Kapitel 36: Kämpfe, Red!

Kirishimas PoV

Zusammen gingen wir weiter Richtung Norden, immer mehr auf die drohende Gefahr zu. Schon aus einiger Entfernung bemerkten wir die Anwesenheit von anderen Menschen. Es war nicht direkt laut, ehrlich gesagt sogar beängstigend still, aber dennoch hörten wir das Scharren von Hufen und leise Worte, je näher wir dem Ende des Niwa-Sees kamen. Der Schein von Fackeln kroch zwischen den Bäumen hindurch und erhellte den Rand des Wäldchens mehr und mehr. Ich umfasste Katsukis Hand fest, um mir ein wenig Mut zu geben und auch der Drachentöter wirkte zögerlicher als sonst.

„Red?", flüsterte er leise. Ich blieb stehen und schaute ihn fragend an. „Du wirst nicht zögern, oder? Du hast immer an deiner Menschlichkeit festgehalten und dich immer kontrolliert. Ich habe gespürt wir wütend du gestern auf Aizawa warst. Ich hätte schwören können, dass du ihn mit Zähnen und Klauen zerreißen würdest, aber du warst erstaunlich ruhig."

Ich biss mir auf die Lippen. „Wie kann ich denn beweisen, dass die Halbdrachen keine schlechten Wesen sind, wenn ich handele als ob ich eine wilde Bestie wäre? Natürlich muss ich mich unter Kontrolle halten.", antwortete ich leise.

„Vielleicht.", sagte mein Gefährte. „Aber nicht heute, okay? Heute brauchen wir die Kraft eines Drachen. Heute darfst du nicht zögern.", sagte er ernst.

Ich schloss die Augen und nickte. Ich musste es zumindest versuchen. Wir sahen uns noch einen Moment an, dann atmeten wir beide tief durch und traten leise zwischen den Bäumen hervor. Die Ebene vor uns war von Fackeln erleuchtet und dennoch war kaum auszumachen, wie viele uns gegenüberstanden. Doch es waren viele. Die meisten waren Fußsoldaten, doch ich sah auch einige zu Pferd. Schnurstracks liefen wir weiter Richtung Norden, ohne auf uns aufmerksam zu machen.

Doch natürlich bemerkte man uns.

„Hey! Da sind sie!", hörte ich einen Soldaten rufen.

„Jetzt!", sagte Katsuki und zog seine funkelnde Klinge. Das Zeichen für mich, um mich zu verwandeln. Meine Muskeln streckten sich und meine Haut verwandelten sich in harte Schuppen bis ich wieder den Körper eines mächtigen Drachen besaß.

Ich betrachtete die Soldaten von oben herab. Dann sah ich das funkelnde Schwert des Drachentöters aus dem Augenwinkel und wusste, dass er ganz in seinem Element war. Doch ich zögerte noch einen Moment. Die Pfeile, die auf mich einprasselten spürte ich kaum und die Schwerter der Soldaten waren nicht die eines Drachentöters und konnten mich kaum verletzten, wenn sie nicht zufällig eine besonders empfindliche Stelle trafen.

„Kämpfe, Red!", schrie mir Katsuki zu, der mein erneutes Zögern bemerkt hatte. Ein Ruck ging durch meinen Körper. Wir mussten einfach nur durch die Menge durch! Ich knurrte bedrohlich und ich sah, wie einige der Soldaten zurückschreckten, doch die meisten stürmten weiter auf mich ein. Ich packte einige mit den Zähnen und schleuderte sie weg. Ich peitschte mit dem Schwanz, um uns Platz zu verschaffen und verteilte Hiebe mit den Klauen. Ich sah die Katapulte am Rande des Schlachtfeldes stehen und erinnerte mich daran, was Aizawa gesagt hatte. Sie konnten einen Drachen vom Himmel holen, also blieb ich, so wie er es uns geraten hatte, erst einmal am Boden. Einfach durch die Menge durch!

Katsuki bliebe die ganze Zeit eng an meiner Seite und verteidigte meine Flanken. Wir schienen ganz gut voranzukommen und allmählich wurde ich selbstbewusster in meinen Attacken. Ich wollte nur hier durch! In meinem Geiste hielt ich an der Vorstellung fest, gemeinsam mit Katsuki an einem ruhigen Ort leben zu können. Jenseits der Grenze, wo man uns nicht jagte!

Getrieben von diesem einen Gedanken bäumte ich mich auf und versenkte die Soldaten vor uns in einem Flammenmeer. Der Geruch von verbranntem Fleisch lag in der Luft und ich riss die Augen auf, als ich auf die verbrannten Leichen vor mir starrte und mir bewusst wurde, was ich getan hatte. Nein! Nein! So war ich nicht! Ich war keine wilde Bestie, die tötete! Ein gequälter Schrei entfuhr meiner Kehle. Verdammt! Wieso musste ich so schwach sein?

„Red?", hörte ich Katsukis besorgten, fast panischen Ausruf.

Ich drehte mich zu ihm um, um ihm die Gewissheit zu geben, dass ich nicht verletzt war.

Er stand dort. Mit wehendem Umhang. Mein Symbol des Friedens. Ein Ausdruck von glühenden Kampfeswillen in den Augen. Er sah mich an und ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen, als er feststellte, dass mir nichts passiert war.

Doch er hatte einen Moment seine Deckung fallen lassen. Es geschah wie in Zeitlupe und ich wusste, dass ich ihn nicht rechtzeitig erreichen konnte, um ihn zu beschützen. Der Soldat hinter ihm, den er Sekunden zuvor niedergerungen hatte richtete sich erneut auf. Sein Schwert war schlicht und glanzlos, nichts im Vergleich zu Katsukis funkelnder Drachenklinge, und dennoch drang es mühelos in seinen Rücken ein.

Und durchstach seine Brust.

Der Schrei aus meiner Kehle übertönte den gesamten Lärm der Soldaten um mich herum und ich sah mit Schreck geweiteten Augen wie mein Gefährte in die Knie ging. Er hustete und das dunkles dickflüssiges Blut lief ihm aus dem Mund. In Sekunden war ich bei ihm und riss dem Soldaten, der ihm das angetan hatte, ohne länger zu Zögern den Kopf von den Schultern.

Es war meine Schuld! Meine Schuld, dass er aus Sorge um mich seine Deckung hatte fallen lassen! Nur weil ich nicht kaltblütig genug war! Ich sah verzweifelt auf ihn herab.

„Red.", röchelte Katsuki, Tränen in den Augen Die nächsten Worte brachte er nur stockend über die Lippen. „Ich glaube ... ich kann mein Versprechen ... nicht halten." Ein Zittern ging durch seinen Körper, ehe er die Augen schloss und vollständig zu Boden sank.

Nein! Nein! NEIN! Tränen versperrten meine klare Sicht. Der Schock traf mich so tief, dass ich einen Moment lang bewegungsunfähig war. Das durfte einfach nicht sein! Nicht Bakugou! Nicht Kat! Nicht die Liebe meines Lebens!

Ich spürte, wie weiterhin Pfeile auf mich einprasselten und einige meine verletzlichen Flügelhäute zerrissen. Ich spürte, wie sie mit ihren Schwertern weiter auf mich einhieben und versuchten unter meine Schuppen zu dringen. Doch es tat nicht weh. Nicht wirklich. Der Schmerz, den ich gerade verspürte war ein ganz anderer. Er war tiefer und riss mich in eine verzweifelte Hilflosigkeit.

Dennoch drangen die Soldaten weiter auf mich ein. Konnten sie mich denn nicht einen Moment lang in Ruhe lassen? Merkten sie denn nicht, dass ich trauerte?

Eine Wut wie ich sie noch nie zuvor gespürt hatte fuhr durch meinen gesamten Körper, durch mein gesamtes Wesen. Das Knurren, dass ich ausstieß ließ die Erde ringsherum erbeben. Sie würden büßen müssen, was sie mir angetan haben! Was sie Katsuki angetan haben!

Es war wie ein Rausch. Jeder menschliche Instinkt, wie Furcht oder gar Gnade, war wie ausgeschaltet. Töten. Das war alles. Sie hatten mir alles genommen, was mir etwas bedeutete und jetzt würde ich ihnen alles nehmen! Ich schmeckte das Blut unzähliger Soldaten auf meiner Zunge, schlitzte unzählige Kehlen mit meinen Klauen auf und verbrannte jeden, der mir in den Weg kam. Ich kauerte über Katsukis leblosen Körper, um ihn zu beschützen, gar nicht mehr gewillt weiter Richtung Norden zu ziehen.

Ich wusste nicht wie lange ich kämpfte, aber es war mir auch egal. Doch irgendwann riss mich ein Hornsignal aus meiner Raserei. Gaben sie auf? Bliesen sie zum Rückzug? Anscheinend schon, denn ich bemerkte, dass keine neuen Soldaten auf mich einstürmten.

Eine eigenartige Stille hatte sich auf die Ebene gesenkt. Sie waren fort. Zurück blieb ein Berg von Leichen, doch alles was mich kümmerte, war der Körper, den ich die ganze Zeit beschützt hatte.

Katsuki. Mein Katsuki.

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