Kapitel 2
Kapitel 2
„Viel besser", sagte sie mit glänzenden Augen und nahm die Tasse entgegen. Dass Kissen ihr solch eine Erleichterung schaffen konnten, hatte sie nicht geahnt. „Danke. War das Suno?", fragte sie neugierig und nippte am Tee. Dieser war süßlich und beruhigte ihren trockenen Mund.
"Ja. Aber auch Kayla und Serano sind draußen vor der Tür", erklärte er. "Sie bewachen dich. Damit nichts passiert, sollte ich nicht da sein."
„Wo wollt Ihr hin?", fragte Fenrir unwohl und unschlüssig. Glaubte er, dass sie in Gefahr schwebte, nachdem sie wieder hier war?
"Im Moment nirgendwo", beruhigte er sie und kam wieder zu ihr auf Bett. "Aber ich muss der Sache mit Isis nachgehen und werde dich ab und an für einige Zeit allein lassen müssen."
„Gut, wenn Ihr der Sache nachgeht. Ich war geschockt, als Lili mir das erzählt hat", erwiderte Fenrir düster und trank langsam ihren Tee. Von ihr wusste sie, welches Dorf betroffen war. Auch andere litten darunter. „Ich wünschte, ich könnte etwas für die Kinder tun. Vater schickt sie ins Verderben", seufzte sie traurig. Auch wenn der Schamane alles für sie und die Kinder getan hatte, er verfolgte Absichten und Ziele, die sie nicht mehr mit ihm teilte.
"Ich muss sehen, was ich für sie tun kann", sagte Freyr nachdenklich. "Sie besitzen alle Drachenaugen, oder?", wollte er wissen, während er scheinbar nachdenklich an die Wand starrte.
Fenrir nickte. "Ja, aber nicht jeder wird zum Kämpfer ausgebildet. Die meisten bleiben im Dorf oder ziehen in ein anderes", erklärte sie und hob erneut ihre Hand, um seine Wange zu streicheln. "Lili wurde von ihren Eltern verbannt, weil Mylady Isis Angst und Schrecken verbreitet und viel höhere Abgaben als sonst einfordert. Ihre Eltern hatten Angst, dass Lili wegen ihrer Augen etwas passiert. Da hat Vater sie natürlich aufgenommen."
"Isis hat wirklich große Probleme mit den Menschen, die solche Augen haben", grummelte Freyr, verriet aber Fenrir nicht, dass es wohl ihre Schuld war.
Diese nickte. „Leider. Es ist schade, dass sie deshalb ihre Kinder abschieben", flüsterte sie traurig. „Genau wie meine Mutter. Sie wollte mich auch nicht mehr, nachdem Vater mir die Möglichkeit zu sehen gegeben hat", sagte sie und zuckte mit den Schultern. Es sollte ihr egal sein, aber trotzdem dachte sie manchmal daran.
Freyr streichelte sanft ihren Kopf. "Wie groß schätzt du die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder hier leben wollen würden?", fragte er murmelnd. "Eigentlich haben sie mir nichts getan und sie wären eine Generation, die man als Reiter, nicht als Jäger ausbilden könnte."
Genussvoll schloss Fenrir die Augen und genoss Freyrs Berührungen. Sie fühlte sich bei ihm so geborgen. "Die jüngsten sind noch relativ rein und unschuldig. Vater ist sehr manipulativ, aber er bildet nur diejenigen aus, die gut sind und Kampfgeist zeigen. Die anderen machen die Arbeiten im und rund um das Haus. Harte und leichte", erzählte sie nachdenklich. Sie selbst hatte erst spät erfahren, warum Kale und andere Kinder spielerisch kämpften. "Daher gehe ich davon aus, dass die kleineren eher hier leben wollen würden." Die Kinder waren noch zu jung, um Vaters Hass zu verstehen oder mitzubekommen, da er ihnen ein einfaches, aber hartes und liebevolles Leben bot. Es wäre für die Kinder eine große Veränderung, hierherzukommen. "Diejenigen in der Ausbildung stehen völlig unter Vaters Einfluss, Eure Hoheit. Bei ihnen wird es schwer werden, sie zu überzeugen. Erst, als Vater sich entschlossen hatte, mich wirklich auszubilden, habe ich erfahren, wozu es gut ist. Davor habe ich alles für ein Spiel gehalten", sagte Fenrir ernst und seufzte gequält. Ihre Schmerzen nahmen sie ein, doch es war nichts, was sie nicht aushalten konnte.
Freyr streichelte sie noch immer. "Er lernt es ihnen spielerisch, um sie an sich zu binden", seufzte Freyr. "Dabei sollte er doch merken, was seine Taten für Konsequenzen hinterlassen. Jedes Jahr werden die Ernten schlechter, die Tiere weniger und das Wetter schlimmer", murmelte der König gegen ihre Haut.
"Er hat so einen Hass gegen die magischen Wesen und gegen die Drachen, dass es ihm wohl nicht klar ist", erwiderte Fenrir und legte ihren Arm wieder um ihn. "Es war schwer, ihn und Kale zu überzeugen, dass ich wieder auf ihrer Seite bin", seufzte sie und wischte sich trotzig eine Träne weg, die plötzlich über ihre Wange rollte.
Freyr streichelte ihren Kopf. "Sie bedeuten dir viel", stellte er fest. Er konnte es ihr nicht verübeln, immerhin waren sie ihre Familie.
Schniefend nickte Fenrir und meinte, dass Kale ihr bester Freund war, seitdem Vater sie mitgenommen hatte. "Sie waren immer für mich da, aber ich kann ihre Ansichten nicht mehr teilen. Das Dorf war lange Zeit meine Familie, aber ich bin jetzt hier, bei Euch. Und ich werde nicht zulassen, dass Vater Euch etwas antut", sagte sie bitter und nahm noch einen Schluck aus der Tasse.
"Du hast genug gekämpft", sagte er sanft. "Jetzt, wo ich weiß, wo das Dorf liegt und warum es ist, wie es ist, werden wir andere Maßnahmen ergreifen."
"Eure Hoheit", sagte Fenrir quengelnd und sah ihn mit verweinten Augen an. "Ich werde Euch beschützen. Ich respektiere Vater, aber er kann nicht einfach seinen Hass an anderen auslassen und alles zerstören!", erklärte sie eindringlich. "Er benutzt andere für seine Taten. Ich werde Euch eine Karte zeichnen, damit Ihr genau wisst, wo etwas liegt."
"Erst einmal wirst du dich ausruhen", sagte der König ernst. "Du kannst nicht laufen und hast viel eingesteckt. Sieh es als Strafe, dass du mir solche Angst eingejagt hast, aber in der nächsten Zeit wirst du nicht kämpfen!" In dieser Sache ließ er nicht mit sich verhandeln.
Fast schon trotzig verschränkte Fenrir ihre Arme, nachdem sie die Tasse auf den Beinen abgestellt hatte. "Ich werde es mir trotzdem nicht nehmen lassen, Euch zu beschützen", erwiderte sie eindringlich und senkte dann den Blick. "Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie sehr ich mich schäme."
"Für was?", fragte Freyr und hob leicht den Kopf, um sie zu mustern.
Erneut schniefte Fenrir. "Für alles ...?", fragte sie hilflos, bevor sie begann, aufzuzählen. "Dafür, dass ich einfach allein spazieren gegangen bin, wobei Kale mich entführt hat. Dafür, dass ich in der Zeit bei Vater so schlecht über Euch sprechen musste. Dafür, dass ich mit Kale schlafen musste, nur um sein Vertrauen zu gewinnen. Aber auch, dass ich Euch Sorgen bereite." Zum Ende hin wurde ihre Stimme immer leiser.
"Es ist dein Leben", sagte Freyr ernst. "Deine Entscheidungen. Niemand kann sie dir abnehmen. Du kannst nur daraus lernen." Er würde niemals auf die Idee kommen, ihr Dinge zu verbieten, allerdings sollte sie die Konsequenzen aus ihren Handlungen lernen.
"Es fühlt sich an, als hätte ich Euch betrogen. Nur gab es keine andere Möglichkeit, zu Euch zurückzukehren. Vater hätte mich niemals gehen lassen", flüsterte sie und begann, bitterlich zu weinen.
Freyr zog sie noch fester an sich. "Es ist alles wieder gut, du bist ja wieder da", sagte er beruhigend.
Sie rang sich ein kleines Lächeln ab, aber es half nicht, ihr Weinen zu beenden. "Ohne Eure Erlaubnis hätte ich niemals mit Kale geschlafen. Ich wusste nicht einmal, dass er starke Gefühle für mich hatte. Danach habe ich mich so schrecklich gefühlt. Ich musste ständig an Euch denken", erzählte sie stotternd und drückte sich an Freyr, um Schutz zu suchen.
Freyr fragte nicht, ob es wirklich nötig war oder nicht. Er konnte sich gut vorstellen, dass Fenrir es auch getan hatte, um zu sehen, was geschah. Das sie nur mit ihm gespielt hatte, musste ihr auch zusetzen.
Eine Weile schwieg sie und weinte. Dabei wurde ihr Körper durchgeschüttelt. Endlich konnte sie sich gehen und alles heraus lassen, was sie zurückgehalten hatte. Irgendwann, als sie sich ein wenig beruhigt hatte, versuchte sie zu lachen. "Eigentlich müsste ich Euch böse sein, weil Ihr mich verzaubert habt. Es gab keinen Tag, an dem ich nicht an Euch gedacht habe. Aber ich bin glücklich, dass ich wieder hier bin."
"Sowas nennt man Liebe", meinte Freyr sanft. "Ich musste auch jeden Tag an dich denken. Es war teilweise so schlimm, dass ich nicht richtig arbeiten konnte."
Fenrir zuckte zusammen und sah schuldbewusst zu ihm hoch. "Ist das ... wirklich Liebe?", fragte sie vorsichtig und hob ihre Hand, um seine Haare zu streicheln. Diese waren noch so weich, wie sie es in Erinnerung hatte. "Ich meine ... ich bin meinen Gefühlen bewusst, aber bei Euch war ich mir nicht ganz sicher", sagte Fenrir und schluckte. Es war eine Beleidigung gegenüber dem König, das war ihr bewusst, nur war ihr nicht ganz klar gewesen, wie Freyr liebte.
"Wenn du nur an mich denken musst, dann ist das sicherlich Liebe", sagte er sanft und küsste ihre Nase. "Ich will nicht mehr ohne dich."
Tief sah Fenrir ihm in die Augen und vergaß alles um sich herum. Genauso wie früher. Es gab nur Freyr und sie. "Ich auch nicht mehr ohne Euch", flüsterte sie heiser. "Deshalb ist mir die Zeit bei Vater so schwer gefallen, Eure Hoheit. Ihr wart mein erster Gedanke, als ich aufgewacht bin."
"Jetzt wirst du hoffentlich jeden Tag neben mir aufwachen", murmelte er und drückte ihr einen ganz sanften Kuss auf die Lippen.
Dieser löste in ihr ein Kribbeln aus, das sie schaudern und leise stöhnen ließ. "Wenn Ihr es wünscht, werde ich das", flüsterte sie mit geschlossenen Augen und hielt ihm auffordernd ihre Lippen hin.
"Ja, das wünsche ich mir", flüsterte er und küsste sie erneut. Es fühlte sich so gut an. Wie sehr hatte er sie nur vermisst? Er konnte es nicht in Worte fassen.
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