Kapitel 1

,,Mike Brian Swanstone!", ertönte eine schneidende Stimme und riss Mike aus seinen Gedanken. Er öffnete die Augen und sah... Seinen Tisch. Er hob seinen Kopf von seinen Armen und sah in das strenge Gesicht von Frau Wertensburger, seiner Geschichtslehrerin. ,,Du bist schon wieder in meinem Unterricht eingeschlafen!", sagte sie und man konnte ihren Zorn deutlich hören. Mike seufzte. Geschichte interessierte ihn einfach nicht und außerdem war er die letzten drei Tage fast durchgehend müde - er wusste selbst nicht wieso. Und wieder riss ihn die zornige Stimme aus seinen Gedanken. ,,Nachsitzen. Morgen in der 7. Stunde im Klassenzimmer." Mike blinzelte fassungslos. ,,Aber... Das ist die Mittagspause...!", sagte er kleinlaut. Frau Wertensburger lächelte spöttisch. ,,Ich weiß", sagte sie nur. Bevor Mike antworten konnte, läutete laut die Schulglocke und sie sagte streng: ,,Als Hausaufgabe müsst ihr im Buch die Seiten 75 bis 77 lesen und die vier Aufgaben dazu lösen." Kaum hatte sie geendet, da stürmten schon die ersten Schüler aus dem Zimmer. Mike starrte ein paar Sekunden auf die roten Flecken an seinen Armen, wo sein Kopf auf ihnen gelegen hatte, dann klappte er sein Buch zu und packte es mit den Heften in seinen Schulranzen. Schnell zog er den Reißverschluss zu, setzte seinen Ranzen auf und beeilte sich, er wollte endlich nach Hause. Er rannte aus dem Klassenzimmer, die Gänge entlang und die Treppen hinunter. Als er endlich aus der großen Doppeltür am Schuleingang trat, atmete er erstmal die frische Luft ein - das tat gut, nachdem er 120 Minuten im stickigen Geschichtszimmer gesessen hatte.

Er lief quer über den Schulhof und die Straße entlang, bis er die Bushaltestelle sah, und-... der Bus stand da. Mikes Herz stoppte. Der ist doch viel zu früh!, dachte Mike und begann zu rennen. Noch zwanzig Meter trennten ihn von der Haltestelle... nur noch fünfzehn... zehn... Da schloss der Bus die Türen und fuhr los. ,,Verdammt!", fluchte Mike und ließ sich auf die Bank an der Haltestelle fallen. Er drehte sich um zu dem Fahrplan hinter sich. Seine Augen huschten über die Zahlen und blieben dann an einer Zeile hängen... 15:30 - und danach nichts mehr. Er sah auf seine Uhr. Sie zeigte 15:27. ,,Verdammt! Der war zu früh... Und es war der letzte Bus für heute!", murmelte Mike vor sich hin, während er aufstand und hin und her lief. Was jetzt? Hier übernachten geht nicht. Es gibt keinen späteren Bus. Vielleicht erwische ich noch jemanden aus meiner Klasse, der mich auf dem Fahrrad mitnehmen kann..., überlegte er und lief weiter Runden. Das wäre eine Idee. Er blieb stehen, drehte sich um und lief zurück zur Schule. Die meisten waren schon weg gefahren, aber Lukas war noch da. Er war gerade damit beschäftigt, seinen Schulranzen zu durchwühlen. ,,Hey, Lukas", sagte Mike zu seinem Freund, der sich überrascht aufrichtete. ,,Mensch, Mike! Du bist ja noch hier... Sag' mal...", Lukas runzelte die Stirn und warf einen Blick auf seine Uhr. ,,Fährt dein Bus nicht 15:30?", fragte er. Mike nickte und antwortete: ,,Hab ihn verpasst. Deshalb wollte ich fragen, ob du mich auf dem Fahrrad mitnehmen kannst." ,,Gerne", sagte Lukas nur, bückte sich wieder über seine Schultasche, wühlte ein wenig weiter und zog triumphierend einen kleinen Schlüssel heraus. Er öffnete sein Fahrradschloss auf und steckte den Schlüssel wieder ein. ,,Steig auf!", sagte er und deutete auf den Gepäckträger, bevor er sich selbst auf den Sattel setzte. Mike tat, wie ihm geheißen und Lukas fuhr los.

25 Minuten später stieg Mike vor seinem Haus ab und verabschiedete sich. Er betrat das Haus und stieg die Treppen hoch bis in den zweiten Stock, wo er eine alte Holztür aufschloss. Langsam trat er ein, setzte seinen Schulranzen ab und zog seine Schuhe aus. Er seufzte. Eigentlich sollte ich Hausaufgaben machen, aber... Er ging in sein Zimmer, legte sich auf sein Bett und starrte die Decke an.

Plötzlich war eine hohe Stimme zu hören: ,,Aufwachen, Mike! Ich will mit dir spielen!" Mike setzte sich hin. Neben seinem Bett stand Philipp, sein fünfjähriger Bruder. Mike sah auf die Uhr. Er hatte offensichtlich drei Stunden geschlafen... Da betrat auch schon Mikes Vater das Zimmer. ,,Philipp, jetzt lass doch-... Ah, du bist wach. Ich hoffe du hast deine Hausaufgaben gemacht?" Mike senkte den Blick. ,,Ich... äh..." ,,Dann mach sie jetzt!", sagte Mikes Vater, nahm Philipp an der Hand und verließ mit ihm das Zimmer. Mike stöhnte. Hausaufgaben... Er war nicht der beste in der Schule, aber die Hausaufgaben waren wohl das Nervigste daran. Langsam stand er auf und ging ins Wohnzimmer.

Nur eine Stunde später lehnte sich Mike erleichtert zurück. ,,Geschafft", seufzte er. Nachdem er alles wieder eingepackt hatte holte er sein Handy raus und schrieb seinen Freund Max an: ,,Hey. Hast du Bock was zu machen?" Nur kurze Zeit später antwortete Max mit: ,,Klar. Gerne, ich hab Zeit. Was denn?" Mike dachte kurz nach und schrieb dann: ,,Freibad? Ich war lange nicht mehr da." Max sendete ein ,,Ok" und Mike steckte sein Handy ein, nahm seine Schwimmsachen und ging los. Das Freibad war nicht weit weg, es waren zu Fuß nur etwa 20 Minuten. Mike lief durch die Straßen, als er plötzlich an eine Absperrung kam. Vor ihm lag eine Baustelle, und man konnte sich an ihr einfach nicht vorbeiquetschen. Das Umleitungsschild zeigte nach links, doch Mike wusste, dass es ein längerer Weg war, als der durch den Wald. Also ging er nach rechts und lief den Schotterweg durch den Wald entlang. Auf der anderen Seite der Baustelle verließ er den Wald wieder und joggte weiter in Richtung Freibad.

Nach drei Stunden im Freibad machte er sich auf den Rückweg. Sein dunkelbraunes Haar war immernoch leicht nass, als er den Heimweg antrat. Langsam neigte sich die Sonne dem Horizont zu. Wieder ging Mike durch den Wald, doch mitten auf dem Weg war eine Pfütze. Doch es war keine Wasserpfütze oder so etwas, nein, sie war mit seltsamer, silberner Flüssigkeit gefüllt. Mike ging in die Hocke und betrachtete die unbekannte Flüssigkeit genauer, doch sie spiegelte nur sein eigenes Gesicht mit den grün-braunen Augen wieder. Vorsichtig streckte Mike die Hand aus und berührte das silberne Zeug vorsichtig. Es war, als würde er einfach in die Luft fassen. Es fühlte sich nur leicht kühler an und es blieb auch nicht an seinen Fingern kleben. Verwirrt versuchte er es noch einmal, da fiel ihm auf, dass nicht weit von dieser Pfütze eine weitere war. Er ging zu ihr hin und sah noch eine. Das sieht ja aus wie eine Spur... Die nächste war zwischen zwei Bäumen und weiter im Wald noch eine... Er folgte der seltsamen Spur, während es um ihn herum dunkler wurde. Mike schaltete die Taschenlampe seines Handys ein und ging immer weiter den Pfützen nach. Was ist, wenn sie eigentlich in die andere Richtung gehen? Wo werde ich ankommen, wenn ich der Spur weiter folge? Verschiedenste Gedanken schossen ihm durch den Kopf, dann trat er plötzlich auf eine Lichtung. Das Mondlicht versilberte das Gras und die Blumen und ließ alles geisterhaft erscheinen. Die Bäume warfen lange Schatten auf den Boden und es herrschte vollkommene Stille. Beinahe ehrfürchtig ging Mike weiter. Vor ihm senkte sich die Lichtung zu einer Art Tal. Er spähte hinunter. Zwischen hohem Gras war etwas schimmerndes zu erkennen... Er kletterte vorsichtig den kurzen Hang hinunter und schob das Gras beiseite. Fassungslos starrte er das an, was vor ihm lag: Es war eine Art großes Becken mit einem Durchmesser von etwa zwei Metern und einem kunstvoll verzierten Rand aus silbernem Material. Die seltsame schimmernde Flüssigkeit befand sich in diesem Becken. Mike zog sich auf den Rand des Beckens hinauf, kniete nieder und dachte nach, während er die seltsame Substanz betrachtete: Ist das möglich? Träume ich? Bin ich irgendwo eingeschlafen!? Was ist das denn? Dann fiel ihm etwas ein... Seine Großmutter hatte ihm immer von einer alten Legende erzählt - laut der Legende befand sich im Dämmerwald, wie der Wald genannt wurde, ein Portal in eine andere Welt... Hatte jetzt außgerechnet er, Mike, dieses Portal entdeckt? Er hatte es immer für ein Märchen gehalten, aber... ,,Verrückt", murmelte er. Langsam streckte er die Hand aus, um die Oberfläche der Flüssigkeit zu berühren. Kaum tauchten seine Fingerspitzen in das seltsame, nebelartige Zeug ein, da spürte er wie seine Hand in die Flüssigkeit gezogen wurde. ,,Hey!", rief er erschrocken und versuchte sich am Rand fest zu halten, doch er rutschte ab und wurde immer weiter hinein gezogen. Dann tauchte auch sein Kopf unter. ,,Was passiert hier!? Hilfe!", schrie er, doch niemand antwortete. Die Welt verschwand in weißem Nebel.

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