Der Rote Bergfried
Es war eine riesige Eskorte, welche Jon Targaryen durch die Gassen begleitete.
Vor und hinter ihm war 100 Soldaten seiner Armee, welche die Wege freimachten.
Hoch oben saß er auf seinem Ross und musterte die Menge.
Er hatte den Befehl gegeben Essen an die Bewohner zu verteilen.
All seine Soldaten warfen Brot, Gemüse und Säcke voll Getreide zu den hungernden Menschen.
Einige jubelten hin und wieder.
Er winkte ihnen jedes Mal zurück.
Sie hatten ihn wohl noch nie gesehen gehabt.
Einige trugen suchende Blicke, denn jeder schaut nach hellen blonden Haaren.
Seine Geschichte musste sich herumgetragen haben.
Viele wisperten geheimnisvoll, wenn sie ihn erblickten.
Die Stadt war dreckig und roch übel.
Es waren so viele Menschen auf einem Fleck, dass jede Stelle wie ein überfülltes Schlachthause wirkte.
Zusammengepfercht auf kleinem Raum, wartend darauf, was passieren würde.
Die Hauptstadt war brutal, das wusste er.
Jeder hier würde für ein Stück Brot morden.
Seine Männer sollten so viel Essen wie möglich zu den Mengen bringen.
Er tat es nicht nur für deren Wohl, sondern auch für das eigene.
Hier war es gefährlich, und alles was die Bewohner wussten war, dass er ein Targaryen war.
Sein Großvater hatte einst großen Schaden hier angerichtet.
Der Drache musste nun das Volk für sich gewinnen.
Es war offensichtlich diese Situation für sich zu nutzen.
Sein Kopf drehte sich nach rechts.
Alice Karstark lächelte ihm zufrieden zu und nickte ergiebig.
"Ich kann euch nicht genug danken, Mylady," sprach er zu ihr.
Die Rothaarige schaute wieder zur Menge und musterte nachdenklich einzelne Gesichter.
"Mein Haus schuldet euch viel mehr als das."
Sanft lächelte er dem Mädchen entgegen.
Sie kaum viel älter als ein Kind.
"Ihr wart es nicht, der den Verrat begangen hat."
"Ebenso wart ihr nicht derjenige, der damals die ganze Stadt verbrennen lassen wollte und einen Krieg auslöste.. Trotzdem werden einige Untertanen immer euren Großvater in euch sehen."
Jon presste die Lippen zusammen und schnaufte tief durch.
Wie recht sie doch hatte.
Das braune Auge schnellte nach oben.
Er hatte das Gebrüll von Rhaegal und Drogon vernommen. Die Brüder flogen geradewegs über ihm.
Kräftige Flügelschläge ließen das Volk ebenfalls aufblicken.
Ein Raunen ging durch die Mengen.
Der König war sich nicht ganz sicher ob es Angst oder Staunen war, dass sich in deren Gesichter abzeichnete.
Nun konnte er auch die roten Gemäuer des Bergfrieds sehen.
Sie waren in der Straße eingebogen, welche geradewegs zum Tor führte.
Tief holte er Luft.
Die Aufregung in ihm stieg, je näher die Eskorte den Toren kam.
All das schien so surreal, dass Jon glaubte es wäre ein Traum.
Das Pferd unter ihm schnaubte gelassen, als er auf einer Brücke anhielt.
Vor ihm standen mehrere Karstark Soldaten.
Die weiße Sonne auf dem schwarzen Untergrund war deutlich zu sehen.
Ein kalter Wind wehte durch des Königs lockige Haare.
Kurz drehte sich sein Kopf zu Ser Davos.
Alice Karstark hatte ihren Männern ein Handzeichen gegeben, worauf die Flaggenträger zur Seite traten und einige andere das mächtige Tor zum roten Bergfried öffneten.
Mit einer bestimmenden Fußbewegung in die Flanke des Rappen, dirigierte Jon Targaryen das Pferd durch die Tore.
Er war der erste, welcher hinein ritt.
Alle anderen folgte gehorsam ihrem König.
Hoch oben auf den roten Mauern hatte Rhaegal Platz genommen.
Ein ohrenbetäubendes Brüllen ertönte aus der tiefen Kehle des Wesens.
Drogon flog weiterhin um die Türme herum.
Seine Größe ließ den Roten Bergfried auf einmal ziemlich klein erscheinen.
Majestätisch riss der Drache ebenfalls das Maul auf und ließ einen lauten Schrei los, als Jon, der letzte Targaryen, durch die Mauern der Burg ritt.
Seine Männer folgten ihm zweifellos hinein zu den starken Mauern.
Davos war stets neben ihm, während er langsam den Weg nach oben ritt.
Jon versuchte mit jeder Zelle seines Körpers diesen Moment auszukosten.
In einem schlängelndem Weg führten die Steine hoch hinauf, direkt zum Thronsaal.
Er konnte es nicht mehr aushalten.
Das Pferd erntete einen Hieb in die Flanken und gallopierte augenblicklich los.
Kurz darauf tat es ihm der ganze Trupp gleich und sie spurteten hoch hinauf.
Die Sonne schien herunter auf die Eskorte, welche gekommen war um den Eisernen Thron an sich zu reißen.
Nun gelangten sie am zweiten Tor an. Es war bereits geöffnet worden.
Geradewegs lenkte der Drache seinen Trupp durch die mächtigen Tore, welche sie noch tiefer hinein in die Feste führten.
Der Rappe unter ihm schnaubte laut.
Jon setzte sich tiefer in den Sattel und beugte sich dann nach vorne, was das Pferd noch schneller werden ließ.
Weiter stürmten die Soldaten hinter ihm her, ebenso wie Davos Seewert und Alice Karstark.
Sie gelangten am dritten Tor an.
Das Tier und der König schnauften um die Wette.
Unruhig tänzelte das schwarze Pferd vor dem dicken dunklen Tor.
Keine Wachen standen dort.
Erwartungsvoll schaute der Targaryen nach hinten zu seinen Gefolgsleuten.
Sofort sprangen zehn Soldaten von ihren Pferden und spurteten nach vorne.
Sie machten sich mit großer Mühe daran die mächtige Tür zu öffnen.
Mit einem lauten, sich ziehenden, Brummen wurden die Tore nach innen geschoben.
Neugierig ritt Jon Targaryen hinein in den Großen Saal.
Er stieg von seinem Pferd ab und drückte die Zügel einem seiner Männer in die Hand.
Was er erblickte, war grausam.
Die vielen Holztische zur Seite waren wohl wild durcheinander gewirbelt worden.
Es waren Blutlachen zu sehen, ebenso wie mehrer tote Körper.
Die Kehlen waren aufgeschnitten oder die Gedärme entblößt.
Es roch nach Tod.
Jon überkam ein ergreifendes Schuldgefühl.
Er konnte einigen Leichen in die starren Augen sehen, was ihn bedrückt schlucken ließ.
Die Angst in den schwarzen Pupillen übertrug sich augenblicklich in seine Adern.
Das war der Preis den er hatte zahlen müssen, um an die Macht zu kommen.
Tywin Lennister musste es damals zufrieden gestellt haben bei einer Hochzeit die Feinde ermordet zu haben.
In dem Moment, als sie dachten sie wären in Sicherheit und würden Walder Freys Gastfreundschaft genießen.
Robb hatte keine Ahnung davon, dass Talisa und sein ungeborenes Kind dort in Gefahr sein könnten.
Jon war nicht wie Tywin.
Oder?
Immerhin hatte er seinen Plan nachgeahmt um das Königreich an sich zu reißen.
All diese Leichen im Thronsaal...
Der letzte hatte noch kein einziges Mal auf dem Thron gesessen, doch hatte er bereits für Tode im Saal gesorgt.
Doch Jon Targaryen wandte seinen Blick nach vorne.
Sein Blick war ernster, denn je.
Das tiefbraune Auge musterte aufmerksam den riesigen Thronsaal.
Er erblickte all die uralten Gemäuer, welcher seine Vorfahren hatten errichten lassen.
Die Säulen prangten mächtig an seiner Seite, während er einige Stufen hinablief.
Mit langen, bedachten Schritten lief er den Saal entlang.
Dieser Ort war fremd für ihn.
Es erfüllte ihn nicht mit Stolz hierhergekommen zu sein.
Jedoch fühlte er starke Genugtuung.
Besonders, da er jetzt den Eisernen Thron vor sich erblickte.
Der alte Stuhl stand erhöht, über alles andere im Saal.
Kurz vor den Stufen hielt er inne.
Der König holte tief Luft.
Mächtig hoben sich seine breiten Schultern.
Dann sah er nach oben zu dem Thron aller Throne.
Langsam bewegte sich seine Füße nach vorne und er nahm die erste Stufe.
Dann die zweite.
Dann die dritte.
Dann die vierte.
Bis er schließlich oben angelangt war.
Der letzte Drache drehte sich herum und ließ sich auf dem Eisernen Thron nieder.
Ser Davos hatte sich den Brief nun schon das fünfte Mal durchgelesen.
Seine Hände zitterten ängstlich dabei, während er durch die Gänge des Roten Bergfrieds lief.
Die geschriebenen Worte waren brutal.
Er konnte es sich kaum vorstellen wie der König erst reagieren würde.
Entschlossen stießen die alten Hände
die Tür zum Gemach des Königs auf.
Jon Targaryen wirbelte augenblicklich herum, als Ser Davos eintrat.
Sein Gesicht sah verwirrt aus, als er unerwarteterweise seinen engsten Berater in dem Rahmen stehen sah.
"Ser Davos," begrüßte der Drache ihn überrascht.
"Was führt euch zu mir?"
Der alte Ritter trat in das große Gemach ein und schloss die Tür hinter sich.
Nervös presste er die Lippen aufeinander.
Es machte ihn völlig verrückt, solch eine Nachricht seinem König überbringen zu müssen.
"Ein Brief für euch, mein König," meinte Davos.
Jon runzelte die Stirn über den niedergeschlagenen Ton und nahm das Papyrus entgegen.
Seine Finger rollten es mit einer gewissen Unsicherheit auf.
Dann begann das braune Auge über die Worte zu schweifen.
Man konnte sehen wie das Gesicht immer mehr an Fassung verlor, je länger der Mann auf das Papier starrte.
Sein Auge wurde größer und größer.
Die vollen Lippen presste sich gequält zusammen und Davos meinte, dass sogar die erste Träne seine Wange hinunter lief.
Mit einer schnellen Bewegung beförderte der Targaryen den Brief auf eine der Kommoden.
Dann ballte er unkontrolliert seine Fäuste.
"Wie konnte das passieren?," brüllte er wutentbrannt.
Seine Kiefermuskeln spannten sich gefährlich an.
In ihm schien die Welt zusammen zu brechen.
"Verdammt! Ich bin ein naives Stück Scheiße, wenn ich geglaubt habe in diesem Land würde jemals etwas nach Plan gehen!"
Fuchsteufelswild haute er ungehemmt gegen die steinerne Wand seines Gemachs.
Davos sah ihm voller Emotionen dabei zu, wie er die Gefühle in ihm heraus ließ.
"Jon, es ist nicht eure Schuld...," versuchte er ihn positiv zu stimmen.
Der Lockenkopf ließ sich auf einen der vielen Stühle fallen und begann sich die Haare zu raufen.
"Natürlich ist es das!
Schließlich gab ich den Befehl dazu."
Seine Stimme war immer noch völlig aufgewirbelt.
Beruhigend hob der alte Ritter seine Hand und tat, mit Bedacht, einige Schritte auf den Drachen zu.
Einfühlsam legte er den Kopf schief und krümmte die Brauen.
"Ich habe bereits Männer losgeschickt um mit ihnen zu verhandeln."
"Sie werden sie umbringen!"
Jon schaute wild auf.
Das Auge blitzte gefährlich auf.
"Das werden sie nicht.
Ihr seid der König von Westeros.
Jeder weiß, dass ihr fähig seid diese Halunken zu besiegen.
Sie spielen nur mit euch!"
Tief schnaufte der Targaryen durch.
Seine Hände griffen erneut nach dem Papier und er rollte es auseinander, um die Worte noch einmal zu lesen.
An den Bastard, der sich König nennt!
Ich habe eure Lady in meiner Gewalt und verlange für ihre Freilassung, dass ihr meine Schwester und meinen Bruder freilasst!
Weigert ihr euch sie mir zu bringen, so werdet ihr eure geliebte Mayisa nie wieder sehen und euer Kind niemals zu Gesicht bekommen!
Ser Jaime Lennister
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