ihres Namens sein.
Es gab kein anderes Familienmitglied mit dem Namen Tiryr.
Nur noch sie.
Bedacht nahm Jon Targaryen Langklaue in seine Hand.
Er zog die Klinge hervor.
Mayisa hielt für einen Moment die Luft an.
Sie spürte ein sanftes Streifen an ihrem schwarzen Kleid.
Leicht erschrocken blickten die Augen hinab und sahen einen schneeweißen Geist.
Kurz schauten die blutroten Augen des Tieres der jungen Frau entgegen.
Dann legte er sich friedlich neben ihre Beine.
Irgendwie beruhigte sie die Anwesenheit des Wolfes.
Zum ersten Mal wandten sich die traurigen blauen Augen an ihren gefesselten Bruder.
Der Verurteilte wurde von zwei kräftigen Wachen in Zaum gehalten.
Es war ihm der Mund gestopft worden, da Jon seine Beschimpfungen nicht hatte ertragen können.
Voryras' Gesicht war voll von Hass und Wut.
Kein Funke von Einsicht zeichnete sich darin.
Die wilden braunen Haare hingen ihm dreckig ins Gesicht.
Seine Schwester musterte der Mann mit einem abwertenden Blick.
Selbst jetzt schüchterte er sie noch ein.
Mayisas Herz schlug schneller und schneller.
Die Furcht vor dem Anblick seines herablassenden Gesichtsausdruck, saß noch immer tief.
Grob drückten die Wachen ihren zappelnden Bruder auf den Pflock.
Der Kopf ragte hervor.
Voryras' Hals wurde freigelegt und seine Mundsperre entfernt.
Empört blickte der Tiryr auf.
Ein zerstörerischer Blick traf den König.
"Darf ich nicht meine letzten Worte sagen, Bastard?", patzte der Verräter den Drachen verachtend an.
Mayisa konnte bis hierher sehen wie Jon die Zähne aufeinander biss.
Ein Raunen ging durch die Menge.
Die Bewohner reagierten entsetzt, da der König Bastard genannt wurde.
Als ob viele es nicht selbst jahrelang so praktiziert hätten...
"Nein.
Du wolltest mein Kind töten!
Ich werde dir mit vollstem Vergnügen deinen lästigen Schädel vom Hals abschlagen."
Grimmig umfassten die starken Finger des Targaryen den Wolfsknauf.
Bedrohlich glänzte die Klinge auf, als sie angehoben wurde.
Knurrend wurde Voryras' Kopf nach unten gedrückt.
Jon erinnerte sich nachdenklich an all die Missetaten dieses arroganten Schweinehundes.
Er hatte 500 geschändete Sklaven nach Westeros gebracht.
Voryras hatte sie wie Abschaum behandelt und hätte jeden von ihnen ohne Zögern erfrieren oder verhungern lassen.
Dann fielen dem Targaryen noch sämtliche Schikanierungen gegenüber seiner Schwester ein.
Das Adrenalin, gefolgt von Wut und Hass, strömte in Massen durch die Adern des Drachen.
Genau hatte er das Bild vor Augen, wie Voryras Mayisa's Kopf brutal in den Händen hatte.
Er war kurz davor gewesen ihren Schädel erneut gegen das Holz zu schmettern, als Jon in das Zelt eingetreten war.
Bis heute tat es ihm Leid, dass er sie nicht hatte beschützen können.
Diese Demütigung hatte sie nicht verdient gehabt.
Wütend pressten sich Jons Lippen zusammen.
Das Gesicht verkrampfte sich.
Mit einem kräftigen Hieb schlug Jon mit der silbernen Klinge geradewegs auf den Hals zu.
Ein ohrenbetäubendes Knacken, gefolgt von durschnittenem Fleisch, ertönt über den ganzen Platz.
Lady Tiryr zuckte erschrocken zusammen.
Sie war durch Mark und Bein erschüttert.
Geist neben ihr hob aufmerksam den Kopf.
Der König zog das Schwert zurück und sah mit gemischten Gefühlen auf den Kopf am Boden.
Das Blut spritzte unaufhaltsam aus dem Hals heraus.
Nun war Voryras still.
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