Kapitel 14: Unerwartete Begegnung

Kirishimas PoV

Tetsutetsu und ich flogen eine ganze Weile und unsere Gespräche wurden immer lebhafter, als ich zunehmend mein Unbehagen und er seine Distanz mir gegenüber verlor. Nach und nach schien er zu vergessen, dass ich ein Kirishima, also sozusagen ein Adliger war, und wurde mir gegenüber wieder genauso offen, wie bei unserer Begegnung.

Die Landschaft unter uns wurde immer flacher und mir wurde bewusst, dass wir das Gebirge inzwischen vollkommen hinter uns gelassen hatten. Das bedeutete, ich war im Reich der Drachen. Neugierig suchte ich nach Anzeichen für Zivilisation, fand aber zunächst nichts. Die Steppe unter mir wurde von einzelnen Baumgruppen durchbrochen, aber abgesehen von ein paar Kaninchen und Rehen sah ich nichts.

Meine Flügel werden schwer. Findest du nicht, wir sollten 'ne Pause machen?, fragte Tetsutetsu schließlich.

Innerlich hatte ich nur auf diese Frage gewartet, denn auch ich wurde langsam müde. Und vor allem hatte ich Hunger.

Ja, lass uns landen. Außerdem muss ich etwas essen., erwiderte ich.

Wir gingen in den Sinkflug über und landeten auf der weiten Steppe. Wir waren beide hungrig und wollten jagen gehen. Ich war die letzten Jahre nur hin- und wieder jagen gewesen und hatte die Beute meistens als Mensch verzerrt, um mit Katsuki zusammen zu essen. Aber wenn ich in meinem Drachenkörper bleiben wollte, musste ich mich an größere Beute machen.

Wollen wir zusammen jagen gehen?, fragte ich ihn.

Tetsutetsus Augen wurden groß und er sah mich etwas verlegen an. In diesem Moment realisierte ich, dass ich irgendetwas Falsches gesagt hatte. Doch Tetsu fing sich schnell wieder und gab ein grollendes Kichern von sich. Sorry Bro, aber DAFÜR kenne ich dich wirklich noch nicht gut genug.

Ich runzelte die Stirn und legte den Kopf schief.

Tetsu grinste verschmitzt und offenbarte seine scharfen Reißzähne. Gemeinsam zu jagen ist etwas SEHR intimes, Eijirou. Das macht man doch nicht mit jedem dahergelaufenen Drachen., wies er mich kichernd zurecht.

Ich spürte wie mir das Blut in die Wangen schoss und war froh, dass man es dank der Schuppen nicht sehen konnte. Peinlich berührt sah ich zu Boden. D-Das wusste ich nicht.

Der silberne Drache stupste mir freundschaftlich an die Schulter. Ach komm, das muss dir nicht peinlich sein. Du bist schließlich nicht unter Drachen aufgewachsen. Außerdem sind wir zwei unmarkierte Drachen, was soll's also?

Ich riss die Augen auf. Aber ich HABE einen Gefährten!, sagte ich energisch.

Oh!, machte er überrascht und betrachtete fragend meinen Hals. Warum ...? Achso. Es ist ein Mensch, nicht wahr?

Ich nickte mit einem kleinen Lächeln und dachte an Katsuki.

Das könnte ein Problem sein., sagte er nachdenklich. Nicht, dass du einen Gefährten hast, sondern, dass man es dir nicht ansieht.

Ich schüttelte verwirrt den Kopf. Warum sollte das ein Problem sein? Falls jemand etwas von mir will, dann sag ich ihm einfach, dass ich vergeben bin.

Tetsu schnaubte amüsiert. Du bist ein junger gutaussehender Drache aus gutem Hause, die Mädels werden sich dir an den Hals werfen. Du hast noch nie den betörenden Duft von einem paarungsbereiten Drachenweibchen geschnuppert, was? Natürlich gehört es sich nicht jemanden zu umgarnen, der bereits einen Gefährten besitzt, aber woher sollen sie das wissen? Die Pheromone werden dich erreichen, ehe du ein Fauchen über die Lippen bringen kannst.

Ich erschauderte. Nicht im Traum hatte ich daran gedacht, dass das ein Problem darstellen könnte. Das ... also ... es MUSS irgendwie gehen. Außerdem habe ich keinerlei Interesse an Weibchen. Vielleicht beeinflussen sie mich ja gar nicht...

Tetsu schüttelte überrascht den Kopf. Dein Gefährte ist ein MÄNNCHEN?

Ich nickte zögernd. Ist das ein Problem?

Der silberne Drache lachte. Nein, nein ... zumindest für mich nicht. Aber du bist wirklich der ungewöhnlichste Kerl, der mir je begegnet ist. Du bist ein Kirishima, aber hast keine Ahnung von deiner Familie und den Sitten der Drachen. Du bist ein Halbmensch und verteidigst diese grausamen Geschöpfe und jetzt erzählst du mir auch noch, dass du schwul bist. Oh man.

Ich zog unbehaglich die Schultern hoch. Bis zu meinem siebzehnten Lebensjahr war ich immer darauf bedacht gewesen meine Drachenseite zu verstecken und nicht aufzufallen. Seitdem ich meine Drachenseite nun endlich zeigen konnte, hatte ich mich so frei gefühlt. Aber jetzt bemerkte ich, wie wenig ich eigentlich von den Drachen wusste. Tetsutetsu hatte Recht. Ich würde auf die anderen Drachen sicherlich stets ein wenig sonderbar wirken. Wie sollte ich sie so von meiner Mission überzeugen? Was ist, wenn sie mich nicht ernst nahmen? Ich spürte wie das Selbstbewusstsein, das ich die letzten Jahre aufgebaut hatte, in sich zusammenfiel.

Tetsu musste mein deprimierter Gesichtsausdruck aufgefallen sein, denn er kam besorgt auf mich zu. Hey, sorry ich wollte dich damit nicht verletzten. Wirklich nicht. Du wirst das schon packen, du scheinst mir ein guter Kerl zu sein.

Ich nickte und zwang mich zu einem kleinen Lächeln. Es war nett gemeint, aber wirklich helfen tat seine Aufmunterung nicht. Seufzend dachte in an Katsuki. Meinen Katsuki, der es als einziger immer geschafft hatte mich aufzubauen.


Bakugous PoV

Ich ritt weiter die Bergausläufer entlang und spürte wie ich mich mehr und mehr verkrampfte. Ich war heute morgen bereits früh aufgewacht und hatte mich ohne zu zögern direkt auf den Weg gemacht. Mein Blick glitt über die seltsam vertraute Landschaft vor mir. Es war eine Ewigkeit her. Ich hielt mein Pferd an, denn ich wusste, wenn ich um nächsten Hügel herumritt, würde dort mein Heimatdorf Tsumari sein. Oder das, was davon übrig war.

Ich schloss die Augen und atmete tief durch, ehe ich mit sanftem Schenkeldruck mein Pferd dazu aufforderte weiterzugehen. Meine Hände hatte ich so fest um die Zügel geschlossen, dass die Knöchel weiß wurden.

Noch bevor ich komplett um den Hügel herumgeritten war, sah ich die zahlreichen kleinen Rauchsäulen dahinter aufsteigen. Und dann sah ich es. Es war mein Heimatdorf und doch wieder nicht. Die Umgebung war so vertraut, die Häuser waren in der gleichen vertrauten Bauweise gebaut worden und der Stein des Kopfsteinpflasters war aus demselben dunklen Stein der Umgebung wie damals. Und dennoch war alles anders. Die Häuser standen nicht mehr dort, wo ich sie in Erinnerung hatte und die Straßenstruktur hatte sich verändert. Kein Wunder, denn sie mussten das Dorf von Grund auf neu aufgebaut haben.

Ich ritt in das Dorf hinein und sah mich um. Ich spürte, wie die Blicke der Leute auf mir lagen. Natürlich, denn ich trug den roten Umhang und sie dachten daher, dass ich unter dem König diente. Diejenigen, die etwas besser über die Dienstordnung Bescheid wussten, erkannten sicherlich an meiner Uniform, dass ich ein Drachentöter war. Unbewusst blieb ich vor einem kleinen Haus stehen. Ich erkannte die blühende alte Magnolie im Garten. Hier hatte einst das Haus meiner Eltern gestanden. Tränen stiegen mir die Augen und ich wischte sie schnell weg, ehe es jemand sehen konnte. Das Haus, das hier stand hatte wenig mit dem zu tun, in dem ich aufgewachsen war.

Seufzend drehte ich mich weg und ritt dahin wo ich den Marktplatz vermutete. Ich wollte meinen Proviant aufstocken. Der offene dreiseitig eingefasste Platz lag genau dort, wo er auch im ehemaligen Tsumari gewesen war. Es hatten sich viele Menschen hier versammelt. Ich stieg ab und band mein Pferd an, um mich besser durch die Menge bewegen zu können.

Ich kaufte etwas Brot und Käse und ging anschließen zum Obststand herüber. Schon von weitem konnte ich die knallroten Lageräpfel sehen. Das war genau das Richtige. Ich schob mich durch die Menge und erstarrte.

Vor dem Obststand stand eine ältere Frau, die ihre grauen Haare in einem strengen Dutt hochgesteckt hatte. Sie trug eine weiße hochgeschlossene Bluse und neben ihr stand ein kleines Mädchen mit rabenschwarzem Haar, das trotzig die Arme vor der Brust verschränkt hatte. Zögernd ging ich auf die beiden zu. Als ich nur noch wenige Meter von ihnen entfernt war, drehte sich die Frau um und ihre strengen grauen Augen trafen die meinen.

„Miss Crownway?", fragte ich ungläubig.

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