Kapitel 5

Kapitel 5

Was bezweckte sie mit solchen Fragen? „Wie kommst du darauf, dass ich allein bin?", fragte Rei neugierig.

"Ich bin nicht dumm", meinte sie leise. "Es ist nicht schwer zu erraten, dass diese Insel hier ein Gefängnis ist und Ihr der Wächter seid, der auf sie alle aufpasst."

Rei gab ein Zischen von sich, dass an einen ertrinkenden Drachen erinnerte. Elgatos hatte Recht, sie war schlau und hatte es herausgefunden, ohne dass er etwas gesagt hatte. „Und wie kommst du zu der Annahme, dass ich allein bin?", fragte er noch einmal. Der Wächter hatte mehr als genügend Arbeit, um sich allein zu fühlen.

"Weil Ihr keine Bindungen eingehen könnt", sagte sie leise. "Selbst zu Elgatos nicht. Anfangs dachte ich, ihr seid so etwas wie Freunde, aber das stimmt nicht so ganz."

Wie sollte Rei ihr erklären, dass Elgatos der Einzige war, mit dem er mehr reden konnte als mit anderen? Schließlich war er lange genug hier und der Drache mit den orangefarbenen Haaren war jemand, mit dem man über einige Dinge reden konnte, obwohl er wie alle anderen auch ein Gefangener war.

Dennoch wurde er mit wenigen anderen zusammen bevorzugt, die sich gebessert hatten und in Sektor A lebten. Diese durften nach einiger Zeit anfangen, hier zu arbeiten, wenn Rei der Meinung war, dass sie es versuchen sollten.

Durch die Hilfe bei Quinn durfte Elgatos für die Zeit in der Nähe schlafen, damit er es nicht weit zu ihr hatte.

Er und Elgatos waren keine Freunde und trotzdem konnte Rei auf den Drachen zählen.

„Und deshalb soll ich mich allein fühlen?", fragte er fassungslos.

Quinn zuckte die Schultern. "Es wirkt auf mich nur so", meinte sie. "Ich habe nicht gesagt dass es so sein muss. Es war ja auch eine Frage."

Schulterzuckend antwortete er ihr, dass das kein Grund sei, sich allein zu fühlen. Quinn würde vermutlich nicht einmal verstehen können, dass Gefühle jeglicher Art hier nichts zu suchen hatten.

"Ich möchte Euch nicht zu nahe treten, aber ich habe das Gefühl, dass Ihr genau so eingesperrt seid, wie alle anderen hier", murmelte sie leise und blickte dabei weiterhin ins Feuer.

Widersprechen konnte er ihr nicht, denn in gewisser Weise stimmte das. Auch wenn aus einem anderen Grund war, als sie annahm.

"Würdet Ihr mit mir irgendwann mal rausgehen?", fragte sie leise, weil sie gern die Insel sehen würde und sich nicht mehr so eingesperrt fühlen wollte.

„Was willst du draußen? Wieder abhauen oder Fluchtmöglichkeiten erkunden?", fragte Rei spöttisch. Wie kam sie nur auf so eine absurde Idee, rauszugehen? Jeder vermied es, sich draußen aufzuhalten, denn das Wetter war sehr gefährlich.

Quinn zuckte die Schultern. "Ich liebe Schnee", gestand sie leise.

„Tut mir leid. Du hast darauf bestanden, es durchzuziehen. Also muss ich dafür sorgen, dass du nicht wie bei Harri versuchst zu fliehend", erwiderte Rei gleichgültig. Es wäre etwas anderes gewesen, wenn sie nicht bereits wenige Stunden nach ihrer Ankunft den ersten Versuch gewagt hätte.

Quinn seufzte leise. "Kann ich doch sowieso nicht mit diesem Ding", bemerkte sie und deutete auf das Leder, das man trotz Decke sehen konnte.

Ihre Fragen hatten ihn etwas verwirrt. Wie kam sie nur auf solche absurde Ideen? „Vertraue niemanden ein zweites Mal", bemerkte Rei trocken und mit erhobenen Zeigefinger.

Quinn seufzte erneut. "Ich möchte einfach irgendwas machen können, damit die Zeit schneller vergeht", murmelte sie leise.

„Du wirst genügend Gelegenheit bekommen, wenn Elgatos dir Unterricht erteilt. Den Rest der Zeit wirst du dich mit Schmerzen quälen", erwiderte er schulterzuckend. Rei konnte richtig böse und spöttisch sein. Er konnte nicht nachvollziehen, warum Quinn lieber all den Mist noch einmal durchmachen wollte, anstatt erlöst zu werden.

"Sehr aufmunternd", sagte sie nüchtern.

Noch einmal zuckte er mit seinen Schultern. Sein unbeteiligtes, kaltes Gesicht gab keinen Hinweis darauf, wie er sich fühlte und wie wenig es ihm gefiel, was gerade geschah. „Du verdienst es, die unbeschönigte Wahrheit über die Zeit zu erfahren. Soll ich dir etwas vorlügen und damit deine Hoffnungen zunichte machen?", fragte er kalt.

"Was glaubt Ihr denn, auf was ich hoffe?", fragte sie leise.

„Dass du schnell durch diese Zeit kommst und möglichst wenig Schmerzen hast?", kam die spöttische Gegenfrage über seine Lippen, die noch immer teilweise durch die schwarzen Flecken entstellt waren.

"Das ein gutes Leben auf mich wartet, wenn ich es überlebe", sagte sie leise. Denn das war die Hoffnung, die er in ihr geweckt hatte. Dass es vielleicht doch Drachen gab, die ihr nicht noch mehr Schmerzen zufügten und sie anständig behandelten.

„Dann halte an der Hoffnung fest", meinte Rei nüchtern und seufzte dann. „Zumindest hoffe ich es für dich."

"Ihr habt mir gezeigt, dass es auch anders geht", flüsterte sie leise.

Schnaubend und mit einer hochgezogenen Augenbraue warf er ihr einen Blick zu. „Wie kommt du darauf?", wollte er erstaunt wissen.

"Ihr lasst mich nicht mit meinen Schmerzen allein und achtet auf mich", sagte sie leise. "Das hat bisher noch niemand gemacht."

„Jeder, der das nicht macht, verstößt gegen die Regeln", schnaubte Rei bitter. Nicht umsonst waren hier so viele Drachen.

"Daran möchte ich glauben", sagte sie leise. "Dass man mich am Ende doch noch gut behandelt."

Das hoffte er sehr für sie. Eine Göttin verdiente es, respektiert und gut behandelt zu werden. Etwas, was er selbst nicht ganz geben konnte. „Dann halte daran fest und hoffe, dass du nicht zwischendrin stirbst."

"Zumindest werde ich bis dahin gut versorgt", sagte sie und versuchte Rei ein Lächeln zu schenken. So gut funktionierte es jedoch nicht.

Ihm lag schon ein Kommentar auf der Zunge, der absolut unangebracht war. Statt es auszusprechen, fuhr er sich kurz durch die Haare und sah zum Fenster. „Sobald es dir besser geht und du nicht alle paar Minuten Anfälle bekommst, gehen wir raus", gab er schließlich nach und drehte dann seinen Kopf zu ihr, um sie mit kalten Augen zu fixieren. „Und zwar mit ordentlicher Kleidung und Fesseln, verstanden?"

Quinn warf ihn einen Blick aus strahlenden Augen zu, bevor sie nachdenklich wurde. "Wie meint Ihr das mit Fesseln?", fragte sie leise und deutete auf den Lederkäfig. "Damit?"

Sein Finger zeigte auf die Fesseln auf dem Tisch, anstatt zu antworten.

Quinns Lächeln wurde schief. "Ich hatte gehofft einen Schneemann bauen zu können", gestand sie leise, was jedoch mit den Fesseln kaum möglich war.

Spöttisch lachte Rei auf. „Und du glaubst, er würde dem Wind hier trotzen? Das ist keine Insel, wo man spielenkann", bemerkte er nüchtern.

Quinn zuckte die Schultern. "Es geht mir nicht darum, dass er stehen bleibt", meinte sie ehrlich. "Es geht mir darum Zeit totzuschlagen."

„Du kannst nicht länger als eine bestimmte Zeit draußen bleiben", sagte Rei ernst. „Dich ohne Fesseln rauszulassen würde mir nur den letzten Nerv rauben, wenn ich dir ständig hinterher springen muss."

"Und eine Kette an das Halsband?", fragte sie leise. "Eine lange Kette, so dass ich mich frei bewegen kann?"

„Du bist kein Hund", bemerkte Rei trocken. Obwohl eine Halterung dafür am Hals angebracht war, wurde das nur benutzt, wenn man einen richtig fesseln musste, damit dieser keine Möglichkeit hatte, sich zu bewegen.

"Aber es würde es für Euch einfacher machen", stellte sie fest. "Und ich könnte mich recht frei bewegen."

„Nein", stellte Rei klar und deutlich fest. Das kam gar nicht in Frage. Vor allem nicht, wenn sie dicke Kleidung tragen musste, um nicht zu erfrieren.

Quinn seufzte. "Also keine Möglichkeit für mich, draußen den Schnee zu genießen?", frage sie etwas enttäuscht.

„Ich kann dich auch in den Schnee werfen und du kannst dich rollen", bot er spöttisch an.

Unerwartet lachte Quinn heiter. "Das habe ich als Kind wirklich oft gemacht", sagte sie grinsend.

Arrogant machte Rei eine Handbewegung. „Da hast du deinen Spaß. Dafür muss ich dich nicht ungefesselt herumlaufen lassen", meinte er.

Quinn seufzte. "Schon gut, ich bleibe drin", meinte sie und winkte ab, während sie weiterhin ins Feuer sah.

„Wir gehen raus, wenn es dir einigermaßen gut geht", sagte Rei in einem bestimmenden Ton, wobei er eher meinte, dass er sein Versprechen halten würde.

"Also wahrscheinlich erst, wenn ich alles hinter mir habe", sagte sie leise. "Werde ich dann eigentlich ein Drache wie Ihr?"

„Hoffentlich nicht", schnaubte Rei kopfschüttelnd. So wie er sollte niemand sein. „Und nein, wir gehen raus, wenn deine Schübe nicht mehr in so kurzen Abständen kommen."

"Kann das denn der Fall sein?", fragte Quinn leise. "Wenn ich jeden Tag eine Dosis bekomme, sollte es doch eher immer schlimmer werden, oder?"

„Normalerweise wird eine Dosis verabreicht, sobald sich die Frau daran gewöhnt hat. Steht zumindest in der Anleitung", bemerkte er. Der Brief lag noch immer auf dem Tisch und Rei hätte ihn zu gern ins Feuer geworfen.

„Eins sollte dir klar sein: Ich halte mein Wort. Egal ob Drohung oder Versprechen", sagte er ernst.

"Das ist mir bewusst", meinte sie leise. "Ihr seid kein Mann der leeren Worte." Das hatte sie sehr schnell bemerkt.

„Gut, wenn du es bemerkst", erwiderte Rei trocken und ging zum Tisch, um ihr etwas zu trinken einzuschenken. Mit einem vollen Glas kam er wieder zu ihr zurück und hielt es ihr hin. „Dann kannst du auch davon ausgehen, dass du eines Tages für kurze Zeit raus kannst."

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