Die knarzende Tür von Bran's Zimmer öffnete sich.
Die junge Lady Tiryr trat zaghaft ein und schaute vorsichtig in das Zimmer.

Der zweite Anwesende drehte sich um.
Die Augen der jungen Lady blitzten freudig auf.

Sie ging mit geöffneten Armen auf ihn zu.
Dieser erhob sich und lief ihr entgegen.
Für einen kurzen Moment nahmen sich beide in die Arme und atmeten erleichtert auf.

"Samwell!"

Eine riesige Last fiel von ihnen
Sam war froh über die Entscheidung, die er getroffen hatte.
Er bereute es nicht die Zitadelle verlassen zu haben.
Hier würde er Jon zur Seite stehen können und für andere von Nutzen sein.
Die Maester in Altsass waren immer noch im Glauben, dass die weißen Wanderer nur ein Märchen waren.
Es hatte ihn fuchsteufelswild gemacht, dass ihr Horizont so schmal beschränkt war und sie nur an ihre Bücher glaubten.

"Du bist noch am Leben," sagte er lächelnd.
Sie nickte freudig und sah ihn glücklich an.

"Und wie ich von Sansa Stark gehört habe scheint zwischen dir und Jon einiges passiert zu sein."

Sie schmunzelte leicht und setzte sich auf einen freien Stuhl zwischen Bran und Sam.
Ihre Augen blickten zu dem wärmespendenden Feuer.

Doch ihr wurde wieder klar, wie es inmoment zwischen ihr und Jon aussah und ihre Miene wurde ernst und bedrückt.
Sie biss sich auf die Lippen und sah zwischen Bran und Sam hin und her.
Sie schauten beide verlegen umher und schwiegen verhalten.

"Ich habe euch bei einem Gespräch gestört...ich kann auch wieder gehen wenn ihr es wünscht."

Sam schüttelte den Kopf sofort und Bran sah nur auf den Boden.
Mayisa fand ihn schon vom ersten Moment an komisch.
Er schien kaum Emotionen zu zeigen und auch Sansa war verletzt und enttäuscht, weil ihr kleiner geliebter Bruder sich anscheinend stark verändert hatte.
Er hatte nicht einmal gelächelt oder sie umarmt, als sie sich wiedersahen.

"Wir haben unser Gespräch bereits beendet."
Gleichgültig sah Bran ins Feuer und schnaufte.

"Wieso bist du wieder hier," fragte Samwell.
"Du warst doch an Jon's Seite in Drachenstein, nicht wahr?"

Mayisa seufzte und gab ein bedrücktes "Hm" von sich.
"Es gab Komplikationen und hier nütze ich mehr, an Sansa's Seite als Unterstützung."

"Unsere Schwester Arya ist jetzt hier.
Sie kann Sansa genauso behilflich sein."
Bran sah Mayisa wohlwissend an.

Sie zog die Augenbrauen hoch und ließ sich nicht beirren.
"Ich habe gerade mit Sansa geredet und anscheinend gab es einige Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und Sansa."

Bran zuckte nur mit den Schultern und sah ins Feuer.
Samwell blickte zu dem dreiäugigen Raben und musterte ihn ungeduldig.
Es war eine komische Stimmung im Raum zu spüren.
Mayisa fühlte sich total unwohl.
Es wirkte als ob Bran und Sam gerade ein Geheimnis ausgetauscht hatten, was die Lady beunruhigte.
Sie konnte sich kaum vorstellen was es sein könnte.

"Mayisa wie sehr liebst du Jon?"
Es platze ungewollt aus Sam raus und das Mädchen sah ihn entgeistert an.

"Wie...äh...sehr."
Die direkte Frage brachte sie zum Stottern.
Sie merkte wie ihr Gesicht rot anlief und schluckte.
Warum erinnerte man sie nur dauernd an die Liebe zu Jon?

Sam sah zu Bran, der ihn mittlerweile anstarrte.
Bran wusste, was Sam vorhatte und weshalb er sie das fragte.

Natürlich wusste er es.

"Brandon wir sollten..."

Der Stark Junge schüttelte den Kopf.
"Niemand darf davon erfahren."

"Was? Wovon redet ihr?"
Mayisa blickte zwischen beiden neugierig hin und her.

"Sie liebt ihn.
Sie würde ihn niemals in Gefahr bringen."

Bran verdrehte die Augen und musterte Mayisa kritisch.
Seine Pupillen durchbohrten sie gnadenlos, als ob es bei dieser Sache um Leben und Tod ging.
Sie sah eingeschüchtert weg und schaute zu Sam der gebannt auf seinem Stuhl saß.

"Na gut."

"Sam was soll das?"
Sie umklammerte gespannt den Stuhl und sah den gutmütigen Mann fordernd an.

Tarly schaute zu Boden und faltete die Hände.
"Es geht um Jon."

Sie runzelte die Stirn.
"Natürlich.
Immer geht es nur um Jon."

Samwell sah verwirrt zu ihr.
"Hattet ihr Streit?"

Sie schüttelte energisch den Kopf und winkte ab.
"Das geht niemanden etwas an."

Bran räusperte sich und zog die Augenbrauen hoch.
"Weißt du wer Rhaegar Targaryen war?"

Mayisa blickte zu ihm und fühlte sich schon wieder als wenn er sie prüfte.
Sie schluckte und richtete sich auf.
Einst hatte sie ein Buch über die Targaryen gelesen.

"Er war der älteste Sohn von dem irren König.
Rhaegar ist der ältere Bruder von Daenerys."

Bran nickte und blickte zu Sam.
Dieser hatte keine Ahnung, wie sie nun Mayisa den Sachverhalt bestmöglichst erklären konnten.

"Das heißt, dass die Kinder von Rhaegar ein höheres Recht auf den Eisernen Thron hätten, als jeder andere in Westeros.
So sind die Regeln der Erbfolge," setzte Bran ruhig fort.

Die junge Lady nickte nur und sah ihn unwissend an.
Worauf wollte Bran hinaus?

"Du weißt, dass ich in die Vergangenheit und Gegenwart blicken kann?"

Wieder nickte sie.

Bran holte tief Luft und blickte zum Feuer.
"Und weißt du was es mit Robert's Rebellion auf sich hat?"

Diesmal schüttelte sie den Kopf.
Sie war noch nicht auf der Welt gewesen, als es passierte und in Volantis wurde nicht lange darüber geredet.
Alle sprachen nur vom Usurpator.

"Rhaegar Targaryen hatte angeblich meine Tante Lyanna Stark entführt und vergewaltigt.

Mein Großvater und mein Onkel ritten nach Königsmund und baten den König ihnen ihre geliebte Lyanna wieder zurückzugeben.

Der Wahnsinnige ließ beide verbrennen, worauf Robert und mein Vater in den Krieg zogen und gewannen."

Mayisa sah schmerzvoll zu Bran.
Bis jetzt schien die Geschichte grausam.

Bran schnaufte und blickte ihr nun direkt in die Augen.

"Ich habe in die Vergangenheit geblickt und die Wahrheit gesehen."

Tief holte er Luft und schluckte.
Zum ersten Mal konnte Mayisa Emotionen in seinem Gesicht aufblitzen sehen.

"Die Wahrheit ist, dass Lyanna Rhaegar geliebt hat und mit ihm freiwillig gegangen ist.
Sie haben beide heimlich geheiratet, wie Sam herausgefunden hat."

Der pummelige Sam zog die Augenbrauen bedeutend hoch, als Mayisa zu ihm sah.
Er schien besorgt und bedrückt, als er ins Feuer blickte.

"Jon ist kein Wolf.
Er ist ein Drache.
Er ist der Sohn von meiner Tante Lyanna."

Mayisa riss erschrocken die Augen auf und gab ein zu lautes "Was?" von sich.
Entsetzt sah sie zwischen beiden hin und her und merkte wie ihr Atem schneller wurde.

"Und Rhaegar ist Jon's Vater," sagte Sam nachdenklich.

Mayisa stand energisch auf und lief unruhig umher.
Emotional sah sie zu Sam und verschränkte die Arme.

"Bei den sieben Höllen!
Das bedeutet, dass er..."

"Ein größeres Recht auf den Thron hat, als Danerys Targaryen," vollendete Bran ihre Folgerung.

Sie schnaufte geschockt und schluckte.
"Das wird ihn umhauen!"

"Vor allem bringt es ihn in höchste Gefahr.
Keiner darf davon erfahren!
Nicht bevor er es weiß."
Bran sah Mayisa streng an und sie nickte verständnisvoll.

"Er wurde sein ganzes Leben niedergemacht, weil alle glaubten, dass er ein Bastard war.
Und Ned Stark hat das einfach so hingenommen?"
Sie atmete schneller und biss sich auf die Lippen.

"Vater hat ihn mit dieser Identität geschützt.
Er gab ihm den Namen Jon und Schnee, als Zeichen dafür, dass er zweifellos ein Bastard sein musste und sich keiner für seine Mutter interessieren würde."

Verwirrt sah Mayisa zu Bran und machte ein paar Schritte in seine Richtung.
"Wie ist sein richtiger Name?"

"Aegon Targaryen."

Mayisa zog erstaunt die Augenbrauen hoch und schaute ratlos zu Sam.
"Wie Aegon der Eroberer?"

Sam nickte zustimmend.

"Jon ist kein Eroberer.
Er beschützt die Menschen und erobert sie nicht."
Sie sah unglücklich umher, wegen der Namenswahl.

"Ich glaube auch kaum, dass er sich so nennen würde, wenn er davon erfährt."
Sam lachte leicht.

"Jon würde alles machen, wenn es die Pflicht verlangt."
Erschöpft setzte sich Mayisa hin und hielt sich den Kopf.
"So ist er nunmal."

"Du scheinst ziemlich niedergeschlagen, wegen ihm.
Willst du nicht darüber reden?"
Sam blickte sie besorgt an und schaute verständnisvoll in ihr Gesicht.

Sie gab ein Seufzen von sich und starrte traurig ins Feuer.
"Männer, Sam.
Männer."
Sie rollte genervt mit ihren Augen und lehnte sich zurück.

"Bran kann doch in die Vergangenheit blicken und es dir dann erzählen, Tarly."

Samwell schüttelte empört den Kopf.
"So kommuniziert man doch nicht.
Sag was los ist."

Mayisa rieb verzweifelt an ihren Schläfen und seufzte schon wieder.
"Jon scheint es nicht zu bemerken wie sehr er die Drachenkönigin doch anhimmelt.
Und vor mir verleugnet er es. "

"Oh," gab Sam von sich.

"Deshalb bin ich gegangen.
Er denkt wohl, dass ich brav an seiner Seite stehe und mir anschaue wie gern er doch eine Nacht mit dieser blonden Targaryen verbringen würde, es aber nicht kann weil er doch so ehrenvoll ist und inmoment schon eine Geliebte hat."

Sam lachte kurz auf.
"Du scheinst echt sauer auf ihn zu sein."

Er erntete einen vernichtenden Blick von ihr.

"Daenerys ist seine Tante," mischte sich Bran ein.

Angewidert verzog Mayisa das Gesicht.

"Wie passend.
Targaryen stehen doch darauf untereinander rumzuvögeln."

"Rumzuvögeln," wiederholte Sam belustigt ihren Ausdruck.

Sie verdrehte ihre Augen.
"Ja, auch Frauen benutzen solche Begriffe, Samwell."
Der gutmütige Mann gluckste leicht.

"Daenerys Targaryen und Jon sind auf dem Weg nach Winterfell.
Sie haben es vor Kurzem beschlossen und sind nun schon an Bord des Schiffes."
Bran sah tief versunken in die Flammen.

Mayisa brummte entnervt und sah nachdenklich ins Feuer.
Wie schnell konnte man sich doch wieder alleine fühlen...
Hätte sie ihn bloß davon abgehalten nach Drachenstein zu reisen...
Ein Seufzen entfuhr ihr.

"Mach dir keine Sorgen, Mayisa.
Jon ist ein treuer Mann.
Er erzählte mir einst von einer-"

"Ich möchte keine anderen Frauengeschichten hören, Sam!"
Sie sah ihn kurz abwertend an und hob die Hände.

"Es ist eine bewegende Geschichten und ich finde du solltest sie mal gehört haben."

Mayisa schnaufte ratlos und sah ihn dann aufmerksam an, was ihm das Zeichen gab anzufangen.

"Jon erzählte mir einst, dass er immer noch Jungfrau sei.
Er meinte, dass er einst bei einer Prostituierten war, doch er konnte sie nicht..."

"Du brauchst nicht auf Förmlichkeiten zu achten, Samwell."

"Ich finde es bloß komisch es vor dir zu sagen."

Das Mädchen zuckte mit den Schultern.
Vor Sam schien ihr nichts peinlich.
Er war Jon's bester Freund und vertraute ihm blind, was ihr auch etwas Zuversicht ihm gegenüber gab.

"Nun ja auf jeden Fall konnte er es nicht und er hat es nie mit ihr getan.
Er hatte immer den Gedanken dahinter, was wäre wenn die Frau schwanger werden würde und er als Bastard einen anderen Bastard in die Welt setzen würde.
Er hat es nicht übers Herz gebracht."

Mayisa sah bedrückt zu Boden.
"Ich weiß was für ein guter Mensch er ist.
Warum musst du mich daran erinnern?
Ich will sauer auf ihn sein."

Samwell lachte auf und blickte zu Bran, der immer noch wie ein Stein ins Feuer schaute.

"Was ich damit sagen will ist, dass er überlegt bevor er eine Entscheidung trifft und deshalb wird auch zwischen ihm und Daenerys nie etwas passieren, solange du noch hier bist und ihn liebst.
Er hätte ein zu schlechtes Gewissen und würde noch mieser drein blicken, als sonst."

"Wenn du es sagst," sagte Mayisa unüberzeugt.

"Doch dich scheint noch etwas zu bedrücken," bemerkte Sam nach einer Weile und sah besorgt zu dem niedergeschlagenem Mädchen.

"Und du scheinst ziemlich fröhlich zu sein, dafür dass du gerade deine Ausbildung als Maester abgebrochen hast."

Sam verdrehte die Augen und schmunzelte leicht.
"Ich bin stolz auf meine Entscheidung, das ist alles.
Ich hatte keine Lust mehr mich von steinalten Männern wie Dreck behandeln zu lassen, die denken dass sie das Gehirn der Welt sind.
Dabei denke ich dass ihnen gehörig ins Gehirn geschissen wurde."

Mayisa kicherte unschuldig auf und ihr Gesicht erhellte sich freudig.
Sam lächelte und schaute sie an während sie so herzlich lachte.
Es machte ihn stolz, dass er sie zum Kichern gebracht hatte, obwohl sie eben noch so niedergeschlagen gewesen war.

Leise und zaghaft murmelte sie dann:

"Ich bin erschöpft von all dem Trubel.
Ich werde wohl Schlafen gehen."

- - - - - - - - - - -

Habe dieses Kapitel schon vor Ewigkeiten geschrieben.