Annäherung
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Hätte das niemals erwartet...
Die nur allzu vertraulichen Augen ihres Bruders starrten tot ins Leere.
Weit aufgerissen waren die Pupillen.
Die Angst stand in dem Gesicht geschrieben.
Der abgetrennte Kopf lag lieblos auf dem harten Holz.
Mayisa merkte wie sich langsam ein Würgereiz bei ihr entwickelte.
Beim Anblick des vielen Blutes umd des durchtrennten Knochen inmitten von Fleisch und Haut, kam ihr der Mageninhalt beinahe wieder hoch.
Die Augen füllten sich wieder mit Tränen, da sie die Gefühle übermannten.
Instinktiv legte sich die linke Hand auf ihren Mund und drehte den Oberkörper dann beschämt zur Seite.
Mayisa wollte nicht, dass die Untertanen sie weinen sahen.
Lady Tiryr merkte im nächsten Moment zwei kräftige Arme, die sich schützend um sie geschlungen hatten.
Dann zog ihre Nase den Geruch von verbranntem Fleisch ein.
Ser Davos hatte den toten Körper auf den Schnee gerollt und ihn mit dem Feuer entzündet.
Traurigkeit zeichnete ihren Blick, als sie hinauf zu Jon sah.
Das braune Auge musterte aufmerksam ihr Gesicht.
Es lag so viel Mitgefühl und Verständnis darin, dass Mayisa sich augenblicklich wohlfühlte.
Sanft schmiegte sich ihr Körper an seinen.
Den Kopf drückte sie nähesuchend an Jons Brust.
Liebevoll streichelte er mit seiner Hand über ihr braunes Haar.
Mit der anderen Hand machte er eine bedeutende Bewegung zu seinen Wachen, worauf diese mit bestimmenden Worten den Bewohnern befahlen den Innenhof zu verlassen.
Leise schluchzte Mayisa in des Königs Armen.
Jon war froh, keinen hasserfüllten oder wütenden Blick gesehen zu haben.
Es war eine konstante Befürchtung gewesen und er hatte sich auch wenig davor gefürchtet von ihr wegen dieser gehasst zu werden.
Doch die junge Frau in seinen Armen schien es akzeptiert zu haben, dass es das Beste gewesen war Voryras zu köpfen.
Ihre zarten Hände wanderten von seinen muskulösen Oberarmen, hinunter zu den starken Händen, welche um ihre Taille gelegt waren.
Sie schob somit vorsichtig Jons Körper von sich.
Nachdenklich fuhren die Fingerspitzen der Lady über die Hände des Drachen.
Mayisa dachte daran, dass diese Gliedmaßen noch eben ein scharfes Schwert umgriffen hatten und den Hals ihres Bruders durchtrennt hatten.
Leicht fassungslos über diese Tatsache, die immer klarer wurde, verschränkte die Lady verhalten ihre Arme.
Jon hatte den Stimmungs Umschwung der Schwangeren sofort bemerkt.
Seine Stirn runzelte sich unverständlich, da er nicht nachvollziehen konnte welcher Gedanke sie plötzlich hatte so verschlossen wirken lassen.
Der Platz war komplett leer geworden.
Nur noch die zuständigen Wachen befanden sich in unmittelbarer Nähe des Königs.
Verunsichert wanderte das blaue Augenpaar zu den Soldaten.
Sie alle standen friedlich, mit ernster Miene, verteilt hinter Jon.
Die Pupillen aller Männer starrten in eine andere Richtung.
Trotzdem fühlte Mayisa sich beobachtet.
Ihr Herz verschloss sich nur noch mehr, als sie einen Schritt zurück machte.
Wie ein eingekauertes Tier prallten die Pupillen auf das alte Holz.
"Mayisa...," begann er ratlos einen Satz.
Sein Kopf war sich unschlüssig darüber, was man als nächstes sagen konnte.
Die junge Frau setzte ein falsches Lächeln auf, als ihr Kopf sich wieder anhob.
Eingeschüchtert wich sie seinen Blicken aus.
"Nun ist das letzte Familienmitglied von mir tot."
Der Geruch des Feuers kroch quälend in ihre Nase.
Sie konnte das verbrannte Fleisch wahrnehmen.
Mayisa bemerkte wie ihr wieder übel wurde, da sie Voryras' verbrennenden Körper roch, und wie er zu Asche zerfiel.
"Du weißt, dass tief im Herzen, Haus Stark deine Familie ist.
Ich liebe dich mehr, als dein eigener Bruder es jemals getan hätte."
Behutsam wollte Jon auf die verschlossene Frau zugehen, doch augenblicklich wich die braunhaarige Schönheit seiner Nähe aus.
"Ich weiß, dass es nötig und richtig war.
Doch begleitet mich das Gefühl, ein Stück von meinem Leben verloren zu haben... ohne Voryras scheint mein vergangenes Leben wie ein ferner Traum."
Jon blieb mit Abstand stehen und verschränkte mit ernstem Blick die Arme vor seinem Körper.
"Versuchter Mord, Intrige und Verrat, müssen mit dem Tod bestraft werden, so verlangt es das Gesetz."
Als wären seine Worte Mayisa lästig, fuhr sie sich schnaufend durch das weiche Haar.
Ihr Hals reckte sich und die blauen Augen wandten sich nun ganz von Jon ab.
"Deine Pflicht hilft meinen Gefühlen sichtlich wenig," patzte Lady Tiryr den König an.
Jon zuckte mit dem Kopf zurück, leicht überrascht darüber, dass sie plötzlich so zickig zu ihm war.
Diese ständigen Stimmungsschwankungen von ihr, waren wirklich anstrengend.
"Mayisa...," murmelte er bedrückt, während seine Beine sich in ihre Richtung bewegten.
Der Targaryen umgriff sanft ihre Unterarme, doch die junge Frau entzog sich ihm gleich darauf wieder.
Sie wollte wirklich nicht von ihm angefasst werden.
"Lass mich erst einmal in Ruhe, damit du dich um deine Pflichten kümmern kannst!", schnappte sie grimmig.
Lady Tiryr verschränkte die Arme, machte kehrt und lief dann durch den schnelzenden Schnee davon.
Dem Drachen war der Mund aufgeklappt.
Er fühlte sich, als ob ihm die Hände gebunden waren.
Mayisa verurteilte ihn nun dafür Voryras den Kopf abgeschlagen zu haben, obwohl sie selbst gesagt hatte, dass es das Richtige war.
Er bereute es nicht das Todesurteil vollstreckt zu haben.
Womöglich wäre es besser gewesen diesen ehrenlosen Verräter, früher zu töten.
Aber ihn würde die nächsten Tage nur eines beschäftigen, und das waren Mayisas Gefühle.
Natürlich war sie zutiefst getroffen, doch Jon hätte erwartet, dass sie es anders auffassen würde.
Nun würde da wieder diese verhaltene Stille zwischen beiden sein.
Obwohl sie genau wussten, wie sehr sie einander liebten.
Laut seufzte Jon Targaryen auf.
Seine Hand rieb sich erschöpft die Schläfe, bevor er dann den brennenden Körper alleine ließ.
Langsam und sanft flossen die Tropfen von Mayisas Hand, hinunter zurück in die Wanne.
Das Wasser war wohlig warm und ließ einen beinahe die Zeit vergessen.
Lady Tiryr kam es nicht wie eine Woche vor, seitdem ihr Bruder geköpft worden war.
Es fühlte sich an wie ein ganzes Leben, dass sie durchgestanden hatte.
Ein komisches Gefühl von Neuanfang, aber auch Verlorenheit, begleitete sie seit geraumer Zeit.
Ihr Bruder war nun Vergangenheit.
Ob nun ein völlig neuer Abschnitt für Mayisa beginnen konnte?
"Mylady, soll ich euch bereits das gewärmte Tuch bringen, damit ihr aus der Wanne steigen könnt?", unterbrach die anwesende Magd ihren Gedankengang.
Lady Tiryr hob den Kopf und schüttelte ihn nur stumm.
Das Wasser kühlte glücklicherweise langsam ab, sodass sie das seltene Bad in vollen Zügen genießen wollte.
Die Ruhe und Stille, welche das friedliche Element mit sich brachte, tat der jungen Frau sichtlich gut.
Die letzte Woche war hart für sie gewesen.
Mayisa hatte sich tagelang in ihrem Gemach verzogen und war nur hinausgekommen, wenn sie einen Spaziergang tat oder etwas Essen sollte.
Sie hätte die Nahrungsaufnahme völlig verweigert, da sie eine konstante Appetitlosigkeit hatte.
Aber Mayisa wusste, dass das Kind in ihr Nahrung zum Wachsen brauchte, weshalb sie brav ihre Portionen zu sich genommen hatte.
Lady Tiryr fühlte sich einfach nicht so, als ob sie normal weitermachen konnte.
Jetzt da ihr Bruder tot war, schien die wunderbare sorgenlose Kindheit in Volantis, so surreal.
Mit seiner Existenz hatte Voryras sie immer wieder daran erinnert, dass sie mal ein unbekümmertes Leben hatte.
Die junge Frau sehnte sich danach, wieder in solch einer Sicherheit und Zufriedenheit zu sein.
Doch es stand ein weiterer Krieg bevor.
Die Schlachten waren unausweichlich.
Cersei Lennister wusste, dass ihr Thron nun in größter Gefahr war, nun da Jon seine wahre Identität preisgegeben hatte und ihre Brüder offensichtlich auf seiner Seite standen.
Der König plante seit Tagen mit seinen Vertrauten, mit welcher Strategie die Königin am schnellsten vernichtet werden konnte.
Mayisa hatte seit Ewigkeiten nicht mit ihm gesprochen und weigerte sich mit ihm zu reden.
Einige Male hatte er an ihrer Tür geklopft, doch hatte sie ihn immer wieder ignoriert oder weggeschickt.
Er ließ ihr Nachrichten und Boten schicken doch jedes Mal wehrte sie den Annäherungsversuch ab.
Ihr war einfach viel wohler dabei, völlig für sich zu sein.
Dauernd stand sie unter Strom und war unter Menschen.
Nie hatte sie Zeit gehabt wirklich über wichtige Dinge nachzudenken.
Ihr war nie klar gewesen, was sie für ihre Zukunft überhaupt wollte.
War es tatsächlich das Dasein als Königin zu fristen?
Mit der ständigen Angst von Feinden umgebracht zu werden?
Es klopfte an der Tür.
Mayisa schreckte nicht mehr hoch.
Sie kannte das Geräusch seiner Faust auf dem alten Holz ganz genau.
Ihr Körper spannte sich augenblicklich an und der friedliche Blick verschwand.
Die Magd ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt.
"Die Mylady ist zurzeit unpässlich, Euer Gnaden.
Sie nimmt gerade ein Bad."
Lady Tiryr vernahm ein widerständiges Brummen von Jon.
"Ich habe sie bereits etliche Male nackt gesehen," schnauzte er.
Mit kräftiger Hand schlug der Targaryen die Tür auf.
Der Kopf von Mayisa wirbelte zu ihm, als er hastig auf sie zu lief.
"Du störst die Ruhe," begrüßte Mayisa ihn kalt.
Er brummte gereizt und verzog genervt das Gesicht.
"Mir reicht es jetzt, Mayisa!
Du ziehst dich zurück und ignorierst meine Annäherungsversuche!
Ich bereue es nicht diesem Schweinehund von Bruder den Kopf abgeschlagen zu haben!
Hör auf mich mit deinem Schweigen zu verurteilen!"
Die junge Frau lehnte sich provokant in der Wanne zurück und schwieg trotzig.
Ihre blauen Augen richteten starr auf das Wasser.
Anscheinend hatte sie nicht vor darauf zu reagieren.
Der Drache ballte die Fäuste.
"Die Bewohner reden bereits!
Du lässt mich machtlos aussehen, wenn nichts bei dir hilft um dein Dilemma zu beseitigen!
Vor einiger Zeit habe ich dich als mögliche Königin ausgerufen und nun stecken wir schon wieder in einer Krise!
Weißt du wie schwach mich das wirken lässt?
Ich muss eine Armee in den Krieg führen, aber kann nicht einmal eine Frau besänftigen!"
Augenblicklich kroch die Wut auch in Mayisas Adern.
Nackt und entblößt erhob sie sich aus der Wanne und stieg nass aus dem Bottich heraus.
Die Magd eilte sofort mit einem Tuch herbei um sie einzuwickeln.
Sie hatte aufgerissene Augen, weil die Lady so ohne Scham vor dem König stand und schien die einzige im Raum zu sein, der es peinlich war.
Jon musterte ihren Körper mit einem kurzen Blick und sah dann wieder fuchsteufelswild hinauf zu ihrem Gesicht.
"Ich finde es erschreckend wie du auf einmal so viel Wert darauf legst, dass jeder denkt du hättest eine Frau im Griff.
Anscheinend bist du doch nicht so anders, wie alle anderen Männer, und strebst danach mich unter Kontrolle zu haben."
Sein Mund öffnete sich leicht und er haspelte verzweifelt nach Worten.
Erst jetzt wurde ihm klar was genau er da überhaupt geredet hatte.
"Nein, so meinte ich das nicht..."
"Aber du bist hier um darum zu betteln, dass ich mich wieder normal neben dir zeige.
Wie ein abgerichteter Hund lächle und mit dem Kopf nicke."
Jon verdrehte die Augen und schnaufte tief durch.
Mit einem Blick und einer Handbewegung bedeutete er der Magd das Zimmer zu verlassen.
Mayisa schaute kurz der Dienerin hinterher, als sie die Tür gehorsam schloss.
"Ich bin froh darüber, dass du genauso nicht bist.
Verzeih mir, wenn meine Worte falsch klangen.
Doch du weißt genau, dass ich dich als gleich gestellt ansehe.
Du bist der Mensch, welcher mich in meinem Leben am meisten beeinflussen kann..."
Erfreut merkte der König wie ihre Augen auf seins trafen und ihr grimmiger Blick sanfter wurde.
Sein Herz machte einen Satz, als sich ein leichtes Lächeln auf ihrem Mund bildete.
"Also bist du wohl mächtiger als der König, wenn du ihn so sehr unter Kontrolle hast," schmunzelte der Targaryen ihr mit ruhiger Stimme entgegen.
Mit bedachten Schritten näherte er sich ihr langsam.
Mayisa lächelte nun noch breiter und strahlte ihm freundlich entgegen.
Es war das erste Mal seit einer Woche, dass sie wieder lächelte.
Dann legten sich friedlich die Lippen aufeinander.
Danke für eure lieben Kommentare!
Ihr seid die besten :)
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