Die Drachenkönigin
Jon blickte sie mit vielsagendem Gesicht an und setzte einen strengen Blick auf.
Mayisa schnaubte, doch Jon drängte sich einfach vor sie, sodass er nun neben Tyrion lief.
Grimmig musterte sie beide und verschränkte im Laufen die Arme.
Die Lady verstand nicht wie er einem Lennister so friedlich begegnen konnte.
Seine Familie hatte Robb umgebracht.
Hatte Jon das bereits vergessen?
Tyrion schien auf dem ersten Blick nett zu sein, doch waren Löwen auf dem zweiten Blick sehr gefährlich und unberechenbar.
Enttäuscht lief sie neben Ser Davos her und betrachtete mit grimmiger Miene die riesige Festung auf den mächtigen Felsen vor ihnen.
"Und Sansa," begann Tyrion ein Gespräch mit dem König des Nordens.
"Ich höre sie ist gesund und munter."
Mayisa verzog das Gesicht und schnaufte tief durch.
Er sprach von ihr als wenn sie ein Kind wäre.
"Ist sie," bestätigte Jon.
"Vermisst sie mich sehr?"
Jon sah ungläubig zu dem Gnom und zog die Augenbrauen hoch.
"Eine Scheinvermählung war es," gab der Lennister von sich.
"Nie vollzogen."
"Ich habe nicht gefragt," meinte Jon und beschleunigte seinen Schritt.
Der Gedanke daran, dass seine kleine Schwester mit irgendeinem Mann intim werden könnte verdarb ihm den Tag noch mehr.
"Egal...
Jedenfalls ist sie viel klüger als sie erkennen lässt."
"Sie lässt es allmählich erkennen," sagte Jon unbegeistert.
Mayisa schmunzelte leicht und sah auf die Stufen.
"Gut," meinte Tyrion ernst.
"Irgendwann möchte ich dann hören wie ein Rekrut der Nachtwache zum König des Nordens wurde," fügte der Mann hinzu.
"Solange ihr mir erzählt wie ein Lennister zur Hand von Daenerys Targaryen wurde," gab der König wider.
Mayisa's Haltung entspannte sich und sie faltete die Hände vor ihrem Körper.
Stumm blickte sie zu Ser Davos, der bei dem Gespräch der beiden aufmerksam zuhörte.
"Eine lange blutige Geschichte.
Um ehrlich zu sein war ich den Großteil davon betrunken."
"Die Bannerträger halten meinen Ausflug hierhin für Irrsinn," wechselte Jon rasch das Thema und musterte beeindruckt die steinernen Mauer der Festung.
"Selbstverständlich.
Wäre ich eure Hand, hätte ich davon abgeraten.
Stark Männern ergeht es nicht gut wenn sie nach Süden reisen."
"Wohl war," stimmte Schnee zu.
"Aber ich bin kein Stark."
Plötzlich war ein ohrenbetäubendes Brüllen aus dem Himmel zu hören.
Es kam direkt über sie.
Instinktiv warfen Jon, Davos und Mayisa sich schutzsuchend auf den Boden.
Als sie aufschauten konnten sie ihn sehen.
Einen riesigen Drachen.
Er flog mit kräftigen Flügelschlägen über sie hinweg und brüllte nocheinmal laut.
Das Ungeheuer war so groß wie das Schiff der Nordmänner, wenn nicht sogar größer.
Mit rasendem Herz standen die drei wieder auf und sahen beeindruckt und verängstigt hinauf zur Festung, wo noch zwei weitere Drachen kreisten.
Geschockt drehte sich Mayisa zu Ser Davos, welcher ebenfalls fassungslos an den Himmel geschaut hatte.
"Kommt," riss Tyrion sie aus dem Schockmoment.
"Ihre Mutter erwartet euch."
Die riesigen Tore wurden für den Besuch geöffnet.
Mit schnellen Schritten führten Tyrion und Jon die Truppe an und gingen durch das letzte Tor, dass sie durchqueren mussten um zur Königin zu gelangen.
Tyrion und Missandei nahmen ihre Plätze ein, ebenfalls die Dothraki.
Jon schaute leicht verunsichert zum Thron.
Daenerys Targaryen saß mit hochnäsigem und arroganten Blick darauf und musterte ihren Besuch.
Sie beeindruckte Jon zutiefst.
Mit ihrem silbernen Haar und ihren vollen Lippen stach sie aus aller anwesenden Personen hervor.
Ihre Kleidung war dunkel und bis nach oben hin geschlossen.
Eine Brosche mit drei Drachen zierte es, woran ein rotes Tuch befestigt war, welche aussah wie Drachenhaut.
Fasziniert musterte er die junge Frau und schien beinahe Mayisa zu vergessen, die links von ihm stehen blieb.
"Ihr befindet euch in Gegenwart von Daenerys Sturmtochter aus dem Hause Targaryen.
Rechtmäßiger Erbin des Eisernen Throns.
Rechtmäßiger Königin der Andalen und der ersten Menschen.
Beschützerin der sieben Königslande.
Mutter der Drachen.
Khaleesi des großen Grasmeeres.
Der Unverbrannten.
Sprengerin der Ketten."
Feierlich sah Missandei zu Jon Schnee.
Dieser blickte ratlos zu Ser Davos.
Das hatten sie nicht geplant.
"Das ist Jon Schnee," stellte Davos ihn nach kurzer Stille vor.
Jon zog die Augenbrauen hoch und sah hilflos zu dem alten Ritter.
"Er ist König des Nordens," fügte er den einen Titel hinzu.
Mayisa meinte ein Schmunzeln auf dem Gesicht der Königin sehen zu können.
"Danke, dass ihr soweit gereist seid, Mylord.
Ich hoffe ihr seid nicht in schwere See geraten."
Musternd schaute Mayisa die Königin an und schluckte.
Ihre Stimme glich einem Engel.
Einem arroganten herablassendem Engel.
"Die Winde waren uns gewogen, Euer Gnaden," gab Jon freundlich zurück.
"Ich wende ein, dass Jon Schnee ist König des Nordens, Euer Gnaden.
Nicht nur ein Lord."
Davos sah unbekümmert zu der Königin.
"Vergebt mir..."
"Euer Gnaden das ist Ser Davos Seewert.
Mein engster Berater.
Und zu meiner linken befindet sich Lady Mayisa aus dem Hause Tiryr.
Sie ist ebenfalls eine Beraterin."
Daenerys nickte nur und schaute musternd beide an.
"Vergebt mir, Ser Davos.
Ich habe keine formelle Schuldbildung genossen.
Aber ich meine gelesen zu haben, dass der letzte König des Nordens Thoryn Stark war, welcher das Knie vor meinem Vorfahr Aegon Targaryen beugte.
Im Tausch gegen sein Leben und das Leben der Nordmänner schwor Thoryn Stark dem Hause Targaryen die perpetuelle Treue.
Oder verwechsle ich da etwas?"
"Ich war nicht dabei, Euer Gnaden," meinte Davos leicht vorlaut.
Jon trat nervös von einem auf den anderen Fuß.
"Nein, natürlich nicht.
Aber dennoch ist ein Eid, ein Eid.
Und perpetuell bedeutet für immer.
Also nehme ich an, Mylord, dass ihr hier seid um euer Knie zu beugen."
Erwartungsvoll blickte die junge Königin zu dem schwarzhaarigen Lockenkopf.
Tief Luft holend spürte Mayisa wie sie nervöser wurde und das Bedürfnis spürte zu Jon hinüber zu sehen.
Es war ihr klar gewesen, dass dies das Erste sein würde, was Daenerys Targaryen verlangen würde.
Etliche Male hatte sie es zu Jon gesagt.
"Das bin ich nicht," meinte Jon denütig.
"Wie unerfreulich," sagte die Targaryen.
"Ihr seid so weit gereist um dem Hause Targaryen die Treue zu brechen?" fragte die Königin ungläubig.
"Die Treue brechen," gab Jon belustigt von sich.
"Euer Vater hat meinen Großvater verbrannt.
Er hat meinen Onkel verbrannt."
"Mein Vater war ein schlechter Mensch.
Im Namen von Haus Targaryen ersuche ich um eure Vergebung für seine Verbrechen gegenüber eurer Familie.
Und ich bitte euch die Tochter nicht aufgrund der Sünden ihres Vaters zu beurteilen.
Unsere beiden Häuser waren jahrhundertelang Verbündete.
Und das waren die erfolgreichsten Jahrhunderte, die die sieben Königslande gesehen haben.
Jahrhunderte des Friedens und des Wohlstandes.
Mit einem Targaryen auf dem Eisernen Thron und einem Stark als Wächter des Nordens.
Ich bin die letzte Targaryen, Jon Schnee.
Erkennt an was euer Vorfahr meinem geschworen hat, beugt das Knie und ich erkläre euch zum Wächter des Nordens.
Gemeinsam werden wir dieses Land vor denen bewahren, die es zu zerstören versuchen."
Ratlos schaute Mayisa nun zu Jon, der ihren Blick kurz erwidert und dann wieder zu der Königin vor ihnen blickte.
"Ihr habt Recht.
Ihr tragt keine Schuld an den Vergehen eures Vaters.
Ich bin nicht gebunden an die Eide meiner Vorfahren."
"Warum seid ihr dann hier," fragte Daenerys mit zusammengebissenen Zähnen.
Jon holte tief Luft und sah unsicher die Dothraki an, welche im ganzen Raum verteilt waren.
"Weil ich eure Hilfe brauche.
Und ihr braucht meine."
Unbeeindruckt zog die Blonde die Brauen hoch und legte den Kopf schief, als wenn sie mit einem Kind reden würde.
"Habt ihr die drei Drachen gesehen, als ihr hier ankamt?
Und habt ihr die Dothraki gesehen, die alle geschworen haben für mich zu töten?"
"Habe ich," sagte Jon ernst.
"Und doch soll ich eure Hilfe brauchen?"
Leicht belustigt schaute sie zu den Besuchern herab.
"Nicht um Cersei zu schlagen.
Ihr könntet morgen Königsmund stürmen und die Stadt würde fallen.
Wir hätten sie um ein Haar erobert und wir hatten keine Drachen," meinte der alte Ritter.
"Um ein Haar," witzelte Tyrion schmunzelnd.
"Gestürmt habt ihr sie aber noch nicht.
Wieso nicht?
Für mich ist der einzig ersichtliche Grund, dass ihr nicht tausende unschuldige Menschen töten wollt.
Das wäre der schnellste Weg den Krieg zu gewinnen, aber ihr seid nicht zu bereit.
Das bedeutet...immerhin schon...ihr seid besser als Cersei."
Daenerys zog die Augenbrauen hoch.
"Das erklärt immer noch nicht weshalb ich eure Hilfe brauche."
"Euer Gnaden.
Alle die ihr kennt werden sterben bevor der Winter vorbei ist wenn wir den Feind im Norden nicht besiegen."
"So wie ich das sehe, seid ihr der Feind im Norden," bemerkte Daenerys aufgebracht.
Jon biss sich auf die Lippe und sah zu Boden.
"Ich bin nicht euer Feind.
Die Toten sind der Feind."
"Die Toten," wiederholte die Targaryen und verdrehte die Augen.
"Ist das eine Metapher?"
"Die Armee der Toten ist auf dem Vormarsch."
"Die Armee der Toten?"
Mit gerunzelter Stirn sah Tyrion den Bastard an.
"Ihr kennt mich nicht gut, Mylord.
Aber haltet ihr mich für einen Lügner?"
Tyrion schüttelte entschlossen den Kopf.
Dankbar blickte Jon ihn an und schluckte.
"Das alles ist real.
Ich habe es selbst gesehen.
Ich habe gesehen, was sie mit den Wildlingen getan haben und wie ich hilflos daneben stehen musste weil kaum eine Waffe sie zerstören kann.
Wenn sie die Mauer überwinden und wir immer noch untereinander streiten sind wir erledigt."
Tyrion schaute zu seiner Königin.
Ihr Ausdruck hatte sich verändert.
Das Gesicht von ihr spiegelte keine Arroganz mehr wider.
Es schien so als wenn sie wirklich nachzudenken schien und die Worte des Königs bei ihr etwas bewirkt hatten.
"Ich wurde auf Drachenstein geboren.
Nicht das ich micht daran erinnern könnte.
Wir flohen bevor Robert's Mörder uns finden konnten."
Die Königin stand auf und ging mit langsamen Schritten die Treppen des Throns hinunter.
"Ich habe mein Leben in fremden Ländern verbracht.
So viele Männer haben versucht mich umzubringen.
Ich kenne nicht einmal mehr ihre Namen.
Ich wurde verkauft wie eine Zuchstute.
Ich wurde angekettet und verraten.
Vergewaltigt und geschändet.
Wisst ihr was mich durchhalten ließ in all diesen Jahren?
Vertrauen.
In mich selbst.
In Daenerys Targaryen.
Die Welt hatte seit Jahrhunderten keine Drachen mehr gesehen.
Die Dothraki hatten nie das Meer überquert.
Sie taten es für mich.
Ich wurde geboren um die sieben Königslande zu regieren.
Und ich werde es tun."
Sie stand nun direkt vor dem König des Nordens.
Die Spannung zwischen den beiden war deutlich zu spüren.
"Ihr werdet über einen Friedhof herrschen, wenn wir den Nachtkönig nicht schlagen."
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