Kapitel 2
Kapitel 2
„Danke der Nachfrage. Mir geht es gut", erwiderte sie lächelnd und wandte sich an Aljah. „Eure Haare sehen bezaubernd aus", gestand Fenrir. Das war nicht gelogen, denn schon oft hatte sie die seidigen, braunen Haare, die so schön aussahen, bewundert. Sie wünschte sich, genauso schöne Haare zu haben. Auch die schönen, grünen Augen der Lady waren ein Hingucker.
Jedoch schien Aljah über das Kompliment nicht ganz erfreut zu sein, wie es andere sein würden. Beinahe so, als wäre sie davon sogar beleidigt.
Sie wirkte generell von Fenrirs Anwesenheit nicht begeistert. "Ich gehe jetzt mit Lady Ellena sprechen", sagte sie und wandte sich ab.
„Aber ...", begann Fenrir und wollte sie aufhalten. Warum ging sie ausgerechnet jetzt? Sie hätte sich gerne mit ihr unterhalten. „Ich wollte Euch fragen, ob Ihr mit mir ausreiten möchtet und ob Ihr mir etwas über das Malen beibringen könnt", brachte sie stotternd hervor. Aljah konnte sehr schön malen und ihre Gemälde hatten stets einen bezaubernden, romantischen Hauch, der Fenrir gefiel.
Die Haremsdame warf ihr lediglich einen kurzen, missbilligenden Blick zu, bevor sie ging.
Sinon tätschelte Fenrirs Schulter. "Vor ein paar Jahren war sie wie du", erklärte sie sanft. "Sie stand in König Freyrs Aufmerksamkeit und lernte bei mir. Aber jetzt ist sie wie alle anderen und glaubt, dass du mir den Rang als seine Lieblingsfrau streitig machen würdest."
Fenrirs Augenbrauen schossen in die Höhe. War das Gespräch etwa um sie gegangen? „Warum sollte ich das tun? So wie es ist, finde ich es gut. Dass Ihr seine Lieblingsfrau seid, finde ich sehr gut. Ihr seid liebevoll, einfühlsam und sehr nett", meinte sie ehrlich. „Ich war lediglich überrascht, dass Ihr wirklich so etwa wie die leitende Haremsdame seid, weil ich gedacht habe, dass sie sehr streng sein würde."
"Ich bin Freyrs Liebling", meinte Sinon lediglich. "Unsere Beziehung ist ... anders und das gibt mir einen hohen Status", erklärte sie, auch wenn wohl einige Dinge ungesagt blieben.
Diese Worte waren sehr schön gesagt und die neue Haremsdame fragte nicht, was für eine Art von Beziehung sie hatten. Das ging sie nichts an, aber es war schön, dass Sinon seine Lieblingsfrau war. „Das freut mich für Euch", sagte Fenrir ehrlich mit einem Lächeln.
"Es macht sehr viel Arbeit", gestand Sinon mit einem schiefen Lächeln. "Aber es gibt mir auch eine gewisse Macht, die von anderen geneidet wird."
Fenrir nickte, denn das war logisch. Besaß einer mehr Macht als andere, gab es stets Komplikationen. „Trotzdem möchte ich, dass Ihr es auch weiterhin bleibt. Oder glaubt Ihr, dass ich Euren Posten streitig machen möchte?", fragte sie mit einer seltsamen Stimme. Diese Behauptung war wie ein Tritt in die Magengrube.
"Es wäre mir sogar ganz recht", seufzte Sinon. "Ich bin zu alt und bisher gibt es noch keine Nachfolgerin. Aber König Freyr braucht junges Blut."
„Sagt das bitte nicht so. Ihr seid nicht so alt. Und es gibt noch andere", behauptete Fenrir, die Aljah aus ihren Augenwinkeln beobachtete. Sie sprach mit ihrer Freundin anscheinend über Fenrir, denn beide bedachten sie mit einem unfreundlichen Blick.
"Sie sind zu oberflächlich", meinte Sinon abwinkend. "Sie glauben, dass sie König Freyr kennen, aber sie tun es nicht."
Erneut nickte Fenrir. Ihr war klar, dass König Freyr nicht jedem alles erzählte und nur wenige Auserwählte mehr wussten. Außerdem hatte er selbst gesagt, dass die Haremsdamen sehr viel mehr wussten, als andere. „Ich hoffe, dass Ihr noch lange seine Lieblingsfrau bleibt. Ihr habt es verdient", flüsterte sie in Sinons Richtung.
Die Dame lachte und wirkte dabei elegant und nicht so eingebildet, wie viele andere der Frauen.
„Außerdem seid Ihr eine gute, geduldige und einfühlsame Mentorin, die einem zuhört", sprach Fenrir weiter. Ihr Blick schweifte durch den Raum und sie erkannte, dass es einige gab, die ihr anscheinend die Aufnahme nicht gönnten. Der Rest schien einfach nur Spaß zu haben, obwohl es eine offizielle Veranstaltung war.
"Du schmeichelst mir", sagte Sinon und wurde sogar leicht rot.
Die junge Frau nahm sich ein Glas Wein zur Hand und schwenkte es leicht hin und her. „Mag sein, aber so empfinde ich Eure Gegenwart", erwiderte Fenrir, bevor sie einen winzigen Schluck des Rotweins nahm. Er war süß und fruchtig, aber mehr als ein Glas konnte sie nicht trinken.
Vielleicht sollte sie ihn mit Wasser verdünnen. Sie hatte gesehen, dass andere Haremsdamen das ebenfalls taten.
"Das ist sehr lieb von dir", wiederholte Sinon. "Ich habe kein Interesse an den Machtspielchen des Harems."
„Ich auch nicht. Ich möchte einfach eine von ihnen sein", erklärte sie lächelnd. Ihr zweites Leben war ihr eigentlich wichtiger, obwohl sie es noch gar nicht wirklich mit Tajna begonnen hatte.
"Dabei hatte ich gedacht, dass du gern Zeit mit König Freyr verbringst", bemerkte Sinon überrascht, aber leise.
Verlegen nickte sie. „Das tue ich. Ich genieße jede Minute, die er mit ihr verbringt. Er ist sehr lieb und zuvorkommend", antwortete sie ehrlich. In Gedanken dachte sie aber auch an Tajna, mit dem sie gerne Zeit verbrachte. Doch seit dem letzten Mal waren einige Wochen vergangen, in denen sie sich nur einmal gesehen hatten.
"Das ist gut. Deine Gegenwart scheint ihn zu entspannen", meinte Sinon und nickte zufrieden.
Das war Fenrir bereits aufgefallen. Und es freute sie, denn Freyr verdiente es, sich ab und zu zu entspannen. Sie lächelte Sinon zu und fragte leise, ob sie vielleicht tanzen wollte. Freyr war noch mit seiner Frau beim Tanzen und sie wollte sich ablenken, denn er wollte sie den anderen noch vorstellen. Dann würde sie endlich Namen zu den Gesichter haben.
"Tanzen muss ich nicht unbedingt", sagte sie lächelnd. "Möchtest du dich setzen?"
„Gerne", erwiderte Fenrir. Zusammen gingen sie zu einer gemütlichen Sitzecke, die zurzeit leer war. Dort ließen sie sich nieder und hatten einen Überblick über den Ballsaal, waren aber gleichzeitig auch etwas abseits von den anderen.
So konnten sich beide erst einmal von dem hektischen Treiben erholen.
Fenrir bemerkte leise, dass die Haremsdamen wunderschöne Melodien spielten. Es war kein Wunder, dass Freyr einige davon in seinem Harem hatte, obwohl er nicht körperlich an ihnen interessiert war. Jetzt erst, nachdem sie etwas ungestört waren, erkundigte sich Fenrir nach Sinons Wohlbefinden.
"Der Stress macht mir zu schaffen", gestand sie und nahm einen Schluck Wein. "König Freyr hat einige Probleme und ich versuche zu helfen, doch das ist nicht so einfach."
Fenrir machte es sich auf dem weichen Polster bequem, drehte sich aber zu Sinon, um mit ihr zu sprechen. „Sprecht Ihr von politischen Problemen?", fragte die junge Haremsdame und griff nach einem kleinen Happen vom silbernen Tablett, das auf dem Tisch stand.
"Ja", nickte Sinon. "Aber auch mit seiner Frau", flüsterte sie.
„Sie scheinen sich nicht sehr gut zu verstehen. Das ist schade. In einer Ehe sollte Liebe und Vertrauen herrschen", erwiderte Fenrir genauso leise.
"Ja, da gebe ich dir Recht, aber das hier war eine politische Heirat. Nur, dass Lady Isis wohl mehr will", seufzte sie und schüttelte den Kopf.
„Mehr?", fragte die junge Haremsdame stirnrunzelnd.
"Sie will Mitspracherecht in politischen Angelegenheiten", flüsterte Sinon und schüttelte dann den Kopf. "Ich denke, mehr kann ich dir nicht erzählen."
Mehr wollte sie eigentlich nicht wissen. Das waren Machtspiele, die sie nichts angingen. „Ich dachte, das hat sie durch die Heirat", bemerkte Fenrir erstaunt. Zumindest war sie davon ausgegangen.
"Als würde Freyr ihr so viel Macht einräumen", seufzte Sinon. "Er vertraut ihr nicht sonderlich und ihre Ehe ist bisher auch kinderlos. Keine guten Voraussetzungen."
Das war schade. Aber so viel Fenrir mitbekommen hatte, waren auch die Haremsdamen dafür da, für Nachkommen zu sorgen. „Vertrauen kann man nicht erzwingen, aber ich hoffe, dass es für die beiden besser wird", seufzte Fenrir.
Sinon beugte sich zu Fenrirs Ohr und flüsterte ihr zu, dass König Freyr die Scheidung wollte.
Fenrirs dunkelgrüne Augen weiteten sich und sie hielt sich den Mund zu, um nicht laut zu keuchen. „Ist das sein Ernst? Was passiert dann?", fragte sie mit gedämpfter Stimme, doch sie war schockiert von den Neuigkeiten.
Sinon zuckte die Schultern. "Ich weiß nicht", gestand sie. "Das muss ein Priester entscheiden. Aber da die Ehe kinderlos ist, könnte das zu Freyrs Vorteil sein."
Sicherlich hatte der König sich seine Ehe anders vorgestellt. Ruhiger, mit mehr Unterstützung und Liebe.
Nachdenklich betrachtete Fenrir das tanzende Paar und sah, wie angestrengt Freyr aussah.
Ob seine Frau dazu beitrug, dass er oft so erschöpft war? So wie es im Moment aussah, war das wohl wirklich so.
Sicherlich stritten sie auch öfters. Schon die eine Reaktion von Freyr, als er zu seinem Berater gesagt hatte, dass sich seine Frau auch mal nützlich machen konnte, hatte ihr gezeigt, dass es nicht gut um die zwei stand.
Fenrir seufzte und nippte an ihrem Weinglas. Wenn er wirklich wegen Mylady Isis so gestresst war, war eine Scheidung wohl das Beste und er konnte sich einer neuen Frau widmen.
Allerdings wusste sie auch, dass Scheidungen nicht so einfach waren. Zumindest nicht in der Oberschicht.
Nur waren das Dinge, die sie nichts angingen, solange Freyr Fenrir nicht einweihte. Deshalb fragte die junge Frau auch nicht nach, was wohl geschehen würde.
Aber sie sah, als sich die beiden lösten, als die Musik zu Ende war und es sah aus, als ob Freyr erleichtert darüber war.
Er sah sich um und bemerkte die beiden auf dem Sofa. Zielsicher kam er auf sie zu und setzte sich zwischen die beiden, um seine Arme um ihre Schultern zu legen.
Das überraschte Fenrir sichtlich. Die Blicke von einigen Haremsdamen waren spürbar, da sie seinem Weg mit den Augen gefolgt waren.
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